Protocol of the Session on January 19, 2022

gelegt bekommen, muss man doch sagen, dass das, was da steht, in erster Linie aus Textbausteinen besteht. Die Garantien, was dort in Richtung einer nicht übermäßigen Versiegelung oder sogar Netto-Null passieren soll, werden im Ausschuss, weil sie da nicht besprochen werden können, gar nicht besprochen und auch nicht dargestellt. Das besteht alles aus Textbausteinen. Hier muss sich auch parlamentarisch, in den Gremien der Bürgerschaft, einiges ändern, damit wir als Umweltpolitikerinnen und -politiker auch tatsächlich über solche Sachverhalte qualitativ diskutieren können.

Ich denke, auch der Vertrag für Hamburgs Stadtgrün hat so viele Schlupflöcher, dass er augenscheinlich deutlich nachgeschärft werden muss. Ich sage mal: Wenn Sie die Schlupflöcher nicht bewusst reingesetzt haben, dann würde es überhaupt kein Problem bereiten, diesen Vertrag hier auch einmal sicher für alle zu machen und nicht zum Gegenstand von Interpretationen verkommen zu lassen, wie man es zum Beispiel gerade an der Moorfleeter Wanne sieht.

Und wenn der Kollege Kienscherf jetzt als Ausgangspunkt seiner Worte gesagt hat, dass mit dem Wohnungsbau Schritt gehalten werden müsse, dann bin ich in diesem Hause eigentlich erst dann zufrieden, wenn der Satz damit anfinge, dass dem Klimawandel entgegengetreten werden müsse und dass das mit dem Wohnungsbau zu korrelieren habe. Das wäre der richtige Ansatz in der heutigen Zeit. Ich denke, es gibt kluge und schlaue Konzepte, um das durchzusetzen, um Klima und Wohnen miteinander zu vereinbaren. Ich glaube aber, davon sind Sie noch entfernt, weil Sie auf den alten Schienen arbeiten.

Wir müssen weg von Eigentumswohnungen und Luxusimmobilien, wir dürfen diese nicht wieder über Ökologie stellen. Das kann man den Bürgerinnen und Bürgern nicht wirklich verständlich machen, insbesondere da wir ein Problem mit der gerechten Verteilung von Grün in unserer Stadt haben. Dazu wird überhaupt nichts gesagt. Stattdessen wird auf die Naturschutzgebiete verwiesen.

Zum Schluss vielleicht noch mal: Wie gesagt, der CDU-Antrag ist ein guter Aufschlag, es fehlen ein paar Sachen, die wir da gern noch sehen würden, aber man kann auf jeden Fall darüber diskutieren. Aber wenn hier der NABU mit seiner diplomatischen Stellungnahme erwähnt worden ist, dann möchte ich dazu nur sagen: Der NABU hat im Mai Bilanz gezogen über das, was er da mit dem Senat vereinbart hat. Und ich sage mal, in Form einer Ampel wäre dort bestenfalls eine 4+ rausgekommen. Ich glaube, das sagt genug. Bessern Sie nach für das Klima, für die Bürgerinnen und Bürger in Hamburg. Werden Sie kreativ und trauen Sie auch den Einschätzungen der Bürgerinnen und Bürger. – Danke.

(Beifall)

Die nächste Rednerin ist nun gleich Frau Frieling für die CDU-Fraktion.

Meine Damen und Herren! Die Debatte erinnert mich sehr stark an letzte Woche im Haushaltsausschuss, als wir kurz über den Fintech Accelerator und die Probleme damit sprechen wollten und uns dann eine endlos lange Verteidigungsrede anhören mussten. Auch hier ist es offensichtlich so, dass unser Antrag nicht ganz falsch liegt, denn Sie fühlen sich ja doch angesprochen, wenn nicht sogar angegriffen – und das unseres Erachtens eigentlich auch zu Recht. Auch noch mal zu Herrn Dressel: Wir ziehen diesen Vertrag überhaupt nicht in Zweifel. Wir halten ihn für einen guten Startpunkt, der an der einen oder anderen Stelle noch Verbesserungspotenzial hat, genauso wie wahrscheinlich unser Antrag noch Verbesserungspotenzial hat. Denn anders als Sie glauben wir nicht, dass wir hundertprozentig perfekt sind und dass alles, was wir tun, komplett richtig ist und wir jetzt eigentlich aufhören könnten. Ja, das ist doch der Eindruck, den Sie uns hier immer vermitteln wollen.

