Erstens. Da Anhörungen auch als Instrument notwendiger Akzeptanzsicherungen anzusehen sind, steht dieser Gesetzentwurf vor enormen Herausforderungen seiner Überarbeitung.
Zweitens. Die Prognosen der Landesregierung, der Gesetzentwurf würde zu einer Verbesserung kommunaler Strukturen führen, werden durch die Stellungnahmen bisher nicht bestätigt.
Drittens. Die vorliegenden Stellungnahmen werden auch dazu führen müssen, dass die Belange der kommunalen Träger der Selbstverwaltung in die Gesetzesdefinition des öffentlichen Wohls Eingang finden müssen, denn das öffentliche Wohl als Legitimation von Strukturveränderungen lässt sich nämlich nicht allein aus staatlicher Sicht erfassen, wie auch die Stellungnahmen beweisen.
Viertens. Die umfassende Überarbeitung – Minister Timm hat eben dazu gesprochen – muss die Chance nutzen, die bisher angenommene Alternativlosigkeit zu korrigieren, denn ein alternativloser Gesetzentwurf wäre nicht nur rechtswidrig, er würde auch die vorliegenden Stellungnahmen ignorieren.
Fünftens diagnostizieren alle Stellungnahmen, dass der Gesetzentwurf an erheblichen Sachverhaltsaufklärungsdefiziten krankt. Dies allein aber schon würde ihn verfassungswidrig machen.
Meine Damen und Herren, der Innenminister hat eine umfassende Überarbeitung angekündigt. Das ist folgerichtig und, ich glaube, auch in dieser Sache ein Stück weit Normalität des Gesetzgebungsvorhabens. Vor allem aber ist es auch ein Gebot des vertrauensvollen Umgangs mit den in kürzester Frist durch Verwaltungen und kommunale Vertretungen erarbeiteten Positionen zu diesem Gesetzentwurf. Und das betone ich auch unter dem Aspekt, dass mehrere Körperschaften mit ihren Stellungnahmen den Blick nach Greifswald zum Landesverfassungsgericht weisen. Ich gehe davon aus, dass angesichts dieser Situation in der zukünftigen Überarbeitung der Justizminister eine zunehmend aktive Rolle in der Gesetzesüberarbeitung spielen wird und muss. Wenn der Rechtslotse Herr Professor von Mutius darum bemüht ist,
den Gesetzentwurf der Rechtsprechung zu entziehen, indem er an einer noch nie da gewesenen Gesetzesbegründung bastelt, dann ist das seine Sache. Der Justizminister aber – daran lasse ich ausdrücklich keinen Zweifel aufkommen – wird die Verfassungsrechtsprechung auch der neuen Bundesländer, denke ich, einer sorgfältigen Analyse unterziehen. Ich möchte nur einige Beispiele nennen:
die Analysen in Brandenburg 2002 zum kommunalverfassungsrechtlichen Stufenmodell zu Zielen, Leitbildern und Maßstäben von Gebietsänderungen
Sachsen 1995 zur Bedeutung der Anhörung der notwendigen Ergebnisoffenheit dieses Prozesses zu Alternativen und den Anforderungen an eine Begründung, Ähnliches findet sich auch in Thüringen
Die Aufzählungen ließen sich auch durch Positionen der Altbundesländer noch um ein Vielfaches weiter ergänzen.
Meine Damen und Herren, das alles, was ich benannt habe, können aber Juristen viel besser lesen als ich, Gabi Schulz. Meine Arbeitsthese möchte ich Ihnen aber dennoch nicht vorenthalten, Herr Justizminister – schade, dass er nicht da ist. Wie wäre es, wenn die durch die Altbundesrechtsprechung entwickelten Prüfmaßstäbe durch ostdeutsche Rechtsprechungen statt beiseite geschoben vielmehr verfeinert würden?
