Protocol of the Session on October 13, 2010

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU – Udo Pastörs, NPD: Da kann man stolz sein drauf.)

Aber, meine Damen und Herren, aus dem Wandel sind auch neue Herausforderungen entstanden. Gerade die gesellschaftlichen Bedingungen für Familien haben sich stark verändert.

(Udo Pastörs, NPD: Au ja!)

Es ist heute oft nicht einfach, Kinder großzuziehen. In manchen Haushalten fehlt das Geld,

(Udo Pastörs, NPD: Die müssen erst mal geboren werden.)

um Kindern die Teilnahme an der Klassenfahrt, die Mitgliedschaft in einem Verein zu ermöglichen. Da müssen wir helfen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Und wer hat die Grundlagen dafür gelegt? – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Es geht um direkte Hilfe für Familien. Es geht darum, Eltern den Rücken zu stärken. Es geht darum, Defizite so gut wie möglich auszugleichen. Wir alle wissen, wir können es uns nicht leisten, Talente ungenutzt zu lassen. Wir brauchen hier im Land jede und jeden.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Stärken müssen wir fördern, Stärken. – Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

Deshalb wollen wir Mecklenburg-Vorpommern zum kinder- und familienfreundlichsten Bundesland machen, zum Kinderland M-V. Das ist eines unserer wichtigsten Ziele, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD)

Meine Damen und Herren, wir sind auf diesem Weg schon ein gutes Stück vorangekommen. Wir haben in den letzten Jahren viele Kitas saniert, sodass sich Kinder und Erzieher über ein schönes Umfeld freuen können. Wir haben übrigens auch bei den Konjunkturpaketen dafür gesorgt, dass Geld daraus gezielt in diesen Bereich gegangen ist. Das hat noch einmal einen Schub gegeben.

Gleichzeitig haben wir das Angebot für Kinderbetreuung kontinuierlich verbessert. Die ersten Schritte gab es schon unter Rot-Rot, zum Beispiel mit dem Vorschuljahr. Das haben wir mit dem kostenlosen Mittagessen für sozial bedürftige Kinder,

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Der weiteren Stigmatisierung.)

mit dem Zuschuss zum Elternbeitrag für die Vorschule in dieser Koalition konsequent fortgesetzt.

Und wir haben das KiföG an die aktuellen Herausforderungen angepasst. Wir haben die Zahlungen an die Kommunen erhöht. Die Erzieherinnen und Erzieher erhalten mehr Zeit für die Vor- und Nachbereitung. Wir verbessern den Betreuungsschlüssel und wir geben Extrageld in soziale Brennpunkte.

(Irene Müller, DIE LINKE Schön wär’s. Ist nur noch nicht angekommen. – Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Dafür stellen wir jährlich 22 Millionen zusätzlich zur Verfügung.

Insgesamt, meine Damen und Herren, ich will Ihnen die Zahlen mal sagen, haben wir in diesem Bereich die Ausgaben seit 2003 um mehr als zwei Drittel gesteigert: von 77 Millionen Euro auf 130 Millionen Euro.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD)

Das ist viel Geld für Mecklenburg-Vorpommern, das ist viel Geld, besonders in wirtschaftlich schwierigen Zeiten,

(Udo Pastörs, NPD: Reden Sie mal über die Ergebnisse!)

aber es ist gut angelegtes Geld.

(Udo Pastörs, NPD: Schauen Sie sich mal den Bildungsbericht an!)

Das ist eine gute Zukunftsinvestition für unser Land.

Kinder- und Familienfreundlichkeit endet aber nicht an der Kita-Tür. Deshalb knüpfen wir auch ein dichtes Netzwerk für Kinder und Familien, zum Beispiel mit den Erinnerungen an die U-Untersuchungen – wir haben das hier lange diskutiert –, mit den Lokalen Bündnissen für Familie im Land. Deshalb werbe ich in den Betrieben für familienfreundliche Arbeitsbedingungen.

Und, meine Damen und Herren, wir wollen noch mehr tun. Ich denke, die nächsten richtigen Schritte sind Entlastung der Eltern bei den teuren Krippenbeiträgen, weitere Verbesserung beim Schlüssel, kostenfreies Mittagessen für alle Kita-Kinder, denn Unterstützung brauchen nicht nur die Kinder aus Hartz-IV-Familien, sondern gerade auch diejenigen, bei denen beide Eltern hart arbeiten und es trotzdem knapp ist.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Sehr richtig.)

Also, meine Damen und Herren, wir tun schon sehr viel und wir werden noch mehr tun, um allen Kindern in Mecklenburg-Vorpommern Bildung und Teilhabe zu ermöglichen.

