Wir haben leider Anlass festzustellen, dass in Mecklenburg-Vorpommern die Bereitschaft der Wirtschaft abnimmt, die Risiken mitzutragen, die sich aus Familienpflichten ergeben. Ein Beispiel: Die Zahl der Anträge auf Ausnahmegenehmigung für die Kündigung von schwangeren Arbeitnehmerinnen steigt langsam an. Und das sollte uns aufmerksam machen. Auch wir wissen, dass eine Landesregierung nur begrenzte Möglichkeiten hat, auf das Verhalten der Betriebe Einfluss zu nehmen. Aber umso mehr muss sie dafür sorgen, dass die Rahmenbedingungen in einer Gesellschaft, die das Zusammenleben von Menschen ermöglicht, nicht einfach auf dem Altar der Wettbewerbsfähigkeit geopfert werden. Der Wettbewerb „Frauenfreundlicher Betrieb“ ist hier ein gutes Beispiel.
Aber konkret bedeutet es, dass Ausnahmeanträge auf Genehmigung der Kündigung von Schwangeren äußerst restriktiv zu behandeln sind. Und genau das wäre eine Forderung in einer Gleichstellungskonzeption. Konkret bedeutet das auch, dass wir alle Anstrengungen darauf richten müssen, die Wettbewerbsfähigkeit der Frauen selbst am Arbeitsmarkt zu verstärken. Dazu kann und muss aktive Arbeitsmarktpolitik die Rahmenbedingungen liefern. Dazu reicht es jedoch nicht aus, ständig Modellprojekte zu initiieren, die keine beziehungsweise zu wenig Nachhaltigkeit erzeugen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach wie vor konzentrieren sich auch in Mecklenburg-Vorpommern die Berufswünsche der Mädchen auf zu wenige und dann noch oft auf schlecht bezahlte und relativ perspektivlose Ausbildungen. Büro- und kaufmännische Berufe, Arzthelferin und Friseurin stehen noch immer ganz vorne auf der Hitliste der Ausbildungswünsche der Mädchen. Für technische Berufe interessieren sie sich viel zu wenig. Bei den neuen IT-Berufen, die als besonders zukunftsträchtig gelten können, spielen die Mädchen leider eine verschwindend geringe Rolle. Die Erhöhung des Frauenanteils im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie durch Anreiz in frauenorientierten Qualifizierungsangeboten ist ein sinnvoller und richtiger Weg und sollte verstärkt werden. Es muss jedoch auch in Zusammenarbeit mit dem Landesarbeitsamt und mit dem Kultusministerium ein entsprechendes Programm erarbeitet werden, dass Schülerinnen für neue Technologien aufschließt und für entsprechende Ausbildung und Studien interessiert. Frau Staszak, Sie haben auch in dieser Richtung heute schon Aussagen gemacht und darüber kann ich mich nur freuen.
Es muss einen konzeptionellen und ressortübergreifenden Weg geben, das eingeschränkte Berufswahlverhalten von Mädchen ein wenig aufzubrechen. Und vielleicht sollten wir uns auch überlegen, wie Programme, die es in dieser Richtung schon mal gegeben hat, sinnvoll weitergeführt werden. Dazu gehört, die Berufsorientierung der Mädchen schon in der Schule weiter voranzubringen. Damit darf man nämlich nicht bis zum Ende der Schulzeit warten. Hier ist vor allem eine bessere Zusammenarbeit aller Akteure – Schule, Eltern, Arbeitsverwaltung, Landesregierung und Medien – erforderlich. Meine Damen und Herren, solange Mädchen ihre Berufswahl an den Inhalten von Fernsehserien orientieren und ihr Bild von Pflegeberufen an „Für alle Fälle Stefanie“ orientieren, müssen wir uns nicht wundern, wenn Frauen in einem falschen Beruf landen oder im richtigen Beruf, aber mit falschen Voraussetzungen und Erwartungen.
