Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In den zurückliegenden Monaten gab es eine ganze Reihe von Skeptikern, die nicht mehr daran glaubten, dass es überhaupt noch einen Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag in einem absehbaren Zeitraum geben würde. Massenhafte Querelen, grundlegend unterschiedliche Auffassungen in dem berühmten Vorfeld der Verhandlungen, zu stark divergierende Interessen, dazu auch die deutliche politische Einmischung durch von außen kommende Vorstöße einzelner Ministerpräsidenten machten die Entscheidungsfindung diesmal im Vergleich zu früheren Staatsvertragsverhandlungen besonders schwierig. Aber am Ende der ersten Oktoberwoche kam es dann doch zu einem Abschluss der Verhandlungen und zu einer Verständigung aller Länderregierungschefs auf den heute dem Zustimmungsgesetz zugrunde liegenden neuen Staatsvertrag, was vor allem bedeutete, die Kernfrage zu lösen, die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und die planmäßig anstehende Gebührenerhöhung für den Zeitraum 2005 bis 2008.
Anfangs wollte eine schon erwähnte Gruppe von Ministerpräsidenten, liebevoll SMS genannt, eine Gebührenerhöhung, wenn überhaupt, nur dann zugestehen, wenn damit erhebliche tiefgreifende Veränderungen in Strukturen und Inhalten bei den öffentlich-rechtlichen Sendern einhergehen würden bis hin zu einer spürbaren Verringerung der Programmangebote. Von diesen Maximalforderungen ist im vorliegenden Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag zum Glück nicht mehr die Rede, aber es ist von Deckelungen, von Begrenzungen die Rede, die fixiert wurden. Es ist eine Status-quo-Lösung als ein von allen Beteiligten zu tragender Kompromiss, um sich überhaupt auf die jetzige, schon erwähnte Gebührenerhöhung auf 17,03 Euro verständigen zu können.
Über die verfassungsrechtliche Bewertung des Verfahrens gibt es natürlich sehr unterschiedliche Auffassungen, auch innerhalb der PDS. Und auch an dieser Stelle ist die Politik gut beraten, das durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts geregelte Verfahren zur Ermittlung der Gebührenhöhe durch die KEF weiter rechtlich auszugestalten, um es politisch nicht in Missbrauch bringen zu können. Wie schwierig die Beratungen waren, das zeigen nicht zuletzt die im vorliegenden Zustimmungsgesetz und im Anhang befindlichen Protokollerklärungen, immerhin 13 an der Zahl, und liest man diese Protokollerklärungen aufmerksam, dann steckt darin allerhand Sprengstoff.
Die Länder nehmen in Aussicht, so heißt es im zweiten Punkt, den öffentlich-rechtlichen Programmauftrag weiter so zu konkretisieren, dass, wenn eine Überprüfung der Strukturen die technologische Weiterentwicklung und die Gleichwertigkeit der Versorgung berücksichtigt werden, es ermöglicht werden kann, längerfristig die Programmaktivitäten im jetzigen Rahmen zu fixieren. Das ist rundfunkpolitisch oder rundfunkrechtlich oder strukturell oder inhaltlich natürlich stark auslegungsbedürftig, klingt auch etwas vage, aber das gehört wohl zu dem Kapitel der zu findenden gemeinsamen Nenner. Hier liegen für die kommenden rundfunkpolitischen Debatten und Entscheidungen die Spannungsbögen, um die verfassungsgerichtlich ausformulierte Bestands- und Entwicklungsgarantie des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zukunftsfähig und nachhaltig auszugestalten.
Das gesamte Ergebnis der Staatsvertragsverhandlungen hat je nach Interessenlage natürlich auch unterschiedlichste Reaktionen hervorgerufen. Die Anstalten sehen sich teilweise in ihren Aktivitäten geknebelt und unterfinanziert. Die Landesmedienanstalten vermissen weitergehende Änderungen, beispielsweise mit Blick auf die zu bündelnden Aufsichtsfragen, und die Privatfunklobby verwirft die materiellen Änderungen gar als Kapitulation, weil von den ursprünglich geforderten Strukturveränderungen so gar nichts mehr realisiert worden ist.
