Zuerst als Reaktion auf meinen Vorredner: Lieber Hans, ich begrüße die Einzelabstimmung. Die Landesregierung hat nämlich mit ihrem Antrag auf Drucksache 3/914 „Erwerb von Grundstücken“ das Parlament sozusagen genötigt, in verbundener Aussprache zu zwei Themen
komplexen Stellung zu beziehen, die nur insoweit etwas miteinander zu tun haben, als dass in beiden Punkten irgendwo einmal das Wort „Forst“ auftaucht. Diese Verbindung führt ganz sicher zu einem im Nachhinein schwer nachvollziehbaren Abstimmungsverhalten. Das sollte sich das Parlament in Zukunft eigentlich nicht mehr bieten lassen.
Ich darf also zunächst zum Preußenvermögen kommen. Parlamentarische Demokratie treibt da so ihre Blüten, und seltsame Blüten. Zur April-Landtagssitzung des vergangenen Jahres hatte meine Fraktion ja einen Antrag zur unverzüglichen Übernahme des Preußenvermögens gestellt. Dabei wurde seitens der Regierungskoalition ein kurioser Spagat vollbracht. Man sprach sich zwar für die Annahme aus, lehnte den Antrag aber ab. Selbst eine Überweisung in den Ausschuss kam nicht in Frage. Dann – ein Dreivierteljahr später – wird der Landtag gebeten, der Preußenwaldübernahme zuzustimmen. Das hätte ja nun auch schon im April passieren können, eigentlich müssen. Aber konstruktive Politik für unser Land zu machen – ich erinnere an die Antrittsrede des Herrn Ministerpräsidenten –, ist eben nicht jedermanns Ding, ansonsten hätten Sie ja unserem Antrag schon im April zugestimmt, denn am Verhandlungsstand hat sich nichts, aber auch gar nichts geändert. Dazu kann man gerne im Bericht der Landesregierung nachlesen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dabei will ich es denn auch für diesen Teil des Antrages belassen. Das heißt, selbstredend ist meine Fraktion für die Übernahme des Preußenwaldes und stimmt dem Punkt 2 der Beschlussempfehlung zu. Das war so weit die gute Nachricht.
Kommen wir zum zweiten Schwerpunkt, ich bezeichne ihn mal mit Forstgutachten. Die CDU-Fraktion hat dazu im November einen Antrag vorgelegt, die Landesregierung im Dezember eine Unterrichtung. Mit dieser Unterrichtung soll dann der Antrag der CDU erledigt sein. Dem kann eigentlich kein außerhalb von Ideologie Stehender zustimmen, da insbesondere der dritte Stabstrich unseres Antrages, nämlich die Unterrichtung über „Konsequenzen, deren Auswirkungen und Umsetzung des Organisationsund Wirtschaftlichkeitsgutachtens für die Forstverwaltung Mecklenburg-Vorpommerns“, nicht erledigt ist, ja nicht erledigt sein kann. Dies ist ein Punkt, den die Landesregierung, den der Minister – selbst, wenn er wollte – noch gar nicht darlegen kann, da dies erst mit dem Forstkonzept 2000, wie es Herr Backhaus selbst einräumt, erfolgen wird. Darum ist unser Antrag eben nicht erledigt. Deshalb – das müssen Sie verstehen – stimmen wir auch dem Punkt 1 nicht zu.
Aber eigentlich kommt es noch besser. Im Antrag der Landesregierung auf Drucksache 3/914 wird der Landtag unter Punkt 2 aufgefordert, die Absicht der Landesregierung zur Kenntnis zu nehmen, bis zum Sommer 2000 ein Forstkonzept 2000 zu erarbeiten. Es ist zumindest eine neue Qualität der Landesregierung und der regierungstragenden Parteien, dass das Parlament die Kenntnisnahme von Absichten beschließt. Was passiert eigentlich angesichts dieser so genauen Terminierung Sommer 2000, wenn der Sommer ins Wasser fällt? Geschieht das dann auch mit dem Forstkonzept? Die Förster würden sich sicherlich freuen und ganz kräftig nachgießen.
