Protocol of the Session on January 19, 2022

(Zuruf)

(Dirk Kienscherf)

Ja, Herr Kienscherf, reden Sie mal weiter. Man wird sich sicherlich auch demnächst einmal wiedersehen, da bin ich sicher.

Das Gute in einer Demokratie ist, dass, auch wenn es der SPD nicht passt, Wahlen immer wieder die Möglichkeit geben, veränderte Mehrheitsverhältnisse möglich zu machen. Daran arbeiten wir gemeinsam. Und wie gesagt, ich würde mich freuen und mache Ihnen gern das Angebot, unseren Antrag, auch wenn sie ihn heute nicht annehmen wollen, das ist völlig in Ordnung, an den Ausschuss zu überweisen. Dann können wir da gern, so wie Sie es gerade gesagt haben, gemeinsam darüber diskutieren. So verstehe ich zumindest Parlament, und so verstehe ich das Zusammenarbeiten von Regierung und Opposition. Ich würde mich freuen, wenn Sie den Antrag überweisen. Ich würde diesen Überweisungsantrag jetzt hier auch einmal stellen, damit Sie die Möglichkeit haben, gesichtswahrend aus der Nummer herauszukommen.

(Zuruf)

Das ist gut so, dann können wir uns gemeinsam im Ausschuss darüber Gedanken machen, gern auch mit den GRÜNEN.

(Vereinzelter Beifall)

Und dann gucken wir, dass wir Hamburg voranbringen. Das ist, glaube ich, das, was die Menschen von uns erwarten, und nicht nach dem Motto, die SPD wisse schon, wie es am besten für die Menschen sei, und so werde es gemacht. Ich glaube, das ist nicht der richtige Weg. Das haben die Menschen Stück für Stück immer mehr erkannt, und wir werden weiter nachhelfen, damit sie es auch weiterhin erkennen. Ich freue mich auf die weitere Diskussion. Dieses Thema werden wir als CDU in den nächsten Jahren weiterhin spielen, weil wir der festen Überzeugung sind, dass wir Hamburg als lebenswerte Stadt auch für unsere Kinder und Enkelkinder erhalten wollen. – Herzlichen Dank.

(Beifall)

Ich nehme an, Sie beantragen eine Überweisung an den Stadtentwicklungsausschuss?

Ja.

Alles klar. – Dann ist jetzt der nächste Redner Herr Jersch für die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Ein paar Anmerkungen muss ich dann doch noch einmal zu dem, was hier gesagt worden ist, machen. Wenn wir über landwirtschaftliche Flä

chen reden, die per se erst einmal unversiegelt sind, dann müssen wir hier durchaus auch feststellen, dass Hamburg von dem Ziel des Agrar-Aktionsplans, bis 2030 25 Prozent der Agrarflächen in Biolandwirtschaft zu haben, so weit entfernt ist wie kein anderes Bundesland. Wenn die entsprechende Umstellung weitergeht, wird Hamburg dieses Ziel erst nach 2050 erreichen. So viel erst einmal zur Landwirtschaft. Und falscher Wohnungsbau, ungehemmter Wohnungsbau, Großprojekte im Wohnungsbau führen dann auch dazu, dass vielleicht das eine oder andere Ziel für Ihre Naturschutzgebiete, die Sie immer wieder so gern anführen und die auch gut sind – das Ziel ist, dass das jetzt tatsächlich erreicht wird –, unter Druck gerät. Bei der Boberger Niederung mit 15 000 Einwohnerinnen und Einwohnern, die dann direkt in der Nachbarschaft, in Oberbillwerder, einziehen werden, haben wir ein Problem, was den Verdrängungsdruck der Natur angeht. Leider fehlt in Ihren Beiträgen immer noch ein Bekenntnis zur Versiegelungsbremse. Ich habe bisher nichts davon gehört, an dieser Stelle warte ich immer noch auf Ihr Bekenntnis. Wo wollen Sie hin? Wie viel, sind Sie der Meinung, ist der Ökologie in Hamburg zuzumuten? Das wäre eine interessante Aussage, um Ihre Aussagen dann auch einmal auf den Prüfstand zu stellen. – Danke.

(Beifall)

Ich schaue mich noch einmal um. Wenn mir jetzt keine weiteren Meldungen vorliegen, kommen wir zu den Abstimmungen.

Wer möchte also zunächst den Antrag der CDUFraktion aus Drucksache 22/6860 an den Stadtentwicklungsausschuss überweisen? – Das sind die CDU, Frau von Treuenfels-Frowein und Herr Musa und die Fraktion DIE LINKE.

(Zuruf: Und wir auch!)

Entschuldigung, genau. Und die AfD-Fraktion.