Auf den Medientagen in München gab es auch ein Lob. Und so bezeichnete der Justitiar des NDR, Herr Werner Hahn, in einer Diskussionsrunde über den Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag es als Wert an sich, dass sich überhaupt in einer Phase medienpolitischer Divergenzen alle 16 Ministerpräsidenten auf einen Staatsvertrag geeinigt und damit auch Handlungsfähigkeit und Gemeinsamkeit bewiesen hätten. Wie lange allerdings der Staatsvertrag substantiell Bestand haben wird, das steht nach jüngsten Äußerungen einiger exponierter Beteiligter schon in den Sternen.
Das sind Dinge, die sich nach der Ankündigung des sich langsam zum Dauerkündiger von Staatsverträgen
entwickelnden niedersächsischen CDU-Ministerpräsidenten Wulff zur möglichen Kündigung des NDR-Staatsvertrages kaum noch berechenbar beantworten lassen. Und auch die Äußerungen des bayerischen Ministerpräsidenten Herrn Stoiber lassen Schlimmes befürchten, wie es denn um das duale System des Rundfunks in Deutschland in den nächsten Jahren bestellt sein wird. Und was in einem Neunten Rundfunkänderungsstaatsvertrag grundsätzlich anders zu formulieren sein wird, hierzu gibt es natürlich bei jeder aktuellen Diskussion ebenfalls sehr unterschiedliche Positionen.
Miriam Meckel, die für Medienfragen als Staatssekretärin bei der NRW-Landesregierung zuständige, auf Strukturveränderungen drängende Person, rät nun zur Beobachtung, wie weit die geschaffenen Instrumente – so die bereits im letzten Staatsvertrag geforderten und nun in Kraft getretenen Selbstverpflichtungserklärungen des öffentlichen Rundfunks – greifen und wie sie sich bewähren. Hoffentlich gut, kann man da nur sagen, damit nämlich das duale System und die Bestands- und Entwicklungsgarantie des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auch Bestand haben kann. Richtung und Grundzüge der in einem nächsten Rundfunkstaatsvertrag zu fixierenden Änderungen sind das eine, es ist aber eben auch die breite Debatte, die unter dem Thema Qualität mittlerweile in vollen Zügen ist.
Für meine Fraktion sage ich an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich, gesellschaftsverpflichteter, allgemeinen demokratischen Zielen dienender öffentlich-rechtlicher Rundfunk ist nicht allein Sache und schon gar nicht funktionales Ergebnis nur von Gesetzen, sondern es ist vor allem Sache des politischen und auch des zusammengefassten individuellen Wollens der Bürgerinnen und Bürger, wenn sie sich denn als eine solche Gemeinschaft verstehen. Hier sagen wir ebenso deutlich, eine Gebührenentscheidung in Zukunft darf nicht mit den jeweils anstehenden Gebühren und mit den entsprechenden Struktur- und Inhaltsfragen verknüpft werden. Das ist auch aus unserer Sicht zulässig.
Mit dem zusammen mit dem Zustimmungsgesetz in der Anlage befindlichen Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag ist natürlich eine ganze Reihe von Eckpunkten fixiert, die Auswirkungen auf die weitere Entwicklung des Rundfunks haben. Und wer sich die Mühe gemacht hat, sich anzusehen, welche grundsätzlichen Staatsverträge denn mit diesem Änderungsstaatsvertrag alle so berücksichtigt werden, der weiß, es geht um eine Änderung in allen wichtigen Staatsverträgen, nämlich im Rundfunkstaatsvertrag, ARD-Staatsvertrag, ZDF-Staatsvertrag, DeutschlandRadio-Staatsvertrag, Rundfunkgebührenstaatsvertrag, Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag, Jugendmedienschutz-Staatsvertrag und MediendiensteStaatsvertrag. Dies ist eine wirklich komplexe Materie, denn jedes Gesetz für sich allein bedarf schon erheblicher medienpolitischer Begutachtung.