(Beifall)

Es ist einfach noch viel zu tun. Das Thema Klimaschutz, das Thema der Versieglung und das Thema Wohnungsbau, sie alle sind drei sehr wichtige Themen und keines kann hinten runterfallen. Wir wissen alle, dass wir nicht genügend Wohnungen haben, vor allen Dingen nicht genügend günstige. Und das ändert sich auch nicht schnell genug, auch das wissen wir. Und wir sehen die Versiegelung – die Karten habe ich Ihnen hier gleich noch einmal mitgebracht – und wissen, dass wir mehr tun müssen. Dann noch einmal zu dem Hinweis zum Stadtentwicklungsausschuss: Ja, wir sitzen da, haben dann die neuen B-Pläne, dann lesen wir uns das alles durch, und dann steht da so gut wie immer in der Beurteilung von klimaschutz- und naturschutzrechtlichen Aspekten, dass es sich in diesem Bereich auf Kaltluft et cetera et cetera negativ auswirken werde. Dann kommen ganz besonders von den GRÜNEN zwei, drei Anstandsfragen, und danach sind wir still, weil wir alle uns dann dem Fazit anschließen, im Interesse des Wohnungsbaus ist das nicht anders zu machen. Und hier kommt jetzt mein Punkt, und den hatten wir mit dem Magistralenkonzept auch schon einmal gebracht und mit vielen kleinteiligen Vorschlägen, über die Sie immer gern lächeln, schon öfter einzubringen versucht: Wir müssen uns einfach mehr anstrengen.

(Beifall)

Wir müssen gucken, was wir haben, was wir da verbessern können, wo wir ergänzen können, wo

(Stephan Jersch)

wir in die Höhe gehen können. Natürlich kriegen wir dann, wie Frau Sparr so schön sagte, nicht so viel auf einmal. Aber im Endeffekt ist es doch so: Sie kriegen Oberbillwerder jetzt doch auch nicht schnell, die Wohnungen sind doch auch nicht übermorgen fertig. Aber es ist ein riesiges Areal, das danach kein Naturgebiet mehr ist. Und das bringt mich zu meinem persönlichen Lieblingsthema, der Qualität des Grüns. Wir machen ganz viel weg, aber das, was danach kommt, ist angeblich viel, viel besser. Trinitatis und Struenseestraße sind super Beispiele. 115 schöne alte Bäume weg, jetzt schon weg. Trinitatis: Der Grünstreifen wird sehr viel schmaler, aber natürlich sehr viel toller. Ja, das definieren wir uns dann so hin, das wissen Sie doch ganz genau. So, wie man die Kriterien festlegt, so kann man es sich dann auch passend machen. Die Natur oder das Klima oder die Naturwissenschaften, die rechnen so nicht, die werden einfach messen, was ist. Und dann wird man sehen, dass es nicht besser geworden ist, sondern dass einfach total viel Grün weg ist. Das gilt in vielen anderen Wohngebieten auch. Und es geht nicht nur darum, die Leute, die schon eine Wohnung haben, zu schützen. Ganz im Gegenteil, es geht darum, da, wo schon versiegelt ist, da, wo schon bebaut ist, maßvoll zu ergänzen. Und ja, das ist sehr viel mehr kleinteilige Arbeit und deshalb mein weiteres Lieblingsthema: Wir müssen die Bezirke stärken.

(Glocke)

Erste Vizepräsidentin Mareike Engels (unterbre- chend): Entschuldigen Sie, Frau Frieling. Bevor Sie zu Ihrem zweiten Lieblingsthema kommen, einmal die Frage, ob Sie eine Zwischenfrage gestatten.

Ja, gern.