Gegenprobe. – Das sind die GRÜNE Fraktion und die SPD-Fraktion. Enthaltungen? – Sehe ich keine. Damit ist das Überweisungsbegehren abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung in der Sache.

Wer sich dem Antrag der CDU-Fraktion aus Drucksache 22/6860 anschließen möchte, den bitte ich nun um das Handzeichen. – Das sind die CDUFraktion, die Abgeordneten Musa und von Treuenfels-Frowein, die AfD-Fraktion, die Linksfraktion. Gegenprobe. – GRÜNE und SPD. Enthaltungen? – Sehe ich nicht. Damit ist auch der Antrag abgelehnt.

Wir kommen zum nächsten Tagesordnungspunkt, Tagesordnungspunkt 85, Antrag der Fraktion DIE

(Dennis Thering)

LINKE, Drucksache 22/6814: Hamburg als Werftenstandort der zivilen Handels-Schifffahrt erhalten!

[Antrag der Fraktion DIE LINKE: Hamburg als Werftenstandort der zivilen Handels-Schifffahrt erhalten! – Drs 22/6814 –]

[Antrag der CDU-Fraktion: Hamburgs maritime Industrie stärken: Schiffbau und maritime Industrie neu denken – Drs 22/7032 –]

Hierzu liegt Ihnen als Drucksache 22/7032 ein Antrag der CDU-Fraktion vor.

Die Fraktion DIE LINKE möchte den Hauptantrag an den Ausschuss für Wirtschaft und Innovation überweisen, und die CDU-Fraktion möchte ihren Antrag, Drucksache 22/7032, ebenfalls an den Ausschuss für Wirtschaft und Innovation überweisen.

Zudem weise ich darauf hin, dass dieser Tagesordnungspunkt von der Fraktion DIE LINKE als Kurzdebatte angemeldet worden ist, sodass jeder Rednerin oder jedem Redner pro Debattenbeitrag jeweils zwei Minuten Redezeit zur Verfügung stehen.

Wird nun das Wort gewünscht? – Herr Hackbusch erhält es für zwei Minuten. Weitere Meldungen nehme ich gleich entgegen, ich muss nur einmal die Uhr umstellen.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Meine Damen und Herren! Wir verlangen mit diesem Antrag – mal wieder, will ich durchaus sagen − eine aktive Wirtschaftspolitik des Hamburger Senats, die wir auch in diesem Bereich vermissen. Worum geht es hier? Es geht um den ehemals stolzen Werftenstandort Hamburg, wo früher – vielleicht können sich einige noch daran erinnern – Zehntausende einen Arbeitsplatz gefunden haben, jetzt nur noch knapp über 1 000, und wir wissen, dass selbst diese 1 000 bedroht sind. Kurz aufgezählt: Sietas wird wahrscheinlich nicht wieder aus der Insolvenz herauskommen, Blohm + Voss hat angedroht, ein Viertel der Belegschaft abzubauen, und Hamburg selbst hat dargestellt, dass auch die HPA-Werft, die gegenwärtig in Harburg ist, abgewickelt werden soll.

Das bedeutet, dass Hamburg eigentlich kein Werftenstandort mehr ist und dementsprechend die aktive Politik, die notwendig ist, und das Know-how, das im Zusammenhang mit Werften notwendig ist, bedroht sind. Man kann sich nicht vorstellen, dass ein Hamburger Hafen ohne Werftenstandort vernünftig existiert, und wir vermissen hier die aktive Politik des Senats, denn er kann etwas machen. Ich will es an den einzelnen Punkten einmal deutlich sagen.

Sietas ist deswegen das Wasser abgegraben worden, weil durch die Entscheidung von Airbus und durch die Elbvertiefung praktisch eine Verschlickung stattgefunden hat. Natürlich ist die Stadt dann in der Lage, dort etwas aktiv zu organisieren. Blohm + Voss befindet sich auf städtischem Grund und Boden und macht intern merkwürdige, dubiose Geschäfte im Zusammenhang mit Untervermietungen. Dort ist die Stadt natürlich in der Lage, etwas aktiv zu organisieren. Und bei der HPA ist das selbstverständlich: eine städtische Situation, ein städtischer Beschäftigungsort. Und dementsprechend liegt alles auf der Hand: Der Senat kann etwas machen. Und wir verlangen, dass er etwas organisiert.

