Protocol of the Session on March 8, 2001

Ich hätte mir gewünscht, dass auch in Ihrem Antrag das zum Ausdruck kommt, was zugegebenermaßen in Ihrer Rede zum Ausdruck kam an mehreren Stellen, dass Sie nämlich an einem sachlichen Dialog interessiert sind. Nur in dem Augenblick, wo Sie Schluss machen und sagen, jedes Element, das auch nur denkbar ist, jedes Zahnrad, da soll überhaupt nichts angefasst werden, es soll alles bleiben wie 1877,

(Heiterkeit bei Rudolf Borchert, SPD, und Angelika Gramkow, PDS)

da können wir nur sagen, das geht so nicht.

(Angelika Gramkow, PDS: Nicht wie in Mecklenburg-Vorpommern.)

Sie haben jeden einzelnen Punkt abgelehnt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS – Zuruf von Dr. Ulrich Born, CDU)

Okay.

Das finde ich also nicht so überzeugend.

Ich muss aber ganz deutlich sagen, das Anliegen, das in Ihrer Rede deutlich geworden ist, nehme ich auf. Ich hoffe, ich habe Ihnen mitteilen können, dass dieses Anliegen auch bei mir gut aufgehoben ist. Dem Antrag, denke ich, dem wird man natürlich nicht zustimmen können, sondern dann wäre es interessanter gewesen, wenn Sie an dem einen oder anderen Element deutlich gemacht hätten, hier wollen wir mehr, hier wollen wir weniger. Denn

es ist keine Reform, die man in Bausch und Bogen ablehnen kann, sondern es ist eine, mit der man sich ernsthaft auseinander setzen muss.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Neumann von der PDS-Fraktion. Bitte sehr, Herr Neumann.

(Wolfgang Riemann, CDU: Wieder eine Jungfernrede.)

Die dritte!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit der Überschrift „Zivilprozessreform“ liegt uns ein Antrag vor, der das ganze Gegenteil enthält. „Keine Zivilprozessreform“ ist der Inhalt des Antrages und hätte auch darüber stehen sollen. Sicher, über Geschmacksfragen lässt sich bekanntlich trefflich streiten. Dass aber die CDU uns die Annahme eines Reformverhinderungsantrages zumutet, ist einfach schlechter Stil,

(Beifall Angelika Gramkow, PDS, und Dr. Arnold Schoenenburg, PDS)

denn die Quintessenz des Antrages steht bereits im ersten Halbsatz, in dem Sie schlicht und ergreifend formulieren, die Landesregierung möge sich auf allen Ebenen, also oben, unten, vor, zwischen, aber insbesondere im Bundesrat, gegen die beabsichtigte Reform des Zivilprozesses einsetzen.

Die Reform des Zivilprozesses wird kommen, das ist unsere feste Überzeugung. Und sie muss kommen, das ist der Konsens – und nicht erst seit einem Jahr, sondern seit vielen Jahren.

(Beifall Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Richtig.)

Ihre Begründung des Antrages enthält eine ziemlich durchsichtige Verkürzung der Tatsachen, wenn dort formuliert wird, dass der im Dezember 1999 vorgelegte Referentenentwurf eine bis heute anhaltende heftige Diskussion über den Reformbedarf und seine Zielstellungen ausgelöst habe. Ganz im Gegenteil, der Gesetzentwurf ist die Antwort der Bundesregierung auf den unstreitigen Reformbedarf einer Zivilprozessordnung des vorletzten Jahrhunderts.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

Und so recht ernst kann man das in Antragsform gekleidete Ansinnen der CDU denn wohl auch nicht nehmen. Zunächst bedanken wir uns jedenfalls bei der CDU für die Abschrift der Stellungnahme des Bundesrates vom 11. November 2000, die auf einem Beschluss seines Rechtsausschusses beruht.

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

Herr Dr. Born hat das ja umgekehrt dargelegt, also zumindest klang es so, als hätte der Bundesrat den Antrag der CDU-Landtagsfraktion abgeschrieben.

(Heiterkeit bei Annegrit Koburger, PDS)

Das kann aber sicherlich niemand nachvollziehen, deshalb wollen wir die Frage offen lassen.

Natürlich hat dieser Beschluss des Rechtsausschusses der CDU gefallen, denn er bringt erst einmal den Fortgang der Reform ins Stottern. Darum vor allem geht es hier.

Sicher, Frau Däubler-Gmelin muss sich etwas einfallen lassen, um die Mehrheit der Länder für die Reform hinter sich zu bekommen.

(Herbert Helmrich, CDU: Ja.)

Unter welchen Voraussetzungen Mecklenburg-Vorpommern diese unterstützen will, hat unser Justizminister hier überzeugend dargestellt.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und Gerd Böttger, PDS)

Eine Reform nach der Alles-oder-nichts-Methode ist leider nicht zu machen. Dies gehört nicht nur zu den spezifischen Erfahrungen der PDS Mecklenburg-Vorpommern, sondern dürfte auch der CDU nicht unbekannt sein.

