Protocol of the Session on November 18, 2004

Ich denke, dass der Bund das neue Präventionsgesetz verabschieden wird, und hoffe, dass er uns recht bald die Chance geben wird, auch eine finanzielle Komponente zu haben, um zu sagen, hier lässt sich noch mehr Geld für präventive Maßnahmen für unsere Kinder einsetzen. Und auch das ist gesagt worden: Prävention beginnt eigentlich schon vor der Geburt. Und weil wir gut waren, haben wir im Kita-Gesetz ganz bewusst im Paragraphen 9 die Gesundheitsversorgung unserer Kinder verankert und im Paragraphen 9 Absatz 4 auch deutlich gemacht, dass Rauchen in den Räumen einer Kita nicht erlaubt ist.

Wenn das im Schulgesetz möglich ist und wir es tun würden, dann muss ich dazu sagen, mit Verboten, und das ist hier deutlich gemacht worden, erreichen wir eigentlich gar nichts. Die Raucher verlagern sich auf ein anderes Territorium. Solange wir die Überlegung nicht haben, dass das ein gesellschaftliches Problem ist, dass nicht nur unsere Kinder sich verändern müssen, sondern das in den Kopf unserer Erwachsenen auch hineingehört, so lange bleibt das Problem des Rauchens, wie das im Antrag der CDU gefordert wird, 25 Prozent bis 2010 einzuschränken. Also wenn wir einen Jugendlichen oder ein Kind als Raucher erreichen könnten, wäre das für mich schon ein Fortschritt. Wo Sie 25 Prozent hernehmen wollen, weiß ich nicht. Wir können den Antrag, den Sie von Hamburg abgeschrieben haben, dann als MecklenburgVorpommern fordern, wir machen das mit 30 Prozent. Mal sehen, was wir dann erreicht haben. Ich finde, das ist unsinnig, das ist utopisch.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Ich will Ihnen andere Probleme aufzeigen. Ohne dass es diesen Antrag gab oder den Antrag 2003 gab, ist die Hansestadt Rostock in einer kommunalen Aktion auf der Grundlage des kommunalen Städteförderungsgesetzes dem gesunden Städtenetz beigetreten. Das ist schon fünf Jahre so. Es wird auch jedes Jahr eine Auswertung in der Hansestadt Rostock dazu durchgeführt.

Wir haben uns erlaubt, vor acht Jahren eine hauptamtliche Kinderkoordinatorin einzusetzen, die auch diese Probleme über die Gesundheit von Kindern aufgreift. Kennen Sie die UNO-Rechtskonvention der Kinder? So steht es da schon drin. Und wir haben uns damit auch erlaubt, Kinderortsbeiräte zu gründen, so dass die Kinder vor Ort – es hat eine Aktion in Rostock gegeben –, sich ganz genau die Schulen angesehen und die Zigarettenautomaten vor den Schulen genau aufgelistet haben und diejenigen, die dann kommerziell daran verdienen, beauftragt haben, diese Automaten zu entfernen. Das haben wir geschafft. Das ist ein richtiger Ansatz und dazu brauchen wir nicht immer wieder einen zusätzlichen Antrag im Landtag. Ich denke, das Problem ist uns bewusst, das sollten wir aufgreifen. Aber wir sollten hier nicht mit Schaufensteranträgen

(Torsten Renz, CDU: Na, das ist aber unser Begriff. Der ist geschützt.)

von 30 Prozent Rauchereinschränkung in irgendeiner Form erwarten, dass das auch funktioniert.

Alle meine fünf Kinder rauchen. Das ist für mich als Elternteil – ich selbst bin Nichtraucher – nicht gut. Langsam fangen sie aber an, vernünftig zu werden. Ein bis zwei haben gesagt, wir probieren es mal, ob es nicht anders geht. Ich denke, das ist auch der richtige Schritt, denn die Eltern müssen diesen Schritt mit begleiten. Für die Kinder und Jugendlichen allein wird das nicht funktionieren.

