Wir kommen zur Einzelberatung über den von der Landesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Ausführung des Infektionsschutzgesetzes auf Drucksache 4/2048. Der Sozialausschuss empfiehlt, den Gesetzentwurf der Landesregierung entsprechend seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 4/2281 anzunehmen.
Ich rufe auf die Paragrafen 1 bis 6 sowie die Überschrift entsprechend der Beschlussempfehlung. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke schön. Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit sind die Paragrafen 1 bis 6 sowie die Überschrift entsprechend der Beschlussempfehlung einstimmig angenommen.
Wer dem Gesetzentwurf im Ganzen entsprechend der Beschlussempfehlung des Sozialausschusses auf Drucksache 4/2281 zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. – Danke schön. Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Auch das ist nicht der Fall, damit ist der Gesetzentwurf entsprechend der Beschlussemp
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 12: Zweite Lesung und Schlussabstimmung des Gesetzentwurfes der Landesregierung – Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Bestattungsgesetzes, Drucksache 4/2115, hierzu Beschlussempfehlung und Bericht des Sozialausschusses auf der Drucksache 4/2322(neu).
Gesetzentwurf der Landesregierung: Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Bestattungsgesetzes (Zweite Lesung und Schlussabstimmung) – Drucksache 4/2115 –
Das Wort zur Berichterstattung hat der Vorsitzende des Sozialausschusses Herr Abgeordneter Koplin. Bitte schön, Herr Vorsitzender, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Landtag hat den Gesetzentwurf am 8. März 2006 zur federführenden Beratung an den Sozialausschuss sowie zur Mitberatung an den Innenausschuss und den Landwirtschaftsausschuss überwiesen. Der Sozialausschuss hat hierzu am 26. April 2006 eine öffentliche Anhörung von Sachverständigen durchgeführt. Hinsichtlich der Ergebnisse der öffentlichen Anhörung verweise ich wie schon vorhin auf die Beschlussempfehlung, die Ihnen vorliegt.
Mit dem von der Landesregierung vorgelegten Gesetzentwurf soll durch die Änderung des Bestattungsgesetzes vorgeschrieben werden, dass die Krankenhäuser dafür Sorge zu tragen haben, dass auch die nicht bestattungspflichtigen Tot- und Fehlgeborenen, deren Eltern nicht von ihrem Recht auf individuelle Bestattung Gebrauch machen, auf einem Friedhof beigesetzt werden.
Zur Sicherung der Qualität der Leichenschau eröffnet der Gesetzentwurf zukünftig dem Arzt, der die Leichenschau vornimmt, die Möglichkeit, sich in bestimmten Fällen am Sterbeort auf die Todesfeststellung zu beschränken und die vollständige Leichenschau an einem geeigneten Ort durchzuführen. Ferner kann der Arzt zukünftig, wenn er die Todesbescheinigung nicht sofort vollständig ausstellen kann, weil ihm der Verstorbene vorher nicht bekannt war und/oder ihm deshalb Angaben, beispielsweise zu Grundleiden, fehlen, zunächst eine Bescheinigung über die Feststellung des Todes ausstellen. Dieses sichert die ordnungsgemäße Ausstellung der Todesbescheinigung. Die bisher erforderliche Zustimmung der Hinterbliebenen zur Durchführung einer Obduktion wird durch die sogenannte Widerspruchslösung ersetzt.
Ferner sehen die Änderungen des Sozialausschusses vor, dass die Trägerschaft in Bezug auf Friedhöfe nunmehr auch unter Aufsicht des Landes stehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts eröffnet wird. Damit wird der Weg dafür frei gemacht, dass Bestattungen künftig auch außerhalb gemeindlicher oder kirchlicher Friedhöfe, etwa in Landeswäldern, vorgenommen werden können. Der öffentliche Charakter des Bestattungsortes wird dabei gewahrt und die Bestattungen in privater Trägerschaft bleiben ausgeschlossen. Ferner dürfen Särge zukünftig zu Transportzwecken nur noch dann mehrfach verwendet werden, sofern sie rückstandsfrei reinigbar
sind. Die Empfehlung des Sozialausschusses geht zurück auf die Stellungnahme des Landesverbandes des Bestattungsgewerbes Mecklenburg-Vorpommern. Dort wurde darauf hingewiesen, dass für Transporte von Verunfallten bereits gebrauchte kostengünstigere Holzsärge mehrfach Verwendung finden würden. Diese Praxis wird aufgrund des Änderungsvorschlages des Sozialausschusses aus ethischen und aus hygienischen Gründen beendet.
