Protocol of the Session on January 30, 2002

Und Herr Born tut sich hervor, indem er den Kommunen empfiehlt, sie sollen die Hebesätze für Steuern senken. Ein Witz des wirtschaftspolitischen Sprechers der CDUFraktion, meine Damen und Herren!

(Dr. Armin Jäger, CDU: Machen wir mal Fortbildung.)

Herr Dr. Jäger,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja.)

wir haben das Vermessungs- und Katastergesetz und

(Dr. Ulrich Born, CDU: Sie reden mal wieder falsch Zeugnis. – Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, machen wir mal einen Weiterbildungslehrgang.)

Sie treten jetzt hervor und sagen, die Kommunen, die Kreise sollen künftig auf die Einnahmen,

(Dr. Ulrich Born, CDU: Hanebüchener Unfug!)

die ihre Vermessungs- und Katasterämter erwirtschaften – in manchen Kreisen eine Million pro Jahr –, verzichten. Das sollen sie künftig nicht mehr machen, sondern sie sollen alle diese Aufgaben an die Privaten geben.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, wenn die Aus- gaben höher sind als die Einnahmen.)

Herr Friese, jetzt kommt Ihr letzter Satz.

Herr Dr. Jäger, Sie stellen sich hier hin und sagen, mehr Geld für die Kommune. Und wenn die Kommunen Einnahmen nach Möglichkeit haben, wollen Sie ihnen die streichen.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Die Ausgaben sind doch höher als die Einnahmen. Sie haben doch gar keine Ahnung!)

Meine Damen und Herren, die Frage der Finanzausstattung der Kommunen ist bei der CDU in unredlichen Händen.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Sie sind so ahnungslos!)

Die Koalitionsfraktionen arbeiten auf diesem schweren Feld und ich bin gewiss, wir werden dafür sorgen, dass die Kommunen finanziell gesunden,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Absolut ahnungslos!)

darauf können Sie sich verlassen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD – Dr. Armin Jäger, CDU: Absolut ahnungslos!)

Herr Caffier, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Ich fordere jetzt nicht die nächste Entschuldigung von irgendjemandem,

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Nee, Sie sind ja auch nicht bei der PDS. – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der PDS – Zuruf von Gerd Böttger, PDS)

nur eine Bemerkung vorweg, die gilt ausschließlich für die SPD-Fraktion. Was ich etwas erstaunt zur Kenntnis nehme, ist, wenn Sie mit den Zahlen hantieren, auch Rückblick halten, beginnt Ihre Regierungsverantwortung immer erst 1998,

(Nils Albrecht, CDU: Ja.)

und, ich glaube, wenn Sie schon über Zahlen reden, dann müssen wir über viele Jahre reden.

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Fangen wir bei 1990 an, Herr Caffier, da sehen Sie ganz alt aus. Da sehen Sie ganz alt aus! – Zurufe von Siegfried Friese, SPD, und Heinz Müller, SPD)

Ja, ich will darauf hinweisen, dass die SPD seit 1994 mit in der Verantwortung ist.

Gestatten Sie einige Aussagen des Statistischen Landesamtes, die die derzeitige Situation untermauern sollen. Nach Mitteilung des Landesamtes sanken die Einnahmen der Gemeinden und Gemeindeverbände in MecklenburgVorpommern bis zum III. Quartal des Jahres 2001 – das IV. liegt leider noch nicht vor – gegenüber dem Vorjahr um 169 Millionen DM, also 86 Millionen Euro. Gleichzeitig konnten trotz größerer Anstrengungen die Ausgaben aber nur um 1 Million DM, also 0,5 Millionen Euro, reduziert werden. Das Finanzierungsdefizit betrug demzufolge 205 Millionen DM, sprich 104 Millionen Euro, und war damit wesentlich höher als in den Vorjahren. Vor Jahresfrist betrug nämlich das Defizit noch 36,6 Millionen DM, also 18,7 Millionen Euro. Dieser Negativtrend hat sich mit Sicherheit – wer die wirtschaftlichen Daten kennt, weiß das – im letzten Quartal des Jahres 2001 fortgesetzt, wobei die bisherigen Zahlen noch nicht vorliegen.

Was sind die Ursachen für diese katastrophale Bilanz? Die Investitionsausgaben lagen um 102 Millionen DM, sprich 52,2 Millionen Euro, und die Personalausgaben um 25 Millionen DM, also 12,78 Millionen Euro, unter dem entsprechenden Vorjahresbetrag. Es wurde somit kräftig gespart, hauptsächlich jedoch wieder einmal bei den Investitionsausgaben.

(Dr. Ulrich Born, CDU: So ist es.)