Dann sind Dinge in Ihrem Antrag aufgeführt worden wie das Problem des Alkohols, die Ernährungsprobleme für unsere Kinder sowie Drogenprobleme. Der Stressfaktor spielt in Ihrem Antrag keine Rolle,

(Torsten Renz, CDU: Änderungsantrag! Das ist ein Änderungsantrag.)

den ich auch als sehr unterstützenswert ansehen würde. Wir hatten Ihnen eine Möglichkeit gegeben, mit einem Entschließungsantrag dieses Problem ganz konkret zu bereden. Aber wenn die CDU das nicht tut, Herr Renz, dann tut es mir Leid, dass wir vielleicht über konkrete Dinge nicht nachdenken können.

(Zurufe von Detlef Müller, SPD, und Torsten Renz, CDU)

In der Entschließung sind utopische Ansätze, die wir einfach nicht mittragen können, denn ich denke, dass das Problem Alkohol nicht nur ein Problem unserer Kinder ist, sondern dass das ein gesellschaftliches Problem ist. Ich denke, wir müssen einfach weiter gehen, als hier nur das Problem Schule herauszugreifen. Wenn wir unsere Kinder und unsere Gesellschaft nicht als Gesamtheit betrachten und unsere Kinder nur aus dem Bereich Schule herausnehmen, dann ist der Ansatz von vornherein falsch. Dort ist für mich der Fehler in Ihrem Ansatz.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Auch wenn ich jetzt den Faktor Stress noch mit einem Änderungsantrag hineinbringen könnte, ist das Grundproblem damit nicht geändert. Ich denke, wir sind im Moment dabei, systematisch die Problematik abzuarbeiten. Aber wenn wir das nicht als ganz gesellschaftliche Überlegung ansehen, da gehört dann auch die gesunde Ernähung dazu.

(Ute Schildt, SPD: Genau.)

Wenn ich in jedem Ortsteil so eine Fast-Food-Geschichte vor die Nase gesetzt bekomme, dann müssen wir vielleicht auch anders wirtschaftlich denken, wenn wir an gesunde Ernährung denken. Wenn ich überlege, dass Medien auch dazu beitragen, dass unsere Kinder mehr vor dem Fernseher hocken und mehr mit einem Computer spielen, als dass Eltern ihnen vielleicht eine Gutenachtgeschichte vorlesen oder mit ihnen irgendwo im Wald eine Fahrradtour unternehmen, dann muss ich schon sagen, hat auch Rostock wieder eine Vorreiterrolle übernommen. Wir sind einem neuen EU-Projekt beigetreten, wo wir die Fahrradewege in Rostock und außerhalb der Landkreise verbessern werden. Ich denke, das ist ein Ansatz dazu, dass nicht nur Kinder, sondern die kompletten Familien ihre Gesundheit verbessern und möglicherweise auch einen anderen Ansatz zum Essen finden.

Frau Voland, gestatten Sie eine Anfrage des Abgeordneten Herrn Renz?

Können wir das hinterher machen, Herr Renz?

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD)

Sie haben mich jetzt ein bisschen durcheinander gebracht. Ich war gerade so schön...

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Nein, nein, wir machen trotzdem weiter. Ich wollte einfach noch einmal auf das Problem Drogen aufmerksam machen.

(Zuruf von Reinhard Dankert, SPD)

Sie klammern das jetzt so aus. Ich stelle hier einfach die Frage: Was sind denn Drogen? Ist Alkohol keine Droge? Ist Rauchen auch keine Droge?

(Gabriele Schulz, PDS: Richtig.)

Die jetzt aus dem Umfeld der ganzen Sache herauszunehmen, erscheint mir eigenartig.

(Beifall Gabriele Schulz, PDS)

Ich denke, wir sollten das im Zusammenhang sehen. Drogen sind all das, was wir hier eigentlich vor der Nase sitzen haben.

