weil Sie an unserer Mitarbeit, an unseren Vorschlägen schlicht und einfach nicht interessiert waren.
Die Polizei kann – und das muss man wirklich einmal deutlich sagen – nur aufgabenbezogen betrachtet werden. Ich sage es noch einmal für die, die das wirklich alles abgeschmettert haben, den Versuch, das realistisch zu betrachten, denn da sind Ihnen wirklich, entschuldigen Sie bitte den Ausdruck, Timm’sche Märchen über Jahre hinweg aufgetischt worden. Ich mache das nicht jedem zum Vorwurf, aber zumindest die Innenpolitiker hätten einmal darüber nachdenken müssen. Real sieht das so aus:
Erstens. Für 100 Kilometer Straße hat MecklenburgVorpommern 60 Polizeivollzugsbeamte, Schleswig-Holstein 75 und NRW 152. Das sind realistische Vergleiche.
(Jörg Heydorn, SPD: Die Einwohner mal vergleichen! – Unruhe und Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD, CDU und PDS)
Drittens. Mecklenburg-Vorpommern hat pro 100.000 Einw ohner 3.850 Verkehrsunfälle, Schleswig-Holstein 2.250 und NRW 2.900.
Viertens. Die Polizei in Mecklenburg-Vorpommern ist auch für die fast 4,5 Millionen Besucher in diesem Land und deren Sicherheit verantwortlich und wir sind ein Transitland – auch für Kriminelle.
Fünftens. Mecklenburg-Vorpommern hat pro 100.000 Einwohner 8.700 Übernachtungen, Schleswig-Holstein 7.414 und Bayern 5.850. Das sind realistische Zahlen!
Sechstens. Mit 34 bis 35 Fällen laut PKS pro Polizeivollzugsbeamten haben wir die absolute Spitze in Deutschland. Das sind die realistischen Zahlen, nach denen Sie die Polizei einmal bemessen müssen!
Weil Sie das nie betrachtet haben, sind wir jetzt in dieser Situation, und weil Sie unsere Vorschläge dazu einfach zu lax abgebügelt haben. Eins und eins ist nur zwei! Es gibt vielleicht bei Ihnen Leute, die meinen, eins und eins ist fünf. Das ist aber nicht so.
Na, bei ein paar Spielwiesen ist das garantiert so. Das, was in Nieklitz passiert, das hätte ich gerne für die Polizei, Herr Ministerpräsident. Das sage ich Ihnen so.
Wir hatten 1991 einmal 6.100 Polizeivollzugsbeamte, 675 Angestellte und 325 Arbeiter. Im Jahre 2000 waren es noch 5.902 Vollzugsbeamte, 499 Angestellte und 173 Arbeiter – also minus 198 Polizeivollzugsbeamte, minus 176 Angestellte und minus 152 Arbeiter. Spätestens ab 1998, als Sie an der Macht waren, wissen Sie auch, dass insgesamt in der Landespolizei zu viel Personal vorhanden war. Sie haben aber trotzdem derzeit noch einige Stellen neu geschaffen, daran kann ich mich noch erinnern.
Dann kommt 2000 bis 2006 Ihr Personalentwicklungskonzept, das diesem Namen wirklich nur alle Schande macht: minus 177 Polizeivollzugsbeamte bei weiterem Bedarf von 150 Beamten für drei Autobahnstationen.
Die Polizeiorganisation wird dann dem Personalabbaukonzept angepasst. Ergebnis: Flächenpräsenz kann nicht mehr gewährleistet werden, die Reaktionszeiten steigen sprunghaft an. Fragen Sie, was los ist draußen! Die Leute müssen länger auf die Polizei warten,
Dann fällt einigen Rechenkünstlern etwas ganz Starkes ein. Wir haben da ja noch eine dritte Bereitschaftspolizeiabteilung, damit können wir schnell die Löcher in den fünf Polizeidirektionen stopfen. Das wurde ohne Argumentation durchgezogen. Was wir Ihnen gesagt haben als Ergebnis – das ist nämlich schon längst versickert –, wir haben die Probleme weiter, Sie haben uns abgebügelt. Gerade das finden wir eben nicht in Ordnung.
Wir erwarten von Ihnen weiß Gott nicht, dass Sie jeden Antrag von uns annehmen, aber dass Sie sich das wenigstens einmal realistisch auch in Ihren Fraktionen durch den Kopf gehen lassen und nicht all den Unsinn glauben, den Ihnen da ein paar Leute vorerzählen.
Dann wird uns noch mit dem Haushalt 2003/2004 wieder ein Minus von 298 Polizeivollzugsbeamten bis 2010 angekündigt, also wieder ein Personalentwicklungskonzept, das diesen Namen weiß Gott nicht verdient. Nur jetzt sind wir schon insgesamt bei einem Minus von 823 Vollzugsbeamten, wenn ich die 150 für die Autobahnstationen mitrechne, bei ständig steigenden Aufgaben mit Bezügen von 1991. Das sind weit über zehn Prozent Einsparungen bei Polizeivollzugsbeamten bei steigenden Aufgaben! Da muss doch irgendjemandem in diesen beiden Regierungsfraktionen einmal etwas einfallen. Darüber müssen wir nüchtern reden. Das kann so nicht weitergehen.
Wenigstens das hätte ich mir von den Fraktionen gewünscht, auch bei den Haushaltsberatungen. Arbeiter und Angestellte sind hier gar nicht mitgerechnet.
