Protocol of the Session on March 16, 2011

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Borchert von der Fraktion der SPD.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Aktuellen Stunde am 26. Januar haben die Koalitionsfraktionen angekündigt, zeitnah einen Gesetzentwurf vorzulegen für eine Verfassungsänderung mit dem Ziel, eine neue Schuldenregelung zu treffen. Dieser Gesetzentwurf liegt heute zur Ersten Lesung vor.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, bevor ich zum Inhalt des Gesetzentwurfes spreche, möchte ich noch mal kurz die drei wichtigsten Gründe aus Sicht der SPD nennen, warum diese Verfassungsänderung notwendig ist.

Zum einen ist die jetzige Schuldenregelung im Artikel 65 Absatz 2 der Landesverfassung nicht mehr mit Artikel 109 Absatz 3 des Grundgesetzes vereinbar und darf ab 2020 nicht mehr angewendet werden.

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Aber erst 2020, nicht?!)

Zum Zweiten, ohne eigene Regelungen in der Landesverfassung, meine sehr geehrten Damen und Herren, insbesondere ohne die Schaffung von Ausnahmemöglichkeiten gilt ab 2020 ein absolutes Schuldenverbot für Mecklenburg-Vorpommern.

(Zuruf von Birgit Schwebs, DIE LINKE)

Und drittens, die Festschreibung einer neuen Schuldenregel in der Verfassung wäre eine Selbstverpflichtung für die Politik unseres Landes, für die Notwendigkeit einer soliden und nachhaltigen Finanzpolitik. Und es wäre auch ein Signal an die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes, dass Landespolitik ernsthaft eine Neuverschuldung verhindern will.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, zum konkreten Inhalt des vorliegenden Gesetzentwurfes: Man muss grundsätzlich mal feststellen, dass wir uns selbstverständlich sehr eng, um nicht zu sagen, fast eins zu eins angelehnt haben natürlich an das Grundgesetz und den Artikel 65 Absatz 2 der Landesverfassung ersetzen

(Zuruf von Birgit Schwebs, DIE LINKE)

durch einen neuen Absatz, der vom Grunde her dem Absatz 3 des Artikels 109 des Grundgesetzes entspricht.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Deswegen ist es auch überflüssig.)

Zweitens werden wir mit der neuen Schuldenregelung ein grundsätzliches Schuldenverbot festlegen.

Und drittens werden wir Ausnahmemöglichkeiten schaffen, Ausnahmemöglichkeiten zum einen für Naturkatastrophen und außergewöhnliche Notsituationen und natürlich auch für von der Normallage abweichende konjunkturelle Entwicklungen, so, wie es auch das Grundgesetz schon vorsieht.

Des Weiteren werden wir festlegen,

(Zuruf von Birgit Schwebs, DIE LINKE)

dass, wenn in Ausnahmesituationen abweichend vom Schuldenverbot Kredite aufgenommen werden, die in einem überschaubaren Zeitraum zu tilgen sind, wobei wir natürlich in der Verfassung diesen Zeitraum nicht festlegen werden. Dieses ist im Näheren dann zu regeln in einem nachfolgenden Landesgesetz und dafür ist bei uns selbstverständlich am besten geeignet die Landeshaushaltsordnung. Insofern brauchen wir kein neues Gesetz, sondern wir nutzen das vorhandene Gesetz, die Landeshaushaltsordnung. Ich gehe davon aus, dass wir das in der nächsten Legislaturperiode dann zügig in Angriff nehmen, um die konkrete Ausgestaltung der Ausnahmemöglichkeiten sowohl von der Schuldenaufnahme als natürlich auch von der Tilgung zu regeln.

Und, meine sehr geehrten Damen und Herren, das …

(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Barbara Borchardt, DIE LINKE: Wir lassen uns noch Zeit.)

War ich zu schnell? Soll ich langsamer sprechen? Dann ist alles klar, ja?

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Ich bin froh, wenn du fertig bist. – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Okay, gut.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Wir waren ja schon beim Rittberger, beim vierfachen.)

