Protocol of the Session on May 12, 2004

(Wolfgang Riemann, CDU: Das kenne ich, das Papier von Mediger. Schülerzahlen kürzen, um Geld einzusparen.)

Das ist das wirkliche Problem.

(Beifall Thomas Schwarz, SPD)

Und wenn wir das in Zukunft nicht entscheiden können, werden wir nach wie vor überlegen müssen, wo wir das zusätzliche Geld bitte schön herbekommen. Sagen Sie es uns, unter welchem Teppich wir es holen können!

(Wolfgang Riemann, CDU: Prioritäten setzen!)

Ich weiß auch als Finanzer diese Antwort nicht.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD)

Und ich sage Ihnen, wenn wir nicht mutig Strukturentscheidungen treffen, werden wir noch ganz anders in die

Bredouille kommen, denn das, was wir im Moment leider an Standardabsenkungen machen mussten, um das Problem zu lösen, ist aus meiner Sicht pädagogisch das Ende der Fahnenstange, was den Betroffenen dort zuzumuten ist. Aber pädagogisch gute Schule ist nicht abhängig davon, dass man mit sieben Schülern noch eine Klasse aufmacht. Im Gegenteil, ich denke, man kann ein pädagogisches Angebot, gerade im weiterführenden Bereich, nur vorhalten, wenn man wirklich die Fachlehrer vor Ort hat, wenn Vertretbarkeit organisiert werden kann, und das klappt mit Sicherheit nicht, wenn wirklich nur noch fünf Lehrer an Bord sind. Das müssen wir uns in Zukunft überlegen und da hilft es uns auch nicht weiter, dass eben jeder in seinem Wahlkreis ganz anders subjektiv agiert, als er hier als Landespolitiker seine Aufgabe wahrnehmen muss,

(Torsten Renz, CDU: Sagen Sie doch mal was zur Schulentwicklungsplanung!)

weil man diese verantwortungsvolle Geschichte vermutlich nur wieder im Gegeneinander ausfechten wird. Das finde ich bedauerlich, weil auch das nicht im Sinne einer guten Schule ist. Denn bei aller Diskussion muss man sich auch immer überlegen, wenn ich ein Thema lostrete, was ich damit erreichen will. Ich unterstelle im Bildungsausschuss den Politikern aller Parteien, sie möchten ein Problem lösen und dann kann man damit umgehen. Wenn es nur darum geht, um des kurzweiligen politischen Vorteils willen dem anderen eine aufs Haupt zu geben, dann richten wir das Gegenteil an und wir schaffen es in diesem Lande nicht, Kontinuität in die Schullandschaft zu bekommen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und Torsten Koplin, PDS – Wolfgang Riemann, CDU: Sie schaffen damit Förderschüler.)

Das ist im Prinzip die spezielle Aufgabe.

Den Antrag im Übrigen halte ich des Langen und des Breiten in der Tat für erledigt. Wir haben uns sehr ernsthaft damit befasst und wir haben, denke ich, auch deutlich signalisiert, dass wir am Thema bleiben, mit aller Verantwortung, die wir als Parlamentarier wahrnehmen können. – Ich bedanke mich.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Danke, Frau Polzin.

Das Wort hat jetzt noch einmal die Abgeordnete Frau Fiedler-Wilhelm von der Fraktion der CDU.

Danke schön, Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zwei Anmerkungen:

Frau Polzin, Ihren Worten entnehme ich tiefes Bedauern über das Verändern der Stundentafeln, weil sie es eigentlich nicht auskömmlich finanzieren können mit Lehrerstellen.

(Heike Polzin, SPD: Ach Gott, ich erkläre es Ihnen nachher noch mal.)

Zum Zweiten. Herr Bluhm, …

(Heike Polzin, SPD: Wiederholen und festigen.)

Nein, nein! –

… wenn Sie meinen, dass es hier nur eine rechnerische Lösung dieses Problems gibt, dann bin ich da voll d’accord. Es ist nämlich nur eine rechnerische Lösung. Nur seien Sie ehrlich und sagen es den Schulen! Denn auch das hat etwas mit Anerkennung der Leistungen und der Lehrer zu tun.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Das Dankeschön hören sie an allen Stellen genug. Sie müssen mal Taten folgen lassen und nicht nur sagen, wir haben kein Geld, wir haben uns bemüht und so weiter. Der Antrag ist in meinen Augen nicht wirklich erledigt. Wir haben hier nur eine rechnerische Bewältigung des Problems, eine Bewältigung auf dem Papier.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Danke schön, Frau Fiedler-Wilhelm.