Der Landwirtschaftsausschuss hat den Antrag der Landesregierung beraten und die Fraktionen von PDS und
SPD haben dazu am 27. Januar 2000 dem Ausschuss einen Antrag vorgelegt. Ich darf daraus die für die Erarbeitung des Forstkonzeptes 2000 wichtigen Passagen zitieren:
Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen und Durchsetzung des Prinzips ,Qualifizierung vor Entlassung’ sowie Erschließung alternativer Beschäftigungsmöglichkeiten“.
Welches Missfallen dieser mit ihm offensichtlich nicht abgestimmte Antrag hervorrief, war dem Minister mehr als deutlich anzusehen. Dennoch wurde der Antrag von den Koalitionsfraktionen im Ausschuss positiv beschieden.
Verehrte Damen und Herren! Es verwundert dann doch schon sehr, dass der gleiche Tagesordnungspunkt auch auf der folgenden Ausschusssitzung am 2. März erneut aufgerufen wurde und ein neuer Antrag, diesmal jedoch unter dem Vorzeichen SPD und PDS, zur selben Thematik aus der Tasche gezogen wurde. Angesichts dieser Fakten – und einmal werde ich grob heute – ist es schon fast eine Unverschämtheit, meine Äußerungen dazu als unverantwortlich und kontraproduktiv zu bezeichnen.
Lassen Sie sich gesagt sein: Ich schüre keine Ängste, ich nenne die Dinge nur beim Namen und ich gehe davon aus, dass diejenigen, die dies gesagt haben, genau wie ich das Abitur haben und des Lesens kundig sind. Wenn beide Anträge identisch sind, hätten wir ja gar keinen zweiten gebraucht.
Ich muss eigentlich nur aus dem neuen Antrag zitieren. Ich darf noch einmal auf den ersten Antrag verweisen. Da heißt es: „keine Vorgabe eines finanziellen Rahmens und Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen“. Diese Formulierung war deutlich. Die neue lässt dagegen alles offen und geht deutlich hinter den ersten Beschluss zurück. Dass für diesen Antrag der Minister Spiritus Rector ist, lässt sich wohl nicht leugnen. Er hat in den Ausschuss hineinregiert. Und, lieber Hans Scheringer, verehrte Frau Schildt – sie ist nicht da –, manchmal kommt es mir vor, als ob...
... Herr Backhaus neben seinem Amt als Landwirtschaftsminister auch noch Ausschussvorsitzender und agrarpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion ist. Vor dem Ausschuss sollte ein Minister allerdings Halt machen, ansonsten bräuchten wir ja dieses Gremium überhaupt nicht.
Auch der Stil im Umgang miteinander war im Landwirtschaftsausschuss beschämend. Obwohl die CDU-Fraktion, von diesem neuerlichen Antrag überrascht, Beratungsbedarf anmeldete, wurde diesem Ansinnen nicht stattgegeben. Herr Landtagspräsident beziehungsweise verehrtes Landtagspräsidium, dies ist für mich ein ungeheuerlicher Vorgang.
Wenn so die Minderheitsrechte der Opposition in Zukunft geachtet werden, ist es mit der Demokratie nicht weit her.
Verehrte Damen und Herren! Meine Fraktion stimmt selbstredend dem Punkt 3 der Beschlussempfehlung demzufolge nicht zu. – Ich danke Ihnen, dass Sie mir zugehört haben.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nach Beratung im Landwirtschaftsausschuss stehen die Inhalte der Unterrichtungen der Landesregierung auf den Drucksachen 3/915 und 3/916 erneut auf der Tagesordnung. Zum einen haben wir über den Erwerb des Preußenvermögens zu befinden, zum anderen geht es um die Erarbeitung des Forstkonzeptes.
Die Übernahme des Preußenvermögens ist bei den Fraktionen des Landtages, denke ich, unstrittig. Die 45.000 Hektar Waldfläche, vorrangig in Vorpommern gelegen, sind für die Landesforst ein wichtiger Faktor, um der besonderen Verantwortung des Landes für die Verwirklichung der Vielfachfunktion des Waldes gerecht zu werden. Die dazugehörigen landwirtschaftlichen Flächen geben unserem Land Spielraum, die Flächenausstattung für landwirtschaftliche Unternehmen mit arbeitsintensivem Produktionsprofil, insbesondere der Tierproduktion, zu verbessern. Wir sind sehr froh, dass die lange währenden Verhandlungen nun zu einem annehmbaren Ergebnis geführt haben, und stimmen der Übernahme des Preußenvermögens selbstverständlich zu.