Meine Damen und Herren! Es hilft auch nicht zu beklagen, dass bei der Berufung von politischen Beamten Frauen nur unzureichend zum Zuge gekommen sind. Ob und in welchem Maße heute Frauen für solche Funktionen zur Verfügung stehen könnten und können, hat sich auch Jahre zuvor schon entschieden, als der Aufstieg von Frauen in die entscheidende Beamtenlaufbahn gezielt hätte vorbereitet werden müssen. Dafür ist nun der Grundstein gelegt, dafür hat die Gleichstellungskonzeption in der Tat geeignete Kriterien geschaffen. Es ist nun notwendig, längst Versäumtes nachzuholen.
Dennoch gibt es im öffentlichen Dienst mittlerweile Erfolge, die hier nicht unerwähnt bleiben sollten und für
die der Grundstein nicht zuletzt durch die Gleichstellungsbeauftragte in der letzten Legislaturperiode gelegt worden ist. Ich denke, hier gibt es seit sechs Jahren eine gute Arbeit mit Frau Staszak an der Spitze.
Meine Damen und Herren! Es gilt aber, nun weiterzuarbeiten, noch mehr zu tun, damit mehr Frauen eine selbständige Existenz aufbauen können.
Das war schon immer ein Problem und diesem sollten wir uns sehr widmen. Ob dies durch die Erforschung frauenspezifischen Gründungsverhaltens erreicht werden kann, erscheint mir doch sehr fragwürdig. Ich bin hier mehr für praktikable Lösungen. Die Initiativen der Unternehmensgründerinnen in Mecklenburg-Vorpommern sind hierfür richtige Instrumente. Frauen erfahren durch sich selbst und durch ihre Interessenvertretungen Beratung und gezielte Unterstützung, wenn sie sich selbständig machen wollen. Das Interesse daran ist sehr groß. Ein Unternehmerinnenstammtisch muss hier Förderung finden und ist geeigneter Ansprechpunkt für Initiativen der Landesregierung.
Meine Damen und Herren! Ich habe mich bei dieser Situationsanalyse und der Analyse der Gleichstellungskonzeption der Landesregierung in den Perspektiven der Frauenpolitik auf das Themenfeld „Zugänge zur Erwerbsarbeit“ konzentriert und andere Fragen, wie etwa das Themenfeld „Gewalt gegen Frauen“, vernachlässigt, weil ich glaube, dass wir dazu auch gute Debatten schon geführt haben und auch weiterhin noch führen werden. In wenigen Sätzen ging es mir jetzt lediglich darum aufzuzeigen, wo wir in der Frauen- und Gleichstellungspolitik in Mecklenburg-Vorpommern insgesamt stehen, welche Chancen diese Gesellschaft in unserem Land für jüngere Frauen bereithält und was wir tun können, um ihre Perspektiven zu verbessern.
Ich fordere deshalb von der Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern, sich mehr den konkreten Fragen der Frauen- und Gleichstellungspolitik zu stellen.
das mal als ein Hauptthema angesprochen hat, auch hier im Parlament. Gleichstellungspolitik muss in der Politik dieses Landes einen wichtigen Stellenwert haben. Gleichstellungspolitik muss konkrete, muss gelebte, muss nachhaltige, finanzierbare und perspektivische Politik sein. Dabei würde ich mich freuen, wenn Frauen- und Gleichstellungspolitik – und das ist schließlich ihr eigentliches Ziel – sich selbst überflüssig machen würde. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Meine Damen und Herren! Frau Präsidentin! Wie ernst dieses Thema genommen wird, sehen wir an der Präsenz des Hauses hier. Da schließe ich alle Fraktionen ein.
Vorab einige Anmerkungen zu dem Beitrag von Frau Holznagel: Ich muss sagen, ich war dieses Mal etwas positiv überrascht, dass Sie hier doch einige Fortschritte deutlich gemacht haben, die in unserem Land, auch Dank der Gleichstellungsbeauftragten, erreicht werden konnten.