Ich schließe jetzt die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung.

Der Bildungsausschuss empfiehlt, den Antrag der Fraktion der CDU in der Fassung seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 4/1189 anzunehmen. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Damit ist die Beschlussempfehlung des Bildungsausschusses auf Drucksache 4/1189 mit den Stimmen der Fraktion der SPD und der Fraktion der PDS bei Gegenstimmen der Fraktion der CDU angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 10: Beratung der Unterrichtung durch die Landesregierung – Bericht zum bürgerschaftlichen Engagement in MecklenburgVorpommern, Drucksache 4/1012.

Unterrichtung durch die Landesregierung: Bericht zum bürgerschaftlichen Engagement in Mecklenburg-Vorpommern – Drucksache 4/1012 –

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat die Sozialministerin Frau Dr. Linke.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dem Landtag liegt der Bericht zum bürgerschaftlichen Engagement, der am 10. Februar 2004 vom Kabinett verabschiedet worden ist, heute vor. Damit verfügen Sie über eine Bestandsaufnahme, was von Bürgerinnen und Bürgern in unserem Land im Rahmen bürgerschaftlichen Engagements geleistet worden ist und geleistet wird.

Bürgerschaftliches Engagement ist ja praktische Solidarität. Sie ist erfahrbare gelebte demokratische Teilhabe. Das Gemeinwohl und nicht das Eigeninteresse steht dabei im Vordergrund. Eigenes Engagement ist Teil der Selbstverwirklichung und Teil der Selbstentfaltung der Bürgerinnen und Bürger. Der Lohn besteht in der Anerkennung des eigenen Engagements durch andere. Das ist ein Wert, für den alle Verantwortlichen in Politik, Bildung, Kultur, Umwelt, Sport, aber natürlich auch in der Arbeitswelt werben müssen.

Bürgerschaftliches ehrenamtliches Engagement und Handeln ist konstitutiv für eine moderne Zivilgesellschaft.

Das wissen wir seit Aristoteles, seit Rousseau. Es ist ja bei einigen modern geworden, die Zivilgesellschaft auf eine Marktgesellschaft zu reduzieren. Ich halte das für falsch. Der Markt unterscheidet zwischen Angebot und Nachfrage, zwischen Gläubigern und Schuldnern, zwischen Produzenten und Konsumenten, Unternehmern, Arbeitsplatzbesitzern, Arbeitsplatzverlierern und vielem anderen.

Alle Untersuchungen über bürgerschaftliches Engagement bestätigen jedoch, dass sich Menschen ohne Arbeit und ohne Arbeitseinkommen in viel geringerem Maße zivilgesellschaftlich betätigen. Ihr Ausschluss aus der Teilhabe an der Arbeit findet seine Fortsetzung im Ausschluss aus vielen anderen gesellschaftlichen Aktivitäten. Weil wir uns einen dauerhaften Ausschluss von Bürgerinnen und Bürgern aus der arbeitsteiligen Gesellschaft aber nicht leisten können und auch nicht leisten wollen, müssen wir alles tun, um die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Aktive Teilhabe am Arbeitsprozess schafft vielfach erst die Voraussetzungen für die Teilhabe an gesellschaftlichem Engagement.

Meine Damen und Herren, vor fünf Jahren wurde eine bundesweite Erhebung zu Ehrenamt, Freiwilligenarbeit und zu bürgerschaftlichem Engagement, der so genannte „Freiwilligensurvey 1999“ durchgeführt. Danach sind in Mecklenburg-Vorpommern 29 Prozent aller Bürgerinnen und Bürger, die älter als 14 Jahre sind, auf freiwilliger Basis bürgerschaftlich engagiert. Damit liegen wir mit 2 9 Prozent unter dem bundesweiten Durchschnitt von 3 4 Prozent. Wir haben also, wenn diese Zahlen nachfolgend so gelten, einen gewissen Nachholbedarf. Umso mehr gilt es, dass das Land und die Kommunen bürgerschaftliches Engagement im Rahmen ihrer Möglichkeiten unterstützen und fördern.