Der Sozialausschuss hat die Beschlussempfehlung einvernehmlich bei Enthaltung seitens der Fraktion der CDU einschließlich der beschlossenen Änderungen angenommen. Ich bitte Sie daher, den Gesetzentwurf der Landesregierung in der Fassung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Sozialausschusses auf Drucksache 4/2322(neu), Ihnen wurde die letzte Fassung heute Vormittag vorgelegt, anzunehmen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu zehn Minuten für jede Fraktion vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Als Erste hat ums Wort gebeten die Sozialministerin des Landes Frau Dr. Linke. Bitte schön, Frau Ministerin.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Mecklenburg-Vorpommern hatte mit dem Gesetz über das Leichen-, Bestattungs- und Friedhofswesen vom 3. Juli 1998 bereits ein modernes Bestattungsgesetz. Eingedenk der seit einigen Jahren in Deutschland geführten Diskussionen über den Verbleib von Tot- und Fehlgeborenen, die bislang nicht bestattet werden müssen, gab es jedoch Änderungsbedarf. Es ist ein Gebot der Ethik, dass alle Tot- und Fehlgeborenen, auch diejenigen, die bislang nicht offiziell bestattet werden müssen, ein Recht auf eine Beisetzung haben. Das sieht der Ihnen vorliegende Gesetzentwurf vor. Für den Fall, dass Eltern auf eine Beisetzung verzichten, wird es die Pflicht der Krankenhäuser sein, Tot- und Fehlgeborene zu bestatten. Auch wenn schon einige Krankenhäuser in unserem Land der gemeinsamen Empfehlung des Sozialministeriums, der Krankenhausgesellschaft und der Kirchen gefolgt sind und für Grabstätten auf Friedhöfen für Tot- und Fehlgeborene gesorgt haben – beispielsweise in Rostock, Greifswald, Ludwigslust und seit Kurzem auch Schwerin –, ist eine Beisetzung doch noch nicht überall gewährleistet. Wie die Anhörung gezeigt hat, ist mit der Verpflichtung zur Beisetzung jetzt eine Lösung gefunden worden, die auch von den Krankenhäusern mitgetragen wird.
Das Gesetz, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete, wurde in einem weiteren Punkt verändert. Die Einführung der sogenannten Widerspruchslösung bei Obduktionen ist ein wichtiger Schritt, um den rückläufigen Obduktionszahlen zu begegnen. Obduktionen sind als unverzichtbarer Bestandteil der medizinischen Qualitätssicherung ein wichtiges Element im Gesundheitswesen, denn sie helfen, Diagnosen zu sichern und Behandlungsmethoden zu überprüfen. Die Ergebnisse dienen somit auch der Heilung von Patienten. Mit der Änderung des Bestattungsgesetzes soll künftig eine Obduktion nicht nur
nach ausdrücklicher Zustimmung des Verstorbenen zu Lebzeiten oder nach Zustimmung der Angehörigen möglich sein, sondern auch dann, wenn die Angehörigen über die beabsichtigte Obduktion informiert worden sind und dieser innerhalb einer Frist nicht widersprechen. Diese Methode basiert auf einem Beschluss der Bundesärztekammer vom August 2005, der diese Regelung im Sinne der Qualitätssicherung medizinischer Diagnosen und zur Absicherung von Therapieschritten gefordert hatte. Mecklenburg-Vorpommern ist eines der ersten Bundesländer, das dieser Empfehlung entspricht.
Das Bestattungsgesetz sah bisher keine Bestattungsfristen vor. Den Angehörigen sollte diesbezüglich freie Hand gelassen werden. In der Praxis kam es jedoch immer wieder vor, dass Verstorbene aufgrund ungeklärter Kostenfragen manchmal wochenlang nicht bestattet werden konnten. Die Ordnungsbehörden hatten zwar die Möglichkeit, in solchen Fällen einzugreifen und eine Bestattung zu veranlassen, nicht selten aber herrschte Unsicherheit darüber, zu welchem Zeitpunkt das geschehen sollte. Mit der im Gesetzentwurf vorgesehenen Einführung einer Bestattungsfrist wird hier Rechtssicherheit geschaffen. Die Bestattungsfrist von in der Regel zehn Tagen soll jedoch nicht als Dogma verstanden werden. Liegen nachvollziehbare Gründe vor, kann natürlich auch von diesen Fristen abgewichen werden.
