Protocol of the Session on November 17, 2004

(Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Das muss man radikal zurückweisen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und PDS)

Ich werde noch mal darauf kommen, wie Sie im letzten Jahr durch unsolide Darstellungen über die „Bild-Zeitung“ eine Euphorie geschürt haben, obwohl die Debatte zur Besoldungsnichterhöhung längst gelaufen ist.

(Heike Polzin, SPD: Ja. – Zuruf von Jörg Heydorn, SPD)

Und ich finde, es gebietet auch die Ehrlichkeit...

(Zurufe von Eckhardt Rehberg, CDU, und Wolfgang Riemann, CDU)

Wunderbar. Getroffene Hunde bellen.

(Heike Polzin, SPD: Ja.)

Das gefällt mir ganz gut.

(Heiterkeit bei Heike Polzin, SPD: Die beißen aber auch meistens.)

Es gebietet auch die Ehrlichkeit, darauf zu verweisen, wenn Sie sagen, der Rechnungshofpräsident ist nicht mit drin und auch die verbeamteten Staatssekretäre, dass sowohl alle verbeamteten Staatssekretäre als auch der Rechnungshofpräsident in den Vorjahren 2003 und 2004 durch Besoldungsverzicht ihren Beitrag geleistet haben. Ein bisschen mehr Ehrlichkeit könnte Ihnen gut zu Gesicht stehen!

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS – Heike Polzin, SPD: Ja.)

Danke schön, Frau Gramkow.

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung.

Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf der Landesregierung auf der Drucksache 4/1403 zur Beratung an den Finanzausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Danke schön. Die Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Dann ist der Überweisungsvorschlag einstimmig angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 5: Erste Lesung des Gesetzentwurfes der Landesregierung – Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung von Landesgesetzen an das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch, das Zweite Buch Sozialgesetzbuch und das Zuwanderungsgesetz, auf der Drucksache 4/1404.

Gesetzentwurf der Landesregierung: Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung von Landesgesetzen an das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch, das Zweite Buch Sozialgesetzbuch und das Zuwanderungsgesetz (Erste Lesung) – Drucksache 4/1404 –

Das Wort zur Einbringung hat die Sozialministerin des Landes Frau Dr. Linke. Bitte schön, Frau Ministerin.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Mit dem Vierten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt wurde eine Grundsicherung für erwerbsfähige Hilfe

suchende geschaffen und die bisherige Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe dadurch abgeschafft. Sie alle kennen die Debatten um diesen Paradigmenwechsel. Da künftig Arbeitslosenhilfeempfänger und erwerbsfähige Sozialhilfeempfänger zu Arbeitslosengeld-II-Beziehern werden, war eine Neuordnung des Sozialhilferechts für diejenigen Sozialhilfeempfänger nötig, die als nicht erwerbsfähig gelten.

Mit dem Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch wird die Sozialhilfe für erwerbsunfähige Hilfesuchende in das Sozialgesetzbuch eingefügt. Beide Gesetze werden zum 1. Januar 2005 in Kraft treten. Außer Kraft treten wird am 1. Januar 2005 das so genannte Grundsicherungsgesetz, mit dem für Menschen über 65 Jahre und voll Erwerbsgeminderte über 18 Jahre eine von der Sozialhilfe unabhängige Grundsicherung geschaffen wurde.

Nun werden die Leistungen dieses Gesetzes als Sonderfall der Hilfe zum Lebensunterhalt in das Zwölfte Gesetzbuch, das so genannte SGB XII, übernommen. Der Wegfall des Bundessozialhilfegesetzes und des Grundsicherungsgesetzes machen es also erforderlich, ein neues Landesausführungsgesetz zu erlassen. Betroffen vom InKraft-Treten des SGB XII sind auch weitere Landesgesetze, so dass ein Artikelgesetz notwendig ist.