Und dann noch mal zum Zeitpunkt, weil es ja auch immer wieder hier mit größtem Vergnügen vonseiten der Fraktion DIE LINKE angesprochen wird. Wir regeln, dass das

Schuldenverbot entsprechend dem Grundgesetz 2020 gilt. Aber nicht nur das, bis dahin gilt es, und das wäre ja dann ein neuer Artikel 79a, gilt es, während des Überganges auch bereits die Haushalte so aufzustellen, dass sie den Vorgaben des Grundgesetzes ab 2020 entsprechen.

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Genau, wir binden uns freiwillig die Rute vor.)

So weit zum Inhalt unseres Gesetzentwurfes, so weit zum Inhalt der vorgesehenen Verfassungsänderung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir werden heute in der Ersten Lesung die ersten wichtigen Entscheidungen oder Weichen stellen. Das ist bei der Ersten Lesung so. Aber man kann logischerweise noch keine Entscheidungen treffen. Das obliegt dem parlamentarischen Verfahren.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das hätte dem Ministerpräsidenten auch besser gefallen.)

Und wir werden dieses parlamentarische Verfahren abschließen, das ist die Zielmarke, am 29. Juni. Und ich kann hier deutlich erklären, aus der Sicht der SPDFraktion halten wir diesen Zeitkorridor vom 16. März bis 29. Juni für ausreichend, um ein ordentliches parlamentarisches Verfahren zu gewährleisten und zu garantieren.

Es wird zum Beispiel Anfang Mai natürlich dann die Anhörung geben und selbstverständlich werden wir dann die entsprechenden Stellungnahmen entgegennehmen. Es ist ja auch so, dass es bereits jetzt Stellungnahmen gibt. Interessanterweise liegen uns ja in den letzten Tagen, einerseits aber auch keine Überraschung, schriftliche Stellungnahmen bereits vom Landkreistag vor und auch vom Städte- und Gemeindetag. Und ich möchte hier deutlich sagen, es ist für uns selbstverständlich, dass wir diese Stellungnahmen sehr, sehr ernst nehmen

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Oh ja! – Zuruf von Helmut Holter, DIE LINKE)

und die entsprechenden Gespräche dann auch führen werden, auch außerhalb der offiziellen Verfahren, die dazu vorgesehen sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich beantrage namens der Koalitionsfraktionen, den Gesetzentwurf federführend an den Europa- und Rechtsausschuss und für die Mitberatung dann in den Innenausschuss beziehungsweise in den Finanzausschuss zu überweisen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Danke, Herr Borchert.

Meine Damen und Herren, im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von 60 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Um das Wort hat zunächst der Ministerpräsident des Landes Mecklenburg-Vorpommern gebeten. Herr Sellering, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben hier schon mehrfach über das Thema Schuldenbremse gesprochen, auch kontrovers diskutiert. Auch außerhalb des Landes haben wir dazu Argumente ausgetauscht. Heute liegt der

konkrete Gesetzentwurf auf dem Tisch, der die Landesverfassung um diese Schuldenbremse erweitern soll. Ich freue mich, dass die Regierungsfraktionen den Vorstoß aufgegriffen haben, dass sie ihn sehr energisch vorantreiben und dass jetzt dieser Gesetzentwurf vorliegt. Das wird noch einmal in den Ausschüssen beraten werden, aber im Grunde ist klar,

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Dass wir das durchziehen.)

jetzt wird es Zeit, liebe Frau Schwebs, für alle Demokratinnen und Demokraten hier im Landtag, sich zu entscheiden.

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Was? Vor anderthalb Jahren haben Sie mir noch ganz was anderes erzählt.)

Jetzt ist es Zeit, sich zu entscheiden, jetzt müssen Sie Farbe bekennen hier im Landtag.

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Das tun wir auch.)

Ich kann für die SPD mit großer Klarheit sagen,

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Ah!)

da knüpfe ich an das an, was Rudi Borchert gesagt hat, wir wollen die Schuldenbremse in der Landesverfassung, wir wollen sie, weil das die stärkste Form ist, mit der sich politische Parteien hier im Landtag zu einer so liden, einer verlässlichen, einer nachhaltigen Finanzpolitik bekennen können.

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Sie haben wohl kein Vertrauen zu Ihrem Koalitionspartner, oder?)

Meine Damen und Herren, eine Finanzpolitik, die ohne Schulden auskommt, das ist, Frau Schwebs, verantwortungsvolle Politik im Interesse unseres Landes,

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Das ist vorauseilender Gehorsam, ist das.)