Protocol of the Session on January 26, 2006

Antrag der Fraktion der CDU: Stärkung von Demokratie und Toleranz – Drucksache 4/1944 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses – Drucksache 4/2072 –

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 90 Minuten vereinbart sowie fünf Minuten für den fraktionslosen Abgeordneten. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Fraktionsvorsitzende der SPD-Fraktion Herr Volker Schlotmann.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vielleicht eine Anregung an alle Abgeordneten, die uns über Lautsprecher hören: Es geht hier um das Thema, das die Grundlage unser aller Wirken ist, und das gilt für alle Fraktionen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, einzelnen Abgeordneten der CDU und Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS)

Und ich glaube, das ist auch ein Zeichen, dass wir Flagge zeigen durch die Präsenz hier im Plenarsaal bei dem Thema. So viel einleitend zur Selbstkritik, die ich mir nicht verkneifen konnte.

(Vizepräsidentin Renate Holznagel übernimmt den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren, morgen vor 61 Jahren, am 27. Januar 1945, wurde das Konzentrationslager Auschwitz von sowjetischen Truppen befreit. Ich denke, das ist ein richtiger Rahmen auch für die Debatte, die wir heute hier führen müssen und führen wollen.

Demokratie und Toleranz – was sagt das eigentlich aus? Aus meiner Sicht unterstreicht es zum Ersten unseren gemeinsamen Versuch und unsere gemeinsame Pflicht, gegen alle Versuche der Rechtsextremisten oder besser gesagt der Neonazis, unser demokratisches und tolerantes System auszuhöhlen, anzutreten, und zwar gemeinsam. Zum Zweiten: Dass diese beiden Begriffe heute ein aktuelles Thema sind, zeigt uns doch allen, dass die damit verbundenen Inhalte und Werte in höchster Gefahr sind. Resignation, Angst, dumpfe Vorurteile und Aggressionen breiten sich vielerorts aus, ob wir das wahrhaben wollen oder nicht. Von der Geschichte längst widerlegte obskure Heilslehren politischer Scharlatane finden wieder zunehmend Anhänger. Ihnen, meine Damen und Herren, müssen wir gemeinsam mit aller Konsequenz entgegentreten!

Meine Damen und Herren, ich stelle mir drei Fragen:

1. Wie gehen denn die Rechtsextremisten vor?

2. Was wollen sie eigentlich?

3. Mit welcher Methode organisieren sie diesen Prozess?

Und ich frage mich auch, hat sich eigentlich in den braunen Köpfen etwas geändert? Ich bin zu dem Ergebnis gekommen, nein, es hat sich nichts geändert. Ich möchte ein Beispiel geben. 1928 sagte Joseph Goebbels in einer Wahlkampfrede: „Wir gehen in den Reichstag hinein, um uns im Waffenarsenal der Demokratie mit deren eigenen Waffen zu versorgen.... Wenn die Demokratie so dumm ist, uns... Freifahrkarten und Diäten zu geben, so ist das ihre Sache.... Wir kommen als Feinde! Wie der Wolf in die Schafherde einbricht, so kommen wir.“ So Goebbels 1928!

(Zuruf von Heike Polzin, SPD)

Warum meine Aussage, es hat sich nichts geändert? – Wie sagte Herr Leichsenring von der NPD im Siegesrausch

der NPD bei ihrem Wahlerfolg zur Landtagwahl in Sachsen? Wörtlich: „Natürlich sind wir verfassungsfeindlich. Wir wollen eine andere Gesellschaftsordnung.“ Meine Damen und Herren, das ist für mich der klare Beweis, welche Geisteshaltung diese Typen verinnerlicht haben.

Die heutigen Neonazis glauben, in der gegenwärtig schwierigen Situation – völlig unbestritten – ihr demokratiefeindliches und verfassungsfeindliches Süppchen kochen zu dürfen. Sie wollen den Menschen einreden, dass die freiheitliche Bürgergesellschaft grundsätzlich versagt habe und „abgewickelt“, so deren Redeweise, gehöre. Doch wir wissen, denke ich mir, wohin das führt. Wir wissen dies leidvoll aus der deutschen Geschichte. Zuerst soll die Demokratie aufgelöst werden und dann wird die Wiedergeburt Großdeutschlands in Angriff genommen.