Aber klar ist auch, wir werden nicht alles, was notwendig ist, allein schaffen können. Ich habe immer gesagt, um in ganz Deutschland gute Startchancen für alle Kinder zu schaffen, muss auch der Bund seine Verantwortung wahrnehmen. Das können wir Länder nicht alleine leisten. Deshalb sehe ich die Kürzung jetzt beim Elterngeld mit großer Sorge. Deshalb können wir auch mit der Neuordnung von Hartz IV, so, wie sie jetzt auf dem Tisch liegt, nicht zufrieden sein.

(Michael Andrejewski, NPD: Das ist mehr, als Sie gewährt haben.)

Die Frage ist doch: Ist der Bedarf tatsächlich so konkret ermittelt, dass wir vor die Eltern treten können und sagen, das haben jetzt Experten geprüft, das können wir Punkt für Punkt durchgehen und zeigen, das reicht aus, um das Kind gesund zu ernähren und ordentlich anzuziehen?

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Und was war die letzten fünf Jahre?)

Ich fürchte, das ist unterblieben.

Und, meine Damen und Herren, was lässt sich aus dem angekündigten Bildungspaket eigentlich tatsächlich finanzieren? Jeder, der Kinder hat, weiß, 120 Euro im Jahr, das ist nicht viel, das reicht nicht aus, um wirklich von sozialer Teilhabe zu sprechen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: So ist es.)

Davon lässt sich der Beitrag im Sportunterricht, die Musikschule, die Klassenfahrt, das lässt sich davon insgesamt nicht bezahlen. Ich habe deshalb große Bedenken, ob eine solche Neuregelung vor dem Bundesverfassungsgericht Bestand haben wird.

Meine Damen und Herren, wenn wir über bessere Bildungschancen für Kinder reden, über mehr Unterstützung, mehr individuelle Förderung, dann dürfen wir uns aber vor allem nicht auf die Kinder aus Hartz-IV-Familien beschränken. Die Bundesregierung muss ihre Verantwortung für alle Kinder wahrnehmen.

Beim Bildungsgipfel im letzten Jahr – eine wirklich wichtige Veranstaltung, die in die richtige Richtung ging – waren sich alle Länder, alle vertretenen Länder über die Parteigrenzen hinweg einig, dass wir bessere Startchancen für alle Kinder, vor allem Investitionen in die Bil

dungsinfrastruktur brauchen, was nur mithilfe des Bundes geht. Leider ist die konkrete Umsetzung damals daran gescheitert, dass der Bund seinen finanziellen Beitrag nicht leisten will. Ich denke, das darf jetzt nicht wieder passieren.

(Zuruf von Michael Roolf, FDP)

Wir müssen die Gelegenheit nutzen, etwas Gemeinsames hinzubekommen zwischen Bund, Ländern und Kommunen.

(Michael Roolf, FDP: 16 Jahre SPD-Verantwortung. 16 Jahre!)

Wie schwierig das in den Kommunen ist, auch hier im Land, darauf hat Frau Tegtmeier gerade hingewiesen.

Wir müssen das regeln mit einem Rechtsanspruch auf Bildung, auf kulturelle Teilhabe für alle Kinder und es muss solide finanziert sein.

(Michael Roolf, FDP: Schrecklich!)

Meine Damen und Herren, dazu gehören dann auch Investitionen in Kitas und in Ganztagsschulen.

(Heinz Müller, SPD: So ist es.)

Ganztagsschulen, das ist die Bildungsinfrastruktur, die ohne die bürokratischen Probleme, die die Chipkarte oder irgendwelche Gutscheine nach sich ziehen, die ohne diese bürokratischen Probleme Sport, Musikunterricht, Nachhilfe, alles das völlig einfach ermöglicht.

Dazu gehören dann auch Hilfen für ausreichend qualifiziertes Personal. Und ich denke, dazu gehört als vordringliche Aufgabe, die jetzt wirklich auf der Tagesordnung ist, dass wir durch gute Schulsozialarbeit, vor allem in den sozialen Brennpunkten, dass wir die Voraussetzungen dafür schaffen, dass Kinder mit Problemen, von denen es leider viele gibt, dass die Hilfen bekommen, dass sie Unterstützung bekommen für bessere Schulerfolge, dass wir ihnen helfen, dass sie am Ende nicht ohne Abschluss die Schule verlassen müssen.

Und, meine Damen und Herren, dazu gehören auch klare Abmachungen – das ist dann allerdings, glaube ich, das Fernziel und das Schwierigste –, klare Abmachungen, wie wir am Ende kostenfreie Bildung auch für die Kleinsten, also kostenfreie Kitas, das muss unser Ziel am Ende sein, wie wir das erreichen. Deshalb fordere ich die Bundesregierung auf: Lassen Sie uns doch bitte den Dialog über gute Bildung in Deutschland wieder aufnehmen! Lassen Sie uns, was diesen Gesetzentwurf angeht, an den Verhandlungstisch kommen! So jedenfalls ist das Gesetz im Bundesrat aus meiner Sicht nicht zustimmungsfähig.