(Beifall)

Herr Schreiber, Sie erhalten das Wort für die SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich schicke vorweg: Jeder Arbeitsplatz, der im Werftenbereich verlorengeht, jede Werft, die in die Insolvenz geht, schmerzt uns unsäglich; da bin ich mit Herrn Hackbusch, glaube ich, vollkommen einer Meinung. Ein bisschen unterschiedlicher Meinung sind wir bei dem, was er zu suggerieren versucht: dass der Senat nichts tut. Das kann man, glaube ich, relativ leicht entkräften. Wenn Sie bei Pella Sietas die eigene Unternehmensführung fragen, dann sagt sie, dieser Senat habe sie sehr tatkräftig unterstützt, das habe nicht am Senat gelegen. Im Augenblick wird mit allen zuständigen Behörden unter Federführung der BWI und dem Insolvenzverwalter ein Konzept erarbeitet, wie man die Verschlickung vermeidet, die Sie angesprochen haben. Denn der einzige Zugang ist über die Este. Das soll mit einem Spülrohr geklärt werden, und das wird auch geklärt werden

Bei Blohm + Voss, also bei NVL, der Naval Vessels Lürssen Group, handelt es sich leider um Umstrukturierungen. Das ist ein Thema, das die Tarifparteien aushandeln müssen, und kein Thema, in das die Stadt Hamburg sich wirklich einmischen kann.

Beim Thema HPA würde ich sagen, da kann man draufgucken. HPA sichert zu, dass die Ausbildungssituation nicht verändert wird, dass natürlich auch die Arbeit weitergemacht werden muss und insofern dann mittelständische Unternehmen beauftragt werden, die auch aus dem Werftenbereich kommen. Insofern wird die Arbeit verschoben, aber ich finde, darüber kann man reden. Wir haben das aber im nächsten Ausschuss für öffentliche Unternehmen auch dank Ihrer Initiative, Herr Hackbusch, auf der Tagesordnung und können da ausführlich mit HPA darüber reden.

Insgesamt sehe ich, dass der Senat an vielen Stellen etwas tut, dass wir eine weltweite Krise haben.

(Erste Vizepräsidentin Mareike Engels)

Bei MV Werften oder Lloyd Werft in Bremerhaven ist die Situation ganz genauso, es ist nicht ein rein hamburgisches Problem.

(Glocke)

Insofern bitte ich Sie, den Antrag und die Überweisung abzulehnen, und zwar beide; die Anträge sind fast identisch. – Danke.

(Beifall)

Frau Dr. Putz, Sie erhalten das Wort für die GRÜNE Fraktion.

Sehr geehrtes Präsidium, sehr geehrte Kolleg:innen! Die Krise in der Schiffbauindustrie ist da, das ist tatsächlich unbestreitbar. Der Sektor steht vor großen Herausforderungen, und es gibt tatsächlich gravierende strukturelle Veränderungen. Die Verlagerung der Produktion ganzer Schiffstypen aus Europa heraus und der Serienbau von Standardschiffen wurden zugunsten von Einzelfertigungen aufgegeben. Aber der Antrag macht es sich zu diesem Themenbereich viel zu einfach, wie so oft. Was Sie hier vom Hamburger Senat während der Bewältigung der größten Krise seit vielleicht 1945 nebenbei und jetzt so spontan fordern, ist, die gesamte europäische Schiffbauindustrie zu retten. Das ist als Hansestadt und hiermit Einzelkämpfer nicht einfach. Staatliche Interventionen, wie Sie sie fordern, können natürlich sinnvoll sein, aber das Beispiel Mecklenburg-Vorpommern und auch der Einsatz für die Werften in Hamburg zeigen, dass das kein Selbstläufer ist. Und der Vorwurf, Hamburg sei hier untätig gewesen, ist schlicht falsch; das hat mein Kollege, Herr Schreiber, schon gesagt, und das wissen Sie auch. Kurzfristige, regionalpolitisch oder wahlkampftechnisch motivierte Rettungsmanöver greifen hier einfach viel zu kurz.

Die globalen strukturellen Probleme hinter der Werftindustrie haben Sie benannt. Wir werden von hier aus aber Asien und sein gigantisches Investitionsprogramm weder aufhalten noch uns auf einen ruinösen Wettkampf einlassen, den wir in dem Format einfach nicht gewinnen können. Weder den amerikanischen Protektionismus noch die chinesischen Aufholjagden können wir aus Hamburg heraus allein aufhalten oder beeinflussen, und das gehört zu der gesamten Thematik eben auch dazu. Wofür wir aber plädieren, ist ein nationales oder noch besser ein europäisches Flottenprogramm, vor allem, um die Klimaziele zu erreichen und die Schifffahrt klimaneutral werden zu lassen.

Also: Zustimmung in weiten Teilen Ihrer Analyse, aber Ablehnung Ihres Ansinnens hektischer Investitionsprogramme mit nur kurzfristigen Effekten. – Danke schön.

(Beifall)

Der nächste Redner ist sogleich Herr Professor Wiese für die CDU-Fraktion.