(Beifall und Heiterkeit bei Gabriele Schulz, PDS: Genau!)

Um all diese Probleme sollten wir uns kümmern. Ich denke jetzt nicht nur an Ecstasy, Cannabis oder andere Sachen. Ich finde, wenn wir unsere Männer und Frauen vor den Kaufhallen mit einem Bier in der Hand stehen sehen, ist das wahrscheinlich auch nicht die beste Vorbildwirkung, die wir unseren Kindern geben können. Auf der einen Seite haben wir Gesetze, die auch jetzt die Möglichkeit bieten, Alkohol und Drogen bei Kindern zu verbieten, aber ob Polizeipräsenz nun immer die richtige Wirksamkeit bringt, das mag ich bezweifeln.

Sie wissen, dass ich Vorsitzende der „Stubnitz“ bin. Das Schiff ist nicht immer hundertprozentig clean und sauber. Das Schiff ist eher ein Umfeld, wo sich die Jugendlichen relativ wohl fühlen. Dort machen wir Angebote zu präventiven Sachen bei Drogen und Alkohol.

Oh, ich habe ein rotes Licht. Das war das erste Mal.

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD, CDU und PDS – Torsten Koplin, PDS: Das verzeihen wir Ihnen.)

Ich denke, das ist die richtige Überlegung, dass man mit Kindern darüber spricht. Man muss die entsprechende Vorbildwirkung aber für einen sehr langen Zeitraum durchhalten können. Das müssen die Eltern, das müssen Lehrer und das müssen auch viele im Umfeld der Kinder durchhalten können. Sie wissen ganz genau, dass eine Clique oftmals mehr Einfluss hat, als das, was wir als Eltern überhaupt noch erreichen können.

Und als Frage würde ich gerne im Raum stehen lassen: Haben bei Ihnen Verbote eigentlich geholfen? Erinnern Sie sich bitte!

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD – Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Heiterkeit bei Gabriele Schulz, PDS)

Frau Voland, gestatten Sie jetzt die Anfrage des Abgeordneten Herrn Renz?

Aber natürlich.

Bitte schön, Herr Renz.

Sehr geehrte Frau Voland, Sie haben in Ihren Ausführungen gesagt, dass Sie unseren Ansatz, gezielt in der Schule zu beginnen, ablehnen. Meine Frage ist jetzt: Wo sehen Sie konkreten Handlungsbedarf und wo möchten Sie beginnen?

(Heiterkeit bei Peter Ritter, PDS: Bei Ihrem Antrag.)

Ich möchte gerne, wie Herr Backhaus das schon gesagt hat, bei den rauchenden Frauen in der Schwangerschaft beginnen. Ich würde die vorkindliche Geburt schon als Problem auffassen, damit unsere Kinder gesund geboren werden. Und wenn wir es schaffen, wie es das Kita-Gesetz und das Schulgesetz durchaus zulassen, dieses Problem in den Griff zu bekommen, dann können Sie von mir aus anfangen, wo Sie wollen. Nur beginnen Sie mit der Möglichkeit, dass wir das gemeinsam tun, damit wir ein Kind und einen Jugendlichen auf seinem ganzen Weg begleiten und nicht nur in dem Bereich Schule.

Gestatten Sie eine Nachfrage zu den jetzigen Ausführungen?

Aber natürlich.

Wenn Sie die Vorbildwirkung der werdenden Mütter so betonen, sehen Sie denn keine Vorbildwirkung von Vätern?

(Gerd Walther, PDS: Na selbstverständlich!)

Aber natürlich sehe ich die Vorbildwirkung der Väter. Ich erwarte auch von dem werdenden Vater, dass er dazu beiträgt, dass seine Partnerin auch ohne Probleme aufhören kann zu rauchen. Es gehören immer beide dazu, das weiß ich aus der eigenen Familie.

Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Danke schön, Frau Voland.