Kolleginnen und Kollegen, auch das ist nachvollziehbar. Werfen Sie ruhig mal einen Blick auf die Homepage der NPD! Bereits auf der Startseite werden Sie am rechten Bildrand eine Landkarte finden, die aufzeigt, was sich die so genannten Nationaldemokraten unter Deutschland vorstellen. Ich möchte Ihnen das nicht vorenthalten: die Bundesrepublik plus Österreich, plus Sudetenland, plus Teile Südtirols. Richtung Osten muss dann den Damen und Herren vom braunen Rand völlig die Phantasie durchgegangen sein, denn hier handelt es sich noch nicht einmal um die Grenzen von 1937. Die alten und neuen Nazis scheinen vielmehr von der Frontlinie des Kriegswinters 1942 zu träumen.

Meine Damen und Herren, die Neonazis haben aber unsere Fehler, ich sage das ausdrücklich, unsere Fehler analysiert. Es sind eben nicht nur Deppen dabei. Sie gehen in oder organisieren sogar selbst Bürgerinitiativen, machen Stadtteilarbeit, betreuen Kinder, aber auch alte Menschen, schleichen sich über angebliche Hilfsbereitschaft für die Schwachen in die Herzen und Köpfe vieler unserer Bürger. Was sie wirklich wollen, sagen sie wohlweislich natürlich nicht so genau. Sie füllen die Räume aus, die wir mehr oder weniger als demokratische Parteien auch preisgegeben haben, man kann auch sagen – und das trifft es vielleicht viel eher –, vernachlässigt haben. Sie besetzen sozusagen die Straße. Ich sage Ihnen, von dieser müssen wir sie wieder vertreiben!

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und Linkspartei.PDS)

Man kann diese Straße auch öffentlichen Raum nennen, es ändert sich dadurch aber nichts. Was passiert dort? Wie sollten wir gemeinsam damit umgehen?

Meine Damen und Herren, auf den Schulhöfen, in den Berufsschulen posieren Rechtsextreme. Sie beeinflussen das Stadtbild, indem sie sich an Tankstellen, bei Sportveranstaltungen und Stadtfesten aufhalten, während andere sich schon gar nicht mehr hintrauen. Vor Kurzem haben in Sachsen-Anhalt, um ein Beispiel zu geben, wie diese „Braunen“ agieren, fünf Neonazis ein zwölfjähriges Kind brutal misshandelt und zusammengeschlagen. Ich möchte Ihnen aus dem „Spiegel“ zitieren: „Frau M. hat nichts gesehen, nichts gehört, und sagen will sie lieber auch nichts. Sicher, die Tat muss genau vor ihrem Wohnzimmerfenster passiert sein. Aber sie hatte den Fernseher laut gedreht und die Rollläden heruntergelassen, pünktlich um fünf, so wie es sich gehört.“ Kommt Ihnen das bekannt vor? Haben wir das nicht alle schon mal im Geschichtsunterricht mitbekommen, dass so etwas hier schon mal passiert ist, genau dieses Verhalten?

(Frank Ronald Lohse, SPD: Ja.)

Was will ich damit sagen? Ich will damit sagen, dass die rechtsextremistische Szene sich mittlerweile eine Struktur aufgebaut hat mit Auswirkungen in den Köpfen der Bevölkerung und in den Herzen der Bevölkerung, die von uns auch in der Diskussion und in der Debatte nicht mehr vernachlässigt werden darf. Sie haben eine Infrastruktur aufgebaut über Kommunikationswege, den Vertrieb von Propagandazeitschriften, Internetplattformen, auf denen einige von uns sich auch immer wieder finden. Die drei Fraktionsvorsitzenden und Herr Ritter waren jetzt wieder im Störtebeker-Netz. Das ist keine Ehre für uns, aber zumindest wissen diese Banausen, mit wem sie es letztendlich zu tun haben. Von daher kann ich damit ganz gut leben.

