Protocol of the Session on April 1, 2004

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete der CDU-Fraktion Frau Vizepräsidentin Holznagel.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete!

Liebe Frau Schwebs, ich denke, es ist doch notwendig gewesen, hier im Parlament darüber zu diskutieren. Dass

gerade diese Diskussion in der Vergangenheit viel häufiger im Parlament geführt wurde, das ist für mich auch deutlich geworden. Ich bin auch sehr häufig von den kommunalen Vertretern und auch von den Entsorgungsverbänden angesprochen worden, dass hier zu wenig darüber gehört wird, wie sich das Parlament damit beschäftigt. Deswegen stehe ich auch dazu, dass dieser Antrag heute hier gestellt wurde. Ich möchte mich ausdrücklich beim Umweltminister bedanken und sehe unseren Antrag insofern als angenommen an, denn er hat heute hier 20 Minuten berichtet. Das haben wir eigentlich auch erwartet, denn beim letzten Antrag hat sich der Umweltminister in dieser Frage doch etwas gedrückt.

(Vincent Kokert, CDU: Klar. Und wie er sich gedrückt hat!)

Er hat es heute nachgeholt. Ja, Herr Minister, damals haben Sie leider nicht geredet, aber dafür haben Sie heute geredet. Und insofern finde ich das Ergebnis, dass unser Antrag so angenommen wurde, schon einmal sehr gut.

Meine Damen und Herren, wir haben sehr viel in den Ausschüssen beraten, aber trotzdem möchte ich noch einmal deutlich machen, dass hier das Parlament auch in der Verantwortung steht. Auch wenn die rechtlichen Dinge vielleicht in dieser Hinsicht mehr bei den kommunalen Vertretern liegen, ist es sehr wichtig, dass sich das Parlament damit beschäftigt, und zwar gerade angesichts der Tatsache, dass die Zeit knapp wird. Der Minister hat es auch deutlich gesagt. Deswegen ist es wichtig, auch hier die Rahmenbedingungen einzuhalten, die die Technische Anleitung für Siedlungsabfälle und der Abfallablagerungsverordnung, die ja seit langem bekannt ist, stellt.

Auch wenn Sie, Herr Minister, sehr viel vorgetragen haben, fehlt mir aber die Darstellung der Moderatorenrolle für die kommunale Ebene. Wir haben das auch in diesem Hohen Hause schon einmal beredet und dort haben Sie sich verpflichtet, diese mehr wahrzunehmen. Hier sehe ich auch, wie schwer das ist. Das möchte ich Ihnen gerne zugestehen. Ich möchte aber doch noch einmal betonen, dass gerade Ihre Vorgänger im Amt diese Rolle wesentlich mehr wahrgenommen haben.

(Zuruf von Minister Dr. Wolfgang Methling)

Glauben Sie mir, viele Kommunen haben das in der letzten Zeit vermisst. Vielleicht hätten wir jetzt nicht mehr diese Zeitknappheit, wenn Sie hier als Moderator mehr eingewirkt hätten.

Zur Verbindlichkeitsverordnung, die wir als nicht rechtskonform angesehen haben, kann und möchte ich noch einmal ausführen, dass uns dazu ein Gutachten vorliegt. Das stelle ich Ihnen gerne zur Verfügung. Vielleicht sollten Sie in dieser Hinsicht auch noch einmal mit dem Landesrechnungshof ins Gespräch kommen, denn nach unserer Ansicht waren wir uns mit dem Landesrechnungshof einig.

Auch wenn Sie, Herr Umweltminister, bereits ausführten, dass in unserem Land die Genehmigungen für Abfallbehandlungsanlagen in Ludwigslust, Stralsund, in Rosenow und Rostock vorliegen, so bleibt doch zu bezweifeln, ob diese Anlagen fristgerecht bis zum 1. Juli 2005 in Betrieb gehen können und ob die Genehmigungen dann noch Bestandskraft haben. Deswegen haben wir auch diesen Antrag gestellt, um das noch einmal deutlich zu diskutieren und hier nicht nur zu kritisieren, sondern darauf aufmerksam zu machen. Jetzt ist noch Zeit und diese

Zeit sollte wirklich genutzt werden, um das Ziel auch zu erreichen.