Die vorgesehenen Regelungen, so, wie sie auch der Ministerpräsident hier in seinen einführenden Begründungen gesagt hat, finden die Zustimmung meiner Fraktion. Insbesondere trifft das natürlich zu für die Vereinfachung der Ermittlung von Gebührenbefreiungstatbeständen durch die Anerkennung anderer Bescheide, die die öffentliche Hand bereits erstellt hat. Es geht um die Frage der Rundfunkgebührenhöhe, wobei das nicht unumstritten ist, auch in der PDS nicht, denn gab es in den zurückliegenden Jahren immer mal Debatten darüber, ob man
überhaupt erhöht, gibt es jetzt spannende Debatten, ob diese Erhöhung ausreichend sei, den Versorgungsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks umzusetzen.
Nichtsdestotrotz geht es der PDS um die Bestandsund Entwicklungsgarantie des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Von daher sagen wir, gut, wir akzeptieren, dass das in dieser politischen Situation der erreichbare Kompromiss war, aber deswegen sagen wir trotzdem, es geht um die Umsetzung der Verfassungsgerichtsentscheidung zur Bestands- und Entwicklungsgarantie auf der Grundlage eines wahrscheinlich neu zu bestimmenden verfassungskonformen Verfahrens.
Eine Bemerkung noch: Mein Kollege Herr Friese hat sich ja zu dem vorliegenden Antrag der Fraktion der CDU hier deutlich erklärt. Ich gehe davon aus, dass mit dem hier Dargelegten die entsprechenden Regularien vorgesehen sind, um Anspruchsberechtigten auch die Gebührenbefreiung zu ermöglichen. Von daher lehnen wir Ihren Antrag ab.
Lieber Herr Kollege Friese, Ihr Wort in Gottes Ohr, dass das vor Ort auch alles umgesetzt wird! Wir haben andere Informationen
aus den Sozialämtern der Landkreise und aus den bestehenden oder sich in Gründung befindenden Argen, dass hier nämlich nichts geklärt ist,
überhaupt nichts geklärt ist, weder Zuständigkeit noch Befreiung. Ich sage, man hat Ihnen das aufgeschrieben, das akzeptiere ich auch. Wir müssen auch akzeptieren, dass Sie unseren Antrag ablehnen, aber Sie stehen jetzt mit als Regierungsfraktion in der Verantwortung, dass das auch vor Ort vernünftig und sauber läuft.
Nach unserer Auffassung ist jetzt nicht Zeit dafür, dass alles auseinander zu pulen, was Zuständigkeiten und Befreiungstatbestände betrifft. Wir sehen das, und nicht nur wir, auch Verwaltungspraktiker vor Ort sehen das deutlich anders. Das will ich nur an dieser Stelle dazu gesagt haben. Aber überlegen Sie sich politisch sehr gut, was Sie tun, nicht dass das Kind im Nachhinein gegebenenfalls in den Brunnen fällt!
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe ja nun gemeint, dass wir hier über ein Thema debattieren, wo die politische Brisanz raus ist. Wenn man schon Protokollerklärungen zitiert, dann muss man auch sagen, dass die ersten drei Protokollerklärungen von allen Ländern getragen worden sind, also auch vom Ministerpräsidenten des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Herr Kol
lege Bluhm, und wenn Sie in die Nummer 2 hier etwas hineinlegen, was nach meiner Auffassung gar nicht hineinzulegen ist, dann müssen Sie sich natürlich an den Ministerpräsidenten dieses Landes wenden, der diese Protokollerklärung mitgetragen hat.
Ich würde dann auch dringlich dazu raten, wenn wir hier über das ganze KEF-Verfahren fabulieren, Verfassungsrecht hin, Herr Kollege Friese, Verfassungsrecht her, ich weiß nicht, ob das besonders hilfreich ist, wenn Sie einen Auftrag an das Justizministerium geben, das gegebenenfalls die Verfassungswidrigkeit des Verfahrens feststellt. Es steht ja immer noch durchaus im Raum, dass, was ich nicht hoffe und nicht annehme, ARD oder ZDF oder beide den Weg nach Karlsruhe deswegen gehen. Wie gesagt, ich nehme das nicht an, ich hoffe das auch nicht, denn gucken Sie sich die drei mal ganz genau an, hier gibt es eine sehr deutliche Klarstellung.
