Protocol of the Session on May 29, 2002

25-Jährigen an der Gesamtbevölkerung beträgt im Bundesdurchschnitt 7,9 Prozent, in den neuen Bundesländern 9,1 Prozent und bei uns 9,8 Prozent.

Die Nachfrage Jugendlicher nach betrieblichen Ausbildungsplätzen ist im Osten um 25 Prozent höher als im Westen. Und Mecklenburg-Vorpommern gehört nun mal nicht zu den Bundesländern mit der höchsten Wirtschaftskraft.

(Wolfgang Riemann, CDU: Wohl wahr!)

Aber viele junge Menschen im Ausbildungsalter haben hier einen Ausbildungsplatz erhalten, eben auch einen betrieblichen Ausbildungsplatz. Und das ist auch gut so. Und zu unserer Verpflichtung, jedem, der es wünscht, in Mecklenburg-Vorpommern eine betriebliche oder überbetriebliche Ausbildung zu ermöglichen, hat der Ministerpräsident klare Aussagen gemacht.

Was mich, meine Damen und Herren, bei dem Versuch, die demographische Entwicklung für den Wahlkampf zu instrumentalisieren, wirklich ärgert, das ist der doppelte Unfug, der damit angerichtet wird. Zum einen hat die Abwanderungslitanei etwas von einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung: Warum soll ich eigentlich dort bleiben,

(Dr. Ulrich Born, CDU: Deshalb wollen wir das ja weiter untersuchen.)

Herr Born, warum soll ich eigentlich dort bleiben, wo alle von Abwanderung reden? Und zum anderen wird der Blick auf das Problem verstellt, die fehlenden Geburten. Auf dem Gebiet des heutigen Mecklenburg-Vorpommerns wurden vor der Wende im Jahre 1988 rund 28.500 Kinder geboren. 1994 waren es noch knapp 9.000.

(Barbara Borchardt, PDS: Wir waren fleißig.)

Herr Schoenenburg ist auf Ursachen konkret eingegangen, das will ich jetzt nicht weiter ausführen.

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Die haben alle nicht gearbeitet. Die haben alle nur Kinder gemacht. – Heiterkeit bei Angelika Gramkow, PDS – Barbara Borchardt, PDS: Und es hat Spaß gemacht.)

Und bis zum Jahre 2001 stiegen die Geburten wieder auf rund 13.000 Babys. Zugleich sterben aber jedes Jahr in Mecklenburg-Vorpommern rund 17.000 Menschen. Es sterben also mehr Menschen, als geboren werden. Und da liegt der Hase im Pfeffer.

Zum Erhalt des Bevölkerungsstandes müssten jährlich – bezogen auf 1.000 Frauen – rund 2.100 Kinder geboren werden. Im Bundesdurchschnitt werden aber nur 1.400 Kinder geboren, bei uns im Lande derzeit nur 1.250. Die Demographen sind der Auffassung, dass die Geburten im Land mittelfristig auf 1.600 ansteigen werden, aber selbst dann liegt die Reproduktionsrate noch mit rund 25 Prozent darunter.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Und was schlagen Sie dagegen vor?)

Um die Geburtendefizite auszugleichen, wäre eine jährliche Nettozuwanderung von mehr als 4.000 Menschen erforderlich. Es gibt also nichts zu beschwichtigen an dem Problem der Bevölkerungsentwicklung, das ist wirklich ernst.

(Harry Glawe, CDU: Oder Sie müssen vielleicht mal die Familien stärken.)

Aber es ist mehr, Herr Glawe, als Abwanderung.

(Harry Glawe, CDU: Sie müssen die Familien stärken.)

Über Zuwanderung ist in dem Zusammenhang schon gesprochen worden.

(Harry Glawe, CDU: Wir wollen es ja tun.)

Und wir gehen das sehr mutig und offensiv an.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Familien stärken.)

Richtig, Familien stärken,

(Harry Glawe, CDU: Wir haben ja einen schriftlichen Vorschlag vorgelegt.)

aber nicht in Ihrem konservativen Verständnis, sondern eben auch Lebenspartnerschaften stärken, Gemeinschaften stärken.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD – Dr. Ulrich Born, CDU: Das ist aber falsch interpretiert, was Sie da sagen. Das ist kein konservatives Verständnis.)

