Protocol of the Session on April 5, 2011

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich begrüße Sie zur 119. Sitzung des Landtages. Die Landesregierung hat gemäß Paragraf 72 Absatz 4 unserer Geschäftsordnung die heutige Dringlichkeitssitzung verlangt. Ich stelle fest, dass der Landtag ordnungsgemäß einberufen wurde und beschlussfähig ist. Die Sitzung ist eröffnet. Die vorläufige Tagesordnung der 119. Sitzung liegt Ihnen vor. Wird der Tagesordnung widersprochen? – Das ist nicht der Fall. Damit gilt die Tagesordnung der 119. Sitzung des Landtages als festgestellt.

Der Abgeordnete Köster hat mit Schreiben vom 18. März 2011 gegen den Ausschluss von der 117. Sitzung des Landtages im Nachgang der Beratung des Tagesordnungspunktes 12 gemäß Paragraf 100 der Geschäftsordnung des Landtages Einspruch eingelegt.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Also im Rechtsstaat muss Recht bleiben, was Recht ist.)

Diesen Tagesordnungspunkt werden wir entsprechend Paragraf 100 unserer Geschäftsordnung am Schluss der heutigen Sitzung als Zusatztagesordnungspunkt abhandeln.

Ich rufe auf den einzigen Tagesordnungspunkt: Erste Lesung des Gesetzentwurfes der Landesregierung – Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes Mecklenburg-Vorpommern und zur Änderung anderer Rechtsvorschriften, auf Drucksache 5/4240.

Gesetzentwurf der Landesregierung: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes Mecklenburg-Vorpommern und zur Änderung anderer Rechtsvorschriften (Erste Lesung) – Drucksache 5/4240 –

Das Wort zur Einbringung hat der Innenminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern Herr Lorenz Caffier.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Die Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung ist ein zentrales Ziel dieser Wahlperiode. Dazu gehört selbstverständlich auch eine solide und eine angemessene Finanzausstattung der Kreise und Gemeinden.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Bevor Sie wieder dazwischenrufen

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Es hört hier keiner zu.)

und mehr Geld für die kommunale und eine grundsätzliche Überarbeitung des FAG fordern, schauen wir uns doch die Finanzsituation der Gemeinden in Mecklenburg-Vorpommern mal im Einzelnen an.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Das Statistische Amt hat vergangenen Freitag die Auswertung der Kassenstatistik für das Jahr 2010 vorgelegt. Ergebnis ist, in den letzten Jahren waren die Einnahmen der Gemeinden und Gemeindeverbände um 28,2 Millionen Euro höher als die Ausgaben.

(Stefan Köster, NPD: Und wem untersteht das alles?)

28,2 Millionen Euro, damit stehen die Gemeinden in unserem Land wesentlich besser da als viele Gemeinden in anderen Ländern in der Bundesrepublik Deutschland, denn außer Mecklenburg-Vorpommern wiesen in den letzten Jahren nur noch die Flächenländer Sachsen und Sachsen-Anhalt einen positiven Finanzierungssaldo auf.

Ein wichtiger Grund für die Einnahmesituation der Gemeinden sind die um 50,8 Millionen Euro gestiegenen Zuweisungen des Landes, aber auch der Bund hat den Gemeinden im Jahr 2010 rund 70 Millionen Euro mehr für Investitionen zur Verfügung gestellt.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Diese Zahlen belegen eindrucksvoll, dass die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen die Kommunen eben nicht im Regen stehen lassen, wie so häufig behauptet wird. Die Gemeinden in Mecklenburg-Vorpommern erhalten im Vergleich der neuen Bundesländer die höchste Pro-Kopf-Zuweisung. Dieses Jahr sind das 1.362 Euro pro Einwohner. In unserem Nachbarland Sachsen-Anhalt erhalten die Gemeinden beispielsweise 1.075 Euro, also fast 300 Euro weniger. Und die Zuweisungen sind nicht nur im Jahr 2011 höher als in den anderen neuen Bundesländern, auch 2010 lagen die Zuweisungen in Mecklenburg-Vorpommern um rund 150 Euro über dem Durchschnitt der Vergleichsländer.

Jeder, der mehr Geld für unsere Kommunen fordert, sollte also auch einmal einen Blick in die Nachbarländer werfen. Wir hier in Mecklenburg-Vorpommern statten unsere Kreise und Gemeinden gut und aufgabengerecht finanziell aus, denn die eben genannten 1.362 Euro sind ja noch nicht alles. Dazu kommt beispielsweise der kommunale Konsolidierungsfonds mit rund 100 Millionen Euro, andere Instrumente aus den jeweiligen Ressorts werden kurzfristig zur Verfügung gestellt, um Härtefälle zu überbrücken, siehe beispielsweise das Schlaglochprogramm oder andere Instrumente, die dazu beitragen sollen, den Gemeinden und Kreisen auch weiterhin Unterstützung zu geben.

