Protocol of the Session on December 22, 2003

(Jörg Heydorn, SPD: Herr Rehberg, zu den Freiberuflern sagen Sie doch mal was!)

Das kann ich Ihnen sagen zu den Freiberuflern. Das ist in Ordnung. Die Gewerbesteuer wird gegengerechnet mit der Einkommensteuer. Ich habe einen doppelten Verwaltungsaufwand und gerade auch in den neuen Bundesländern wird das überhaupt nichts bringen. Sie sind so einer, der immer für mehr Bürokratie ist. Ich bin dafür, ein Steuersystem möglichst einfach zu gestalten, und deswegen war das eine vernünftige Lösung.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Herr Kollege Heydorn, was wäre gewesen, wenn wir heute darüber reden müssten, 170 Millionen Euro, die volle Last, die ursprünglich für Mecklenburg-Vorpommern auf uns zugekommen wäre, in den nächsten Jahren im Landeshaushalt zu verkraften? Ich bin mal gutgläubig, Frau Keler hat uns mitgeteilt, 42 Millionen Euro, ein Viertel, 25 Prozent nur als Belastung fürs Land. Sagen Sie wirklich: Dankeschön, CDU/CSU!

(Angelika Gramkow, PDS: Das wäre das Letzte!)

Nicht 170, sondern 42 Millionen Euro, das ist die Wahrheit.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zuruf von Angelika Gramkow, PDS)

Aber, Frau Kollegin Gramkow, ich gebe Ihnen einen guten Rat: Die Erhöhung der Zuweisungen im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs ist erforderlich, um die Leistungsfähigkeit der Kommunen in der Übergangsphase – hören Sie zu, 2004 ist die Übergangsphase bis zur Aufhebung der Mindestfinanzausstattung und der damit einhergehenden deutlichen Reduzierung der Zuweisungen – im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs zu sichern, nähere Einzelheiten vergleiche Ziffer 3.3.1.6.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, was kommt denn in 2005 auf die Kommunen zu? Nach unseren Berechnungen im nächsten Jahr minus rund 64 Millionen Euro.

(Angelika Gramkow, PDS: 112!)

Wenn man Ihre Zahlen von dem genannten Punkt nimmt, 162 Millionen Euro in 2005. Meine sehr verehrten Damen und Herren, was muten Sie den Kommunen in diesem Land eigentlich wirklich zu? Wenn ich diese Zahlen sehe, haben heute höchstens ein, wahrscheinlich zwei Landkreise einen ausgeglichenen Verwaltungshaushalt, keine kreisfreie Stadt. Das sind Beträge teilweise von 50, 60, 70 oder 80 Millionen Euro. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wollen Sie wirklich den Kommunen hier den Geldhahn völlig abdrehen, damit die Lichter ausgehen?!

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Egbert Liskow, CDU: Die gehen schon aus.)

Wie wollen Sie denn wirklich hier auch eine gesamtwirtschaftliche Belebung erreichen, wenn Sie so drastisch bei den Kommunen sparen? Übrigens, wenn ich Ihre Sparvorschläge betrachte, dann gucken Sie sich mal an, was die Kommunen in den letzten Jahren geleistet haben! Sie haben einen Aufwuchs im Personalausgabenbereich von über 4 Prozent, nach Bericht Aufbau Ost einen Zuwachs von 4,7 Prozent. Frau Finanzministerin, das haben nicht die Kommunen zu verantworten. Diesen Aufwuchs hat ganz alleine diese Landesregierung zu verantworten

und deswegen gehen Sie – das ist unser dringender Appell, damit hier auch noch kommunales Leben weiterbesteht, damit die Menschen noch Ja sagen können, ich engagiere mich in der Kommune – etwas pfleglicher mit den Gemeinden, mit den Städten, mit den Landkreisen, mit den kreisfreien Städten in Mecklenburg-Vorpommern um!

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Meine Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen von der SPD und PDS, seit wann ist es üblich, dass ohne, dass es eine gesetzliche Grundlage gibt, schon die Haushaltszahlen des Jahres 2004 so aussehen, wie sie aussehen?

(Vizepräsidentin Renate Holznagel übernimmt den Vorsitz.)

Ist hier im Landtag irgendwo schon über das FAG oder über die Höhe beschlossen worden? Was ist denn das für ein vorauseilender Gehorsam? Ich denke, seriöse Politik heißt, erst die Gesetze verabschieden und dann können wir auch die Zahlen im Haushalt einstellen, nicht umgekehrt, was wir hier seit Jahren veranstalten.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Das ist gelinde gesagt mehr als eine politische Bevormundung des Parlaments. Man kann auch dazu politische Vergewaltigung sagen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, was leisten andere Länder? Sie tun sich so groß, Frau Finanzministerin. Natürlich haben Hessen und Baden-Württemberg an der einen oder anderen Stelle mehr Potential als wir, aber Sie bringen es bei Einsparmaßnahmen, wenn ich alles zusammenrechne, auf 46 Euro pro Einwohner, BadenWürttemberg ist bei 94 Euro und Hessen bei 165 Euro pro Einwohner. Das heißt, Sie sind gerade einmal bei 28 Prozent von dem, was sich die Hessen vorgenommen haben.

(Zuruf von Rudolf Borchert, SPD)

Frau Finanzministerin, wenn ich das perspektivisch sehe …

Ich habe es extra pro Einwohner runtergerechnet, Herr Kollege Borchert, ich habe es extra pro Einwohner runtergerechnet, damit ich das mal plastisch machen kann.