Wir reagieren mit dem Ihnen vorliegenden Gesetzentwurf letztlich darauf, dass immer häufiger das Geld für eine Bestattung bei den Hinterbliebenen fehlt und deshalb bürokratische Mühlen in Gang gesetzt werden müssen, die zu Verzögerungen führen können, die nicht hinnehmbar sind. Hier macht sich der Wegfall des Sterbegeldes in der gesetzlichen Krankenversicherung durchaus bemerkbar. Immer häufiger muss die öffentliche Hand deshalb für die Bestattung eintreten, wenn die Hinterbliebenen nachweislich finanziell nicht in der Lage sind, für die Kosten einer Bestattung aufzukommen. Sie haben die Möglichkeit, beim Sozialamt einen Antrag auf Kostenübernahme zu stellen, scheuen aber leider oftmals davor zurück. Der Landtag hat diese Praxis in einem Beschluss vom 26. Mai 2005 zu Recht kritisiert und dafür plädiert, Bestattungsvorsorgeverträge in den Katalog für das sogenannte Schonvermögen aufzunehmen. Damit wäre der heute unbefriedigende Zustand beendet.
Mein Haus hat im Bundesrat entsprechende Anträge in den Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des SGB II und SGB XII vom September 2005 eingebracht. Das Petitum wurde schließlich im Dezember 2005 durch den Bundesrat mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Freizügigkeitsgesetzes und anderer Gesetze gegenüber der Bundesregierung eingebracht. Die Bundesregierung hat in ihrer Stellungnahme die Aufnahme einer solchen Klarstellung jedoch mit der Begründung abgelehnt, dass schon nach geltendem Recht mit der Härtefallregelung im SGB II und im SGB XII eine menschenwürdige Bestattung für alle Sozialhilfeempfänger sichergestellt sei.
Auch wenn aus unserer Sicht bisher kein befriedigendes Ergebnis erreicht werden konnte, wird sich das Sozialministerium weiter für die Schaffung eindeutiger Rechtsgrundlagen im Sinne des Landtagsbeschlusses zum Schutz privater Bestattungsvorsorgeverträge und anderer Vorsorgeformen, die eine angemessene Bestattung sicherstellen, einsetzen. Ich begrüße ausdrücklich, dass nach dem Willen der Ausschüsse zur Durchführung
eines möglichst hohen fachlichen Standards die Durchführung der zweiten Leichenschau vor einer Feuerbestattung zukünftig vorrangig von Rechtsmedizinern vorgenommen werden soll. Die Chance, mögliche Straftaten aufzuklären, kann damit zukünftig besser als bisher wahrgenommen werden.
Ich bin mir sicher, dass der Ihnen heute vorliegende Entwurf zur Änderung des Bestattungsgesetzes mehr Rechtssicherheit schafft und zugleich dem sehr sensiblen Thema Rechnung trägt. Ich erbitte Ihre Zustimmung zu dem Gesetzentwurf und der Ihnen vorliegenden Empfehlung des Sozialausschusses. – Danke.
Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Glawe. Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bestattungsgesetzes steht auf der Tagesordnung. Ich darf für die CDU erklären, dass das bisherige Verfahren, dass Totgeburten mit einem Gewicht unter 1.000 Gramm und Fehlgeburten in der Regel nicht bestattungspflichtig waren, jetzt in eine richtige gesetzliche Fassung gegeben wird, um in dieser Frage Klarheit zu schaffen. Das wird von der CDU-Fraktion eindeutig unterstützt.
Meine Damen und Herren, die Frage der zweiten Leichenschau – Frau Ministerin hat es gerade vorgetragen – vor der Feuerbestattung ist ein Kompromiss zwischen allen Fraktionen. In diesem Fall soll ein Facharzt der Rechtsmedizin die Leichenschau durchführen. Das heißt allerdings, dass der Amtsarzt auch heute noch die zweite Leichenschau durchführen kann, wenn das jeweils in einzelnen Regionen so geregelt oder so gewollt ist. Aber ich denke, es ist eine eindeutige Verbesserung. Immerhin muss man daran denken, dass das gesamte Genmaterial mit der Feuerbestattung verloren ist. Deswegen ist diesem Kompromiss zwischen allen Fraktionen durchaus auch von unserer Seite Rechnung getragen worden.