Meine Damen und Herren, bürgerschaftliches Engagement findet in allen gesellschaftlichen Bereichen statt. Lassen Sie mich stellvertretend für alle Bereiche einige nennen, ohne damit eine besondere Wertigkeit hier vornehmen zu wollen.

Nach einer Bestandsaufnahme meines Ministeriums zum 31.12.2003 waren rund 20.000 Bürgerinnen und Bürger ehrenamtlich in Sportvereinen engagiert, in 1.837 Sportvere i n e n.

Rund 28.600 Menschen, darunter 3.200 Frauen, sind bei den 1.141 Feuerwehren des Landes aktiv. Feuerwehren sind ja nicht nur für die Sicherheit, den Schutz der Bürgerinnen und Bürger zuständig. Sie bieten auch ein Angebot für ein uneigennütziges Engagement, gerade den Jugendlichen. Und darüber hinaus wirken sie natürlich auch als Einrichtungen des soziokulturellen Zusammenhaltes.

Junge Menschen in der Altersgruppe von 14 bis 24 Jahren sind mit einer freiwilligen Tätigkeit von 37 Prozent überdurchschnittlich aktiv. Das Spektrum reicht von der aktiven Mitwirkung in Sportvereinen, in Bereichen des Umweltschutzes bis hin zu Aktivitäten bei der Bekämpfung von Fremdenfeindlichkeit. Zu nennen wären auch die zahlreichen Akteure, die sich bei der Durchführung der Jugendweihe im Interesse der jungen Leute unseres Landes verdient machen.

Ich habe mich auch sehr darüber gefreut, dass in diesem Jahr wieder 10.000 Jugendliche an der Job-Parade hier am 1. Mai in Schwerin teilgenommen haben,

(Rainer Prachtl, CDU: Hat das denn geholfen?)

um sich hier aktiv für die Ziele einer guten Ausbildung, für die Bereitstellung von mehr Ausbildungsplätzen, für berufliche Perspektiven in unserem Land einzusetzen. Die Buntheit, die Vielfalt der Ideen, mit denen die jungen Leute sich hier und ihre Anliegen präsentiert haben, hat mich doch sehr beeindruckt.

Im sozialen Bereich und im Gesundheitswesen ist bürgerschaftliches Engagement besonders ausgeprägt. Hier möchte ich insbesondere auf die Träger der Freien Wohlfahrtspflege verweisen, die interessierten Mitbürgerinnen und Mitbürgern eine Vielzahl freiwilliger Engagements anbieten. Oftmals trifft gerade hier bürgerschaftliches Engagement auf hauptamtliche Tätigkeit, beides ergänzt einander. Wenig Beachtung findet, dass sich sehr viele Menschen im Gesundheitsbereich engagieren. Dabei ist mitunter die eigene Betroffenheit der Motor für das Engagement. Rund 800 Selbsthilfegruppen sind in Mecklenburg-Vorpommern vorhanden. Und von ihnen sind 70 Prozent im Gesundheitsbereich ehrenamtlich aktiv.

Ich möchte an dieser Stelle ganz besonders unsere aktiven Seniorinnen und Senioren hervorheben. Sie stellen mit ihrem Wissen, ihren Lebenserfahrungen eine große Bereicherung in unserer Gesellschaft dar. Ihr Engagement umfasst, um hier nur einige Beispiele zu nennen, die Vorlesepatenschaften für Kindergartenkinder, die auch den Dialog zwischen den Generationen anregen können. Es gibt ältere Menschen, die ihre Lebenserfahrungen, ihr lebenslang erworbenes Know-how für Unternehmensgründungen zur Verfügung stellen. Und es gibt zahlreiche generationsübergreifende Projekte im Bereich des Sportes, im künstlerischen, aber eben auch im handwerklichen Bereich bis hin zur selbst bestimmten Gestaltung von Hörfunkprogrammen in Altenheimen, in Krankenhäusern.

Rund 5.000 Menschen haben sich in zahlreichen Verbänden und Initiativen im Bereich des Umweltschutzes und des Naturschutzes engagiert. Weit mehr Menschen beteiligen sich an Aktivitäten und Demonstrationen, erinnert sei nur an die Demonstration gegen das Bombodrom. Dort geht es konkret um den Erhalt der Natur, aber es geht auch um die Gestaltung, um die weitere Gestaltung eines attraktiven Standortes für den Tourismus.