Der Vorbereitungsdienst, ein Punkt Ihrer Forderungen, soll stärker für Quereinsteiger geöffnet werden. Das sind schöne Worte. Aber was heißt das denn genau? Schon heute ist der Quereinstieg für viele Fächer möglich, und zwar genau für diese Fächer, die dringend gebraucht werden. Welche Neuerungen sind geplant, welche Standards müssen erfüllt werden? Fragen, die der Schulsenator unbeantwortet lässt.
Der nächste Punkt ist: Der Schuldienst in Hamburg soll attraktiver werden. Das ist ein guter Ansatz, den verfolgen wir auch. Aber konkret erfährt man nur, dass es zusätzliche Angebote der Gesundheitsförderung geben soll. Ich bezweifle, dass diese Neuerung die jungen Menschen dazu motiviert, Lehrer zu werden, wie es hier schon angeklungen ist. Wie soll also die Attraktivität des Lehrerberufs darüber hinaus erhöht werden? Auch das bleibt leider offen.
Weiterer Punkt: Die Schulen sollen weitere Möglichkeiten bekommen, bei Lehrkräftemangel dauerhaft oder befristet eigenes Fachpersonal einstellen zu können. Was denn für Möglichkeiten?
Nächster Punkt: Die Schulbehörde wird geeigneten Fachkräften Qualifizierung für einen erweiterten Seiteneinstieg anbieten, damit sie ihre Aufgaben noch besser erfüllen und ein weiteres Aufgabenspektrum wahrnehmen können. Geht es noch unkonkreter? Ich habe es nicht verstanden. Wer ist denn geeignet? Was für Qualifizierung ab wann? Was heißt, noch besser?
Einzig konkret und wirklich motivierend für die jungen Leute ist die Anhebung des Gehalts. Alle Lehrer erhalten in Hamburg künftig mindestens die Besoldungsstufe A 13. Das ist gerecht und angemessen, aber ein alter Hut. Vereinbarungen sind im Rahmen der Verhandlungen zum Schulfrieden von uns schon damals gefordert und beschlossen worden. Dafür wollen Sie sich doch nicht ernsthaft heute feiern lassen?
Der letzte Satz: Wir begrüßen, dass das Problem Lehrermangel jetzt endlich angegangen wird, aber Vorschläge kommen zu spät und bleiben zu vage. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Gut, dass wir endlich, auch auf Druck der Opposition im Übrigen, über den Lehrkräftemangel hier in Hamburg reden. Besser spät als nie. Aber Hand aufs Herz, Kollege Hansen: Eine Politik, die vorausschauend und nicht reaktiv agiert, sieht wahrlich anders aus.
Es wird allerhöchste Zeit, dass wir in Hamburg und auch bundesweit die Notlage erkennen, in der wir uns schon jetzt befinden und in Zukunft befinden werden, wenn jetzt nicht sinnvolle und verbindliche Maßnahmen gegen den Lehrkräftemangel unternommen werden. Wir haben mit einer Großen Anfrage zum Lehrkräftemangel schon mal selbst eine Bestandsaufnahme gemacht, und das Ergebnis sieht nicht gut aus. 268 Vollzeitstellen sind in Hamburgs Schulen unbesetzt. Der Lehrkräftemangel trifft besonders Stadtteilschulen und Schulen mit dem niedrigen Sozialindex 1 und 2. An diesen Schulen gibt es die meisten unbesetzten Stellen, langzeiterkrankte Lehrkräfte und Teilzeitstellen. Es kann doch nicht sein, dass die Schulen in finanzschwachen Gebieten wieder das Nachsehen haben. Hier hätten Sie, hätte der Senat schon längst zum Beispiel die Lehrerarbeitszeitverordnung an die angewachsenen Anforderungen anpassen müssen. Um nicht ihre Gesundheit zu riskieren, reduzieren Lehrkräfte unter den jetzigen Bedingungen nämlich immer mehr ihre Wochenarbeitszeit. Wenn die Arbeitsbedingungen der Lehrkräfte nicht verbessert werden, hilft auch eine bessere Besoldung wenig.
Der kürzlich von Ihnen vorgestellte Maßnahmenkatalog, Herr Rabe, geht nicht die wesentlichen Brennpunkte an. Im Gegenteil, die Situation könnte sich noch verschlimmern, wenn Sie damit drohen, perspektivisch Teilzeitanträge nicht zu genehmigen, die Unterrichtsverpflichtung zu erhöhen und die Klassen zu vergrößern. Dass Sie nun die Referendarsplätze erhöhen und den Quereinstieg erleichtern, ist ja schön und gut. Aber für langfristige und nachhaltige Lösungen müssen wir auch an die Lehrkräftebildung an den Hochschulen ran.
Hamburg hat 2021 1,8-mal so viele Lehrer:innen eingestellt, als mit einem Lehramtsmasterstudiengang ausgebildet wurden. Unsere Anfrage hat ergeben, dass die Studienplatzkapazitäten in Masterlehramtsstudiengängen seit 2018 stagnieren und die Absolvent:innenzahl in diesen Studiengängen sich von dem Coronaeinbruch noch nicht wieder erholt haben. Statt der benötigten 900 Masterabsolvent:innen waren es in den letzten Jahren meist nur unter 600. Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank will nun den NC für das Pflichtfach Erziehungswissenschaften senken, Studienplätze erhöhen und den Quereinstieg erleichtern. All diese Ankündigungen müssen jetzt aber dringend und sehr zeitnah konkretisiert werden.
Es braucht verbindliche bedarfsdeckende Zielzahlen für Lehramtsabsolvent:innen, die auf den Bedarfsprognosen basieren. Studienplätze im Lehramt müssen massiv ausgebaut werden, besonders in den Mangelfächern und in der Sonderpädagogik. Dazu müssen auch die Hochschulen in die Lage versetzt werden. Sie brauchen vor allem mehr Räume, mehr Lehrpersonal, von Professuren über Stellen des Mittelbaus bis hin zum nicht wissenschaftlichen Bereich, und sie müssen ihre Mittel auch stärker für die Ausweitung der Lehrerausbildung und gute Arbeit an Hochschulen einsetzen. Die Hochschulen brauchen also hier verbindliche Zusagen für mehr finanzielle Mittel seitens des Senats.
Klar ist aber auch: In Hamburg allein werden wir den Lehrkräftemangel nicht lösen. Der Wettbewerb um Lehrkräfte unter den Bundesländern muss einer gemeinsamen Kooperation bei der Lehrkräftebildung weichen. Es braucht also hier bundesweit einheitliche und transparente Standards für die Bedarfsberechnung und Prognosen, einheitliche Regelungen und Vereinbarungen auch zum Quereinstieg. Initiativen in Richtung eines Staatsvertrags Bildung anderer Linksfraktionen wie in Bremen, Sachsen-Anhalt und Berlin weisen dabei in die richtige Richtung. Wir meinen, das wäre ein gutes Vorbild auch für Hamburg.
Sie sprechen schon jetzt davon, dass Hamburg gute Bildung für zukunftsfähige Schulen sichert, ohne dass es überhaupt ein konkretes Konzept im zukunftsweisenden Bereich der Lehrkräftebildung gibt. Das ist peinlich. Mit den bisherigen angekündigten Maßnahmen ist gute Bildung an Hamburgs Schulen definitiv noch nicht gesichert. Sie müssen jetzt wirklich liefern. – Vielen Dank.
Für die AfD-Fraktion erhält Herr Dr. Wolf das Wort. Ihm folgen Frau von Treuenfels-Frowein und Herr Yildiz.
Sehr geehrtes Präsidium, meine Damen und Herren! Die SPD will sich mit dieser Aktuellen Stunde wie so oft mal wieder selbst beweihräuchern und auf die Schulter klopfen.
Aber das geht am Kern vorbei. Denn worum geht es? Das Thema Lehrermangel ist ein zentrales Thema, darin sind wir uns einig. Ein Lehrermangel bedroht die Qualität der Schulausbildung in Deutschland und Hamburg; da liegen alarmierende Zahlen vor. Und dass Hamburg mehr Geld in Lehrerausbildung steckt und sich weniger als in der Vergangenheit auf Zuzug von Lehrern aus anderen Bundesländern verlässt, ist auch ein Schritt in die richtige Richtung.
Aber Hamburg ist vom Lehrermangel glücklicherweise nicht so stark betroffen wie zum Beispiel die östlichen Bundesländer. Das liegt, das wurde auch schon ausgeführt, vor allem aber auch an Faktoren, die mit Rot-Grün kaum etwas zu tun haben. Junge ungebundene Menschen kommen eben lieber in eine attraktive Großstadt, wenn sie die Wahl zwischen Hamburg und dem ländlichen Raum haben.
Ein paar Euro mehr in der Beamtenbesoldung sind da nicht ausschlaggebend und werden ohnehin von den höheren Lebenshaltungskosten aufgefressen. Der Ansatz, nun in Hamburg mehr auszubilden, geht, wie gesagt, in die richtige Richtung. Die Erleichterung von Quereinstieg oder längere Arbeitszeiten für Pensionäre können aber nur Begleitmaßnahmen sein, und die Abschaffung des Numerus clausus in bestimmten Fächern oder dessen Absenkung birgt natürlich die Gefahr, dass die Fachkompetenz der künftigen Lehrer darunter leidet.
Ich warne vor allem davor, bei den Deutschsprachkenntnissen der Lehrer Abstriche zu machen. Das wäre, das ist verantwortungslos. Unter Wissenschaftlern gibt es einen weitgehenden Konsens, dass der Lehrermangel nachhaltig nur durch eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen behoben werden kann. Zu viele Lehrer arbeiten in Teilzeit, werden krank oder dienstunfähig und gehen früher in Pension. Unterrichtsfremde Tätigkeiten wie Verwaltungsarbeit und pädagogische Betreuungen
nehmen einen immer größeren, einen allzu großen Teil der Arbeitskraft ein. Wir hatten schon Initiativen dazu vorgelegt, die Verwaltungstätigkeit zu übertragen und Lehrer damit zu entlasten. Denn darunter leidet nicht nur die Lehrergesundheit, sondern auch die Unterrichtsvorbereitung und die Unterrichtsqualität. Mehr Verwaltungshilfen, mehr pädagogische Mitarbeiter könnten hier Abhilfe schaffen, um den Lehrerberuf grundsätzlich spürbar attraktiver zu machen.
Aber, vielleicht haben Sie schon darauf gewartet, ich möchte auf eine weitere unbequeme Wahrheit des anstehenden Lehrermangels in Hamburg hinweisen, denn die Ursache allerorts, aber auch und gerade in Hamburg, die rasant steigenden Schülerzahlen, dürfen wir nicht außer Acht lassen. Sie umschreiben das manchmal beschönigend mit demografischem Wandel, aber es ist an der Stelle ganz wesentlich die unbegrenzte und ungesteuerte Zuwanderung zu erwähnen.
(Beifall bei der AfD – Zurufe von der SPD: Ah! – Juliane Timmermann SPD: Mein Gott, das hat mehr als drei Minuten gedauert! Herr Wolf, sonst sind Sie doch schneller!)
Da können Sie noch so viel dazwischenrufen, weil es Ihnen nicht passt. Sie hören das nicht gern, aber das ist ein wesentlicher Kern des Problems.