Es bleibt also nur eine Konsequenz für den Fortgang der Überarbeitung des Gesetzentwurfs, und zwar nicht den Weg nach Greifswald zu eröffnen, sondern die abgegebenen Stellungnahmen ernsthaft im Gesetzentwurf zu berücksichtigen, zu prüfen und abzuwägen. Für Gerichtsstreite sollte diese Verwaltungsreform in Einheit von Funktional- und Strukturreform in unserem Land nicht herhalten. Der Sonderausschuss, davon gehe ich aus, wird sich in diesen Prozess auch auf der Grundlage des vorliegenden Antrags der CDU-Fraktion engagiert und ergebnisorientiert einbringen. – Ich danke Ihnen.
(Beifall bei Abgeordneten der PDS, Dr. Armin Jäger, CDU, Wolf-Dieter Ringguth, CDU, und Dr. Gerhard Bartels, fraktionslos)
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich bitte, bevor ich zum eigentlichen Gegenstand dieses Tagesordnungspunktes komme, noch einmal auf den gestrigen Tag zurückkommen. Wir haben gestern über das Landesorganisationsgesetz gesprochen und der Kollege Ringguth hat mir hier vorgeworfen, ich wolle die Ämterstruktur – ich meine jetzt die Ämter, die für die Gemeinden als Dienstleister tätig sind – noch einmal zum Gegenstand der politischen Betrachtung und der Diskussion machen. Ich habe dieses als unberechtigt zurückgewiesen und das war auch richtig so. Ich habe in diesem Zusammenhang aber auch gesagt, der Kollege Ringguth habe diesen Vorwurf an mich frei erfunden, und habe ihn etwas spöttisch hier als potentiellen Geisterjä
Meine Damen und Herren, mir ist daran gelegen, dass ich hier richtig stelle, dass das mit dem freien Erfinden nicht zutrifft. Herr Kollege Ringguth hat mir eine Zeitungsmeldung präsentiert, in der tatsächlich in sehr missverständlicher Weise eine Stellungnahme von mir wiedergegeben wird, und die lässt sich in der Tat so interpretieren, als habe ich dieses gesagt.
Insofern möchte ich hier meine Aussage korrigieren und den Vorwurf des freien Erfindens zurücknehmen.
(Unruhe bei Dr. Armin Jäger, CDU, und Wolfgang Riemann, CDU – Heike Polzin, SPD: Den Stil haben aber wenige.)
Was ich nicht korrigiere und nachdrücklich unterstreiche, ist die Position, ich betone, aller Fraktionen und, wenn ich das richtig sehe, aller Mitglieder des Sonderausschusses,
dessen Vorsitzender ich bin, dass das, was wir im Moment an Gemeindeämterstruktur haben, gut ist, vernünftig ist.
Wir haben hier mit Missverständnissen zu kämpfen, die vielleicht an dem Begriff des Amtes hängen, denn einerseits sprechen wir von Ämtern, die auf der kommunalen Ebene für die Gemeindedienstleistungen tätig sind, aber auch die Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises wahrnehmen, auf der anderen Seite sprechen wir von Staatlichen Ämtern für Umwelt und Natur, von Landwirtschaftsämtern und so weiter. Und wenn man dann abstrakt von Ämtern spricht, dann wird man schon mal missverstanden und dann kommt es dazu. Ich möchte diese Missverständnisse auch gar nicht fortsetzen, sondern lieber nach Ende dieses Tagesordnungspunktes mit dem Kollegen Ringguth mal einen Kaffee trinken.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD, CDU und PDS – Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Das ist ein schlechtes Geschäft! – Wolfgang Riemann, CDU: So ist das Leben!)
(Rudolf Borchert, SPD: Kommen Sie jetzt wieder zum Ernst des Lebens, ja?! Da muss er selbst lachen! – Zuruf von Heike Polzin, SPD)
Nun aber zum Tagesordnungspunkt, der Gegenstand unserer Erörterungen ist. Und hier möchte ich mich im Gegensatz zu meinen drei Vorrednern beziehungsweise Vorrednerinnen weniger auf den vorliegenden Gesetzentwurf des Verwaltungsmodernisierungsgesetzes beziehen, sondern auf das, was uns die CDU hier als Antrag vorgelegt hat. Alle drei Vorredner mit Verlaub haben sich sehr stark auf den Gesetzentwurf der Landesregierung bezogen und nicht zu sehr auf das, was die CDU uns hier präsentiert,