(Sigrid Keler, SPD: Nein, die waren beim kommunalen Finanzausgleich. – Zuruf von Rudolf Borchert, SPD)

Meine sehr verehrte Damen und Herren, wenn die Differenz 10 oder 20 Euro wäre, dann wäre ich damit noch einverstanden, aber 46 Euro zu 165 Euro, das ist mir etwas zu heftig.

(Angelika Gramkow, PDS: Die Ursache ist die Streichung bei den Kommunen und den Ländern, die wir nicht vorgenommen haben.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wie gut wird denn die Verhandlungsposition sein? Nebenbei sind Hessen und Baden-Württemberg beide Geberländer. Ich habe schon …

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Zum Schluss, Frau Abgeordnete Keler, sehr gerne.

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD und CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Personalausgaben sind das A und O. Es gibt einen Fortschrittsbericht Aufbau Ost, der konstatiert, dass Brandenburg und Sachsen zwischen 1995 und 2002 in der Lage waren, ihre Personalausgaben pro Einwohner um 8,5 oder 2 Prozent zu senken. Ich muss Ihnen sagen, Ihnen ist es in den letzten Jahren nicht gelungen, die Haushaltsausgaben zu konsolidieren, ich habe schon darauf hingewiesen, sie sind gestiegen, und zwar um 4,7 Prozent.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir als CDUFraktion geben zu, das möchte ich unterstreichen – Herr Kollege von Storch wird nachher unsere Vorschläge etwas detaillierter untersetzen, das ist sicher an dem einen oder anderen Punkt sehr weitgehend, was er vortragen wird –, die Frage ist wirklich, wenn die Dimension deutlich wird, wo es darum geht, Zukunftsfähigkeit für dieses Land zu erhalten, dass man sich dann schon mal entscheiden muss, gebe ich weitere Millionen Euro für Renaturierung von Peene, Trebel oder Recknitz aus, gebe ich weiterhin in diesen Größenordnungen Mittel für Gutachter- und Beraterverträge aus, kofinanziere ich auch jede konsumtive Ausgabe im Bereich der EU-Mittel, der Bundesmittel, oder halte ich nicht inne und überlege, wie gestalte ich die Zukunft.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, unser Angebot steht auch deswegen, weil es uns um die Zukunft des Landes geht. Ich sage nach wie vor, wir sollten uns hier im Rahmen des Landtages darüber verständigen, nachdem die Ergänzungsliste der Landesregierung auf dem Tisch liegt, was heute ist, denn die Rahmendaten sind Eckdaten, die teilweise auf tönernen Füßen stehen. Deswegen, denke ich, sollten wir gemeinsam zu einem Umsteuern kommen und nicht vorrangig bei der Bildung einschneiden, nicht vorrangig bei den Kommunen einschneiden, sondern da, wo Politik wirklich wehtut, und zwar zuerst bei sich selber. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Gestatten Sie jetzt die Anfrage der Abgeordneten Frau Keler? (Zustim- mung)

Bitte, Frau Keler, fragen Sie.

Herr Rehberg, gehe ich recht in der Annahme, dass Sie den Haushalt von Baden-Württemberg kennen? Wenn ja, gehe ich dann auch recht in der Annahme, dass Sie wissen, dass Baden-Württemberg 205 Millionen Euro bei dem kommunalen Finanzausgleich gekürzt hat? Das entspricht in etwa 25 Euro pro Einwohner.

Frau Keler, insbesondere die Rücknahme der Gewerbesteuerumlage von 28 auf 20 Prozent wird den Kommunen in Baden-Württemberg helfen, dieses auszugleichen,

(Angelika Gramkow, PDS: Davon konnte Baden-Württemberg aber gar nicht ausgehen, als sie den Haushalt verabschiedet haben.)

weil Baden-Württemberg ein Land der Kleinbetriebe und des Mittelstandes ist.

Und zum anderen, Frau Ministerin Keler, haben wir die Steuerkraft westdeutscher Kommunen von etwa einem

Drittel. Deswegen sind unsere Kommunen, wenn Sie sich gerade die Gewerbesteuereinbrüche der größeren Städte angucken, man kann bis Neustrelitz und Güstrow heruntergehen, so immens durch Ihr politisches Agieren bei der Steuerreform im Jahr 2003. Unsere Kommunen haben mehr Bedarf an Hilfe durch das Land. In Baden-Württemberg, Bayern und Hessen ist das deutlich weniger. Das ist nach meinem Dafürhalten der gravierende Unterschied.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Herr Rehberg, gehe ich recht in der Annahme, dass Sie auch wissen, dass unsere Kommunen von der Gewerbesteuer profitieren, ich habe es vorhin gesagt, es sind 14 Millionen Euro, während das Land wiederum verliert? Ich wollte nur fragen, Herr Rehberg, ob Sie akzeptieren, dass Baden-Württemberg den kommunalen Finanzausgleich gekürzt hat?

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja eben.)

Wissen Sie, was ich insbesondere akzeptiere, Frau Finanzministerin oder Frau Abgeordnete Keler, dass Hessen und Baden-Württemberg pro Einwohner, das war es mir wert, das einmal zu vergleichen, deutlich mehr tun. Sie haben heute überhaupt nicht die Fragen beantwortet, warum Sie nicht in anderen Bereichen – ich möchte meinem Kollegen nicht vorgreifen – rigoros sparen. Und vor allen Dingen, warum haben Sie in den letzten Jahren nicht rigoros gespart? Dann müssten Sie jetzt nicht so eine Hektik machen mit 2.000 Stellen in der Landesverwaltung. Peu à peu und Stück für Stück wäre das gegangen, und zwar auch in vielen anderen Bereichen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Sie machen hier eine Notoperation, Sie gleiten in Hektik und in Aktionismus aus,

(Heinz Müller, SPD: Antworten Sie doch auf die Frage!)

und ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen …