Protocol of the Session on May 19, 2011

Nun zu den Sozialtarifen:

(Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

Die fordern Sie nur, ohne darauf einzugehen, wie sie funktionieren sollen oder zu finanzieren sind. In der Vergangenheit hat DIE LINKE diese Vorstellungen etwas präzisiert. Es war die Rede davon, dass die ersten 250 bis 500 kW Strom pro Jahr kostenlos vom Stromversorger an bedürftige Haushaltsmitglieder abzugeben sind. Zusätzlicher Bedarf wird zu einem festen höheren Arbeitspreis berechnet, Mehrkosten werden auf die Netzentgelte umgelegt.

Die Meinung des Wirtschaftsministers hierzu ist eindeutig: Sozialpolitik ist Aufgabe des Staates und nicht der Energieversorger und schon gar nicht der übrigen Energieverbraucher, die die Sozialtarife mitzufinanzieren und die Mehrkosten zu tragen hätten. Hier müssen andere Lösungen gefunden werden.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Welche?)

Ein Hinweis auf den aktuellen Zeitplan sei mir ebenfalls noch gestattet. In Vorbereitung des nächsten Energietermins der Kanzlerin mit den Ministerpräsidenten der Länder am 3. Juni dieses Jahres finden verschiedene Gespräche auf Fach- und politischer Ebene statt. Das Bundeskabinett wird nach Vorlage der Ergebnisse der Reaktorsicherheitskommission, des Ethikrates, der Abstimmung mit den Bundesländern und zwischen Bundesregierung und Opposition und anschließend dem Bundesrat über die künftige Energiepolitik entscheiden. Im Juni muss die Diskussion im Land intensiviert werden. Daher machen zum jetzigen Zeitpunkt, hier werden grundsätzlich für die künftige Energiepolitik in Deutschland Weichen gestellt, Forderungen an die Bundesregierung keinen Sinn. Das sage ich ausdrücklich auch noch mal im Namen des Wirtschaftsministers.

Meine Damen und Herren, langfristig ist davon auszugehen, dass die Energieversorgung durch erneuerbare Energien die preiswerteste und die vielleicht auch einzige Möglichkeit bleiben wird. Bis dahin sollte mit steigenden Energiepreisen gerechnet werden, denn es müssen neue Technologien – ich habe darauf hingewiesen, Speicher und anderes – entwickelt und Infrastrukturen

gebaut werden. Des Weiteren bedürfen die erneuerbaren Energien noch einige Jahre einer staatlichen Förderung, um zum vollen Einsatz zu kommen. Eine Energiewende zum Nulltarif wird es nicht geben. Die Allgemeinheit der Verbraucher, Bürger wie Betriebe, wird ihren Beitrag leisten. Ein persönlicher Einschub von mir: Allerdings müssen die Kosten dann auch gerecht verteilt werden. Das ist für mich entscheidend dabei.

Der Wirtschaftsminister plädiert dafür, jetzt im Land nicht in Aktionismus zu verfallen. Erst müssen die Untersuchungsergebnisse auf Bundesebene vorliegen, anschließend muss dann eine konstruktive Diskussion im Land über das wichtige Thema Energie- und Klimapolitik geführt werden. – Danke sehr.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD – Zuruf von Helmut Holter, DIE LINKE)

Danke schön, Herr Minister.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Stein von der Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Sehr geehrte Damen und Herren der LINKEN, ich zitiere zu Beginn einen Satz aus Ihrer Begründung. Da schreiben Sie: „Sowohl Wirtschaftsverbände als auch Lobbyisten … verbreiten Panik, dass der schnelle Ausstieg aus der Atomwirtschaft … die Energiepreise in die Höhe treiben wird.“ Nun möchte ich vorweg auch noch feststellen, dass Ihr Antrag ja nur zu einem kleinen Teil eigentlich mit Atomenergie zu tun hat, bisher aber Ihre Beiträge fast zu 99 Prozent sich darum gedreht haben.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Es gab bisher einen Beitrag.)

Deshalb will ich mal ein bisschen auf,

(Helmut Holter, DIE LINKE: Es gab bisher einen Beitrag.)

deshalb will ich mal ein bisschen mehr auf das einsteigen, was tatsächlich in Ihrem Antrag steht.

Meine Damen und Herren der LINKEN, dass es Geld kosten wird und – egal, was wir tun – es auf jeden Fall nicht billiger werden kann, Energieverbrauch in Deutschland als Bürger, aber auch als Unternehmen zu haben, das sagen vor allen Dingen auch verantwortungs bewusste Politiker von CDU, FDP, Grünen und SPD, und nicht, weil sie damit Panik machen wollen, sondern weil sie den Menschen schon die Wahrheit sagen müssen. Und das bitte ich auch Sie von den LINKEN, das sollten Sie auch tun, die Wahrheit sagen.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Machen wir doch.)

Sie schüren hier mit solchen Anträgen Angst und Panik und Sie wollen diese Stimmung für Ihr politisches Süppchen nutzen.

(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Zuruf von Regine Lück, DIE LINKE)

Und obwohl es Ihre Politik ist, die Preise und Steuern nach oben zu treiben, deshalb haben Sie doch Angst, es den Menschen zu sagen.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Wo haben Sie das denn her, dass wir die Preise nach oben treiben? Wer hat Ihnen das denn aufgeschrieben? Das ist ja totaler Stuss! – Zuruf von Gabriele Měšťan, DIE LINKE)

Es ist Ihre Politik, mit solchen Anträgen, wenn wir dem stattgeben würden, wie auch mit vielen anderen Anträgen, die einfach unbezahlbar sind, Preise und auch Steuern für die Menschen in die Höhe zu treiben.

