wir reden nicht mehr, erledigt, dann haben wir eher Feierabend und können zum Israelischen Abend gehen. Das wäre doch eine herrliche Sache gewesen.
(Karin Schmidt, PDS: Aber nun kommt die andere Seite noch! Das hätten Sie tun können, schade. – Zuruf von Dr. Martina Bunge, PDS)
Die Frage ist: Wer hat das gesagt? Wer hat das gesagt? Sie wissen, dieser Mann ist auch in Ihrer Fraktion nicht ganz unumstritten.
Denn wenn ich an den Chef der Staatskanzlei denke, was er beim Informationsbüro unseres Landes in Tallinn am Parlament vorbei gemacht hat, wo wirklich die linke Seite und die Mitte nur den Kopf geschüttelt haben,
mit so einem Chef der Staatskanzlei, lieber Herr Ministerpräsident. Politische Bildung ist zutiefst Vertrauenssache. Was ich Ihnen vorhin gesagt habe, wie ich Sie einschätze, da habe ich Vertrauen. Ich habe wirklich Vertrauen zum Sozialdemokraten und zum Ministerpräsidenten Ringstorff, was politische Bildung betrifft. Aber Vertrauen in einen Chef der Staatskanzlei, der so unterschiedliche Aussagen macht, der wirklich das Parlament unterhöhlt,
indem er Dinge an uns vorbei macht, wo alle Seiten, alle Parteien sagen, so geht das nicht, das, denke ich, sollten wir uns so nicht gefallen lassen.
(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Karin Schmidt, PDS: Das tut mir ja nun schreck- lich Leid! – Zuruf von Torsten Koplin, PDS)
Politische Bildung wäre das gewesen, sehr geehrter Herr Ministerpräsident, wenn der Chef der Staatskanzlei sich um einen Konsens zwischen Landesregierung und Landtag bemüht und dies in der Öffentlichkeit zum Ausdruck gebracht hätte. Sie haben das heute ja gesagt. Aber Meinungsverschiedenheiten, an denen nicht einmal die Opposition beteiligt ist, zum Anlass zu nehmen, die Neuordnung der politischen Bildung am Parlament vorbei durchdrücken zu wollen, das zeugt von mangelnder Konfliktfähigkeit gegenüber dem Parlament.
Der Ministerpräsident hat schon wichtige Dinge gesagt und ich möchte noch einiges ergänzen. Worüber reden wir denn? Uns geht es doch nicht um mehr oder weniger als die Sicherung unserer parlamentarischen Demokratie. Nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes Allensbach im Oktober/November 2003 wurde festgestellt, dass 65 Prozent der Ostdeutschen unsere Vorstellungen von Demokratie als keinen universellen Wert
betrachten. Das glauben nur 24 Prozent unserer Landsleute. Für 51 Prozent der Ostdeutschen ist Gleichheit und soziale Gerechtigkeit wichtiger als Freiheit. Diese Zahlen zeigen, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, dass wir uns in den neuen Bundesländern einer besonderen Verantwortung stellen müssen, denn Freiheit ist die Voraussetzung für soziale Gerechtigkeit.
Uns ist es nicht gelungen, die Menschen von diesem kausalen Zusammenhang zu überzeugen. Das können wir nur in einer parlamentarischen Demokratie gewährleisten. Die Menschen davon zu überzeugen ist unsere Aufgabe hier und ist die Aufgabe von politischer Bildung, was Sie auch richtig gesagt haben, Herr Ministerpräsident.
Das muss doch nicht alles so schnell geschehen! Da muss ich auch einmal zu Frau Marquardt sagen, so schlecht arbeitet sie doch gar nicht. Die Landeszentrale hat doch Funktionen …
(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD, CDU und PDS – Torsten Koplin, PDS: Wer hat denn das behauptet?!)
(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD, CDU und PDS – Angelika Gramkow, PDS: Herr Prachtl, also! – Torsten Koplin, PDS: Na, also! – Karin Schmidt, PDS: Das war daneben!)
Sehr geehrte Damen und Herren, ich möchte an dieser Stelle zu Geduld und Vernunft aufrufen! Demokratie braucht Zeit!
Herr Strasser, der Leiter des Deutschen Genzentrums in Deutschland machte am 19. Mai 2005 im NDR-Info darauf aufmerksam, und ich möchte ihn sinngemäß wiedergeben: Es ist eine Stärke der Demokratie, dass sie sich Zeit nimmt. Dadurch werden weniger Fehler gemacht. Wenn wir eine Gesellschaft, ein Staatsgebilde wie ein Unternehmen behandeln und Entscheidungen einfordern, ohne die Menschen mitzunehmen, dann verlieren diese Menschen den Glauben an die Demokratie.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, durch eine solche Politik erschüttern wir das Vertrauen in die Politik und in die Demokratie. Stehen die Theorie und die Praxis in einem Widerspruch zueinander, dann führt das zu Akzeptanzverlust von Demokratie und Freiheit, auch was die Staatskanzlei mit dem Parlament macht. Gerade des
halb halte ich unsensible Äußerungen in einem sensiblen Politikfeld für äußerst unangebracht. Politische Bildung, sehr geehrte Damen und Herren Kollegen, ist doch kein Selbstzweck oder etwas, was wir betreiben, um ein paar Fördergelder in einigen Vereinen zu versenken.
