Protocol of the Session on May 10, 2023

Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Gladiator, vielen Dank. Sie wissen, ich schätze Sie sehr. Es hätte mich eigentlich gefreut, wenn Ihr Fraktionsvorsitzender in seiner Rede am Anfang dargestellt hätte, wie es war. Es wäre für uns alle viel einfacher gewesen, wenn er gesagt hätte, die CDU habe 2019 einen Antrag gestellt, der nicht behandelt werden konnte, jetzt sei es aber ein wichtiger Zeitpunkt, ihn zu behandeln. Dann wäre das für uns alles klar gewesen. Aber Herr Thering hat das nicht getan. Herr Thering hat versucht, dem Bürgermeister einen Hinweis zu geben und so zu tun, als sei das alles bisher kein Thema gewesen. Schade. Sonst hätten wir darüber vielleicht doch anders diskutieren können,

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

übrigens unabhängig von den Debatten um die Tagesordnung eines Ausschusses. So ganz unrecht

haben Sie nicht. Wenn eine Regierungsfraktion ein Thema im Ausschuss besprechen will, kann sie es da draufnehmen.

(Vereinzelter Beifall – Dr. Anke Frieling CDU: Hört, hört!)

Insofern sollten wir alle ein bisschen abrüsten und gucken,

(Beifall bei Dennis Gladiator CDU)

dass wir das Thema jetzt im Ausschuss vielleicht mal auf den richtigen Weg bringen. Wir müssen das nicht heute machen. Wir können im Ausschuss darüber reden.

Ich wollte noch etwas zu Herrn Walczak sagen, der sich hier hingestellt und gesagt hat, alles sei gut, und Herr Gauland entschuldige sich und so. Da möchte ich einmal den Zentralrat der Juden zitieren:

"Der Zentralrat der Juden in Deutschland hat die Äußerungen von Alexander Gauland, der 8. Mai sei als Tag der deutschen Kapitulation im Zweiten Weltkrieg ungeeignet für einen Feiertag, scharf kritisiert. Mit der Betonung, der 8. Mai sei auch ein Tag der absoluten Niederlage für Deutschland und großer Gebietsverluste gewesen, zeigt Alexander Gauland, wes Geistes Kind er ist",

sagte Zentralratspräsident Josef Schuster.

Dem ist nichts hinzuzufügen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN, der CDU und der LINKEN)

Ich habe Sie gesehen, Herr Walczak. Ich nehme Sie mit auf die Rednerliste, aber als Nächster ist Herr Zamory für die GRÜNEN dran.

Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleg:innen! Ich bin Mathias Petersen dankbar für das kleine Stück Selbstkritik und das Runtertunen dieser Geschäftsordnungsdebatte, die dem Anlass des Themas überhaupt nicht adäquat und würdig ist.

(Beifall bei der CDU)

Wir wollen unsere Beziehungen zu Israel ausbauen. Israel ist ein jüdischer Vielvölkerstaat, Menschen aus über 124 Nationen leben dort und haben eine Heimat gefunden. An DIE LINKE gewandt: Dazu gehören auch die 850 000 vertriebenen Juden, die bei der Staatsgründung die arabischen Staaten, in denen sie jahrhundertelang gelebt haben, verlassen mussten. Das gehört dazu, weil es eben Vertreibung in vielerlei Hinsicht gegeben hat. Das kurz zur Richtigstellung.

(David Stoop DIE LINKE: Das war doch rich- tig dargestellt!)

(Dennis Gladiator)

Gucken wir uns den heutigen Staat Israel an. Ich erinnere mich, dass in den Neunzigerjahren, als ich schon einmal die Ehre hatte, diesem Hause anzugehören, Abgeordnete nach Israel reisten, um ein Begegnungshaus in der Wüste Negev in der Nähe des Kibbuzes, wo David Ben Gurion gelebt hatte, zu eröffnen. Die Beziehungen sind alt, lang und tief.

Es ist vielleicht seltsam, wenn ich als GRÜNER die CDU verteidige,

(Dirk Nockemann AfD: Wieso das denn?)

aber, Herr Walczak, es ist so, dass Konrad Adenauer mit David Ben Gurion die Grundlagen für die heutige Freundschaft gelegt und Angela Merkel in der Knesset von deutscher Staatsräson gesprochen hat, als es um die Sicherheit Israels ging und geht. Das ist der Maßstab, an dem sich auch alle Nachfolgenden messen lassen müssen.

Deswegen finde ich die Vorwürfe, wer wie wann was vielleicht verzögert, aufgehalten oder nicht debattiert hat, jetzt wirklich genug. Wenden wir uns der Debatte zu, wie wir aktiv, konstruktiv mit allen Menschen, die in Israel leben, die Freundschaft intensivieren. Das bedeutet auch – auch unter guten Freunden – eine möglichst kritische Auseinandersetzung über das, was die israelische Demokratie selbst bedroht.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der CDU)

Für die AfD erhält Herr Walczak abermals das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zum Zentralrat der Juden möchte ich nur feststellen, dass es sich dabei nicht um die Vertretung des Staates Israel in Deutschland handelt. Das ist schon mal das Erste.

Das Zweite ist: Er ist auch nicht die Vertretung aller Juden. Er kann jedenfalls nicht für sich in Anspruch nehmen, für alle Juden in Deutschland zu sprechen.

