Protocol of the Session on January 26, 2006

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Das können wir auf die Eltern nicht beschränken.)

Wir wollen, dass Jugendliche unter Aufsicht Fahrpraxis und Fahrsicherheit erlernen können, bevor sie sich mit 18 allein hinter das Steuer setzen.

Noch ein Punkt, den man ansprechen muss: Was ist eigentlich im Kopf eines 17-Jährigen und dem eines 18Jährigen unterschiedlich? Was verändert sich tatsächlich in diesem einen Jahr, wenn er dann ganz alleine ohne Begleitung fahren darf?

(Beifall Birgit Schwebs, Die Linkspartei.PDS)

Ich glaube, da hat sich nicht allzu viel geändert. Man sollte das viel positiver sehen, denn die Jugendlichen gerade in unserem Land sind gar nicht so schlecht, wie ihnen das immer angedichtet wird.

(Ute Schildt, SPD: Das hat auch keiner gesagt.)

Dies ist Kern unseres Antrages, dies ist das Ziel der elf Bundesländer, die schon das begleitete Fahren umgesetzt haben und die schon heute entsprechende Regelungen haben oder kurz vor der Einführung stehen. Und gerade liebe Kollegen von der SPD – von der Linkspartei habe ich hier ja anderes vernommen –, schauen Sie doch einmal nach Brandenburg oder nach Berlin. Auch dort wird das begleitete Fahren jetzt erprobt und ich bin mir sicher, wir werden dort und auch bei uns ähnliche Ergebnisse wie bei den über 20.000 Teilnehmern in Niedersachsen haben: 40 Prozent weniger Unfälle bei den 18-Jährigen, 60 Prozent weniger Bußgelder bei den 18-Jährigen.

Und, liebe Kolleginnen und Kollegen, auch vor dem Hintergrund der Ausstellung, die derzeit im Jugendclub E-Werk in Saßnitz auf Rügen zu sehen ist und die sich jeder einmal zu Gemüte führen sollte, müssen wir uns im Landtag – jeder Einzelne von uns – fragen, was man tun kann, damit es weniger Unfallopfer gerade unter Jugendlichen gibt. Das begleitete Fahren mit 17 ist neben vielen anderen auf jeden Fall eine Möglichkeit, dieses zu tun. Fahranfänger sind seit Jahren die Hochrisikogruppe im Straßenverkehr. Alle Versuche, die hohen Unfallzahlen in dieser Altersgruppe signifikant zu reduzieren, blieben leider erfolglos. Es ist nicht nur wissenschaftlich belegt, sondern jeder weiß es durchaus von seinen Bekannten oder aus dem Freundeskreis genau: Junge Führerscheininhaber im Alter von 18 bis 24 Jahren sind überproportional häufig in Verkehrsunfälle verwickelt. Ursache ist hier fast immer die fehlende Fahrpraxis.

Dieser Ursache lässt sich mit dem begleiteten Fahren entgegenwirken. Seit August 2005 können die Länder

durch Rechtsverordnungen das Mindestalter zum Führen von Kraftfahrzeugen herabsetzen. Wir sollten es, meine geehrten Damen und Herren, auch in diesem Land tun. Deshalb appelliere ich an Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD-Fraktion, und auch an Sie, sehr geehrter Herr Minister Ebnet: Geben Sie sich im Interesse von Eltern und Jugendlichen einen Ruck! Helfen Sie mit, den Tod von den Straßen Mecklenburg-Vorpommerns zu vertreiben! Geben Sie den Jugendlichen die Chance zu einem einjährigen Fahrtraining unter realen Bedingungen und sorgen Sie vor allem dafür, dass dieser Antrag in dem dann zuständigen Ausschuss nicht zerredet wird!

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Und noch wichtiger: Lesen Sie sich schnell die entsprechende Rechtsverordnung gut durch und geben Sie den Jugendlichen in diesem Land eine Chance! – Haben Sie vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU und Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Kokert.

Ich schließe die Aussprache.

