Protocol of the Session on November 14, 2001

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und CDU)

Sie kennen den von mir gerne zitierten Satz: „In Gefahr und größter Not ist das Mittelmaß der Tod.“ Die Bedrohungen, meine Damen und Herren, denen unsere freiheitlichdemokratische Grundordnung durch Terroristen von außen ausgesetzt ist, sind Herausforderungen des Rechtsstaates, denen wir Sozialdemokraten entschlossen, aber auch mit Augenmaß entgegentreten. Für uns Sozialdemokraten ist dabei maßgebliche Richtschnur, dass unsere notwendigen Abwehrmaßnahmen immer unseren eigenen rechtsstaatlichen Anforderungen genügen.

(Reinhardt Thomas, CDU: Den eigenen.)

Nur so ist gewährleistet, sagte unser Justizminister an anderer Stelle, dass wir nicht selbst schwächen, wofür wir eintreten. Und weiter der Justizminister, was er mit Blick auf die Sicherheitspakete des Bundesinnenministers ausführte: „Zur Bekämpfung terroristischer Anschläge ausländischer Fundamentalisten unterstützen wir alle weitergehenden Möglichkeiten der Aufklärung und Fahndung, die erforderlich und verhältnismäßig sind.“ Und ich füge hinzu: Wir unterstützen alle notwendigen Maßnahmen zur Bekämpfung terroristischer Anschläge, die vorbeugend notwendig sind.

Meine Damen und Herren, wenn ich es recht sehe, finden die vom Bundesinnenminister und vom Landesinnenminister vorbereiteten beziehungsweise bereits eingeleiteten Maßnahmen hier im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern eine breite Unterstützung. Ich begrüße das. Ich bin überzeugt, dass der Landtag mit großer Mehrheit den Bürgerinnen und Bürgern im Land und nach außen zeigen wird, dass er bereit ist, die parlamentarische Demokratie und die Werte unseres Grundgesetzes zu schützen. An dieser Bereitschaft der gewählten Vertreter des Volkes von Mecklenburg-Vorpommern dürfen wir keine Zweifel aufkommen lassen. Die Menschen sind angesichts der Bedrohungen durch den internationalen Terrorismus unsicher geworden. Sie erwarten Halt von den von ihnen gewählten Abgeordneten. Unsere Fähigkeit, Sicherheit zu geben, war in der Geschichte unseres jungen Parlamentes noch nie so gefragt wie in diesen Tagen.

Das so genannte Sicherheitspaket II des Bundesinnenministers ändert durch ein Artikelgesetz Vorschriften von insgesamt 16 Bundesgesetzen sowie verschiedene Ausführungsbestimmungen. Zu den Gesetzen zählen unter anderem solche Schwergewichte wie das MAD-Gesetz, das Bundesverfassungsschutzgesetz, das Passgesetz und das Luftverkehrsgesetz, unter anderem. Zu alldem sagt die Fraktion der CDU in diesem Hohen Hause ohne Wenn und Aber Ja.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja. – Reinhardt Thomas, CDU: Ja, aber plus!)

Ein bemerkenswerter Vorgang! Wir Sozialdemokraten werden dieses Sicherheitspaket II mittragen, sind mit unserer Prüfung aber noch nicht zu einem definitiven Schluss gekommen.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Aha!)

Wir nehmen uns die Freiheit, meine Damen und Herren, Beratungsbedarf anzumelden, obwohl das Paket aus der Feder eines sozialdemokratischen Bundesinnenministers stammt. Das hat nichts mit Misstrauen zu tun,

(Heiterkeit bei Harry Glawe, CDU: Das ist ein schöner Spagat.)

aber sehr viel mit der Wahrnehmung von Sorgfaltspflicht. Das unterscheidet uns offensichtlich in der Herangehensweise

(Heiterkeit bei Harry Glawe, CDU)

von der CDU. Ich komme darauf zurück.

(Harry Glawe, CDU: Da machen Sie wieder ei- nen Spagat! – Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Meine Damen und Herren, von den angestrebten Gesetzesänderungen beziehungsweise Maßnahmen scheinen mir bereits jetzt folgende bemerkenswert:

1. die Ausdehnung der Aufgaben des Bundesamtes für Verfassungsschutz und des MAD auf die Sammlung und Auswertung von Informationen, die sich gegen den Gedanken der Völkerverständigung und gegen das friedliche Zusammenleben der Völker richten Es können so Erkenntnisse über Bestrebungen gewonnen werden, die sich gegen politische Gegner im Ausland richten.

2. die Ermittlungsbefugnis des BKA für bestimmte schwere Erscheinungsformen von Datennetzkriminalität Da bei Straftaten im Zusammenhang mit Datennetzen die Zuständigkeit der Landesbehörden oft nicht gleich erkennbar ist, hat die zentrale Bearbeitung durch das BKA große Vorteile.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja.)