Das hier Ihnen heute vorliegende Gesetz trägt deshalb die Bezeichnung „Gesetz zur Anpassung von Landesgesetzen an das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch, das Zweite Buch Sozialgesetzbuch und das Zuwanderungsgesetz“. Dieses Artikelgesetz umfasst insgesamt zehn Artikel. Mit den Artikeln 2 bis 9 werden das Kommunalsozialverbandsgesetz, das Sozialhilfefinanzierungsgesetz, das Flüchtlingsaufnahmegesetz, das Gesetz zur Durchführung der Kriegsopferfürsorge, das Landespflegegesetz, das Kindertagesförderungsgesetz, das Landesblindengeldgesetz sowie das Psychischkrankengesetz redaktionell – und ich betone, redaktionell – an das SGB II beziehungsweise SGB XII angepasst. Mit Artikel 10 dann schließlich werden das In-Kraft-Treten sowie das Außer-Kraft-Treten von Gesetzen geregelt.

Der Kern des Artikelgesetzes ist Artikel 1. Hier ist praktisch das Gesetz zur Ausführung des SGB XII enthalten. Schon mit dem Gesetz zur Ausführung des Bundessozialhilfegesetzes hatte der Landtag ja entschieden, für einige Aufgaben des überörtlichen Trägers die sachliche Zuständigkeit dem örtlichen Träger der Sozialhilfe zu übertragen.

Die Leistungsgewährung aus einer Hand soll auch mit dem Ihnen vorliegenden Gesetz fortgeführt werden. Damit können nicht nur die Interessen der Hilfebedürftigen stärker berücksichtigt und eine wirkungsvollere Hilfe sichergestellt werden, sondern gleichzeitig wird mit der Aufgabenübertragung auch der allgemein angestrebten Funktionalreform im Land, wonach möglichst viele Aufgaben in die Verantwortung der kommunalen Verantwortung übertragen werden sollen, Rechnung getragen.

Für die Aufgaben, für die auch schon nach dem Ausführungsgesetz zum Bundessozialhilfegesetz aus fachlichen Gründen eine Dezentralisierung nicht sinnvoll ist, wird auch weiterhin die Kommune beziehungsweise der Kommunale Sozialverband Mecklenburg-Vorpommern als überörtlicher Träger der Sozialhilfe tätig sein. Das betrifft beispielsweise den Abschluss von Landesrahmenvereinbarungen, die wir aus der Pflege kennen, oder auch die Sozialhilfe für Deutsche im Ausland. Allein die Widerspruchsbearbeitung, die dem KSV für Widersprüche im

Bereich der Eingliederungshilfe oder auch der Pflege übertragen worden war, ist künftig nicht mehr möglich.

Grund hierfür ist, dass ab 1. Januar 2005 mit der Einführung von SGB II und SGB XII nicht mehr die Verwaltungsgerichte über Angelegenheiten des Sozialrechts entscheiden, sondern eben künftig die Sozialgerichte. Das Sozialgerichtsgesetz sieht eine Regelung, wonach in Selbstverwaltungsangelegenheiten einer anderen Behörde als der Selbstverwaltungsbehörde die Zuständigkeit für Widersprüche übertragen werden kann, nicht vor. Das heißt also, in Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte war das durch die Verwaltungsgerichtsordnung bisher möglich.

Wie ausgeführt müssen auch die Regelungen des Ausführungsgesetzes zum Grundsicherungsgesetz nun in das Ausführungsgesetz zum SGB XII integriert werden. Die Grundsicherungsleistungen, die vom Bund für Mehraufwendungen im Bereich der Grundsicherung erstattet werden, reicht das Land wie bisher auch unverzüglich an die Kommunen weiter. Das SGB XII sieht weiterhin vor, dass die sachliche Zuständigkeit für eine stationäre Leistung auch die Zuständigkeit für andere Leistungen, wie zum Beispiel für die Grundsicherung, umfasst.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das war vielleicht etwas kompliziert, aber es ist nun mal so mit einem umfassenden Ausführungsgesetz. Ich plädiere dafür, das vorliegende Artikelgesetz sollte schnellstmöglich in Kraft treten, damit ab dem 1. Januar 2005 alle die Leistungen nach dem SGB XII auch bekommen

(Wolfgang Riemann, CDU: Das hätten Sie früher einreichen können.)

beziehungsweise Flüchtlinge ihre Leistungsansprüche nach dem SGB II erhalten. Zugleich soll die Entscheidung des Landes, möglichst viele Aufgaben in der Sozialhilfe in die Verantwortung der Kommunen zu übertragen, auf der neuen Gesetzesgrundlage fortgeführt werden. Ich bitte Sie, dem Entwurf des Gesetzes zuzustimmen. – Danke schön.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Danke schön, Frau Ministerin.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Als Erster hat das Wort für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Schubert. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

Sehr geehrte Frau Ministerin Linke! Ich kann dieses ganze Gesetz in einem Satz zusammenfassen: Das Ausführungsgesetz ist zwingend notwendig, der rechtzeitige Einreichungstermin in den Landtag ist verpasst und damit der Einführungstermin 1. Januar 2005 aussichtslos.

(Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Das ist eigentlich das, was ich dazu sagen könnte, aber ich will es begründen. Vier Monate mussten vergehen, bis die Landesregierung den Gesetzentwurf zur Ausführung

des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch dem Landtag Mecklenburg-Vorpommern vorlegen konnte. Dies zeigt, wie intensiv und zielstrebig im Sozialministerium an dem Gesetz gearbeitet wurde.

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Dabei hat die CDU-Landtagsfraktion bereits am 18. August 2004 auf der Sondersitzung des Sozialausschusses die Ministerin aufgefordert, nun endlich aus den Puschen zu kommen und einen Entwurf in einen der nächsten Landtage einzubringen. Damals wurde uns versichert, das Gesetz sei bereits in Arbeit. In einer der nächsten Sitzungen des Sozialausschusses im September wurde dieses noch einmal bestätigt. Schließlich wurde als Termin der Einbringung der Oktober genannt. Jetzt haben wir November. Doch leider soll nun, wie dieses bei anderen Gesetzen aus dem Sozialministerium schon zur Tradition geworden ist – ich erinnere an das Landespflegegesetz und das Kindertagesförderungsgesetz –, auch das Ausführungsgesetz zum SGB XII im Eilverfahren durchgepeitscht werden. Was dabei herauskommt, haben wir heute Morgen gesehen. Dafür wird das KiföG Mecklenburg-Vorpommern mit diesem Gesetz gleich wieder eröffnet, denn dieses Gesetz ergibt die Möglichkeit, dass wir uns noch einmal mit dem KiföG beschäftigen können.

(Torsten Koplin, PDS: Herr Schubert, das sind normale Vorgänge. Das sind normale Vorgänge.)

Die Änderung zu Artikel 7 Kindertagesförderungsgesetz macht praktisch dieses Gesetz wieder auf und damit besteht die Möglichkeit, weitere Änderungen einzubringen.

Der Sozialausschuss des Landtages Mecklenburg-Vorpommern ist nun durch die Terminisierung gezwungen, eine Sondersitzung durchzuführen, damit das Gesetz im Dezember in Zweiter Lesung beraten und endabgestimmt werden kann. Nur so kann es dann vielleicht rechtzeitig zum 1. Januar 2005 in Kraft treten aus Sicht des Landtages. Wir haben dann noch die Gremien in den Landkreisen und da wird es ganz, ganz schwierig. Die Frage ist dann aber, ob es auch noch rechtzeitig vor Ort umgesetzt werden kann. Diesbezüglich habe ich große Zweifel, denn nach Paragraph 5 dieses Gesetzes ist es möglich, dass die kreisangehörigen Ämter beziehungsweise amtsfreien Gemeinden durch den Landkreis zur Heranziehung diese Aufgabe übertragen bekommen. Aber dazu bedarf es natürlich in den Kreistagen, die Beschlüsse zu fassen. Ich denke einmal, damit müssen sich der Sozialausschuss, der Satzungs- und Geschäftsordnungsausschuss, der Finanzausschuss und der Kreisausschuss befassen. Und das ist, wenn wir das Gesetz erst am 15. Dezember 2004 verabschieden, glaube ich, bis zum 1. Januar 2005 nicht mehr durchführbar.

Meine Damen und Herren, wir müssen uns zudem einmal die Frage stellen, ob wir in diesem Zusammenhang noch von einem geordneten Gesetzgebungsverfahren sprechen können.

(Heinz Müller, SPD: Ja.)

Ich habe den Eindruck, die Landesregierung geht davon aus, Gesetzentwürfe werden so durch das Parlament verabschiedet, wie sie eingebracht werden. Sie werden einfach durchgewunken. Anhörungen von Sachverständigen verkommen zu reinen Formalien, denn die Hinweise und Vorschläge finden keine angemessene Berücksichtigung, siehe KiföG. Gleichzeitig entstehen durch