Protocol of the Session on April 5, 2006

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der Linkspartei.PDS, Dr. Ulrich Born, CDU, und Dr. Armin Jäger, CDU – Dr. Armin Jäger, CDU: Wir auch.)

Für den achten Reformbereich – damit meine ich den Personalübergang vom Land auf die neuen Kreise – treffen Verwaltungsmodernisierungsgesetz und der vorliegende Entwurf eines Gesetzes über den Übergang von Landespersonal auf die Kreise wegen der Funktionalreform I Festlegungen, zu denen ich noch ausführlicher sprechen werde. Bei der Personalüberleitung – das vorab – hat es neben Konsens aber auch Dissens gegeben.

Den neunten Reformbereich, den Personalübergang von den Landkreisen auf die Ämter- und Gemeindeebene, regelt ebenfalls das vorliegende Gesetz.

Meine Damen und Herren, das in meiner Gliederung letzte Reformelement, also das zehnte, umfasst die Personalentwicklung auf Landesebene, das heißt ein Personalkonzept für die Landesverwaltung selbst. Auf der Grundlage der Ergebnisse eines Benchmarkings, das heißt eines einwohnerbezogenen Stellenausstattungsvergleichs mit Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein, hat sich die Landesregierung das anspruchsvolle Ziel gestellt, von derzeit 42.000 Stellen der Landesverwaltungen rund 10.500, also ein Viertel, abzubauen, davon circa 8.500 bis 2009. Dieser Prozess soll nach unserem Willen sozialverträglich ausgestaltet werden.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der Linkspartei.PDS)

Und da sage ich an dieser Stelle auch sehr deutlich, Herr Jäger: Ihr Vorschlag, jetzt schnell alles schon bereits am 01.01.2007 zu vollziehen,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, natürlich.)

findet an der Stelle genau nicht meine Unterstützung, denn das hätte nämlich zur Konsequenz, dass Entlassungen in Größenordnungen vorgenommen werden müssten.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und Linkspartei.PDS – Dr. Armin Jäger, CDU: Wer sagt denn das? Das ist eine Unterstellung!)

Und genau das wollen wir verhindern.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Völlig daneben, völlig daneben! – Zuruf von Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU)

Hören Sie mir weiter zu!

Das würde implizieren, dass Veränderungen am Gesetz, die wir erreicht haben, wie besonders die Mitwirkungsrechte von Personalräten, Gleichstellungsbeauftragten,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Völlig daneben! – Zuruf von Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU)

Schwerbehindertenvertretungen, von Mitwirkungen der Kommunalvertreter in den Kreistagen und kreisfreien Städten selbst, ad acta gelegt werden. Und dafür sind meine Fraktion und die Koalition nicht zu haben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und Linkspartei.PDS – Dr. Armin Jäger, CDU: Das hat doch niemand gesagt!)

Meine Damen und Herren, so weit ganz sachlich einige Anmerkungen zu Teilelementen der umfassenden Verwaltungsmodernisierung in unserem Bundesland. Unter den Projekten dieses Reformvorhabens hebt sich zweifelsfrei das Verwaltungsmodernisierungsgesetz in vielerlei Hinsicht und wohl auch in unterschiedlichen Schattierungen deutlich ab.

Zu diesem Gesetzentwurf, den der Landtag am 8. Juni 2005 beraten und an die Ausschüsse überwiesen hat, wurden durch den federführenden Sonderausschuss eine schriftliche Anhörung durchgeführt, wir haben es heute im Bericht schon gehört, und rund 290 Stellungnahmen ausgewertet. Vom 16. Dezember 2005 bis Februar 2006 – und auch hier teile ich nicht die Auffassung, dass das irgendwie unter Zeitdruck durchgepeitscht wurde – wurden hierauf aufbauend weitere 150 Sachverständige in den Ausschusssitzungen mündlich angehört. Und ich kann nur meinen Vorrednern zustimmen und möchte auch aus meiner Sicht und der Arbeit meines Arbeitskreises und meiner Fraktion den Dank besonders an das Sekretariat des Sonderausschusses weitergeben.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der Linkspartei.PDS, Ute Schildt, SPD, und Dr. Armin Jäger, CDU)

