Protocol of the Session on November 12, 2003

(Reinhardt Thomas, CDU: Wofür gibt es denn ein Wirtschaftsministerium?)

Seit sechs Monaten sinkt saisonbereinigt die Arbeitslosigkeit. Wir haben jetzt im Oktober den bundesweit stärksten Rückgang der Arbeitslosigkeit gehabt

(Dr. Armin Jäger, CDU: Damit die Menschen abwandern.)

und im Vorjahresvergleich den geringsten Anstieg der Arbeitslosigkeit, aber wir dürfen uns dabei nichts vormachen. Wir dürfen uns nichts vormachen. Wir werden auch in diesem Winter wieder bei 20 Prozent Arbeitslosigkeit hier im Land landen, das ist entschieden zu viel und das darf auf Dauer nicht so bleiben.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS – Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Meine Damen und Herren, wir brauchen mehr Arbeitsplätze und wir brauchen diese Arbeitsplätze auf dem ersten Arbeitsmarkt und dafür brauchen wir mehr Wirtschaft. Der zweite Arbeitsmarkt ist vorübergehend notwendig, kein Zweifel. Er kann Erleichterung bringen, aber auf Dauer kann er natürlich keine Lösung sein. ABM ist doch keine Perspektive für unsere Jugend, damit sie hier im Land bleibt.

Meine Damen und Herren, mehr Arbeitsplätze und mehr Wachstum, das geht nur dadurch, dass unsere Unternehmen mehr investieren und dass neue Investoren von außen dazukommen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und Rainer Prachtl, CDU)

Und da brauchen wir auch für die Wirtschaftsförderung jeden Euro. Deshalb gehen Maßnahmen wie die Kürzung der GA, die zuletzt im Bundestag diskutiert wurde, absolut in die falsche Richtung.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und Rainer Prachtl, CDU – Dr. Ulrich Born, CDU: Sehr richtig.)

Richtig und wichtig ist, dass die Bundesregierung die Aufstockung der Wettbewerbshilfe für unsere Werften vorhat. Das finde ich gut, das bringt Aufträge und das sichert Arbeitsplätze auf den Werften. Mehr Arbeitsplätze entstehen durch mehr Wachstum. Ich denke, unser eingeschlagener Kurs ist ohne sinnvolle Alternative. Dieser Kurs, der die Stärkung unserer Wachstumsbereiche im Land vorsieht, muss beibehalten werden. In Wachstumsbranchen entstehen ja auch Arbeitsplätze.

(Wolfgang Riemann, CDU: Gucken Sie sich mal Ihre Haushaltsabflüsse an, insbesondere die im Technologiebereich!)

In Wachstumsbranchen entstehen Arbeitsplätze und wir können diese Wachstumsbranchen auch mit dem Namen nennen. Es gibt die Belege und die Beweise: Tourismus zum Beispiel.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Tourismus ist nach wie vor eine Wachstumsbranche, obwohl wir schon auf hohem Niveau sind.

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Die Nachfrage unserer Gäste ist größer als das Angebot, das wir im Sommer zur Verfügung stellen können. Hier ist es so, dass noch investiert werden muss, weil hier tatsächlich noch ein Bedarf da ist, der dann auch Wachstum schaffen kann.

Nehmen wir als Beispiel die Holzwirtschaft. Da gab es im ersten Halbjahr ein Umsatzplus von 6,7 Prozent. Das ist doch Wachstum. Das ist doch erfreulich. Der Maschinenbau hat im ersten Halbjahr 5,4 Prozent. Das ist auch ein Wachstumsbereich. Das ist doch erfreulich. Da muss man auch etwas tun.

Meine Damen und Herren, auch wenn die gegenwärtige wirtschaftliche Lage alles andere als gut aussieht, die Aussichten, denke ich, werden besser, der Optimismus nimmt zu. Oder andersherum ausgedrückt: Der Pessimismus nimmt ab

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, bei Ihnen vielleicht!)

in Deutschland insgesamt, auch in Mecklenburg-Vorpommern. Die Umfragen, die immer von den Forschungsinstituten gemacht werden, zeigen: Es geht wieder aufwärts. Der Aufschwung setzt sich allmählich in Bewegung.

(Wolfgang Riemann, CDU: Mit Mecklenburg-Vorpommern als Schlusslicht!)

Hoffentlich wird er nicht wieder gestoppt wie in der Vergangenheit. Wenn dieser Aufschwung kommt, dann müssen wir auch mit dabei sein, dann wollen wir mit dabei sein.

(Zuruf von Ute Schildt, SPD)

Es kündigt sich auch hier im Land einiges an. Was Investitionsvorhaben betrifft und was den Wunsch nach Fördergeldern für Investitionen betrifft, so kann ich nur sagen, das brummt gerade.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Wo? Wo?)

Die Anträge sind stark gestiegen und es gibt einen regelrechten Ansturm auf Fördergelder. Im Moment sind entscheidungsreif Investitionsförderungen mit einem Fördervolumen von 400 Millionen Euro.

(Zurufe von Bernd Schubert, CDU, und Reinhardt Thomas, CDU)

1,4 Milliarden Euro sind insgesamt an Anträgen da. Das heißt, eine Investitionssumme von circa 5 bis 6 Milliarden Euro ist in Mecklenburg-Vorpommern beabsichtigt.