Seit 1998 kommt ja noch einiges dazu. Da haben Sie Ihr Hebungshalbierungsprogramm durchgepeitscht. Hinzu kommt die Nichtausnutzung der Stellenplanobergrenzenverordnung. Nach dem Auslaufen der Besitzstandsregelung wurde diese Ersparnis von zehn Prozent nicht für Leistungszulagen und Leistungsprämien verwendet. Das macht zusammen Pi mal Daumen, wenn ich beides nehme, Einsparungen pro Jahr von fast 20 Millionen Euro im Polizeibereich. Das muss man doch einmal nüchtern zur Kenntnis nehmen, wenn man über Geld redet, auch in schwierigen Zeiten.
Dann kommt das Sonderzahlungsgesetz plus Heilfürsorge, da haben Sie ja nun ein Zugeständnis gemacht. Das war auch wirklich bitter notwendig. Da ist nämlich schon seit 1993 etwas zugezahlt worden.
Ich muss Ihnen ehrlich sagen, bei all dem, was Sie der Polizei in kürzester Zeit, zum Teil Schlag auf Schlag, zugemutet haben, wundern Sie sich noch darüber, dass die Leute hier vor diesem Landtag demonstrieren. Ich wundere mich, dass sie so lange Geduld hatten. Aber das ist noch nicht das Ende.
Jetzt kommen Sie zu der Erkenntnis, wir müssen wirklich 1.600 Stellen abbauen. Was sehen wir dann? Der Bereich Innen hat mit 450 wieder den Löwenanteil und darunter – und jetzt geht es an die Substanz – sind 392 Angestellte, und zwar in den Bereichen, die technisch hoch qualifiziert sind, die wir brauchen, auf die man überhaupt nicht verzichten kann, und das, nachdem Sie jahrelang bei der Polizei schon gestrichen haben. Ich sage Ihnen, Sie werden mit diesen Plänen einige wichtige Bereiche, wie zum Beispiel DNA im LKA, völlig lahm legen. Vielleicht war das der Grund dafür, dass Sie hier im Landtag unserem Antrag nicht zugestimmt haben,
weil Sie nämlich schon wussten, Sie haben gar nicht das Geld dafür, um Prioritäten überhaupt hier noch durchzuziehen. Es sieht nämlich so aus, dass Sie von 29 hoch qualifizierten Mitarbeitern unter anderem in diesem Bereich 20 abbauen. Wer da nicht nachdenkt, da frage ich mich, warum der hier noch in diesem Parlament sitzt. Man müsste doch wenigstens einmal darüber nachdenken, ob man das überhaupt tun kann. Aber nichts, nichts! Und deswegen ist das unakzeptabel, wenn Sie uns vorwerfen, wir machen hier schlechte Anträge. Das waren nicht alles unsinnige Anträge. Wir haben nichts von Ihnen erwartet. Wir hätten erwartet, Sie reden einmal darüber, und wenn schon nicht mit uns, dann wenigstens mit der Gewerkschaft der Polizei, um mit den Polizisten zu einem tragbaren Kompromiss zu kommen, denn das ist doch verdammt noch mal auch Ihre Polizei und nicht unsere.
Bei der Liquidierung der dritten Polizeihundertschaft – das ist das, was politisch aus meiner Sicht unseriös noch dazu kam – wurden dann die Polizeidirektoren noch untereinander ausgespielt. Jeder war froh, dass er noch ein paar Beamte bekommen konnte. So etwas tut man nicht!
Und jetzt kommt die nächste Geschichte: Für das LKA wird eine Kommission gebildet, die nur mit Schutzpolizisten
besetzt ist, also wieder das gleiche Spiel. Jetzt wollen Sie die Schutzpolizei gegen die Kriminalpolizei ausspielen. Das ist unseriös und so etwas tut man nicht! Deswegen sind die auch alle richtig sauer. Das hätten Sie vermeiden können, dass sie auf die Regierungsfraktionen sauer sind. Sie hätten nämlich mit ihnen reden können und wir hätten Ihnen dabei auch noch helfen können. Das kritisieren wir wirklich und, ich glaube, zu Recht, bei allen unterschiedlichen Positionen, die wir hier haben. Das ist unseriös und so kann man keine Politik, auch keine Haushaltspolitik, machen, auch – ich betone, auch – nicht in schlechten Tagen.
Eines muss ich noch dazusagen: Hochachtung vor dem, was die Bildungspolitiker zumindest als vernünftigen Kompromiss erreicht haben. Das ist auch eine Priorität und das hätte man in dem Bereich Sicherheit – aus meiner, aus unserer Sicht – auch erreichen können. Dann hätten wir weniger Probleme. Wir bräuchten uns weniger zu streiten und dann gäbe es auch sicher in den einzelnen Ausschüssen weniger Anträge, wenn man vernünftige Regelungen trifft.
Ich habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass wir noch darüber reden können, denn schließlich ist mit unserer Klage noch Einiges offen. Ich möchte Sie wirklich bitten, versuchen Sie, bei der Polizei aufgabenorientiert zu einem vernünftigen Kompromiss zu kommen. Ich möchte einige Kolleginnen und Kollegen bitten, da auch einmal das Rückgrat zu haben, sich in dem Bereich gegen die Vorlagen aus dem Innenministerium durchzusetzen. Es ist nicht alles seriös, was Ihnen da zum Teil aus dem Finanzund aus dem Innenministerium zur Polizei vorgelegt wird. Wir bräuchten eigentlich – und auch darüber möchte ich Sie bitten nachzudenken, das werden wir auch noch mit einem Antrag untersetzen – ein völlig neues Gesamtentwicklungskonzept Polizei, weil das, was wir haben, ist, ganz salopp gesagt, vor den Baum gefahren, dieses Problem. Wenn Sie das noch nicht erkannt haben, sprechen Sie mit den Polizisten, da wissen wir, in welcher Situation wir sind. Das nützt keinem, das nützt Ihnen als Regierungsparteien genauso wenig wie uns als Opposition.