Das, was wir bei diesem Gesetz kritisieren, ist, dass gegen den erklärten Willen der Kirchen jetzt Friedwälder eingerichtet werden sollen, die noch durch das Land oder nachgeordnete Institutionen betrieben werden. Das können wir nicht mittragen. Auch einige andere Anregungen, die von den Kirchen in den Ausschussberatungen vorgetragen wurden, wurden im federführenden Ausschuss aus unserer Sicht nicht berücksichtigt. Deswegen können wir uns zu diesem Gesetz nur enthalten. – Vielen Dank.
Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Nieszery. Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Wichtigste zu diesem Gesetz und zu den Neuerungen dieses Gesetzes ist bereits gesagt worden. Neben den lobenswerten Veränderungen im ethischen Bereich, was die Bestattung der Früh- und Totge
burten betrifft, möchte ich mich in meinen Ausführungen im Wesentlichen auf zwei Punkte beschränken:
Zum einen auf den Kritikpunkt, den Herr Glawe eben vorgetragen hat, dass wir die Trägerschaft für Friedhöfe erweitert haben. Wir haben mit dem Gesetz die Möglichkeit geschaffen, dass das Land Träger von Friedhöfen sein kann. Insbesondere gilt das für die Staatsforst, im Prinzip für die Anstalt des öffentlichen Rechts, was die Landesforstanstalt betrifft. Wir räumen damit ausdrücklich dem Land die Möglichkeit ein, Friedwälder zu betreiben. Es ist nicht so, wie es der Städte- und Gemeindetag sagt, dass wir Aufgaben von den Gemeinden auf das Land verlagern. Natürlich bleibt die Aufgabe, einen Friedhof zu tragen und auch zu verwalten, Uraufgabe der Gemeinden. Wir erweitern diese Aufgabe nur auf das Land in dem speziellen Bereich der Friedwälder. Ich denke, das ist auch in Ordnung so.
Das Zweite, worauf ich noch einmal eingehen möchte, ist die zweite Leichenschau. Wir haben uns auf den Kompromiss verständigt, den Herr Glawe hier vorgetragen hat. Allerdings möchte ich sagen, dass wir sehr wohl darauf Wert legen, dass die zweite Leichenschau in der Regel durch einen Rechtsmediziner zu erfolgen hat. Sie kann natürlich auch durch einen Amtsarzt erfolgen, allerdings sollte das aus unserer Sicht die Ausnahme darstellen.
Des Weiteren legen wir das Gesetz so aus, dass die für die Leichenschau anfallenden Honorare selbstverständlich dem Leistungserbringer zugutekommen, und zwar in vollem Umfang, damit sie nicht aufgeteilt werden zwischen der anordnenden Stelle und der ausführenden Stelle. So viel zu diesem Gesetz. Ich bitte um Ihre Zustimmung. – Vielen Dank.
Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der Linkspartei.PDS der Abgeordnete Herr Koplin. Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Danke schön, Herr Präsident. Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte noch einmal an die Diskussion anknüpfen, die wir im Sozialausschuss geführt haben, insbesondere die Anhörung. Sie gehört für mich – ich möchte zumindest für mich persönlich sprechen – zu den Anhörungen mit dem höchsten Erkenntnisgewinn. Das ist ein Thema, von dem ich meinte, hier werden sozusagen einige Regelungen gesetzestechnischer Natur getroffen. Am Ende stellte sich heraus, es handelt sich um ein hoch sensibles und emotional sehr tiefgehendes Thema.
Zu den Fragen im Detail: Was muss getan werden, damit es keine Mängel bei der Ausstellung von Todesbescheinigungen gibt? Was ist zu tun, damit Transporte von Verstorbenen ohne Beanstandungen erfolgen? Was spricht womöglich für und was gegen eine Privatisierung von Krematorien? Welche veränderten Formen der Trauer- und der Erinnerungskultur gibt es mittlerweile und wie sind sie zu berücksichtigen?