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Das ist etwas. Hier ist tatsächlich etwas in Bewegung gekommen, was sich dann in den nächsten Jahren auswirken kann und auch auswirken wird.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Es ist festzustellen, dass viele hier im Land viel vorhaben. Ich denke, das ist eine erfreuliche Entwicklung.

Meine Damen und Herren, eine Vielzahl vorliegender Anträge, eine Vielzahl von Investitionsabsichten, auch eine deutliche Steigerung der Gewerbeanmeldungen – das deutet auf einen konjunkturellen Aufschwung hin. Ich glaube, es ist nicht übertrieben zu sagen, dass die wirtschaftliche Situation auf dem Weg der Besserung ist. Jetzt müssen wir uns gemeinsam anstrengen. Wir müssen weiter an unseren Stärken arbeiten, auch am Ausbau unserer Infrastruktur, und wir brauchen mehr Wirtschaftswachstum. Ich denke, dann wird es uns auch gelingen, Mecklenburg-Vorpommern in der Perspektive zu einem modernen attraktiven Land zu machen, das wir alle wollen. – Danke sehr.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Vielen Dank, Herr Minister Ebnet.

Das Wort hat jetzt der Fraktionsvorsitzende der SPDFraktion Herr Schlotmann.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zunächst vielleicht zu den einleitenden Worten des Kollegen Rehberg: Ich dachte, er fängt erst einmal bei sich selbst an, was das Thema Ehrlichkeit anbelangt.

(Rainer Prachtl, CDU: Na, das musste hier wieder kommen.)

Ich wurde dann leider wieder enttäuscht, falsch gedacht. Aber es hätte vielleicht ganz gut gepasst zu der Situation, in der wir uns hier alle gemeinsam befinden.

Meine Damen und Herren, zum Thema „Wirtschaftliche Situation“ haben wir auch schon in der Oktobersitzung hier ausführlich diskutiert und gesprochen. Zwischenzeitlich sind aber zwei bedeutsame Ereignisse aus meiner Sicht zu vermerken. Das sind einmal die Frage der Arbeitsmarktzahlen für den Oktober und dann das vorhin schon ausführlich angesprochene Thema der Steuerschätzungen. Meine Damen und Herren, zum Arbeitsmarkt, denke ich mir, sollte man trotzdem ein paar Worte verlieren, auch wenn das in dem Geplänkel, das hier inszeniert werden soll, vielleicht ein bisschen untergeht.

Meine Damen und Herren, ich denke, die Zahlen sprechen für sich. Wir haben hier eine sehr behutsame – ich betone das –, eine sehr behutsame Entwicklung, die aber ermutigend ist, nämlich die Tatsache, dass sich die Arbeitslosenzahlen von Vormonat zu Vormonat leicht tendenziell verbessern. Das sollten wir einfach für uns konstatieren, und zwar ohne das ideologisch zu interpretieren oder so zu nutzen, um dem politischen Gegner zu schaden. Ich sage aber auch ganz ausdrücklich: 165.300 Arbeitslose in diesem Land sind 165.300 zu viel. Und ich denke, da sollten wir uns einig sein.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Wir haben aber auch zu konstatieren, dass in den ersten neun Monaten dieses Jahres jeweils sehr deutlich dieser Trend über dem Vorjahresstand gelegen hat. Lediglich jetzt im Oktober haben wir die Situation, dass wir noch knapp über dem Vorjahresstand liegen. Und was ich als ganz besonders positiv erachte, ist die Tatsache, dass wir gerade im Baubereich in einigen Bauberufen weniger Arbeitslose, und zwar spürbar weniger Arbeitslose haben als im Vormonat, und das sollten wir auch politisch, und zwar fraktions- und parteiübergreifend, begrüßen.

Meine Sorge ist auch die – auch das will ich hier so offen aussprechen –, dass der möglicherweise harte Winter, der auf uns zukommt, wieder mit stark steigenden Arbeitslosenzahlen einhergehen wird. Ich kann nur an alle appellieren – auch an die CDU –, das nicht gleich wieder zu nutzen, um mit dem politischen Hammer auf allem herumzuhauen, was hier auf den Weg gebracht worden ist.

Meine Damen und Herren, zum Thema 2 „Steuerschätzung und finanzielle Situation“: Die Steuerschätzungen in den zurückliegenden Jahren, das will ich hier so deutlich sagen, waren nach meiner Kenntnis – und ich bin jetzt seit 1994 hier in diesem Parlament – immer falsch oder sie lagen zum Teil auch sehr erheblich unter den tatsächlichen Zahlen. Meine Damen und Herren, eigentlich sind bei den so genannten Wirtschaftsexperten oder Wirtschaftsweisen – ob mit „e“ oder „a“ geschrieben, es passt eigentlich beides – auch diese Schätzungen nach meiner Kenntnis immer falsch gewesen, immer haben sie dane

ben gelegen, was die Realität dann für uns als Politiker gebracht hat. Meine Damen und Herren, man sollte vielleicht wirklich ernsthaft einmal die Überlegungen betreiben, ob wir uns dieses Geld als Politik vielleicht nicht sparen können,

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD, CDU und PDS – Heinz Müller, SPD: Der Blick in die Glaskugel.)

hier hoch bezahlte Heere von Gutachtern aller möglichen Richtungen zu beschäftigen,

(Kerstin Fiedler, CDU: Das ist Ihr Bürokratie- verständnis, Herr Schlotmann! Super!)

denn die Konsequenz für uns alle aus diesen Fehleinschätzungen,