Ich will an dieser Stelle aber auch eins sagen, man kann sich jetzt über das Verfahren durchaus streiten, das gebe ich zu. Mir hat da auch nicht alles gefallen. Diesen Gesetzentwurf sollte sich jeder mal in Ruhe ab Seite 28 vornehmen, und zwar sind das die Zusammenfassungen der strukturellen Selbstbindung, unter a) der ARD, dann kommt das ZDF und dann kommt noch das DeutschlandRadio. Ob das so zustande gekommen wäre, das wage ich sehr stark zu bezweifeln, denn erst in diesem Prozess der Debatte ist es letztendlich zu diesen Selbstbindungen kurz-, mittel- und langfristig gekommen.
Und ich bin völlig beim Ministerpräsidenten, auch beim Kollegen Bluhm und Kollegen Friese, man darf und sollte Gebührendebatten nicht mit Strukturdebatten verknüpfen. Das muss und sollte ein einmaliger Vorgang sein, wie wir ihn jetzt erlebt haben. Aber ich denke, dass diese Selbstbindungen wichtig sind, und ich denke auch, dass ein bisschen Druck auf den Kessel gemacht werden musste.
Ich will nur noch ein Thema benennen, was wirklich ein Ärgernis ist, und zwar sind das die Pensionslasten, die die Sender zu tragen haben. Ich kann und will nicht akzeptieren, dass hier Pensionen gezahlt werden, heute aus sechziger, siebziger, achtziger Jahren, die deutlich über denen des öffentlichen Dienstes liegen.
und das tragen heute die Gebührenzahler mit. Entschuldigung, dieses ist nicht akzeptabel, egal, wie das damals entstanden ist. Und wenn dort Nettobeträge – ich will sie jetzt nicht nennen –, die deutlich über 100 Prozent liegen, genannt werden, dann ist das ein Betrag, meine sehr verehrten Damen und Herren, gucken Sie sich das an, der bei der ARD knapp an 1 Milliarde Euro liegt. Das ist die Tatsache, lieber Siegfried Friese, wir beide wissen das. Das ist nicht akzeptabel.
Und ich darf auch eine weitere Frage an dieser Stelle durchaus aufwerfen. Herr Ministerpräsident, ich bin für Entwicklungsgarantie ohne Wenn und Aber, aber dann
müssen wir uns auch bitte mal darüber unterhalten, ob es denn legitim ist, dass in dieser Zeit – und die Summen sind ja in der Öffentlichkeit kolportiert worden – der LateNight-Talker Schmidt für zwei Jahre für angeblich 20 Millionen Euro eingekauft werden soll. Dieses ist nicht akzeptabel, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Die nächste Frage ist zum Beispiel zu stellen, warum die ARD als Sponsor beim Team Telekom auftritt. Solche Fragen müssen wir stellen.
Und jetzt, lieber Siegfried Friese, kommen wir nämlich zu dem Thema Europa. Ich denke, die ARD und das ZDF sind sehr gut beraten, dass hier wirklich kritisch hinterfragt wird, was man tut und was man lieber nicht tun sollte. Sie hatten einen Freud’schen Versprecher, Fernsehen und Rundfunk sind kein Wirtschaftsgut. Fernsehen und Rundfunk sind Kulturgut und Fernsehen und Rundfunk gehören in die Kulturhoheit der Länder, zumindest im öffentlich-rechtlichen Bereich. Wenn wir Ihrer Definition folgen, dann wird Brüssel jubeln, und deswegen sollten wir mit solchen Aussagen sehr vorsichtig sein.
Denn die berechtigte Forderung des Ministerpräsidenten, dass die Länder beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk das Sagen haben, klappt nur dann, wenn klargestellt wird – und, Herr Ministerpräsident, hier sollten sich alle 16 Ministerpräsidenten massiv in Brüssel dafür einsetzen –, dass dieses in die Kulturhoheit der Länder gehört, und so ist das auch im Föderalismus nach 1945 entstanden. Rundfunk ist Kulturgut und deswegen bei den Ländern anzusiedeln. Punkt, Schluss, aus!
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin auch ein Stück weit zufrieden – und hier komme ich wieder zu dem Thema Europakonformität –, dass es einen Paragraphen 13 Absatz 1 gibt. Und zwar steht hier: „Einnahmen aus dem Angebot von Telefonmehrwertdiensten dürfen nicht erzielt werden.“ Ich denke, dies hatte nichts mit Grundversorgung zu tun, was da einige Anstalten im öffentlich-rechtlichen Bereich gemacht haben.