(Harry Glawe, CDU: Genau.)

Wie Sie wissen, hat das Land den Haushalt 2010 dank einer guten Finanzpolitik und gesamten Politik positiv abgeschlossen. Von den Verbesserungen werden 100 Millionen Euro für die Errichtung eines kommunalen Konsolidierungsfonds eingesetzt, der im Doppelhaushalt 2012/2013 verankert werden wird. Das ist Geld des Landes, das den Kreisen und kreisfreien Städten zur Verfügung gestellt wird, um ihre Schulden zu reduzieren. Die Landesregierung tut alles, um eine Überschuldung der Kommunen zulasten der Bürgerinnen und Bürger zu verhindern.

Und, meine Damen und Herren, auch der Bund entlastet die Länder, Kommunen, Kreise und kreisfreien Städte durch die Kostenübernahme bei der Grundsicherung. In Gänze werden im Land bis zum Jahr 2015 rund 215 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Damit entstehen finanzielle Spielräume, die beispielsweise zur Absenkung der Kreisumlage in den jeweiligen Regionen führen sollten. All das zeigt, und hier wiederhole ich mich gerne, wir lassen unsere Kreise und Gemeinden nicht im Regen stehen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Genauso ist es.)

Die Landesregierung bemüht sich um eine angemessene, aufgabengerechte Finanzausstattung der Kommunen.

(Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

So weit meine Vorbemerkungen.

Jetzt, meine Damen und Herren, komme ich aber zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes. Um es gleich vorwegzuschicken, das wurde auch immer gesagt, der Gesetzentwurf beinhaltet ausschließlich Anpassungen des FAG an die Doppik und an die neue Gebietsstruktur, an die neue kommunale Gebietsstruktur.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Damit kommt ihr ein bisschen spät, ne?)

Ab dem 4. September werden die Hansestädte Wismar, Stralsund und Greifswald sowie die Stadt Neubrandenburg zu großen kreisangehörigen Städten.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Das ändert aber überhaupt nichts an ihrer Bedeutung als Zentren des Landes. Diese Städte nehmen auch nach der Einkreisung solche staatlichen Aufgaben selbst wahr, die für die Entwicklung der jeweiligen Stadt besonders wichtig sind. Sie sind beispielsweise auch in Zukunft für die Kfz-Zulassungen und die Bauaufsicht zuständig.

Und aus diesem Grund bilden sie auch künftig bei der Berechnung der Schlüsselzuweisungen eine gemeinsame Säule mit den beiden anderen kreisfreien Städten Schwerin und Rostock. Jedoch wird der Teil der Schlüsselzuweisungen, den die vier Städte bisher für die staatlichen Aufgaben erhalten haben, die den neuen Landkreisen übertragen werden, künftig an diese ausgezahlt. Deswegen steigt die Teilschlüsselmasse der Landkreise um 4,873 Prozent von 32,040 auf 36,913 Prozent. Im gleichen Maß sinkt die Teilschlüsselmasse der kreisfreien und der dann großen kreisangehörigen Städte von 28,403 Prozent auf 23,530 Prozent.

Auf der Basis der Daten des Jahres 2011 werden Schlüsselzuweisungen in Höhe von rund 30,7 Millionen Euro übertragen. Die Kreisgebietsreform wird in den Kreisen und kreisfreien Städten sehr engagiert vorbereitet, da gibt es überhaupt kein Wenn und Aber. Gerade auf die Landkreise Mecklenburgische Seenplatte, Nordvorpommern, Nordwestmecklenburg und Südvorpommern warten aber wegen der bevorstehenden Einkreisung noch einige Herausforderungen. Ich denke hier zum Beispiel an die Zusammenführung von Teilen der Stadtverwaltung mit der neuen Kreisverwaltung oder an den Übergang städtischer Mitarbeiter auf den Landkreis.

(Harry Glawe, CDU: Das ist wohl wahr.)

Aus diesem Grund sieht der Gesetzentwurf vor, diese – um beim Beispiel zu bleiben – 30,7 Millionen Euro im Jahr 2012 nur an die eben genannten Landkreise nach dem Verhältnis ihrer Einwohner auszuzahlen. Der Betrag wird dann bis 2015 schrittweise reduziert. Bei der Verteilung des zusätzlichen Betrages spielt die Umlagekraft dann demzufolge keine Rolle.

Um Missverständnissen vorzubeugen, betone ich noch einmal, der besondere Verteilungsschlüssel nach Einwohnern gilt nur für den übertragenen Teil der Schlüsselmasse. Für den Rest der Schlüsselzuweisungen gilt der übliche Verteilungsmodus nach der Umlagekraft aller sechs Landkreise.