Vielen Dank. – Nur weil ich das jetzt schon so oft gehört habe, wollte ich Ihnen noch einmal die Frage stellen. Sie sprechen bei Oberbillwerder von einer Fläche – Naturschutz ist dann rausgefallen – als Naturgebiet. Ist Ihnen klar, dass es aktuell ein konventionell genutzter Acker ist und dass auf der Fläche wahnsinnig viele Bäume gepflanzt werden? Es gibt auch den Hashtag, unter dem gegen Oberbillwerder protestiert wird. Er heißt: #JederBaumZählt. Es gibt dort bisher gar keinen Baum. Es wird aber bei der Bebauung eine Fläche geben mit sehr, sehr vielen Bäumen. Deswegen die Frage an Sie, ob Sie das bisher als Naturschutzgebiet werten oder ob Ihnen klar ist, dass es …

(Beifall)

Wenn ich das Wort Naturschutzgebiet gesagt haben sollte, dann war es sicher falsch, das muss ich dann in

meiner Mitschrift korrigieren. Also, es ist ein natürliches Gebiet, es ist da schon eine grüne Fläche. Jetzt ist es eine grüne Fläche, danach ist es keine grüne Fläche mehr.

(Beifall – Zurufe)

Ja. Und was ist ein Acker für Sie?

(Zuruf)

Versiegelte Fläche? Nein.

(Zurufe)

Und dass dort Bäume gepflanzt werden, wollen wir mal sehr hoffen.

(Zuruf)

Aber bis die dann so weit sind, dauert es doch sehr viele Jahre. Das wissen wir alle. Und Sie wissen auch, dass für sehr viele Gebiete, wo schon abgeholzt worden ist, Beispiel wieder Campus Struenseestraße, bis heute im Bezirk nicht vorgelegt worden ist, wo dort die Ausgleichsbäume hinsollen, bis heute nicht. Und das ist ein weiterer Punkt, in dem man sich vielleicht auch einmal verbessern könnte, indem man vor dem ersten Axthieb gesagt hat, wo etwas, das man zerstört, verändert, dann ersetzt werden soll. Ich würde jetzt an dieser Stelle einfach einmal schließen wollen und sagen: Es ist noch sehr viel Raum für uns alle, Dinge besser zu machen, sogar für die SPD. – Danke.

(Beifall)

Der nächste Redner ist nun gleich Herr Kienscherf für die SPD-Fraktion. Dirk? Herr Kienscherf?

Habe ich gar nicht so mitgekriegt. – Frau Frieling, erst einmal vielen Dank. Herrn Therings differenzierte Haltung gegenüber dem Vertrag für Hamburgs Stadtgrün ist bei uns nicht ganz so rübergekommen, muss ich sagen. Aber wenn Sie das etwas differenzierter sehen, ist das ja gut.

Zwei, drei Anmerkungen würde ich dann aber doch noch einmal machen wollen. Wenn man sich Ihren Antrag einmal anguckt, ist besonders beachtenswert der dritte Punkt, wo es heißt, man sollte einfach mal kreative Lösungen im Wohnungsbau suchen. Nun ist das Thema Wohnungsnot anscheinend auch so ein Thema, bei dem sich noch nicht so viele Leute Gedanken darüber gemacht haben, wie man denn jetzt Wohnungen bauen könnte. Und da nennen Sie Stichworte wie Parkplatzbebauung, Dachgeschossausbauten oder auch Aufstockungen. Da frage ich mich, ob Sie eigentlich einmal im Kontakt mit der Wohnungswirtschaft waren.

(Zuruf)

(Dr. Anke Frieling)

Haben Sie eigentlich mal miterlebt, was in dem letzten Jahrzehnt, aber auch schon davor, in dieser Stadt letztendlich passiert ist? Das hat doch nichts mit Kreativität, sondern eher mit Gedankenlosigkeit zu tun. Konkret wollen Sie einfach nicht werden. Damit hat das etwas zu tun.

(Zuruf)

Und noch einmal zum Thema Oberbillwerder. Ich glaube, auch das ist etwas Wichtiges. Und dazu würde ich auch Sie, lieber Herr Jersch, einladen. Naturqualität stärken: Worum geht es da eigentlich? Biodiversität: Haben Sie sich eigentlich einmal damit befasst, Frau Frieling, wie viel Biodiversität bei konventionell betriebener Landwirtschaft da ist?