Ich meine, auch mit den Offensiven, die die Landesregierung entwickelt hat, über die der Ministerpräsident gesprochen hat, wird sehr deutlich, wie offensiv wir dieses Thema angehen. Und auf der anderen Seite meine ich im Unterschied zu Ihnen, die also meinen – und ich habe bisher noch nichts davon gehört –, Konzepte gegen Abwanderung zu haben, die gesamte Politik der Landesregierung ist die Politik für eine positive Bevölkerungsentwicklung hier in Mecklenburg-Vorpommern.

(Harry Glawe, CDU: Ach nee!)

Und ich meine schon, dass man auch mit Beschäftigungspolitik – und dazu will ich kurz noch ein paar Ausführungen machen – versuchen kann, Einfluss auf Wanderungen zu nehmen.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Und es geht dabei darum, auf Nachhaltigkeit zu setzen

(Harry Glawe, CDU: Jaja.)

und tatsächlich existenzsichernde Arbeitsplätze in Mecklenburg-Vorpommern zu schaffen und zu sichern. Das wissen Sie.

Ich will Ihnen ein Beispiel nennen: Allein das, was das Arbeitsministerium, Bereich Existenzgründerförderung, in dieser Legislaturperiode gemacht hat – 8.000 Förderfälle, davon 4.800 erfolgreich –, ist damit verbunden,

(Harry Glawe, CDU: Und wie viel Insolvenzen waren in dieser Zeit?)

dass sich circa 19.000 bis 20.000 Arbeitsplätze in Mecklenburg-Vorpommern langfristig entwickeln und damit auch sicher werden. Ja, das ist doch ein ganz konkreter Beitrag. Auch wenn – und das wissen Sie, das haben wir debattiert – die Bundesanstalt für Arbeit ihren Anteil um 50 Million e n Euro in Mecklenburg-Vorpommern für die aktive Arbeitsmarktpolitik in 2002 kürzt, sind wir aufgefordert, unsere aktive Arbeitsmarktpolitik tatsächlich fortzusetzen.

Und wir haben lange über Arbeitsmarktpolitik gesprochen, hier in diesem Hohen Hause, im Ausschuss und

auch in der Öffentlichkeit. Es liegt jetzt ein Arbeitsmarktund Strukturentwicklungsprogramm vor, welches genau dem Anspruch und Ansatz, den Herr Schlotmann hier vorgetragen hat,

(Harry Glawe, CDU: Weniger Mittel.)

Arbeitsmarkt-, Wirtschafts- und Strukturentwicklung miteinander enger zu verknüpfen, gerecht wird. Und ich kann Ihnen nur sagen, wo andere klagen, meine Damen und Herren von der CDU, handeln wir als Regierung.

(Beifall Angelika Gramkow, PDS – Harry Glawe, CDU: Sie handeln, jawohl!)

Wir können ja zu den Fragen des Programms „Jugend, Arbeit, Zukunft“ unterschiedlicher Meinung sein, aber es ist ein konkretes Angebot der Landesregierung, konkret des Arbeitsministeriums,

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS und Dr. Margret Seemann, SPD)

Jugendbetriebe zu schaffen, über das Programm „Enterprise“ junge Existenzgründerinnen und Existenzgründer zu unterstützen,

(Beifall Heidemarie Beyer, SPD, und Dr. Margret Seemann, SPD)

über die Agentur „mv4you“ eine Kontaktagentur aufzubauen, die nämlich dazu dienen soll, den Kontakt zu erhalten zu denen, die das Land verlassen, denn, meine Damen und Herren, uns werden im Jahre 2010 circa 130.000 Fachkräfte fehlen.

(Harry Glawe, CDU: Ich dachte, die kommen jetzt zurück.)

Also wir brauchen Zuwanderung. Und deswegen, meine ich, ist es gut, sich jetzt darauf vorzubereiten, Strategien zu entwickeln, was 2010 notwendig ist.

(Beifall Heidemarie Beyer, SPD)

Erlauben Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Born?

Bitte schön.

Bitte schön, Herr Born.