Ich kenne auch die gesetzlichen Grundlagen, die vorhanden sind, um so etwas zu tun. Aber ich kenne auch die Praxis und da, denke ich, hilft so ein Antrag möglicherweise, um über einige Dinge noch einmal genauer nachzudenken, wie wir es denn in der Praxis umsetzen sollten. Die Erfahrungen mit der Kooperation zwischen
Jugendhilfe und Schule machen deutlich, dass eine wirkliche Zusammenarbeit nur dann zustande kommt, wenn beide Bereiche sich sozialräumlich öffnen. Das heißt, auf Themen und Probleme der Kinder und Jugendlichen im Stadtteil einzugehen und diese nicht nur institutionell als Schüler oder als Klientel zu betrachten. Die Lebenswelt der Kinder und Jugendlichen, der Stadtteil und die Gemeinde sind Rahmenbedingungen für eine Öffnung von Schule und Jugendhilfe. Sozialräumliches Denken in der Schule bedeutet, Interessen der Kinder und Jugendlichen außerhalb von Schule am sozialen Leben zu entwickeln, an ihren Orten und Räumen eine Orientierung an den sozialen Themen und Problemen des Stadtteils zu haben, an der Kooperation mit außerschulischen Institutionen und so weiter. Dies geschieht erst, wenn sich in der Schule die Einsicht durchsetzt, dass die Herstellung des Sozialen über die reine Unterrichtsgestaltung auch zu ihrer Aufgabe gehört und die Einmischung in die Lebensbedingungen der Kinder und Jugendlichen langfristig zur Stabilisierung von Schule und der Verbesserung des Unterrichtes beiträgt. Der Herr Minister hat darüber schon gesprochen, es gibt Möglichkeiten. Da besteht die Grundlage für eine Kooperation. Schule sucht nicht nur nach Ausfallbürgen oder Reparaturbetrieben, sondern nach echten Partnern.
Und daran hapert es manchmal. Für Kinder und Jugendliche gelingt eine Kooperation mit Schule nur dann, wenn die Schule als Lebensort von Kindern und Jugendlichen begriffen und Kooperation nicht nur kurzfristig zu einer Legitimation genutzt wird und zur Akquise neuer Zielgruppen.
Wenn sich Jugendliche sozialräumlich öffnen und Schule als einer der wichtigsten Lebensräume von Kindern und Jugendlichen verstanden wird, kann man dieses auch als Grundlage für eine Kooperationsform, die über die bestehenden institutionellen Formen des Miteinanders hinausgeht, betrachten. Nur über ein persönliches Engagement von handelnden Personen in Jugendhilfe und Schule zu einem bestimmten, sich verbindenden Thema wird eine Verbindung zwischen den beiden Bereichen hergestellt, die ohne dieses persönliche Engagement zunächst undenkbar gewesen wären. Das gemeinsame Thema schafft einen gemeinsamen Bezug. Darüber lassen sich Ziele, Projekte, Arbeitsschritte und so weiter defi nieren. Eine Absicherung gelingt durch die Einrichtung von Strukturen, zum Beispiel einem ständigen Arbeitskreis zur regelmäßigen Durchführung gemeinsamer Projekte und so weiter. So entstehen feste Strukturen zwischen Jugendhilfe und Schule, die nicht mehr unbedingt von einzelnen Personen abhängig sind. Über gemeinsame Fortbildung kann es uns gelingen, dass durch verschiedene Projekte die Kooperation zwischen Jugendhilfe und Schule weiterentwickelt wird und zusätzliche Kooperationspartner, Teilnehmer/-innen und Fachfrauen angesprochen werden.
Gemeinsame Fortbildungen können auch große Bedeutung für die Stabilität der Kooperation zwischen Jugendhilfe und Schule haben. Dieses gelingt dann, wenn die Fortbildung einen stark refl ektierenden Charakter hat. Elemente wie Praxis, Replikation, Supervision, Zukunftswerkstatt, kollegiale Beratung, Projektaustausch und vieles andere gehören dazu. Wenn durch den Einsatz solcher Elemente ein gemeinsamer Fortbildungsprozess entsteht, wird insbesondere auf der persönlichen Ebene zwischen den Mitarbeitern von Jugendhilfe und Schule
eine Atmosphäre der Zusammenarbeit geschaffen durch den Abbau von Vorurteilen, persönliches Kennenlernen, Förderung von Partnerkontakten, gemeinsame Zielorientierung, Klärung von Kooperationsbegriffen, Sicherheit und Umgang miteinander.
Angesichts der Veränderung in den Lebensbedingungen von Kindern und Jugendlichen und den daraus folgenden Problemen an den Schulen ist es erforderlich, die Kompetenz und das sozialpädagogische Verständnis von sozialpädagogischen Fachkräften vor Ort in allen Schulen zu nutzen. Angebote der Schulsozialarbeit sind deshalb in allen Schulen auszubauen. Und ich hoffe – wir haben hier vor drei Tagen eine Expertenkommission für Bildung verabschiedet –, dass auch sie sich diesem Thema widmet, und denke, das ist heute nur ein Anstoß. Es gibt viele andere Kooperationsmöglichkeiten zwischen Jugendhilfe und Schule. Ich denke zum Beispiel an einen besseren Übergang von dem Kita-Bereich zur Grundschule, von der Schule zum Ausbildungsbereich, von der Schule in das Leben hinein. Also all die Dinge müssen noch angegangen werden. Aber das ist vielleicht die Aufgabe der nächsten Legislaturperiode und ich denke, die Expertenkommission wird uns möglicherweise schon eine Richtung vorgeben.
Das, was hier in diesem Antrag steht, das habe ich vorhin schon gesagt, ist ein erster Ansatz, weil er uns die Chance bietet – und hier sage ich jetzt noch einmal ganz bewusst etwas zu dem ersten Satz, der dort steht, mit unserem neuen Schulgesetz bessere Bedingungen für unsere Kinder zu haben –, gleich von Anfang an zu versuchen,
was durchaus nicht heißt, wenn wir uns hier für Schulsozialarbeit einsetzen, dass wir die Jugendsozialarbeit außen vor lassen. Wir können nicht gegeneinander ausspielen.
Aber, Frau Fiedler-Wilhelm, es ist schon ein großer Schritt, wie hier drinsteht, den wir gehen. Das wissen Sie auch. Er hat sehr viele Probleme, sehr viele Diskussionen hervorgerufen
ich hoffe im positiven Sinne, sodass wir unsere Schule voranbringen können und nicht alles kaputtreden.
(Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU: Sie wollen nicht, dass wir zustimmen. – Birgit Schwebs, Die Linkspartei.PDS: Pst! Ruhe!)
Ich möchte noch einmal Bezug nehmen auf den Antrag der CDU. Herr Walther hat schon einmal gesagt, wir verlangen keinen Rahmenplan, sondern wir wollen Rahmenbedingungen schaffen,
(Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS: Bravo! – Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU: Gott sei Dank fi nden Sie einen Grund, um ihn abzulehnen.)
(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD, Konrad Döring, Die Linkspartei.PDS, und Gerd Walther, Die Linkspartei.PDS – Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS: Manchmal schon.)
Ich habe mir aber noch einmal ganz konkret unterstrichen, und das wird jetzt Ihre nächste Frage sein, wie denn die fi nanziellen Auswirkungen in den Kommunen sind.
Ich würde zuerst gern den Satz zu Ende bringen, dann erübrigt sich wahrscheinlich die Zwischenfrage.
(Heiterkeit bei Torsten Renz, CDU, und Karin Schmidt, Die Linkspartei.PDS – Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU: Tut sie nicht. – Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS: Sie wissen ja noch gar nicht, was sie sagt.)
Es geht um die fi nanziellen Mehrbelastungen in den Kommunen, die in Ihrem Antrag stehen. Das sage ich Ihnen ganz konkret: Das, was wir heute tun mit diesem Antrag, ist, Möglichkeiten zu schaffen, um einmal eine Zielrichtung vorzugeben, wo es hingehen soll.
Ich sprach über die Expertenkommission, dass diese möglicherweise zu bestimmten Bedingungen kommt. Und wenn wir dann feststellen, dass wirklich fi nanzielle Auswirkungen auf die Kommunen zukommen, müssen Sie im nächsten Haushaltsjahr einfach besser aufpassen und die entsprechenden fi nanziellen Gelder dafür einstellen, wenn Sie es politisch so wollen.
(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und Linkspartei.PDS – Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS: Die Frage ist beantwortet. – Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU: Also wollten Sie das nie die ganze Zeit, oder was? Na gut. Die ist nicht beantwortet. – Heiterkeit bei Dr. Margret Seemann, SPD)
Frau Voland, wenn Sie sich unseren Änderungsantrag einmal ansehen, stimmen Sie mir zu, dass in unserem Antragstext von Rahmenbedingungen gesprochen wird und nur in der Begründung, die ja nicht unbedingt der Antragstext ist, von einem Rahmenplan? Und brauchen Sie unbedingt eine Begründung, diesen Antrag ablehnen zu müssen, weil Sie sich zwischen Rahmenbedingungen und Rahmenplan hier ein bisschen aufreiben?
(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Sie lehnen unseren Antrag ja auch ab. – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Zuruf von Torsten Renz, CDU)