Bezüglich der Überwindung von Benachteiligungen von Frauen, Frau Holznagel, ich weiß nicht, ob man das als jugendlichen Leichtsinn betrachten sollte, vielleicht war es sogar Blauäuigkeit, ich will Ihnen da nichts unterstellen. Aber wer hat geglaubt, dass man in zehn Jahren diese Benachteiligung, die noch dazugekommen ist gerade in den ostdeutschen Bundesländern, abbauen kann? Ich denke, 40 Jahre DDR-Erfahrung haben bewiesen, dass man 5.000 Jahre patriarchalische gesellschaftliche Entwicklung nicht in großen Sprüngen überwinden kann,
dass das bei Frauen wie bei Männern zu erheblichen Umdenkungsprozessen führen muss, und die dauern eben so ihre Zeit.
Zum Bereich hohe Erwerbsneigung der Frauen. Eigentlich ist das Wort „Erwerbsneigung“ ja sehr positiv besetzt. Allerdings im Zusammenhang mit Frauen – dank CDUPolitikerinnen und -politikern – hat es eine negative Besetzung erhalten.
Wer fragt eigentlich nach der gesteigerten oder überhöhten Erwerbsneigung von Männern in dieser Gesellschaft?
Denn wenn wir von gerechter Verteilung von Arbeit reden, muss man doch auch hier an Männer appellieren, dass sie ihre Erwerbsneigung dahin gehend begrenzen, dass beide Geschlechter gleichzeitig partizipieren können.
Zur Frage, die Frau Staszak hier mit angesprochen hat, Gleichstellungsbeauftragte Demmin. Ich denke, die Frage bezog sich nicht auf den derzeitigen Ausfall aus Krankheitsgründen, sondern auf das Vorhaben des Landrates, entgegen der Kommunalverfassung diese Stelle zu splitten. Und das halte ich für fatal bei den Aufgaben, die wir im Land, in den Kommunen noch zu leisten haben.
Noch ein Wort zu GAP. Wir haben mit diesen gemeinwohlorientierten Arbeitsförderprojekten den Versuch unternommen und unternehmen ihn nach wie vor, dass wir unter Nutzung aller Ressourcen die Instrumentarien, die wir in dieser Bundesrepublik, in Mecklenburg-Vorpommern haben, zusammenfassen und diese im Interesse der Beschäftigung von Frauen wie auch von Männern
einsetzen wollen. Sie sind sehr wohl gemeinwohlorientiert, nicht umsonst heißt das Projekt so. Ja, Frauen müssen vorrangig auf den ersten Arbeitsmarkt, aber die Realitäten – Sie haben sie selber beschrieben – sind etwas anders und wir brauchen demzufolge für die Zeit heute, also für jetzt, andere zusätzliche Instrumentarien, wie GAP, wie aber auch den zweiten Arbeitsmarkt, bis wir die Realität verändern konnten.
Ich halte Modellprojekte ganz allgemein für notwendig und richtig, um zum Beispiel neue Formen auszutesten oder auf neue Entwicklungen zu reagieren. Die Landesregierung wie auch die Koalition sind mehr und mehr bestrebt, daraus nachhaltige Entwicklungen zu befördern. Das geht auch nur Schritt für Schritt, das wissen wir. In der Regierungszeit, egal ob auf Bundes- oder Landesebene, wo die CDU mehrheitlich das Sagen hatte, wurde meist anders verfahren. Zwei, drei Jahre Projektzeit und tschüs! Das wollen wir verändern.
Zu mehr konkreten Maßnahmen. Was ist unkonkret an einem Existenzgründerinnendarlehensprogramm? Was ist unkonkret an einer SOG-Änderung? Was ist unkonkret an Vorschlägen oder Programmen wie zum Beispiel Bildungs- oder Weiterbildungsprogrammen für Existenzgründerinnen, um nur einige wenige zu nennen? Ich denke, wir haben hier doch schon eine ganze Anzahl sehr konkreter Maßnahmen angeschoben oder weiterentwickelt, um der Gleichstellung etwas besser gerecht werden zu können.
