Meine Damen und Herren, in einer Welt, die immer mehr zusammenwächst, in der Probleme schon lange nicht mehr an Grenzen haltmachen und in der alles immer komplizierter und schneller zu werden scheint, wächst die Sehnsucht der Menschen nach Überschaubarkeit und nach verständlicher und verlässlicher Politik. Die Demokratie als Staatsform wird zwar immer noch von einer Mehrheit als gute Staatsform angesehen, aber mit ihrem Funktionieren sind weit weniger Menschen zufrieden, wie neueste Umfragen belegen.
Sie wird als mühsam und in ihren Entscheidungsprozessen als langwierig wahrgenommen, sie befördert den Kompromiss, weniger jedoch klare Entscheidungen. Hatte man nach der Wende geglaubt, Demokratie kriege man schon irgendwie aus dem Fernsehen mit, so wissen wir heute: Das ist nicht so, Demokratie muss man erlernen! Ich appelliere daher an die Bürgerinnen und Bürger: Demokratie und Freiheit sind kein Zustand, sondern müssen immer wieder neu verteidigt und neu erkämpft werden, Tag für Tag!
Demokratie und Freiheit überleben im Alltag nur, wenn sich ein jeder zu seiner Verantwortung bekennt. Das macht Demokratie zwar anstrengend, aber auch besser als alle anderen Staatsformen.
In keiner anderen Staatsform können Konfl ikte friedlicher und menschenwürdiger gelöst werden als in der
Demokratie. Und das immer wieder auch und gerade der Jugend klarzumachen, das ist die Aufgabe aller Demokraten im Parlament und in unserer Gesellschaft.
Das, meine Damen und Herren Abgeordnete, liebe Bürgerinnen und Bürger, ist unsere gemeinsame Aufgabe und dieser Aufgabe sollten wir versuchen gerecht zu werden.
Sich einzubringen in Planungen, Prozesse und Entscheidungen, teilzunehmen am sozialen Umfeld, das ist für unsere Gesellschaft unerlässlich. Die Demokratie braucht das Engagement, die Ideen und die Kreativität ihrer Bürgerinnen und Bürger vor Ort. Dazu zählt auch das ehrenamtliche Engagement in den Städten und Gemeinden, in zahlreichen Verbänden und Vereinen des Landes. Viele Menschen leisten hier schon heute Außerordentliches im ehrenamtlichen Bereich. Das gilt zum Beispiel für den Sport, der eine außerordentlich wichtige Rolle nicht nur für die persönliche Gesunderhaltung, sondern auch für den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft spielt. Es gilt auch für die Feuerwehr, die Kleingärtner und für viele andere.
Früh übt sich, meine Damen und Herren, und deshalb begrüße ich es sehr, wenn sich vor allem auch junge Menschen engagieren. Aufgrund der demografi schen Entwicklung sind aber auch die Senioren gefordert, das ehrenamtliche Engagement noch stärker für sich zu entdecken.
Eine starke und engagierte Gesellschaft von Bürgerinnen und Bürgern ist zugleich die beste Versicherung gegen jede Form von Extremismus.
Bürgerinnen und Bürger, die sich für den Aufbau und die Verbesserung ihres Gemeinwesens einsetzen, sind nicht empfänglich für dumpfe Parolen und Gewalt. Sie wissen, dass Intoleranz und Hass eine Gesellschaft immer nur weiter auseinandertreiben und zerstören, niemals aber zusammenführen. Die Gesellschaft zusammenführen, das muss aber unser Ziel sein.
Meine Damen und Herren, wir sind uns bewusst, die große Mehrheit in unserem Land hält nichts von den neuen Nazis, und das völlig zu Recht.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, CDU, Linkspartei.PDS und FDP – Zuruf von der NPD: Gibt es hier welche?)
Dennoch müssen wir die Wahlergebnisse der Rechtsextremen und vor allem die Ängste der Menschen, die bei der letzten Landtagswahl NPD gewählt haben, sehr ernst nehmen und uns damit auseinandersetzen.
(Stefan Köster, NPD: Die Menschen haben Angst vor Sie! – Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD, CDU, Linkspartei.PDS, FDP und NPD – Stefan Köster, NPD: Vor Ihnen!)
Nur in der inhaltlichen Auseinandersetzung können wir Demokraten sie stellen. Es geht darum, meine Damen und Herren, deutlich zu machen, dass die Rechtsextre
men zwar schon immer auf alles scheinbar einfache Antworten hatten, aber noch nie Lösungen, meine Damen und Herren.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, CDU, Linkspartei.PDS und FDP – Michael Andrejewski, NPD: Sie haben seit 16 Jahren keine! – Zuruf von Stefan Köster, NPD)
Die neue Landesregierung ist sich einig, dass die Bekämpfung des Rechtsextremismus in MecklenburgVorpommern große Bedeutung hat. Der Rechtsextremismus schadet unserem Land und dem Wirtschaftsstandort Mecklenburg-Vorpommern.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, CDU, Linkspartei.PDS und FDP – Michael Andrejewski, NPD: Sie schaden dem Land!)
Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus haben in Mecklenburg-Vorpommern keinen Platz. Das müssen wir unseren Kindern, den Jugendlichen, aber auch den älteren Mitbürgerinnen und Mitbürgern eindringlich vermitteln – in der Familie, im Freundeskreis, in den Bildungseinrichtungen, in den Vereinen und Verbänden.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, CDU, Linkspartei.PDS und FDP – Zurufe von Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS, und Stefan Köster, NPD)
Wir dürfen diese Herausforderung dabei auf keinen Fall nur als Kampf gegen Rechts betrachten, es geht dabei vielmehr um einen konstruktiven Streit für mehr Demokratie und Toleranz.
Die Doppelstrategie von Repression und Prävention hat sich bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus bewährt und wird auch weiterhin verfolgt. In Mecklenburg-Vorpommern gibt es null Toleranz gegen rechtsextremistische Straftäter.
Die Bekämpfung des Rechtsextremismus ist jedoch vorrangig eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und muss daher aus der Mitte der Gesellschaft erfolgen, zumal die großen Volksparteien in Ostdeutschland weit weniger Mitglieder haben als in den alten Bundesländern.
Alle sind gefordert: Familie, Schule, Wirtschaft, Gewerkschaften, Kirchen, Vereine, Verbände und auch die Medien. Die Landesregierung wird die Jugendarbeit gezielt verstärken, die Aufklärung und die politische Bildungsarbeit intensivieren, um alle gesellschaftlichen Kräfte gegen den Rechtsextremismus zu mobilisieren. Der Handlungsrahmen für mehr Demokratie und Toleranz wird konsequent umgesetzt.
funktioniert, hängt nicht nur von den Parteien und Politikern ab. Alle sind hier gefordert. Wir sind immer schnell dabei, Versäumnisse bei andern zu suchen und Forderungen an die jeweils andere Seite zu stellen. Gerne werden auch Partikularinteressen mit dem Allgemeinwohl scheinbar gleichgesetzt. Viele vergessen dabei, auch einmal selbstkritisch vor den eigenen Türen zu kehren und zu überlegen, was sie selbst als eigenen angemessenen Teil zur Verbesserung des Ganzen beitragen können.
Das gilt für die Wirtschaft und die Verbände genauso wie für die Menschen. Das gilt aber auch für die Politik selbst. Ich meine, wir Politiker müssen jede Gelegenheit nutzen, um den Bürgerinnen und Bürgern politische Zusammenhänge so zu erklären, dass sie auch verständlich werden.
Es ist zum Beispiel ein Unterschied, ob Menschen wirklich verstehen, warum das Land sparen muss, oder ob sie dies nur als Schikane wahrnehmen. Und es ist ein Unterschied, ob es gelingt, Eltern zu vermitteln, warum eine Schule im Dorf nicht mehr aufrechterhalten werden kann, oder ob sie das schlicht als Ungerechtigkeit wahrnehmen, denn Vertrauen braucht auch Verständnis.
Politik muss auch lernen, und das ist nicht leicht, vor allem im Wettbewerb mit Populisten, Politik muss lernen, ehrlich zu sagen, was sie leisten kann und was nicht.
Wenn etwas von heute auf morgen nicht geht, wenn es ein langer beschwerlicher Weg sein wird bis zum Ziel, dann müssen wir Politikerinnen und Politiker es den Bürgerinnen und Bürgern auch klar sagen und sie nicht in falschen Hoffnungen wiegen.
Denn: Vertrauen braucht Redlichkeit. Und, meine Damen und Herren, Politik muss den Mut haben, zu Entscheidungen zu stehen, auch wenn der Wind von vorne kommt. Denn: Vertrauen braucht Verlässlichkeit und Kontinuität.