Meine Damen und Herren, ebenso wie bei den Schlüsselzuweisungen ist es auch beim Vorwegabzug für die Wahrnehmung übertragener Aufgaben. Auch hier erhalten die großen kreisangehörigen Städte ab 2012 nur

noch den Anteil für die übertragenen gemeindlichen Aufgaben. Die Mittel, die diese Städte bislang für die übertragenen kreislichen Aufgaben erhalten haben, fallen dann den Landkreisen zu. Ausgenommen ist wiederum der Teil, der den großen kreisangehörigen Städten für die weiterhin von ihnen wahrgenommenen kreislichen Aufgaben zusteht.

In Zahlen gesprochen bedeutet das 17,3 Millionen Euro mehr für die Landkreise. Sie erhalten ab 2012 für die Wahrnehmung übertragener Aufgaben jährlich zusätzlich zum Grundbetrag insgesamt 90,8 Millionen Euro im Verhältnis ihrer Einwohner. Die großen kreisangehörigen Städte bekommen dagegen 14,5 Millionen Euro, die ihnen ebenfalls im Verhältnis ihrer Einwohnerzahlen zugewiesen werden.

Auch beim Vorwegabzug für die Träger der Schülerbeförderung sind Änderungen erforderlich. Ab dem 4. September haben die in den großen kreisangehörigen Städten wohnenden Schülerinnen und Schüler denselben Beförderungsanspruch wie ihre Mitschüler aus den übrigen kreisangehörigen Gemeinden. Der momentane Verteilungsschlüssel des Vorwegabzugs für die Schülerbeförderung berücksichtigt zu jeweils einem Drittel die Zahl der in einem Landkreis lebenden Schüler und die Einwohnerdichte des Landkreises. Nur das letzte Drittel bestimmt sich nach den tatsächlich anfallenden Kosten.

Beließe man es bei dem Verteilungsschlüssel, hätten davon die Landkreise Vorteile, in die eine kreisfreie Stadt eingekreist wird, denn in den Städten gibt es viele Schüler und eine verhältnismäßig hohe Einwohnerdichte. Nachteile hätten dagegen die Landkreise mit vielen kleinen Gemeinden im ländlichen Raum. Wegen der langen Fahrwege ist jedoch gerade hier finanzielle Unterstützung erforderlich.

Ich glaube, an diesem Punkt sind wir uns in diesem Hause alle einig. Um Nachteile für die Schülerinnen und Schüler im ländlichen Raum zu vermeiden, sollen als Berechnungskriterium des Vorwegabzugs für die Schülerbeförderung künftig ausschließlich die tatsächlich anfallenden Fahrkosten herangezogen werden. So wird eine gerechte Verteilung des Vorwegabzugs erreicht, denn Landkreise, denen hohe Fahrkosten entstehen, bekommen künftig mehr Geld als solche mit einem geringeren Aufwand.

Meine Damen und Herren, ich habe in aller Kürze die Grundsätze der Umschichtung der Zuweisungen von den großen kreisangehörigen Städten auf die Landkreise umrissen. Ich möchte an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich betonen, jede große kreisangehörige Stadt bekommt auch in Zukunft die Mittel, die ihr für ihre gemeindlichen und kreislichen Aufgaben zustehen. Niemand verliert mehr Geld, als er Aufgaben abgibt. Gegenteilige Befürchtungen sind völlig unbegründet. Meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und natürlich auch ich persönlich werden jeden besorgten Bürgermeister besuchen beziehungsweise ihm vorrechnen,

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

dass auch seine Stadt für jede Aufgabe und für jeden Einwohner Schlüsselzuweisungen und Vorwegabzüge erhält.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Wir hatten in der Enquetekommission schon einen Haufen Bürgermeister. – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Denn ein zentrales Ziel der Verwaltungsmodernisierung ist die Stärkung der Zentren, und daran halten wir uns.

Und genau aus diesem Grunde schlägt die Landesregierung vor, bei den großen kreisangehörigen Städten die Berechnungsgrundlage für die Kreisumlage zu reduzieren. Wismar, Stralsund, Greifswald und Neubrandenburg haben wegen ihrer guten Standortbedingungen in den vergangenen Jahren viele Einwohner und Gewerbetreibende angezogen. Das schlägt sich natürlich in ihrer Steuerkraft nieder.

Um ein Beispiel zu nennen: Im Jahre 2011 lag die durchschnittliche Steuerkraft der vier Städte bei 550 Euro je Einwohner. Bei den anderen kreisangehörigen Gemeinden waren es dagegen nur knapp 380 Euro.

(Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)