Politische Bildung ist weitaus mehr. Wir sollten endlich – und das ist vor allem, lieber Herr Kollege Brodkorb, daran arbeiten Sie schon lange, auch Ihr Versäumnis – dieses Thema nicht weiter hinter verschlossenen Türen diskutieren.
Am 30. Januar 2003, liebe Frau Gramkow, am 30. Januar 2003, das ist fast zweieinhalb Jahre her, sagte Herr Brodkorb zur Begründung der Ablehnung unseres Antrages: „Es muss erlaubt sein, dass sich die Koalitionsparteien zunächst einmal gemeinsam treffen und darüber diskutieren, welche Vorstellungen sie haben.“
„Wir haben auch erklärt, sobald wir dort zu einem vernünftigen Ergebnis gekommen sind, das man auch fachgerecht diskutieren kann, werden wir die Öffentlichkeit – und das schließt die Opposition ein – in diesen Prozess mit einbeziehen.“
Danke, Herr Brodkorb, aber darauf warten wir bis heute. Im Bildungsausschuss hat sich noch niemand mit diesem Thema befasst. Auch Ihre Fraktion hat entgegen Ihrer Ankündigung noch nichts vorgelegt. Ja, wenn das Kuratorium mal tagt, der Termin nicht verschoben oder ganz abgesagt wurde, dann haben wir über dieses Thema geredet, haben gemeinsam festgestellt, dass es eine unbrauchbare Ist-Analyse für das Dokumentationszentrum gibt und immer wieder, dass wir von der Staatskanzlei – und das haben wir übrigens alle beklagt, alle, die bei dieser Kuratoriumssitzung waren – seit zwei Jahren vertröstet werden. Wären Sie der Chef der Staatskanzlei gewesen, Herr Ministerpräsident, hätten wir das hinbekommen. Aber Gott, man hat nicht immer nur gute Mitarbeiter.
Nun liegt ein Konzept vor. Dieses Konzept durften wir im Kuratorium und am 28. April auf einer Sitzung in der Staatskanzlei zur Kenntnis nehmen. Leider konnten wir als Abgeordnete nicht mitdiskutieren. Ich habe schon gesagt, wir waren auf einer Fraktionsklausur. Es war immer Konsens, dass wir uns geeinigt haben, dass wir gegenseitig aufeinander Rücksicht nehmen. Wenn wir die Ankündigung des Chefs der Staatskanzlei ernst nehmen, dann können Sie, Herr Brodkorb, Ihre Zusage nicht mehr einhalten. Dann haben wir weder öffentlich noch im Ausschuss darüber diskutiert. Wenn Sie sich mit diesem Konzept identifizieren können, wenn damit alle Probleme gelöst werden, dann müssen Sie den Weg der Staatskanzlei mittragen. Wir wollen es so nicht. Es ist vieles sehr,
sehr vernünftig, das sage ich auch, denn es geht um mehr als um die Umlenkung der Finanzen. Das sagen auch alle Träger. Die sagen, Mensch, Freunde, wir befürchten, es ist nur eine Umlenkung. Wir müssen weiterdenken. Wir wollen Sie beim Wort nehmen und würden uns freuen, wenn Sie in einer der nächsten Sitzungen des Bildungsausschusses, wie Ihre Fraktion auch beantragt hat, dieses Thema auf die Tagesordnung setzen. Das ist wirklich eine ehrliche Bitte von uns.
Die CDU – und das darf ich auch einmal sagen, das muss man auch ertragen können – ist halt die stärkste Kommunalpartei und hier im Landtag die zweitgrößte Fraktion. Sie wünscht es nicht nur, sondern es wäre dem Thema angemessen gewesen, wenn wir die Debatte über die politische Bildung im Sinne unseres Antrages Anfang 2003 öffentlich hier im Landtag geführt hätten. Das wäre politische Bildung gewesen. Stattdessen wurde die Debatte damals benutzt, um in einer pietätlosen Art und Weise, das wissen Sie auch, den Landesbeauftragten für die Stasiunterlagen zu entsorgen. Das war offensichtlich, als es um die Änderung des entsprechenden Gesetzes ging und danach die Diskussion um die Neuordnung der politischen Bildung einschlief. Und nun zum Ende der Legislaturperiode werden wir den Eindruck nicht los, dass schnell noch Punkte der Koalitionsvereinbarung umgesetzt werden müssen.
(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS – Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Zuruf von Andreas Bluhm, PDS)
Die vorgesehene Neuordnung der politischen Bildung ist keine ehrliche inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Thema, sondern macht nur deutlich, wie künftig das wenige Geld neu verteilt werden soll. Und da liegen auch die Ängste der Bildungsträger. Nicht mit einer Silbe wird darüber diskutiert. Die Chance haben wir im Landtag seit dem Antrag auf Drucksache 4/165 am 15.01.2003 vergeben, wie und mit welchen Inhalten wir politische Bildung an die Bürger bringen. Ich betone, politische Bildung, und das ist mehr – das wissen aber alle und da bin ich auch dankbar, dass der Ministerpräsident so deutliche Worte gefunden hat – als die Vermittlung von Parteiprogrammen und der Kampf gegen den Rechtsextremismus. Es geht um das Eingemachte und da sollten wir vor allem eines wahren: Parteienunabhängigkeit und Pluralität. Die politische Bildung erleidet dort den größten Schaden, wo sie parteipolitisch missbraucht wird.