Der dritte Punkt, den ich einfach inhaltlich dazu machen wollen würde, ist: Die Kritik des Zentralrates habe ich gehört, gleichwohl trifft sie nicht zu. Es ist völlig im Rahmen des demokratischen Spektrums, zu sagen, dass der 8. Mai kein Feiertag sein möge; das ist die Haltung meiner Fraktion. Sie ist ausführlich begründet,

(Zuruf von Michael Gwosdz GRÜNE)

und deswegen müssen Sie nicht den Zentralrat der Juden herbeizitieren, nur weil Sie keine inhaltlichen Argumente haben.

(Zuruf von David Stoop DIE LINKE)

Der zweite Punkt, den ich abschließend sagen will, ist: Herr Zamory, Sie haben unrecht, wenn Sie sagen, dass das Verhalten der CDU nicht danach gemessen werden darf, wie sie sich parlamentarisch verhält. Die Haltung der CDU ist ganz klar: Sie sind für Israel – es sei denn, die AfD ist für Israel. Dann werden Anträge von der AfD abgelehnt, dann ist man gegen Israel.

(Zurufe – Unruhe im Plenum)

Gerade Herr Gladiator, ich fand es so wunderbar, wie Sie sich hier wieder über die Koalition aufgeregt haben: Ja, die Koalition stimmt Ihren Anträgen nicht zu. Wissen Sie, es ist unfassbar, mit was für einer Doppelmoral Sie hier ans Rednerpult treten, wenn Sie das Gleiche, das Sie der Koalition vorwerfen, bei AfD-Anträgen machen.

(Zurufe von der CDU und der SPD – Sabine Boeddinghaus DIE LINKE: Sie haben echt ein Trauma!)

Bitte, Sie haben keinerlei Glaubwürdigkeit in dieser Frage, Sie verlieren auch zunehmend in allen anderen politischen Fragen an Glaubwürdigkeit. Deswegen freuen wir uns – schauen Sie sich die nächsten Umfrageergebnisse an –: Es wird demnächst ganz, ganz dünn für Sie werden.

(Beifall bei der AfD)

Herrn Walczak folgt Herr Schumacher für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! 75 Jahre nach Gründung des Staates Israel ist diese Debatte, die wir hier führen, unwürdig.

(Beifall bei der SPD, der CDU und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Sie bringt zwar im positiven Sinne unsere Emotionen heraus, wie wir unsere Freundschaft, unseren Umgang mit Israel, mit Partnerschaften leben und leben wollen. Und das ist gut so. Nur hätte ich mir das heute gern erspart.

Ich muss Ihnen ehrlich sagen, warum wir so angefasst sind: Uns bewegt das alle sehr, wie wir mit Israel umgehen, uns bewegt auch der Umgang sehr. Das Für und Wider, die Frage, wie wir damit umgehen, ist etwas, das wir hier im Hause diskutieren, das ist sogar in unseren Imagefilmen so: Wir ringen gemeinsam – manchmal gemeinsam – um den besten Weg. Der Kollege Ovens aus der letzten Legislaturperiode hat dafür geworben, eine Städtepartnerschaft einzurichten. Er hat dafür gesorgt, dass die CDU damals einen Zusatzantrag eingebracht hat, den wir überwiesen haben, weil wir gemeinsam darum ringen wollten und diskutieren wollten: Wie gehen wir mit unserer Freundschaft, unserer Partnerschaft mit Israel um? Es ist ebenso dem kollegialen Verhältnis des Hauses ge

(Peter Zamory)

genüber unwürdig, dass Sie diesen Antrag, der in die Diskontinuität gefallen wäre, den wir gemeinsam in diese Legislatur rübergeholt haben, weil es eine gemeinsame Aufgabe ist, darüber zu sprechen … Es ist schon so, wie die Vorredner gesagt haben: Gestern mal eben den Vorgängerantrag zurückzuziehen

(Dennis Thering CDU: Haben Sie Herrn Pe- tersen nicht zugehört? Wir waren schon wei- ter! – Gegenruf von Dirk Kienscherf SPD: Nein, waren wir nicht!)

irgendetwas bleibt, Herr Thering, dass Sie das vielleicht doch nur als Show aufgesetzt haben.

Wir werden Ihren Antrag überweisen und erwarten, dass wir über die Städtepartnerschaft, über das Gemeinsame mit Israel im Ausschuss diskutieren. Der Senat ist dazu bereit. Es gibt sehr, sehr, sehr viele Projekte, es verbindet Hamburg sehr viel mit dem Staat Israel, und unwürdig ist es, dass wir das nicht diskutieren. Herr Thering, wissen Sie, was ich am liebsten heute diskutiert hätte? Den Ausschussbericht hätte ich hier gern diskutiert.

(Dennis Thering CDU: Ihre Meinung hätten wir gern diskutiert! – Gegenruf von Dirk Kienscherf SPD: Das ist alles Show, was Sie hier machen!)

Vielleicht hätten wir dann eine gemeinsame Haltung entwickelt.

Ich glaube, zur AfD – denen wollen wir das letzte Wort nicht überlassen – ist alles gesagt. Sie haben die Emotionen heute hochgefahren, der Antrag hat die Emotionen hochgefahren. Wir machen jetzt im Ausschuss das, was unsere Aufgabe gewesen wäre und ist: gemeinsam beraten, wie wir unsere Freundschaft zu Israel stärken und gemeinsam in die Zukunft gehen. – Vielen Dank.