Protocol of the Session on August 27, 2003

Und, meine Damen und Herren, ich habe dafür ein Beispiel. Ich darf mit Zustimmung des Herrn Präsidenten zum Thema Anspruchsmentalität etwas zitieren, was ich gefunden habe in einem Schreiben des AStA der Rostocker Universität an die Frau Finanzministein vom 1 8. August. Da heißt es, ich zitiere: „Der richtigen Feststellung, dass die finanziellen Mittel im Land knapp sind, folgt eine unlogische Schlussfolgerung, nämlich dass weitere Mittelzuweisungen an die Hochschulen daher nicht möglich sind. Dass die finanziellen Mittel knapp sind, sollte so weit nicht beunruhigen, da es sich hierbei um ein Grundprinzip des Kapitalismus handelt.“ Ende des Zitats.

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der PDS und Dr. Armin Jäger, CDU)

Meine Damen und Herren, ich glaube, dass es notwendig war, dieses Zitat einmal vorzubringen. Dem ist auch nichts hinzuzufügen. Wir alle haben eine gemeinsame große Aufgabe, dieser Anspruchsmentalität entgegenzuwirken. Und wir stehen – und das lassen Sie mich noch einmal sagen, weil ich das auch schon früher gesagt habe – vor der grundsätzlichen Frage, ob wir bei der Ausuferung unserer staatlichen Aufgaben überhaupt noch im Stande sind – das gilt auch für ein Land wie Mecklenburg-Vorpommern –, unsere Staatsaufgaben zu finanzieren. Ich habe meine erheblichen Zweifel daran.

Und wenn wir unsere Haushalte wieder flottmachen wollen, müssen wir uns die Frage stellen: Wie machen wir unseren Staat schlank? Wie erreichen wir, dass wir weniger Staat haben und eine Verringerung seiner Lenkungsund Gestaltungsaufgaben? Das, meine Damen und Herren, geht uns alle an.

Wenn ich jetzt den Zwischenbericht von der IMAG gelesen habe –

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

ich weiß, es ist ein Zwischenbericht –, so muss ich feststellen, dass ich dazu, worauf es uns eigentlich ankommt, nämlich den Abbau von Gesetzen mit Kostenfolgen, nicht einen Satz finde.

(Beifall Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig! – Angelika Gramkow, PDS: Weil es nicht der Gegenstand des Berichts ist.)

Es ist die wichtigste Aufgabe, die wir haben, und es ist ja darauf hingewiesen, dass so etwas vonnöten ist, aber Vorschläge hat es nicht gegeben.

(Angelika Gramkow, PDS: Warten Sie doch ab!)

Ja, ich sage ja auch, in der Hoffnung, dass der Schlussbericht besser wird.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Na warten Sie mal ab!)

Die Umschichtung von Landes- auf Kommunalebene ist noch keine Ersparnis.

(Dr. Armin Jäger, CDU: So ist es. – Dr. Ulrich Born, CDU: Richtig.)

Und der Grundgedanke, dass man privatisieren muss, indem man die Pförtner privatisiert,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Keine Revolution, richtig.)

ist auch noch kein ganz großer Wurf für das, was wir eigentlich brauchen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Ich hoffe, dass der Schlussbericht in der Beziehung zu besseren Aufgaben kommt.

(Zuruf von Karsten Neumann, PDS)

Meine Damen und Herren, jemand, der sich schon ein paar Jahrzehnte mit Politik befasst, zunächst als Hobby und jetzt eben von Berufs wegen, kann nicht daran vorbei, sich daran zu erinnern, wie es war, als die Bundesrepublik Deutschland anfing, ihr Staatswesen neu zu gestalten. Und ich erinnere daran, dass es im Wesentlichen drei Säulen gab: die soziale Marktwirtschaft, die Einhaltung der Privatautonomie unserer Bürger und das Subsidiaritätsprinzip.

Alle diese Prinzipien, meine Damen und Herren, sind im Laufe der Zeit verwässert beziehungsweise weitgehend abgeändert worden. Die soziale Marktwirtschaft ist durch staatlichen Dirigismus eingeengt, die Privatautonomie ist durch ausufernde Bürokratie und staatliche Sanktionen überlagert und das Subsidiaritätsprinzip schließlich ist der Idee des totalen Versorgungs- und Betreuungsstaates gewichen mit der Folge der allmählichen Unbezahlbarkeit von Sozialleistungen. Das ist die Bestandsaufnahme unserer Tage. Darum meine ich, wenn wir wirklich mit Erfolg unsere Finanzen, unsere Staatsfinanzen ordnen wollen, dann ist Umkehr geboten. Und in der Tat gibt es erste konstruktive Töne, auch von Seiten der Sozialdemokraten. Ich erinnere an die Aussagen des SPD-Generalsekretärs Scholz wie auch des Wirtschaftsministers Clement, der hierzu erstmalig, aber auch eindeutig gesagt hat, dass wir mehr Eigenverantwortung für unsere Bürger brauchen.