Es geht hier aber um eine neue Qualität bei der Arbeit der Rechtsextremisten. Neben den Subkulturen ist ein Netzwerk entstanden, welches sich auch auf ökonomischen Strukturen gründet und den Rechtsextremismus gewissermaßen hoffähig machen soll. Es gibt – und das ist Tatsache – zum Beispiel Betriebe, die von Rechtsextremisten geführt und geleitet werden und die ganz ausgesucht Gesinnungsgenossen einstellen in ihrer Mitarbeiterschaft. Auch dies trägt zur gesellschaftlichen Verankerung der rechtsextremen Szene bei.

Meine Damen und Herren, wenn Stadtgebiete, Stadtteile oder Dörfer zu ausländerfreien oder national befreiten Zonen erklärt werden, dann zeigt das, worum es uns gehen muss: um die Rückeroberung des öffentlichen Raumes für die Werte der Demokratie und Toleranz. Auf der einen Seite sind öffentliche Erklärungen, Veranstaltungen und Diskussionen wesentliche Elemente der Aufklärungsarbeit. Dazu werden wir hier auch sicher noch einiges hören. Dabei genügt es jedoch nicht, sich gegenseitig in seiner demokratischen Haltung zu bestärken. Abseits der offiziellen Anlässe kehrt man allzu oft, und davon schließe ich mich überhaupt nicht aus, in alte Klischeevorurteile zurück. Bei der Auseinandersetzung mit den Rechtsextremisten reicht es nicht, allein eine aufrechte demokratische Grundhaltung und Gesinnung zu haben. Man braucht Menschen, die sich trauen, die sich wirklich real trauen – das ist etwas anderes, als darüber in einer Diskussionsveranstaltung zu diskutieren –,

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und Linkspartei.PDS)

Menschen, die vor Ort in die Höhle des Löwen gehen. Da gilt es für uns, ob das Schulen sind, Jugendzentren sind, diese Menschen in dieser Arbeit zu unterstützen, und zwar ohne Vorbehalt. Wir brauchen ein noch breiteres Bündnis für Demokratie und Toleranz. Dabei müssen besonders die Menschen in Regionen mit hohem rechtsextremistischen Potenzial von uns in unserer Verantwortung als Parlamentarier und Politiker unterstützt werden.

Meine Damen und Herren, die Bekämpfung des Rechtsextremismus ist eine permanente Aufgabe. Dies tritt mitunter allzu schnell in den Hintergrund. Wenn Wahlerfolge rechtsextremer Parteien etwas bewirken, dann ist es, dass sie uns die Gefährlichkeit des Rechtsextremismus punktuell deutlich vor Augen führen, punktuell. Danach kehrt der Alltag zurück und wir betreiben alle gemeinsam unser Tagesgeschäft, zanken uns manchmal, streiten uns manchmal, alles im Interesse der Sache, aber wir sollten dieses Problem immer im Hinterkopf haben. Ich meine, es wäre völlig verfehlt, Geld für Programme zum Beispiel

gegen Rechtsextremismus mit dem Argument streichen zu wollen, die Erfolge seien nicht messbar. Meine Damen und Herren, eine derartige Auffassung des Problems ist aus meiner Sicht völlig falsch.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und Linkspartei.PDS)

Wenn etwa die Zahl von Gewalttaten nicht sinkt, heißt es, die Programme seien nicht erfolgreich. Wenn die Zahl der Gewalttaten dann aber sinkt, heißt es, die Programme seien nicht mehr so zwingend notwendig. Diesen Widerspruch muss mir wirklich einmal jemand erklären, denn das ist nicht ökonomisch erfassbar. Wir reden hier nicht über Förderprogramme, sondern wir reden hier über die Grundlage unserer Arbeit. Meine Damen und Herren, so kann und darf es nicht funktionieren! Lassen Sie uns an einem gemeinsamen Programm arbeiten, und zwar jenseits aller Parteigrenzen. Diese Selbstverpflichtung – es ist sicherlich unüblich, das so zu sagen, aber ich kann das ruhig einmal pathetisch sagen, das ist mir ein Bedürfnis und ich habe mich wahnsinnig darüber gefreut –, die Ihnen heute in der vorliegenden Beschlussempfehlung vorliegt, haben Herr Dr. Jäger, Herr Ritter und ich gemeinsam verabredet in einer spannenden, sehr offenen, sehr demokratischen, im Umgang miteinander sehr toleranten Diskussion, bis ins Detail ausgefeilt und wir werden daran weiterarbeiten. Dafür ganz persönlich an Sie noch einmal herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, CDU und Linkspartei.PDS)

Vor allen Dingen ist es ein Fortschritt, denn es war ja nicht immer so. Da müssen wir uns alle selbstkritisch angucken. Das lag an jedem Einzelnen von uns. Dieses bisherige Wettrennen sollte damit heute ein für alle Mal beerdigt werden im Interesse der Sache.