Irreguläre, unbegrenzte Zuwanderung verursacht riesige Folgekosten auch und gerade im Bildungsbereich, finanziell und über das rein Finanzielle hinaus. Diesen Zusammenhang zu leugnen ist weltfremd. Das ist Ihr rot-grünes Wolkenkuckucksheim, in dem Sie die Realität als sogenannte Fake News abtun, aber es ist so. Der Anstieg der Schülerzahlen – und jeder, der etwas davon versteht, muss das zugeben – verursacht riesige Probleme. Das wird dann manchmal beschönigt oder formuliert als dramatisch sich ändernde Schülerschaft …
Eine dramatisch sich ändernde Schülerschaft aufgrund eines ungesteuerten Zuzugs, der dazu führt, dass die Leistungen der Schüler in Hamburg und bundesweit deutlich schlechter werden trotz der Maßnahmen, die Hamburg hier ergriffen hat. Hamburg hat sich, wir sprachen das schon an, im IQBBildungstrend im Vergleich zu den anderen Bundesländern relativ verbessert. Das Schlimme ist, dass absolut die Qualität der Schulleistungen in Hamburg und im Bund deutlich gesunken ist. Jeder, der etwas davon versteht, räumt das ein. Der eine sagt offen, das sei die ungesteuerte Zuwanderung, wer es verbrämt, formuliert es als drama
tisch sich ändernde Schülerschaft. Nur wenn Sie den Mut zu einer Kehrtwende an der Stelle aufbringen, wird sich auch in den Schulen etwas ändern, sonst bleibt das Stückwerk. – Vielen Dank.
(Beifall bei der AfD – Juliane Timmermann SPD: Das ist Blödsinn, den Sie da erzählen! Unerträglich!)
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Vorweg: Ich finde es sehr gut, dass wir hier in der Aktuellen Stunde einmal wieder über das Thema Bildung sprechen. Wir hatten in den letzten Debatten, ich weiß nicht, ob Sie sich daran erinnern, doch immer ziemlich viele Grundsatzthemen, Metathemen, die dann auch sehr polemisch aufgeladen wurden, und dabei hat die Schule, finde ich, ein Schattendasein geführt. Ich bin sehr froh, dass wir heute dieses Thema miteinander besprechen, und ich freue mich deswegen auch über diese Anmeldung.
(Beifall bei den GRÜNEN – Dirk Nockemann AfD: In dem Bereich haben Sie noch gar nichts geleistet! Da hat die FDP noch gar nichts geleistet!)
Es geht um das wichtige Thema Bildung, und es geht um das wichtige Thema Zukunft unserer Kinder. Das ist doch das, worum es uns eigentlich hier gehen sollte, und Schule darf kein Schattendasein führen, auch nicht bei Ihnen.
Seit zwölf Jahren haben wir jetzt also unseren Schulsenator Rabe hier als dienstältesten Kultusminister, was er ja auch immer wieder gern öffentlich betont, und nun schauen wir uns doch mal gemeinsam seine Bilanz an.
Man könnte eigentlich erwarten, wenn man so lang im Amt ist und außerdem auch bei Ihrer extremen Beharrlichkeit, Herr Rabe, dass sich da auch ein bisschen Weitblick dazugesellt hätte, aber da sage ich mal einfach: Pustekuchen. Was Sie hier heute als wahre Großtat darstellen, ist, freundlich formuliert, eine gerüschte Versäumnisbilanz.
Denn seit vielen Jahren sind doch Lehrermangel und Schülerzuwachs absehbar durch das Ausscheiden der Babyboomer unter den Lehrern und, ja, natürlich auch wegen der Zuwanderung. Anders als die AfD wollen wir doch auch die zugewanderten Schüler beschulen, wir wollen sie doch nicht als Problem begreifen, sondern wir wollen sie als Herausforderung begreifen. Ja, natürlich spielt das auch eine Rolle, das verkennt hier auch keiner, aber, liebe Personen von der AfD, wir sehen das