Meine Damen und Herren! Schlagzeilen, wie „Tor für mögliche Kündigungen weit aufgestoßen“, für die Sie, Herr Brick, die Vorlage geliefert haben, schüren selbstverständlich die Verunsicherung der in der Forst Beschäftigten in unverantwortlicher Weise,
(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD – Martin Brick, CDU: Gott sei Dank ist das nur Ihre Meinung. – Wolfgang Riemann, CDU: Waren die auch unverantwortlich, die vor dem Landtag standen?)
unverantwortlich deswegen, weil Sie als ehemaliger Landwirtschaftsminister die Problematik kennen dürften. In der Zeit von 1990 bis 1992 mussten in Ihrer Amtszeit 5.246 Beschäftigte aus dem Landesforst ausscheiden,
darunter 597 Beamte und Angestellte und 4.649 Waldarbeiter, begründet natürlich auch durch den notwendig gewordenen Strukturwandel in der Forst.
Es ist manchmal ganz hilfreich, sich zu erinnern. Die Sozialdemokraten dieses Landtages haben sich an der Seite der Gewerkschaften von Anfang an beharrlich für die Rechte der Forstarbeiter, das heißt für einen sozialverträglichen Abbau, beim Ausscheiden aus dem Beruf eingesetzt.
(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD – Martin Brick, CDU: Wer hat Ihnen denn das aufgeschrieben? Das können Sie doch gar nicht wissen! – Wolfgang Riemann, CDU: Er hat eine ganz warme Schulter.)
Die damalige CDU-geführte Regierung musste erst aufgefordert werden, sich ihrer Verantwortung als Arbeitgeber für die Beschäftigten der Forstwirtschaft bewusst zu werden und einen Sozialplan zu erarbeiten.
Man ließ es aber auf eine Klage vor dem Arbeitsgericht ankommen. Erst später konnte ein Vergleich ausgehandelt werden. Sie, meine Damen und Herren der CDU, brauchen der SPD heute keine Belehrung in Sachen Sozialverträglichkeit zu erteilen.
(Beifall Sylvia Bretschneider, SPD: Sehr richtig. – Bärbel Kleedehn, CDU: Heute nicht. – Martin Brick, CDU: Das machen wir schon länger.)
Wir Sozialdemokraten nehmen die jetzt für die Forst anstehenden Probleme in einer anderen Weise in Angriff,
als Sie es unter Ihrer Regierungsverantwortung getan haben. Auf der Grundlage eines ausführlichen Gutachtens werden die zukunftsfähigen Strukturen der Landesforst in einem Forstkonzept erstellt und, wenn dieses dann fertig ist, im Landtag beraten. Im Mittelpunkt der Überlegungen werden neben den zukünftigen Strukturen auch die notwendige Anzahl der Beschäftigten und deren Perspektiven stehen.
Mit einer Waldfläche von 501.808 Hektar ist Mecklenburg-Vorpommern nach Schleswig-Holstein das zweitärmste Bundesland.
Davon sind 45 Prozent Landeswald. Der Treuhandwald, der immerhin 19 Prozent des Waldbestandes ausmacht, ist zu privatisieren. Damit fallen die Bewirtschaftungs- und Betreuungskosten, die bisher von der BVVG erstattet werden, weg. Mit der Privatisierung sinken die Erstattungsbeiträge schrittweise und werden schließlich ganz wegfallen. In der Konsequenz bedeutet dieses eine Finanzierungslücke im Landeshaushalt von 30 Millionen DM.
Zum anderen steht mit der Veränderung der Waldfläche auch eine Veränderung der Personalstruktur ins Haus. Zum Vergleich einige Zahlen: In Deutschland sind im Durchschnitt 2,5 bis 6,5 Forstarbeiter je 1.000 Hektar beschäftigt. In Mecklenburg-Vorpommern sind, der Treuhandwald eingerechnet, 4,5 Forstarbeiter je 1.000 Hektar – ohne Treuhandwald 7,0 Forstarbeiter je 1.000 Hektar – beschäftigt. Das Forstgutachten hat nachgewiesen, dass ohne Änderung dieser Strukturen der Zuschussbedarf des Landes bis zum Jahre 2006 auf circa 160 Millionen DM ansteigen wird. Ich denke, jeder, der in diesem Land in Verantwortung steht, kann diese Entwicklung nicht ignorieren.