Meine Damen und Herren, folgende Frage ist ebenfalls zu stellen: Ist es eigentlich nicht kontraproduktiv, die Neonazis so, wie wir es heute und auch in Zukunft tun werden, öffentlich zu thematisieren? Ich kenne diese Diskussion seit mehr als 30 Jahren und ich habe lange, lange selbst geglaubt, dass es so ist, dass man sie nicht aufwerten darf, indem man über sie öffentlich diskutiert, sich öffentlich damit auseinander setzt. Seitdem diese braunen Führernachkommen aber, wie von mir vorhin beschrieben, den öffentlichen Raum nutzen, teilweise punktuell beherrschen und besetzen, kann und darf man nicht mehr zu diesem Thema schweigen, auch nicht in der öffentlichen Diskussion.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, CDU und Linkspartei.PDS)

Ich möchte etwas sagen, was hier sicherlich umstritten sein wird, aber das ist ja ein positiver Streit, so habe ich das auch immer aufgefasst. Ich fordere alle dazu auf, über die Landesgrenze hinweg darüber nachzudenken: Lassen Sie uns ein Verbot der NPD auf den Weg bringen! Ich weiß, wie schwierig das ist. Aber wir dürfen doch nichts, wirklich aber auch nichts unversucht lassen, um diesen Braunen Einhalt zu gebieten. Und ich denke, wenn das Verfassungsgericht entscheiden wird, dass das nicht geht, dann ist das so. Aber lassen Sie es uns zu einer Entscheidung beim Verfassungsgericht bringen. Wir dürfen einfach nichts unversucht lassen und ich denke, das gehört mit dazu.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und Linkspartei.PDS)

Wir wissen, dass es unzählige Menschen gab, die auch in dunkelster Zeit ihren Kompass und ihre Würde nicht aufgegeben haben. Sie widerstanden der Diktatur, oft genug um den Preis ihres Lebens. Ich möchte an dieser Stelle drei Namen stellvertretend nennen, weil ich glaube, das gehört hier in diesen Landtag hinein. Johannes Stelling, SPD-Mitglied, war von 1921 bis 1924 Mitglied dieses Landtages, war Ministerpräsident des Landes Mecklenburg-Schwerin und ist am 12.06.1933 in der Köpenicker Blutwoche von SA-Leuten geschlagen, gefoltert und erschossen worden. Ich erinnere in dem Zusammenhang an Willi Schröder, erst USPD, dann KPD, der von 1929 bis 1932 Mitglied dieses Landtages war. Er starb 1944 im KZ Sachsenhausen. Ich erinnere an den Leiter der Berliner Hilfsstelle der Bekennenden Kirche Werner Sylten, der 1942 für seinen Glauben von Braunen vergast worden ist.

Meine Damen und Herren, die Vorstellung dieser Männer und vieler Frauen von einer gerechten, friedlichen und freien Gesellschaft und ihr Mut auch in aussichtslos scheinender Situation sollte uns allen Vermächtnis und Mahnung sein, den Grundkonsens der Demokraten sorgsam zu bewahren und zu pflegen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, CDU und Linkspartei.PDS)

Was mancher vielleicht auch nicht gern hören mag: Meiner Meinung nach stehen wir ebenfalls gegenüber all den Emigranten und Asylsuchenden, die zwischen 1933 und 1945 Deutschland und Österreich verlassen mussten, in der Pflicht, ihrem Gedenken gegenüber, Christen, Sozialdemokraten, Kommunisten, allen Andersdenkenden. Über 500.000 mussten dieses Land, diese – da noch – Republik verlassen und flüchten und haben Aufnahme in anderen Ländern gefunden, weil ihnen dort politisches Asyl gewährt worden ist. Ich denke, das sollten wir in allen Diskussionen, die wir führen, immer wieder mit im Kopf haben. Wir tragen heute die Verantwortung dafür, dass Menschen in Zukunft frei leben können, frei glauben und reden können, was sie für richtig halten und nicht, was die obersten Instanzen für richtig halten.