Geht man aber sachlich, Herr Jäger, an die Bewertung heran, dann kommt man an zwei Schlussfolgerungen nicht vorbei:

Erstens hat es in der Anhörung und im gesamten Anhörungsverfahren zu diesem Gesetz zu vielen Punkten Zustimmung gegeben. Kaum eine Stellungnahme oder Sachverständigenäußerung hat die Reformnotwendigkeit in unserem Bundesland in Zweifel gezogen.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Das stimmt, ja.)

Keine Stellungnahme oder Sachverständigenäußerung hat sich grundsätzlich gegen Funktionalreform I und II ausgesprochen.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig.)

Dass die vorgesehenen Regelungen dem einen zu weit, dem anderen nicht weit genug gingen, dass dem einen die Regelungen optimal, dem anderen unzweckmäßig erschienen, ist nach meiner Auffassung normal, denn wie heißt es doch so schön in einem Sprichwort: Allen Leuten recht getan ist eine Kunst, die niemand kann. So haben wir bis auf den Bereich der Straßenbauverwaltung notwendige Änderungen oftmals auch im Konsens vorgenommen.

Zweitens – auch das war nicht zu übersehen oder besser nicht zu überhören – ruft das Verwaltungsmodernisierungsgesetz mit seinem Kreisstrukturvorschlag nicht nur Zustimmung hervor. Gerade in diesem Punkt, das ist klar zu sagen, stößt es auf umfangreiche Ablehnung. Ich muss hier nicht gesondert auf die beschlossenen Stellungnahmen der Kreistage beziehungsweise Stadtvertretungen oder Bürgerschaften der von einer Einkreisung direkt betroffenen kreisfreien Städte verweisen. Diese sind bekannt. Bekannt ist auch, dass ich sehr frühzeitig und deutlich darauf verwiesen habe, dass der Kreisstrukturvorschlag parteiübergreifend und nahezu flächendeckend bei den davon direkt Betroffenen auf Ablehnung stößt. Aber ich denke, es

gehört auch zur Ehrlichkeit, dass man deutlich sagen muss, dass kommunale Vertreter in den Städten, Gemeinden und Ämtern in großer Anzahl deutlich sagen, sie stehen zu dieser Reform. Direkte Demokratie, Herr Jäger, beginnt nicht im Kreistag mit der Zahl der Abgeordneten. Sie ist wichtig, sie beginnt vor Ort, und direkte Demokratie ist nicht an der Zahl der Abgeordneten zu messen, sondern sie wirkt so, wie es in der Verfassung steht, nämlich als demokratische Mitwirkung von unten nach oben.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig.)

Das heißt, wir als Kommunalvertreter haben die Verantwortung, vor Ort dafür zu sorgen, dass Vereine, Verbände, die Bürgerinnen und Bürger in die Prozesse, die wir durchführen, einbezogen sind,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Das geht doch gar nicht mehr.)

und da findet vor Ort zuerst die Arbeit statt. Und hören wir genau hin, was Städte, Gemeinden und Bürgermeister kleinerer Ebenen sagen. Sie sagen sehr deutlich: Hört doch endlich auf mit den Landkreisen! Schafft sie ab! Wir können diese Aufgaben vor Ort viel besser lösen. Auch das haben wir zur Kenntnis zu nehmen.

(Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS und einzelnen Abgeordneten der SPD – Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Meine Damen und Herren, wenn wir nach möglichen Motiven negativer Voten fragen,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Und wie war das mit dem Kreistag?)

dann sind nach meiner Lesart eben durchaus unterschiedliche Gründe festzustellen: Haben die einen erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken, ist für andere der Abwägungsprozess nicht nachvollziehbar.