(Zurufe von Torsten Koplin, DIE LINKE, und Gabriele Měšťan, DIE LINKE)

Sie haben die Angst, das den Menschen zu sagen, und deshalb nutzen Sie solche Gelegenheiten, diese Schuld an einer möglichen Preistreiberei allen anderen in die Schuhe zu schieben.

(Zuruf von Helmut Holter, DIE LINKE)

Das, was Sie damit erzeugen, nennt man, das, was Sie damit erzeugen, nennt man im Übrigen im Ausland auch „the German Angst“.

(Udo Pastörs, NPD: German Angst! – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Und das hilft uns überhaupt nicht weiter.

Wir sind uns doch alle einig, dass spätestens nach den Ereignissen in Japan, aber auch vielen anderen davor, eine grundlegende Neubewertung der energiepolitischen Ausrichtung in der Welt und eben auch in der Bundesrepublik Deutschland zu erfolgen hat. Und, meine Damen und Herren, diese Neubewertung erfolgt doch derzeit. Und auch da findet in meiner Partei eine ganze Menge an Umwälzungen statt,

(Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

wie bei allen anderen Parteien auch. Und ich als Christ, wenn ich das mal herausstellen darf,

(Udo Pastörs, NPD: Auch das noch! Auch das noch!)

freue mich darüber und beteilige mich auch sehr gerne daran,

(Udo Pastörs, NPD: Das ist ja fast schon Blasphemie. – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

weil ich es für eine ganz wichtige Diskussion halte, die derzeit stattfindet, die übrigens in Moratorien auch ihren guten Platz hat, die in der Ethikkommission, denke ich mal, auch personell sehr gut besetzt ist. Und die Ergebnisse, die werden wir bekommen, die ersten sind ja auch schon veröffentlicht aus den Ergebnissen der Atomkraftwerksbewertung. Und ich glaube, es liegt uns allen sehr nahe, egal in welcher Partei, in welcher Fraktion wir uns wiederfinden, dass dieses Thema tatsächlich auch sachlich und sachgerecht und vernünftig ausdiskutiert wird und es zu Ergebnissen kommt.

Und lassen Sie mich noch eine persönliche Bemerkung, wie es der Minister ja auch getan hat, loswerden. Ich habe bisher eigentlich – ich glaube, das betrifft viele Verbraucher – keine Angst davor gehabt, dass auch aus meiner Steckdose sicherlich ein gewisser Anteil Atomstrom gekommen ist. Man hat sich vielleicht auch zu wenig Gedanken darüber gemacht.

(Rudolf Borchert, SPD: Das kann schon sein.)

Ich habe viel mehr Sorge davor und auch ein bisschen Angst davor, dass wir das Thema der Endlagerung der atomaren Reststoffe in unserer Gesellschaft nicht mehr gelöst bekommen. Und ich glaube, die Debatte ist viel wichtiger, als über irgendwelche Preise oder irgendwelche Laufzeiten zu reden.

Nun aber will ich mal im Text weitergehen.

(Wolfgang Griese, DIE LINKE: Das wird doch dann immer mehr. – Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)

Bereits mit Festlegungen und technischen Durchführungsdetails dem Ergebnis dieser Neubewertung vorzugreifen, kann unsere Unterstützung nicht finden.

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Die können nicht im Zusammenhang denken.)

Die grundlegende Aussage, dass ein Ausstieg aus der Atomenergie durch ein Umsatteln auf erneuerbare Energien erfolgen soll, ist überhaupt nicht neu. Und darüber zu sinnieren, ob dies 2040 gelungen sein kann, wie es DIE LINKE in Thüringen fordert, oder 2035 oder 2050, ist vom heutigen Tage aus betrachtet absolut unseriös. Niemand ist doch heute und hier in der Lage, verlässlich zu sagen, wie effizient 2040 die Windenergie funktioniert oder auch die Netzdurchleitung, wie sich das Klima tatsächlich verändert hat, wie viel Energie wir noch verbrauchen und ob wir die notwendigen Energiespeicher entwickelt haben. Da ist derzeit unglaublich viel Spekulation dabei.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Aber wie viel Zeit ist denn verloren gegangen? – Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

Und auch in unserem Land haben wir schon lange – der Minister ist darauf eingegangen, deshalb kann ich mich hier kurzfassen – vor den Ereignissen in Japan durch den Aktionsplan Klimaschutz und durch die Gesamtkonzeption „Energieland 2020“, die wir hier beschlossen haben, dafür die Grundlagen geschaffen und decken derzeit bereits die Hälfte unseres Verbrauches hier im Land aus erneuerbaren Energien wie Windkraft, haben also in diesem Land bereits beachtliche Erfolge erreicht.

Diese sollen natürlich schon im wirtschaftlichen Interesse unseres Bundeslandes weiter ausgebaut werden. Und ich sage hier ganz deutlich: Ja, wir wollen Energieexporteur sauberer Energie für Europa werden und wir haben alle guten Voraussetzungen dafür. Und die Frage ist daher nicht, ob, sondern wie und wann der Umstieg gelingen kann. Und in diesem laufenden Prozess soll nun aufgrund der Ereignisse in Japan gegebenenfalls eingegriffen werden, eingegriffen werden jedoch mit Sorgfalt und neuer Überlegung, auch mit höherer Geschwindigkeit, aber niemals ohne Verstand. Ob und wie eine Beschleunigung des Übergangs zu erneuerbaren Energien möglich ist, ist eben gerade Thema der Diskussion im gesamten Land.

(Der Abgeordnete Wolfgang Griese bittet um das Wort für eine Anfrage.)

Herr Abgeordneter!