Meine Damen und Herren, ich habe jetzt einiges gesagt zu politischen Dimensionen. Ich möchte Ihnen aber auch zumuten, sich noch einmal der menschlichen Dimension dieses Problems Rechtsextremismus und dem, was dahintersteckt, zu widmen. Ich glaube, das ist zumutbar. Dazu möchte ich zitieren, und zwar möchte ich zitieren aus einem Buch, das heißt „Gestapo geheim“, aus einem Dokument, was darin enthalten ist, weil wir als Politiker allzu häufig und allzu gern das Menschliche, was das Wesensmerkmal unseres Schaffens sein sollte, dafür sitzen wir eigentlich alle hier, auch mit unterschiedlichen ideologischen Ansätzen und, und, und, aber dafür sitzen wir doch, denke ich, hier, übersehen. Sieben Monate vor dem Zusammenbruch der Nazidiktatur gibt es ein Schreiben eines zugegebenermaßen Duisburger Bürgers, also aus meiner Heimatstadt, der vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt wurde, weil er, und das ist der Punkt, seine Entrüstung über die Gewaltverbrechen des nationalsozialistischen Staates und seiner Ideen laut geäußert hatte, und zwar am Arbeitsplatz. Dieser zum Tode verurteilte Mann schreibt am 2. Oktober 1944 an seine Frau:

„Meine Liebe, Deinen letzten Brief vom 12. September habe ich noch erhalten. Ich danke Dir für alles Gute, was Du im Leben für mich getan hast. Sei nicht böse, dass ich Dir soviel in den letzten Monaten noch angetan habe, ich

habe es nicht gewollt. Um 12.30 Uhr werde ich in das ewige Leben hinübergehen. Grüße nochmals alle Freunde und Bekannte. Es grüßt Dich nochmals Dein Mann. Deine Briefe werde ich in der Hand mit in den Tod nehmen. Entschuldige die Schrift, aber ich muss gefesselt schreiben. Es ist keine Angst vor dem Tod. Ich bin mit meinem Gott einig.“ Dazu möchte ich zwei Sätze aus dem Begleitbrief, den der Gefängnisfahrer von Berlin-Tegel dazu an die Frau geschrieben hat, zitieren: „Nun hat sich das traurige Schicksal, dass über Ihrem Mann schwebte, erfüllt. Er war sehr still und ruhig, wenn auch für Sie und ihn gesegnet. Fast seine letzten Worte waren ein Dank an Sie für die glücklichen Jahre, die er an Ihrer Seite verbringen durfte, und ich lasse meine Frau bitten, mir den letzten Schmerz, den ich ihr jetzt angetan habe, zu verzeihen. Er ist dann sehr gefasst und tapfer den letzten schweren Gang gegangen. Er wollte gern Ihren letzten Brief mit den Blümchen, worüber er sich noch sehr gefreut hat, in der Hand behalten. Das ist ihm untersagt worden.“

Meine Damen und Herren, ich halte allen Feinden – eigentlich müsste ich das jetzt schreien oder rufen, das kann ich aber nicht – der Demokratie in diesem Land und darüber hinaus entgegen: Täuschen Sie sich nicht, täuscht euch nicht, Freiheit der Gedanken ist kein Zeichen von Schwäche! Toleranz und Fairness im Wettbewerb um die besten Antworten auf die Herausforderung der Zeit, auch in diesem Haus, sind keine Dummheit! Im Gegenteil, die Demokratie ist die einzige Gesellschaftsform, die den Menschen Würde gibt. Sie ist und bleibt daher stark und wird notfalls von uns verteidigt werden. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, CDU und Linkspartei.PDS)

Danke, Herr Schlotmann.

Das Wort hat jetzt der Ministerpräsident Herr Dr. Ringstorff.