Erhebliche Zweifel an der Bestandskraft der Genehmigungen habe ich insbesondere für die Abfallbehandlungsanlage in Rostock. Ob eine Änderungsgenehmigung ohne neue Umweltverträglichkeitsprüfung möglich ist, das wage ich hier doch zu bezweifeln. Die Durchführung einer neuen Umweltverträglichkeitsprüfung im Rahmen einer Planänderung würde zu erheblichen Zeitverzögerungen führen. Derzeit sind die Abfallmengen der Landkreise Nordvorpommern, Bad Doberan, Güstrow, Ostvorpommern und der kreisfreien Städte, Greifswald und Schwerin noch nicht vertraglich gebunden, wie Sie ausführten. Die Vergabe der Entsorgungsaufträge bedarf allerdings einer europaweiten öffentlichen Ausschreibung. Auch wenn hinter den Kulissen derzeit gemunkelt wird, dass die Hansestadt Greifswald ihre Siedlungsabfälle nach Stralsund und der Landkreis Ostvorpommern seine Siedlungsabfälle über die OVVD entsorgen wird, so bleibt doch zu hinterfragen, auf welcher rechtlichen Grundlage diese Entsorgungswege basieren sollen. Ich würde mich natürlich freuen, wenn das hier vertraglich zu regeln ist, wie Sie es ausgeführt und vorgeschlagen haben.

Herr Umweltminister, ich hätte mich auch darüber gefreut, wenn Sie noch konkreter zum Thema Ausnahmegenehmigungen vom Abfallwirtschaftsplan und der Verordnung zum Abfallwirtschaftsplan gesprochen hätten. Denn es bleibt zu hinterfragen, wie und wo die unbehandelten Abfälle, wenn sie denn anfallen, zwischengelagert werden sollten, wie viele es werden könnten, wie viele anfallen und vielleicht wo diese in Mecklenburg-Vorpommern zugewiesen werden können.

(Hans-Heinrich Jarchow, SPD: Da haben Sie wohl nicht zugehört, Frau Holznagel.)

Ich denke, dass das, was der Minister in Anbetracht der Zeit ausgeführt hat, so noch nicht ausreichend ist, deswegen sage ich es hier noch einmal. Ich bin aber damit einverstanden, das mit Ihnen im Umweltausschuss noch einmal zu diskutieren.

Derzeit wird immer deutlicher, dass der Abfallwirtschaftsplan mit den Eckpunkten doch auch seine Knackpunkte hat. Gerade die Zwischenlagerung von Siedlungsabfällen kann zu erheblichen Gebührensteigerungen für die Bürger unseres Landes führen. Das sollten wir auch bedenken.

(Beifall Dr. Ulrich Born, CDU – Hans-Heinrich Jarchow, SPD: Dürftiger Beifall, Dr. Born.)

Inwieweit die Abfallbehandlungskapazitäten in unserem Land am 1. Juni 2005 zur Behandlung der gesamten Siedlungsabfälle ausreifen werden, das bleibt zu hinterfragen. Ihr Vorhaben, alles in Mecklenburg-Vorpommern zu behalten, in Ehren, aber ob es zu erreichen ist, werden wir dann sehen. Wahrscheinlich, und das ist meine Vermutung, werden doch erhebliche Teile der Siedlungsabfälle dann woanders gelagert werden müssen, weil die Kapazitäten nicht ausreichen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Vincent Kokert, CDU: Genau! – Heinz Müller, SPD: Gut.)

Ich hoffe allerdings, Herr Umweltminister, dass Ihre Vorstellungen sich bewahrheiten, denn mir und der CDU

Fraktion liegt auch sehr viel daran, dass die Wertschöpfung im Lande bleibt. Ich hoffe, dass es sich bei den Kontakten, die Sie mit dem Umweltminister aus Brandenburg hatten,

(Heiterkeit bei Vincent Kokert, CDU: Das wissen wir nämlich, Herr Minister. – Rainer Prachtl, CDU: Jaja!)

vielleicht um die kalorischen Fraktionen handelt. Ich denke, auch das ist ein Thema, das man noch einmal im Umweltausschuss besprechen kann.

Meine Damen und Herren, ein weiterer Teil unseres Antrages befasst sich mit der wirtschaftlichen Situation der Ihlenberger Abfallgesellschaft und den damit für den Landeshaushalt verbundenen Risiken. Dazu haben Sie sehr umfangreich berichtet, so dass ich hier auf die Einzelheiten wirklich nicht mehr einzugehen brauche.

Ich möchte aber noch aus einer anderen Sicht ein Thema aufwerfen. Am 1. Februar dieses Jahres war in der „OstseeZeitung“ zu lesen, dass der Umweltminister der Forderung der Bürgerinitiative nach einer Krebsstudie, die klären soll, ob ein Zusammenhang zwischen dem Betrieb der Deponie Ihlenberg und Erkrankungen in der Region bestehen, in Aussicht gestellt hat. Hier stellt sich die Frage: Wurde eine Untersuchung oder ein Gutachten zum Ausmaß der Krebserkrankungen im Umfeld der Deponie Ihlenberg erarbeitet? Wenn ja, mit welchem Ergebnis? Ich denke, Herr Minister, das ist auch ein Thema, welches wir im Umweltausschuss und vielleicht sogar mit dem Sozialausschuss bereden sollten. Laut Aussagen von Vertretern der Bürgerinitiative liegt dem Umweltminister bereits seit August des vergangenen Jahres eine Vorlage zur Entscheidung über die Erstellung von Gutachten oder Untersuchungen vor. Wir hätten auch gerne gewusst, ob es hier eine Entscheidung gibt und, wenn ja, wann sie getroffen wurde.