Die Ausgaben für den laufenden Sachaufwand beanspruchten hingegen in den Monaten Januar bis September mit 20,8 Millionen DM, sprich 10,6 Millionen Euro, und für kommunale Sozialleistungen sogar mit 45 Millionen DM beziehungsweise 23,11 Millionen Euro deutlich mehr finanzielle Mittel als im Vorjahr. Ich fasse dieses noch mal kurz zusammen: 45,2 Millionen DM, gleich 23 Millionen Euro Mehrausgaben für Sozialleistungen durch die Gemeinden und Gemeindeverbände allein vom Januar bis zum September des vergangenen Jahres

(Angelika Gramkow, PDS: Nichts anderes habe ich vorhin gesagt.)

bei gleichzeitigen Mindereinnahmen von 86,6 Millionen Euro. Das ist eine tolle Bilanz. Der kommunale Handlungsspielraum muss ja immer enger werden und sie können sich nicht mehr bewegen.

Geradezu besorgniserregend ist insbesondere die Entwicklung bei den Sozialhilfekosten. Sie entwickeln sich immer mehr zu einem kommunal- und finanzpolitischen Sprengsatz. So hat sich die Anzahl der Sozialhilfeempfänger von 18.824 im Jahre 1995 auf 27.637 im Jahre 2000 entwickelt, was einer Erhöhung um 47 Prozent innerhalb von nur fünf Jahren entspricht.

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Aber das klärt man doch nicht über die Kommunalfinanzen, Herr Caffier.)

Die Zahlen für das Jahr 2001 liegen noch nicht vor, werden aber eher noch dramatischer sein. Ich möchte in diesem Zusammenhang nur an die Hiobsbotschaften im Sommer letzten Jahres erinnern, wo die Städte- und Gemeindetage und der Landkreistag von Steigerung bei den Ausgaben im teilweise zweistelligen Bereich im Vergleich zum Vorjahr sprachen. Wenn man die Halbjahreszahlen der Ausgaben für soziale Leistungen durch die Kommunen in Mecklenburg-Vorpommern vergleicht, so wurden vom 01.01. bis 30.06.2000 281 Millionen Euro ausgegeben, im ersten Halbjahr 2001 hingegen schon 296 Millionen Euro. Hierbei sind schon die Ausgaben für die Jugendhilfe enthalten.

Die Ausgabenentwicklung bei der Sozialhilfe gestaltet sich hingegen weit dramatischer. Und was macht das Land? Die müde Landesregierung sieht sich genötigt, im Sommer überraschend das Programm „Arbeit statt Sozialhilfe“ einzustellen und die Kommunen mit Ihren Sozialhilfeempfängern allein zu lassen. Zwar wurde es jetzt im Herbst dann teilweise wiederbelebt, doch die weitere Zukunft ist gemäß dem neuen Arbeitsmarkt- und Strukturentwicklungsprogramm wieder mehr als ungewiss.

(Barbara Borchardt, PDS: Die ist ganz gewiss, ist die. Richtig hingucken, Herr Caffier!)

Gleichzeitig wurde ferner ein Gesetz zur Übertragung der überörtlichen Sozialhilfe verabschiedet, bei dem die Landkreise und kreisfreien Städte den engen Finanzrahmen beklagen und die Einhaltung des Konnexitätsprinzips anmahnen. So werden immer wieder Stimmen laut, dass sich das Land seiner Aufgaben und seiner Verantwortung auf Kosten der Kommunen entledigt, ohne jedoch für die notwendige finanzielle Ausstattung zu sorgen.

Meine Damen und Herren, das rote Licht brennt. Ich möchte abschließend feststellen: Die Situation weiter schönzureden, hilft uns allen hierbei wenig.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Richtig.)

Wir müssen etwas tun.

(Beifall Nils Albrecht, CDU, und Dr. Ulrich Born, CDU)

Um das Wort hat die Finanzministerin gebeten. Bitte sehr, Frau Keler, Sie haben das Wort.

(Heiterkeit bei Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Sehen Sie, Herr Caffier, das haben Sie nun davon!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will jetzt zu all diesen Vorwürfen eigentlich gar nicht insgesamt Stellung nehmen. Ich glaube, das würde die Aktuelle Stunde ein Stück außer Gefecht bringen, aber ich will auf einen Punkt konkret eingehen, und zwar auf den Vorwurf von Herrn Jäger, den er gemacht hat. In Bezug auf eine Kleine Anfrage behauptet er, ich hätte den kommunalen Finanzausgleich von 1998 bis zum Jahr 2000 um 120 Millionen reduziert.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, das sind die Zahlen.)

Herr Jäger hat unsauber und trickyhaft zitiert. Tatsächlich handelt es sich bei der Kleinen Anfrage um die Schlüsselzuweisungen an Landkreise und kreisfreie Städte.

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Richtig.)

Und, Herr Jäger, die sind zurückgegangen, und zwar deshalb, weil das kommunale Finanzausgleichsgesetz novelliert worden ist

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, richtig.)