Im Übrigen ist der Beschluss im Rechtsausschuss mit der Mehrheit von neun zu sieben Stimmen gefasst worden. Das heißt, die Ablehnung des Reformvorhabens durch die Länder ist nicht so ganz einhellig, wie der Antrag der CDU in der Begründung vorgibt. Aber dennoch scheint das Reformvorhaben angesichts dieser Mehrheitsverhältnisse nicht ganz so teuflisch und verurteilenswert zu sein, wie es die CDU in ihrem Antrag suggeriert. Der Wahrheit zuliebe hätte die CDU auch erwähnen sollen, dass der Bundesrat in dem Beschluss die Bundesregierung aufgefordert hat, den Entwurf des Reformgesetzes nach bestimmten Maßgaben zu überarbeiten. Er hat nicht gesagt: Ende der Vorstellung, Schluss der Übung.

Die hiesige CDU hat sich in ihrem Antrag keinen Kopf um die Reform gemacht. Sie will auch nicht, dass andere sich damit überhaupt weiter beschäftigen. Sie sagt nur: Die Landesregierung hat den Reformgesetzentwurf im Bundesrat abzulehnen, basta. Ich hätte mir gewünscht, dass der Antrag geschrieben worden wäre, nachdem Herr Dr. Born seine Rede für heute geschrieben hat und nicht umgekehrt.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

Nein zu sagen ist zwar bequem, aber auch unproduktiv.

(Gesine Skrzepski, CDU: Nee, nee!)

Sie sind reformunwillig und reformunfähig. Daher stellt die CDU uns das gleichermaßen unsinnige wie unseriöse Ansinnen, wir, der Landtag, sollen die Regierung dazu nötigen, sie möge im Bundesrat nur einer solchen Reform des Zivilprozesses zustimmen, die die CDU abgesegnet hat, eine Reform, die der CDU passt. Natürlich wird die Koalition hier im Haus und wird die Regierung im Bundesrat einen Teufel tun!

(Dr. Ulrich Born, CDU: Das ist die Gefahr, dass Sie das tun, einen Teufel tun! – Gesine Skrzepski, CDU: Oh!)

Einen Punkt hat die Landes-CDU nun allerdings der Abschrift des Bundesratsbeschlusses beigefügt und als Punkt 1 vorangestellt – jetzt weiß ich auch warum, und zwar weil Sie sich dadurch die Zustimmung der Finanzministerin erhofft haben –, nämlich: Die Landesregierung möge das Gesetz vor allem deswegen ablehnen, weil dem Landeshaushalt Mehrkosten entstünden. Nur frage ich mich, bei welchen Gelegenheiten denn die verflossenen CDU-Minister diese Maxime gegen die Bundesregierung ins Feld geführt haben.

(Wolfgang Riemann, CDU: So schlecht wie diese Bundesregierung hat sich keine …)

Beispielsweise hat doch von der hiesigen CDU seinerzeit niemand etwas dagegen gesagt, dass die enormen Kosten der Insolvenzordnung vom Bund einfach den Ländern übergeholfen wurden,

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS – Angelika Gramkow, PDS: Sehr richtig!)

freilich sogar mit dem Versprechen, die Länder würden später dafür im Rahmen der Reform des Zivilprozesses Kompensationen erhalten. Dieses Versprechen war, wie wir gesehen haben, genauso viel beziehungsweise genauso wenig wert, wie seinerzeit ein beliebiges Kanzlerversprechen von Herrn Kohl.

Das Land hat unter der jetzigen Regierung 10 zusätzliche Richterstellen und 30 zusätzliche Rechtspflegerstellen einrichten müssen, von den Fördermitteln für Insolvenzberatung und vom Einspringen des Landes für Verfahrens- und Prozesskosten will ich gar nicht reden. So gesehen ist dieser Punkt 1 des Antrages Heuchelei.

(Wolfgang Riemann, CDU: Na, na, na, na!)

Denn was die Kosten der Reform anbetrifft, so gesehen ist der Punkt 1 – noch mal für Herrn Riemann – Heuchelei pur.

(Zuruf von Lorenz Caffier, CDU)

Denn was die Kosten der Reform anbetrifft, so kann wohl niemand heute voraussagen, wie viel Mehrkosten dem Land entstehen werden, auch nicht die CDU! Aber dass die Reform, da sie eben nur als gemeinsames Anliegen von Bund und Ländern funktionieren kann, nicht zum Nulltarif für die Länder zu haben sein wird, kann jeder juristische Laie wenigstens erahnen. Und da ist eine pauschale Ablehnung des Gesetzentwurfes wenig hilfreich, wenn man auch zugegebenermaßen die Kostenfrage verhandeln und regeln muss, wie das unser Justizminister hier ja angesprochen hat.

Die in diesem ganzen Prozess entscheidende F r a g e jedoch, meine Damen und Herren, ist, ob die Länder die Reformschritte wollen oder ob sie keine wollen. Die CDU sagt nein, wie wir dem Antrag entnehmen, wir sagen deutlich ja.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS – Zuruf von Gerd Böttger, PDS)