Meine Damen und Herren, es gibt zu den Problemen der Deponie Ihlenberg beziehungsweise den Gutachten der Nordum Akademie hinsichtlich der Geruchsbelästigung und dem Gutachten von Herrn Dr. Gäbler auch verschiedene Auffassungen. Ich bin aber auch der Meinung, dass wir das im Umweltausschuss beraten sollten. Ich muss Frau Schwebs Recht geben, das wäre ein Thema für die Ausschussarbeit.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Sehr richtig.)

Ich möchte noch einmal zu unserem Antrag zurückkommen. Die Ausführungen, die wir heute im Landtag bekommen haben, werden eine gute Grundlage für die Arbeit im Umweltausschuss sein, um die entsprechenden Anträge zu formulieren, um uns auch weiterhin in unserer Arbeit im Landtag dem Thema Abfallbeseitigung zu stellen. Insofern hat der Minister umfangreich berichtet. Wir können diesen Antrag mit dem Bericht für erledigt erklären. Das würde ich Ihnen gerne vorschlagen. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und Angelika Gramkow, PDS)

Vielen Dank, Frau Holznagel.

Der Umweltminister hat noch einmal ums Wort gebeten. Bitte schön, Herr Minister.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte kurz auf Argumen

te oder auf Positionen eingehen, die von Seiten der Opposition vorgetragen worden sind.

Wissen Sie, Frau Holznagel, am besten wäre es doch für alle, wenn Sie einmal Klartext reden, was denn Ihre Alternative wäre. Ich glaube, Sie sind orientiert auf eine Neuerstellung der Planwirtschaft,

(Beifall Hans-Heinrich Jarchow, SPD – Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU: Was? Was?)

in diesem Fall der Planwirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern, den Zentralismus auszuüben, den Sie bis 1998 versucht haben, der nicht funktioniert hat, und zwar aus gutem Grund,

(Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU: Was soll denn das?)

weil die Rechtslage anders ist.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Eine sozialistische Planwirtschaft wird es auch durch eine Landesregierung nicht geben, in der Sozialisten mitwirken, sondern wir haben uns auf die Marktwirtschaft eingestellt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, einzelnen Abgeordneten der PDS und Martin Brick, CDU – Siegfried Friese, SPD: Bravo! – Zuruf von Karin Strenz, CDU)

Deswegen werden wir dieses anders tun.

Ich bin wirklich sehr erstaunt, dass ausgerechnet von der Seite solche Empfehlungen kommen, die Sie nie so aussprechen, die Sie aber so meinen, übrigens auch von einem Vertreter eines Unternehmerverbandes in Rostock und Umgebung, die das sozusagen immer unterstellen: Methling muss endlich anweisen, wie das geht! Das haben Sie versucht und das ist gescheitert. Wir sind einen anderen Weg gegangen und der wird erfolgreich sein, auch wenn Sie es schlecht zugeben können.

(Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Sie werden es sehen! Und dann können Sie letztendlich nichts mehr dagegen sagen, dass das der richtige Weg war, weil alle ihn für richtig halten.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Zum Gutachten zur Rechtskonformität wissen Sie ganz genau, dass es dazu andere rechtliche Bewertungen gibt. Ich kenne auch keine Kommune und kein Unternehmen, die anstreben, diese Rechtskonformität in Frage zu stellen. Das ist die andere Seite. Und mit dem Landesrechnungshof kann ich mich ständig unterhalten. Das sind gute Gespräche, aber das ändert an der Situation nichts, dass es unterschiedliche rechtliche Bewertungen gibt.

Was die Moderatorenrolle betrifft: Frau Holznagel, Sie wissen doch ganz genau Bescheid, wie das läuft. Ich kann doch hier im Landtag nicht über Gespräche berichten, die man sozusagen als Moderator führt. Das werden Sie doch wohl nicht von mir erwarten. Das ist auch gar nicht gängige Praxis. Natürlich nehme ich meine Möglichkeiten wahr, aber die Entscheidungsträger sitzen woanders. Wir beraten aber über Optionen, in denen die Entscheidungsträger letztendlich eine abschließende Entscheidung zu treffen haben.

Ausnahmeregelungen, Herr Kokert, zur Zwischenlagerung hier darzustellen, wo noch gar nicht bekannt ist, wo Zwischenlagerung erforderlich ist, das macht doch auch keinen Sinn. Ich stelle den prinzipiellen Weg dar. Fest steht, dass solche Zwischenlagerungen an solchen Standor t e n erfolgen sollten, wo später die Bearbeitung stattfindet, damit die Abfälle nicht noch einmal umgeschlagen werden müssen. Aber da wir dieses noch nicht so genau wissen, werde ich das heute nicht darstellen. Aber dass es rechtskonform ist, das ist gar keine Frage.