Meine Damen und Herren, ein beliebtes Spiel in diesem Hause und für mich neu war, dass man sich immer gegenseitig mit Schuldzuweisungen überzieht. Das halte ich schon deshalb für verfehlt, weil dies einfach zu einseitig und zu bequem ist.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Alle Parteien haben zu der heutigen Entwicklung mehr oder weniger beigetragen. Und der Umstand, dass es zu einer deutlichen Erhöhung von Staatsaufgaben kommt, ist sicher auch – und da folge ich Herrn Kollegen Schlotmann – auf massive Lobbyarbeit in allen Bereichen zurückzu

führen. Es wird sehr darauf ankommen, ob wir als demokratische Parteien Schulterschluss üben, um uns dagegen auf die Dauer im Interesse unseres gemeinsamen Staatswesens wehren zu können. Ich bin aber der Meinung, dass natürlich ein solcher Umlenkungsprozess von heute auf morgen nicht geht, es ist ein mittelfristiger Prozess. Aber auch hier gilt das Motto: „Einfach anfangen!“, meine Damen und Herren.

Ich glaube, dass es wichtig ist, dass sich Regierung und Opposition auch in unserem Land unserer gemeinsamen Verantwortung für unser Land bewusst sind und Dialoge statt Monologe gefordert sind.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Kerstin Fiedler, CDU: Sehr gut.)

Ich hoffe sehr, dass wir in den Ausschussberatungen zu einer Vertiefung dieser Thematik kommen mögen.

Meine Damen und Herren, auch wir haben uns mit Details in unserer Haushaltsklausur befasst und haben uns vorgenommen, bestimmte Ziele in den Haushaltsberatungen anzusprechen und sie einzubringen, zunächst einmal natürlich das Ziel, eine höhere Nettoneuverschuldung, wenn möglich, zu vermeiden. Ich glaube, die Regierung wird darlegen müssen, wie sie die Mindereinnahmen aus der Steuerreform zu verkraften gedenkt, wobei es natürlich schon eine merkwürdige Situation ist, dass wir sagen, wir wollen die Bürger von den Steuern entlasten – das haben wir alle sehr vollmundig gesagt –, und jetzt stellen wir fest, uns fehlen die Mittel, um unseren Haushalt zu gestalten. Das ist nun mal so. Es gibt immer zwei Seiten einer Medaille.

Wir wollen uns noch einmal um die Verbesserung oder Wiederverbesserung der Finanzausstattung der Kommunen bemühen. Die Kommunen sind am letzten Ende, sie können sich am Ende nicht dagegen wehren, wenn sie von uns in dieser Weise so beschnitten werden.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Angelika Gramkow, PDS: Am letzten Ende sind die Bürgerinnen und Bürger.)

Wir streben eine Mindesterhöhung um mindestens 2 0 Millionen Euro an. Und wenn die Frau Ministerin von einer Neujustierung der Finanzbeziehungen zwischen Land und Kommunen gesprochen und dargelegt hat,

(Zuruf von Rudolf Borchert, SPD)

warum sie zu diesen Lösungen kommt, so möchten wir sagen, alles, was wir hier tun, darf jedenfalls nicht zu Lasten der kommunalen Selbstverwaltung gehen. Wir höhlen sie damit aus.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Angelika Gramkow, PDS: Und woher soll das Geld kommen? Die Neuverschuldung haben Sie dabei ausgeschlossen.)

Frau Gramkow, wir werden im Finanzausschuss genügend Gelegenheit haben,

(Angelika Gramkow, PDS: Nee, Herr von Storch, bitte legen Sie es mal offen! Legen Sie mal Ihre konstruktiven Vorschläge offen! – Zuruf von Rudolf Borchert, SPD)

uns darüber im Detail zu unterhalten. Wir werden mit Sicherheit den Einzelheiten in der Beratung des Finanzausschusses hier und heute nicht vorgreifen.

(Angelika Gramkow, PDS: Das ist eine Blackbox, die Sie hier abliefern.)

Was uns ferner beschäftigen wird, ist, dass es gelingt, zu einer hundertprozentigen Unterrichtsversorgung in den Schulen zu kommen. Darüber ist schon hinreichend gesprochen worden.

(Zuruf von Heike Polzin, SPD)

Wir meinen auch, dass wir im Staatshochbau, Einzelplan 12, die Notwendigkeit von Maßnahmen unter besonderer Beachtung der angedachten Funktionalreform betrachten müssen.

(Angelika Gramkow, PDS: Da sparen wir schon 30 Millionen.)

Und, meine Damen und Herren, ein letzter Punkt, von dem ich glaube, dass er einfach noch zu kurz kommt.

(Präsidentin Sylvia Bretschneider übernimmt den Vorsitz.)

Wir müssen uns endlich dem konkreten Aspekt der Kooperation mit anderen Bundesländern zuwenden und wir dürfen nicht die Letzten sein, denn wer zu spät kommt, bezahlt …,

(Heiterkeit bei Angelika Gramkow, PDS)

den bestraft das Leben, meine Damen und Herren.

Haben Sie sich noch nie versprochen?

(Angelika Gramkow, PDS: Doch.)