Im Rahmen der Debatte ist beantragt worden, den Antrag der Fraktion der CDU auf Drucksache 4/2056 zur federführenden Beratung an den Innenausschuss sowie zur Mitberatung an den Wirtschaftsausschuss zu überweisen. Wer stimmt dem Überweisungsvorschlag zu? – Wer ist dagegen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist dem Überweisungsvorschlag mit den Stimmen der Fraktionen der SPD, CDU und Linkspartei.PDS gegen die Stimmen von drei SPD-Abgeordneten, einer Gegenstimme von der Linkspartei.PDS...

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der CDU und Linkspartei.PDS)

Das ist sehr schwer zu ermitteln, weil einige Abgeordnete nicht auf ihren Plätzen sitzen, sondern auf den falschen.

(Heiterkeit bei Holger Friedrich, SPD: Das sind so wenige.)

Also drei Abgeordnete der SPD-Fraktion und ein Abgeordneter der Fraktion der Linkspartei.PDS haben dagegengestimmt. Damit ist dem Überweisungsvorschlag gefolgt worden.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 20: Beratung des Antrages der Fraktion der CDU – Mehr Beschäftigung in einer Modellregion Mecklenburg-Vorpommern – Einführung eines Kombi-Lohn-Modells, Drucksache 4/2053.

Antrag der Fraktion der CDU: Mehr Beschäftigung in einer Modellregion Mecklenburg-Vorpommern – Einführung eines Kombi-Lohn-Modells – Drucksache 4/2053 –

Das Wort zur Begründung hat die Abgeordnete Frau Strenz von der Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Seit dem Arbeitsbeginn der neuen Bundesregierung ist das Thema Kombilohn wieder in aller Munde. Der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD auf Bundesebene sieht für die 16. Legislaturperiode die Einführung eines Kombilohnmodells zugunsten von Gering

qualifizierten vor. Vor diesem Hintergrund haben sich auch die Ministerpräsidenten der Länder positioniert. Alle wissen, eine bundesweite Kraftanstrengung á la Hartz IV kann nicht mehr gelingen und eine Testphase in einem einzelnen Bundesland ist deshalb unumgänglich. So hat unter anderem auch der niedersächsische Ministerpräsident Herr Wulff ein eigenes Modell angekündigt.

Meine Damen und Herren, reden wir heute über Kombilohnmodelle, reden die Experten nur noch über zwei Alternativen, den Vorschlag des Ifo-Instituts, erarbeitet vom Leiter des Instituts Professor Sinn, und die Magdeburger Alternative, das Konzept der Professoren Weimann und Schöb aus Magdeburg.

(Zuruf von Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS)

Manch einer spricht noch vom Magdeburger Modell, meint aber die Magdeburger Alternative. Es macht zuversichtlich und fast euphorisch, die Studie für Nordvorpommern zur Hand zu nehmen. Es ist empfehlenswert, sie wirklich zu studieren, damit man in Zukunft nicht mehr glaubt, in der Studie werde angeregt, auch ausländische Investoren ins Land zu holen, denen man Arbeitskräfte mit extrem niedrigen Löhnen anbiete, die man dann durch öffentliche Mittel ein bisschen aufsubventioniere.

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Wer sagt das denn?!)

Professor Weimann hat diese These am vergangenen Freitag sehr bildhaft widerlegt, als er sinngemäß sagte: Es geht nicht um ein Kombilohnmodell wie ein bescheidenes Flugobjekt aus der Pionierzeit oder der Anfänge, als der Mensch den Himmel eroberte, wir sprechen hier von einem Airbus. Die Arbeitskosten, meine Damen und Herren, sinken durch die Magdeburger Alternative im ersten Schritt um 25 Prozent und der Lohn des subventionierten Arbeitnehmers unterscheidet sich gerade nicht von dem seines Kollegen ohne Zuschuss. Das Arbeitsministerium hat die am Freitag in Grimmen vorgestellte Machbarkeitsstudie zur Umsetzung der Magdeburger Alternative im Landkreis Nordvorpommern bereits mit 40.000 Euro finanziert und unsere Finanzministerin hat das Projekt mit viel Weitblick und Einfühlungsvermögen von Beginn an positiv begleitet.