Seit geraumer Zeit liegt uns nun die Landesgleichstellungskonzeption der Landesregierung vor. Die heutige Debatte soll nach meiner Auffassung dazu dienen festzustellen, inwieweit sie den Ansprüchen, die in dem Antrag wie aber auch in der damaligen Debatte dargelegt und festgestellt wurden, gerecht wird und welche weiteren Handlungsoptionen sich daraus ergeben.
Vorab möchte ich jedoch nicht versäumen, insbesondere der Landesgleichstellungsbeauftragten Frau Karla Staszak und ihren Mitstreiterinnen sowie den Beteiligten der einzelnen Ressorts unseren Dank zu sagen für die geleistete Arbeit.
Meine Damen und Herren! Ausgehend von der Aussage von Frau Professor Dr. Limbach, Präsidentin des Bundesverfassungsgerichtes, dass die weitgehende Durchsetzung der Rechtsgleichheit von Männern und Frauen nur die notwendige Voraussetzung für das Ziel der Gleichstellung ist, keinesfalls das Ziel selbst, und dass dies lediglich einen Startplatz schafft für Frauen, sehen wir mit der Gleichstellungskonzeption die Möglichkeit, die Startbahn zu errichten, auf der Frauen durchstarten können, um im Bilde zu bleiben. Frau Limbach führte weiter aus, dass Verfassungsversprechen sich nicht von selbst erfüllen. Somit kommt die Landesregierung mit der Landesgleichstellungskonzeption ihrem staatlichen Auftrag gemäß der Ergänzung des Artikels 3 Absatz 2 Grundgesetz nach, auch wenn das nur ein Anfang ist, und das betonen wir ganz besonders.
Diese Konzeption sollte eine Grundlage dafür sein, dass gleichstellungspolitische Entscheidungen nicht mehr ad hoc getroffen werden und von Postulaten Abschied genommen wird. Angesichts dessen, dass wir mit einer solchen Konzeption Neuland betreten haben, ist es nach meiner Auffassung, nach unserer Auffassung gut gelungen, die Vielfältigkeit der Aufgaben und Bereiche für die Gleichstellungspolitik darzustellen und festzuschreiben. Damit ist schon ein wesentlicher Anspruch, Verankerung gleichstellungspolitischer Inhalte in allen Ressorts und ressortübergreifend, erfüllt.
Wesentlich für uns ist dabei nicht die Fülle der inhaltlichen Angebote, sondern die Qualität derer. Für all die genannten Ansprüche kann das vorliegende Material die Grundlage bilden, wenn es kontinuierlich umgesetzt wird. Eine Voraussetzung für die Umsetzung einzelner Maßnahmen ist selbstverständlich, nämlich dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Ministerien und nachgeordneten Einrichtungen, angefangen von den Hausspitzen, befähigt werden, geschlechtsspezifische Bewertungen vorzunehmen und in die weitere Arbeit einzubeziehen. So sehen wir in den unter IV getroffenen Schlussfolgerungen wesentliche Grundlagen für die neue Arbeits- und Herangehensweise der Landesregierung in der Gleichstellungspolitik. Schritt für Schritt umgesetzt bietet das die Chance, verbesserte Rahmenbedingungen für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen in allen Bereichen zu schaffen.
Aufbauend auf diesen Grundsätzen, so möchte ich es einmal bezeichnen, sind die in den nachfolgenden Punkten aufgeführten Maßnahmen der Einzelressorts zu betrachten. Sicherlich kann und wird es Kritik von unterschiedlicher Seite geben bezüglich der Vollständigkeit. Das ist ja hier schon ein bisschen deutlich geworden. Ich sage jedoch, eine Landesgleichstellungskonzeption kann, nein, sie darf kein starres Programm ähnlich einem Gesetz sein. Gleichstellungspolitik ist immer unter Berücksichtigung ihres prozessualen Charakters zu planen und zu gestalten. Eine diesbezügliche Konzeption muss also so aufgebaut sein, dass sie aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen angepasst werden kann. Enthaltene Bestandteile können an Schwerpunktkraft verlieren. Neue Maßnahmen gewinnen an Bedeutung und müssen als Schwerpunkte Bestandteil werden können.