(Präsidentin Sylvia Bretschneider übernimmt den Vorsitz.)

Enthält für den einen der Gesetzentwurf nur Behauptungen und Vermutungen, stellt für den anderen die Zwangseingemeindung einen gangbaren Weg dar.

(Peter Ritter, Die Linkspartei.PDS: Siehe Wismar.)

Kann sich der eine die Fusion mit der Hansestadt Wismar vorstellen, siehe der Landkreis Nordwestmecklenburg, wehrt sich diese selbst in der ihr eigenen Art vehement gegen jegliche Fusion und hätte es am liebsten, dass wir hier im Landtag endlich beschließen, dass die Gemeinden im Umfeld nach Wismar eingekreist werden.

(Beifall Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS, und Peter Ritter, Die Linkspartei.PDS – Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Sehr richtig!)

Ja, wo leben wir denn? Fehlen also den einen Erhebungen zur Leistungsfähigkeit der kreisfreien Städte, für die anderen die Vorpommern-Begründung für die große kreisangehörige Stadt, so konterkariert diese Aufgabenprivilegierung für die anderen das Ziel der Reform.

Meine Damen und Herren, ich sage es sehr deutlich: Diese Aufzählung ist keine Analyse, sie ist auch nicht abschließend. Diese Gegenüberstellungen sind auch nicht als Relativierung der vorliegenden Stellungnahmen gedacht. Nein, sie sollen uns nur den Blick dafür schärfen,

dass dem Landtag notwendige Entscheidungen, die wir politisch zu treffen haben, letztlich nicht durch Stellungnahmen zum Gesetzentwurf abgenommen werden können. Wir haben diese Entscheidung zu treffen und nicht über die Stellungnahmen, die wir bekommen haben.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der Linkspartei.PDS)

Meine Damen und Herren, ich möchte einige Anmerkungen zu den Änderungen machen, die der Gesetzentwurf während der parlamentarischen Beratungen erfahren hat – nach dem mündlichen Anhörungsverfahren, das sage ich sehr deutlich. Und um es gleich vorwegzunehmen: Ich hatte zu keiner Zeit die Illusion, mit den vorgenommenen Änderungen die Zustimmung der Opposition zum Gesetzentwurf vollständig erreichen zu können. Auch dem Glauben, mit Änderungsanträgen alle Zweifel am Kreisstrukturvorschlag zu zerstreuen, war ich nicht erlegen. Dennoch, meine ich, verlässt dieser Gesetzentwurf, den wir vor einem knappen Jahr in den Landtag eingebracht haben, den Landtag deutlich anders als am 8. Juni. Ich möchte das mit drei Schwerpunkten untersetzen:

Ich sage das ganz deutlich, an erster Stelle stehen der Kündigungsschutz und die Mitwirkung. Es war und ist ein grundsätzliches Anliegen der Regierung und der Koalitionsfraktionen, dieses bedeutende Reformvorhaben für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aller Verwaltungsebenen sozialverträglich auszugestalten.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der Linkspartei.PDS und Volker Schlotmann, SPD)

In der Sommerklausur letzten Jahres hat sich meine Fraktion öffentlich und intensiv mit vielen Beteiligten mit dem Thema Personal und in diesem Zusammenhang mit dem Verwaltungsmodernisierungsgesetz sowie dem Personalübergangsgesetz beschäftigt. Drei Forderungen waren das Ergebnis der Diskussion:

a) die Ausgestaltung des Kündigungsschutzes nach Paragraf 91, jetzt in der neuen Fassung, des Verwaltungsmodernisierungsgesetzes für drei Jahre

b) die angemessene Beteiligung der kommunalen Landesverbände an der Arbeit der Personalüberleitungsstelle nach Paragraf 2 Absatz 1 des Personalübergangsgesetzes und

c) die direkte Einbeziehung der Landkreisebene in die Arbeit der Schlichtungsstelle beim Justizministerium nach Paragraf 10 des Personalübergangsgesetzes