Meine Damen und Herren, es ist nicht richtig, dass eine Stelle im Kombilohnmodell 40.000 Euro kostet, auch wenn man das noch so oft wiederholt, sondern der Staat wird insgesamt um circa 11.000 Euro je Förderfall per anno entlastet. Die Erstattung der Abgaben für Renten, Gesundheit und Arbeitslosenversicherung je Arbeitnehmer liegt unterhalb des vormals bezogenen Arbeitslosengeldes II und so führt die Magdeburger Alternative zu einer Entlastung der Staatskasse. Seit Beginn dieser Legislatur ist die CDU-Fraktion an diesem Modell interessiert. Im Jahr 2003 haben die Professoren Schöb und Weimann die Magdeburger Alternative in der CDU-Landtagsfraktion und auch anschließend auf zwei Veranstaltungen der Konrad-Adenauer-Stiftung in Neubrandung und Schwerin vorgestellt. Die FAZ und die Zeitung „Neues Deutschland“, zwei sehr unterschiedliche Blätter, titelten: Landesarbeitsminister Holter lobt Vorstöße zur staatlichen Aufstockung von Niedriglöhnen.

(Reinhardt Thomas, CDU: Oi, oi!)

Sie, Herr Minister Holter, sagten: Ziel müssen existenzsichernde Arbeitsplätze sein.

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Richtig. – Regine Lück, Die Linkspartei.PDS: Genau.)

Dazu bedürfen kleine und mittlere Unternehmen gerade in Ostdeutschland staatlicher Lohnkostenzuschüsse. Diese befinden sich in unserem Antrag im Punkt 3 a) und 3 b). Der CDU-Antrag legt definitiv die unterste Tarifgruppe als Förderfall fest, um Lohndumping zu verhindern,

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Und was ist da, wo keine Tarife sind?)

und auch kleine und mittelständische Unternehmen werden als förderfähig definiert. Der klassische Lohnkostenzuschuss in althergebrachter Weise kann nicht mehr zum Ziel führen. Durch ihn entstehen keine neuen Arbeitsplätze, Arbeitnehmer würden lediglich durch Arbeitslose mit Lohnkostenzuschuss ausgetauscht. Diese Mitnahme wird durch die Magdeburger Alternative wirksam verhindert. Der klassische Lohnkostenzuschuss weist ein weiteres Dilemma auf. Was passiert, wenn die Subvention endet und die Arbeitskosten höher sind als die Produktivität oder wenn staatlicher Lohnersatz wieder höher ist als der Nettolohn? Meine Damen und Herren, in der Regel kommt es zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Das ist ja nett umschrieben.)

Fest steht, mit den alten Instrumenten bringen wir den Arbeitsmarkt nicht mehr in Schwung. 67.024 Langzeitarbeitslose, unter ihnen die Gering- und Falschqualifizierten, stellen die größte Personengruppe unter den Arbeitslosen im Land. Diesen Menschen muss besser geholfen werden! Dagegen ist das Marktpotenzial mit aktuell 30.740 Vollzeitstellen in der untersten Lohngruppe nicht ausgeschöpft, hier können wir ansetzen. Das Kombilohnmodell der Professoren Weimann und Schöb schafft das in genau vier Schritten:

Erstens durch Freistellung von Sozialabgaben, aufgegriffen durch Punkt 3 a) und c) des Antrages. Innerhalb der Testphase sollte aber eine Einschränkung erfolgen. Unser Antrag grenzt hier die Zielgruppe weiter ein. Nicht nur Langzeitarbeitslose, sondern über 55-Jährige sind die Förderkriterien. Dabei legt der CDU-Antrag definitiv die unterste Tarifgruppe als Förderfall fest, um Lohndumping zu verhindern.

Zweitens durch die Stichtagsregelung. Betrachten Sie hierzu Punkt 3 b) und c) des Antrages. Der Antrag erweitert die Stichtagsregelung um die Karenzzeit von genau zwölf Monaten, weil die Praxis, wie bereits erwähnt, immer wieder gezeigt hat, dass im niedrig produktiven Bereich lediglich Arbeitnehmer durch Arbeitslose mit Lohnkostenzuschuss ausgetauscht werden. Die Förderung greift primär nicht bei Einstellung einer zu fördernden Person, sondern bei Erhöhung des festgestellten Beschäftigungsstandes. Durch die doppelte Erstattung sollen zusätzliche Arbeitsplätze gefördert werden und so wird ein Anreiz zur Schaffung von zusätzlicher Beschäftigung hier im Unternehmen gesetzt. Ohne dass ein einziger Arbeitsplatz abgebaut wird, ohne dass der Nettolohn sinkt, reduzieren sich die Arbeitskosten des neuen Mitarbeiters um circa 70 Prozent. Welcher Unternehmer ist da nicht bereit, neue Mitarbeiter einzustellen?

Und drittens Hartz IV zum Quadrat. So haben die Professoren es genannt. Hier geht es um die Anwendung des aktuellen Rechts. Dieser Punkt ist daher nicht explizit

Bestandteil des Antrages. Die Grundidee der Hartz-Reformen „Fördern und fordern“, meine Damen und Herren, wir haben das zusammen beschlossen, wird hier konsequent umgesetzt und gibt Möglichkeiten. Anspruch auf Hilfe hat nur noch derjenige, der tatsächlich keine Arbeit findet. Wer arbeitsfähig ist und eine ihm angebotene zumutbare Arbeit ablehnt, der verwirkt seinen Anspruch auf staatliche Hilfe.

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Das ist ja auch tausendfach der Fall in Mecklenburg-Vorpommern.)

Wir hoffen ja, dass ein solcher Fall nicht eintritt, aber zumindest das Angebot da wäre, Frau Gramkow.

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Dann unterstellen Sie ihnen das bitte nicht! Sie unterstellen das aber. – Regine Lück, Die Linkspartei.PDS: Sie unterstellen das aber.)

Viertens die unbefristete Freistellung. Die Professoren führen dazu in ihrem Konzept an, dass nur so neue Dauerarbeitsplätze entstehen können. Die angeführten Gründe werden von uns geteilt. Das Ausloben einer Modellregion und das Starten mit einer Testphase, wie es der Punkt 3 unseres Antrages vorsieht, implizieren eine zeitliche Befristung, denn nur so ist es möglich, ISF-Mittel zu nutzen. Die zeitliche Befristung der Testphase und die Beschränkung auf benachteiligte Personen machen es möglich, diese Mittel einzusetzen. Das finde ich großartig. Ähnliche Konzepte liegen unter anderem schon in Schleswig-Holstein vor und auch die SPD in Sachsen-Anhalt will die Magdeburger Alternative.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte uns bitten, ergreifen wir diese für Mecklenburg-Vorpommern historische Chance und geben wir unseren Langzeitarbeitslosen wieder Hoffnung und Vertrauen ins Leben! Ich habe in der SVZ gelesen, Licht am Ende des Tunnels, und ich frage mich: Wie viel wurde schon versucht? Wie viel hat geklappt und wie viel ist gescheitert? Wir haben jetzt in diesem Moment, und ich nenne es bewusst so, Goldstaub in unseren Händen, wir brauchen nur zuzugreifen.

(Barbara Borchardt, Die Linkspartei.PDS: Oh, Goldstaub!)

Lassen Sie uns einmal mehr sein als eine besorgte Politikerin wie Frau Borchardt gerade, nämlich Staatsmann und Staatsfrau mit Weitblick und Verantwortungsgefühl!

(Rudolf Borchert, SPD: Kombilohn löst alle Probleme. – Zuruf von Barbara Borchardt, Die Linkspartei.PDS)