3. die Verbesserung des Informationsflusses zwischen den Sicherheits- und Ausländerbehörden durch Änderung des Ausländerzentralregistergesetzes, hier Artikel 13

4. das Einreiseverbot bei der Feststellung einer Gefährdung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland sowie die entsprechende Ausweitung der Ausweisungstatbestände

Meine Damen und Herren, zum Antrag der CDU-Fraktion:

Der Landtag von Mecklenburg-Vorpommern soll über den vom Bundesinnenminister vorgelegten Maßnahmekatalog der Sicherheitspakete I und II entscheiden. Soweit ich informiert bin, ist das so genannte Sicherheitspaket I bereits seit längerer Zeit beschlossen und umgesetzt worden.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Nein.)

Mir ist unverständlich, wozu der Landtag MecklenburgVorpommern dieses noch anerkennen

(Dr. Armin Jäger, CDU: Nein, es ist noch im Bundesrat.)

beziehungsweise die Landesregierung zur Unterstützung des Gesetzesvorhabens auffordern soll. Überrascht war ich von dem Umstand, dass die CDU-Fraktion vorgab, das so genannte Sicherheitspaket II bereits zu kennen, bevor dieses das Licht der Öffentlichkeit erblickt hatte.

(Heinz Müller, SPD: Hellseherische Fähig- keiten. – Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Hören Sie zu, Herr Kollege!

Es wurde erst am 7. November im Bundeskabinett beraten und Ende letzter Woche veröffentlicht.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig.)

Die Antragstellung der CDU erfolgte am 1. November,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig.)

also sechs Tage früher. Das heißt doch, dass die CDUFraktion eine Materie zum Gegenstand ihres Antrages gemacht hat, die sie noch gar nicht kennen konnte.

(Harry Glawe, CDU: Sie haben doch daran mit- gearbeitet. – Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Das ist die so genannte Pauschalzustimmung. – Heinz Müller, SPD: Das Üben für die Funktion als lieber Gott.)

Meine Damen und Herren, das muss man sich noch einmal auf der Zunge zergehen lassen!

(Dr. Armin Jäger, CDU: Sie drücken sich wieder.)

Die CDU stellt einen Antrag, dessen Gegenstand zum Teil seit längerer Zeit gegenstandslos ist, weil bereits umgesetzt – Paket I.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Das stimmt doch nicht, Herr Friese.)

Das Erschreckende jedoch, Herr Jäger, ist, dass die Abgeordneten des Landtages nach Ihrer Meinung über einen Gegenstand abstimmen sollen, nämlich das Paket II, der zum Zeitpunkt der Antragstellung noch gar nicht bekannt war.

(Harry Glawe, CDU: Aber wir haben es schon gekannt.)

Stellen Sie sich einmal vor, meine Damen und Herren, das Sicherheitspaket II wäre in der letzten Sitzung des Bundeskabinetts nicht beschlossen worden! Wir wüssten überhaupt nicht, worüber wir hier abstimmen sollten.

(Peter Ritter, PDS: Die CDU wüsste das. – Dr. Armin Jäger, CDU: Herr Friese, besorgen Sie doch mal die Veröffentlichung des Bundesinnen- ministers! – Zuruf von Nils Albrecht, CDU)

Ich kann ja Ihre Verlegenheit verstehen, aber lassen Sie mich weiterreden, bitte!

(Unruhe bei Abgeordneten der CDU – Dr. Armin Jäger, CDU: Nee, nee, nee!)

Allerdings, meine Damen und Herren, nehme ich wie auch meine Fraktion für sich in Anspruch, einen Gegenstand erst einmal eingehend zu prüfen, bevor man ihn zur Beratung stellt beziehungsweise über ihn entscheidet. Dies, finde ich, gehört schon zu den verantwortlichen Wahrnehmungen eines von den Bürgerinnen und Bürgern des Landes verliehenen Mandates.

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Das finde ich auch gut. – Dr. Armin Jäger, CDU: Wie lange wollen Sie sich eigentlich noch vor einer Aussage drücken?!)

Niemand und schon gar nicht gewählte Abgeordnete sollten die bekannte Katze im Sack kaufen.

(Dieter Markhoff, CDU: Herr Friese, kommen Sie zum Schluss und sagen Sie, Sie lehnen ab!)

Aber, meine Damen und Herren von der CDU, Sie gehen sogar noch weiter. Sie behaupten, die Sicherheitspakete I und II seien nur ein erster Schritt zur wirksamen Bekämpfung des Terrorismus.

(Zuruf von Nils Albrecht, CDU)