(Zuruf)

Bei mir in Hamm ist die Biodiversität 50-mal höher als in Barsbüttel auf Ihrem Acker. Wie kommt das eigentlich? Das liegt einfach daran, dass konventionelle Landwirtschaft dazu führt – das sehen wir in weiten Teilen Deutschlands –, dass da auch wirklich nichts anderes mehr stattfindet, außer dass da ein paar Rüben oder irgendwelche anderen Pflanzen angebaut werden, die dann nachher als Energieersatz genutzt werden. Aber dieser Differenziertheit müssen wir dann auch einmal zugänglich sein und wirklich mal schauen, wie wir es denn schaffen, hier in Hamburg eine Landwirtschaft zu stärken, bei der es um Bioanbau, um nachhaltigen Anbau geht. Und dann geht es auch darum, wie man denn Räume entwickeln kann. Wenn Sie einmal mit dem NABU und auch dem BUND sprechen, den ich in vielen Teilen sehr kritisch sehe, und wir uns einmal einzelne Räume in unserer Stadt angucken, dann wissen wir, wie viel Potenzial an Biodiversität eigentlich da ist. Was hier angesprochen worden ist, ist ja richtig. Die Landflucht vieler Tierarten in die Stadt ist ein Phänomen, eine Entwicklung, weil in vielen Städten der Naturraum lebenswerter, tierfreundlicher geworden ist und weil auf der anderen Seite viele andere Flächen eben nicht der Natur dienen und nicht für die Biodiversität stehen. Deswegen wird das, was wir auch in Oberbillwerder machen, wo wir in der Tat sehr, sehr viele Bäume pflanzen werden, wo wir Knicks erhalten beziehungsweise neu schaffen werden, dazu führen, dass wir dort ein Gebiet haben, das Platz für Wohnen schafft, aber eben sehr, sehr viel Platz für Natur und für Tierarten, die dort bisher keine Heimat haben. Ich glaube, das muss doch Ziel einer sozialen Stadtentwicklung sein.

(Beifall)

Deswegen ist das alles ein schwieriger Weg. Aber wie gesagt, Herr Thering, einfach zu sagen, dass es uns nicht um innerstädtische Quartiere gehe... Die größte Qualität, jedenfalls die größte Nachfrage ist in den am meist verdichteten Stadtquartieren

unserer Stadt. Gleichwohl wissen wir, dass wir auch da etwas in puncto Freiraum tun müssen. Das benennt aber dieser Vertrag auch ganz deutlich, und dem stellen wir uns auch. Auch wenn Sie uns immer wieder unterstellen wollen, dass wir immer sagen, es laufe alles prächtig und alles sei gut, sagt das kein Mensch. Es läuft weitaus besser als bei Ihnen, das wissen allerdings einige. Und ich möchte noch einmal an die Diskussion über den Vertrag für Hamburg, das war in der Tat im Mai 2019, erinnern, als Sie, Herr Gamm, gesagt haben, die Bürgerinnen und Bürger trauten uns keine Lösungskompetenz mehr zu, sondern eher der CDU. Wir hatten acht Monate später eine Wahl. Ich fand, das Wahlergebnis hat das nicht ganz so ausgedrückt.

(Beifall)

Ja, da kann man ruhig applaudieren.

(Beifall)

Und von daher wünsche ich mir da doch etwas mehr Bescheidenheit. Wir laden Sie zur Diskussion ein, Floskeln bringen Hamburg nicht weiter. Wir brauchen eben alles drei: mehr bezahlbaren Wohnraum, mehr Naturqualität und mehr Grünqualität. Und wir wollen das hinkriegen. – Vielen Dank.

(Beifall)

Der nächste Redner ist dann Herr Thering für die CDUFraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kienscherf, das wollte ich jetzt ungern so stehen lassen. Wenn man Sie hier so reden hört, dann bekommt man fast schon wieder das Gefühl, die SPD könne alles und das, was schlecht läuft, hätten die anderen gemacht. Aber es wird nicht besser, je häufiger Sie darüber reden. Sie sind eben nicht bereit, mit uns in eine Diskussion zu gehen und auch mit den Naturverbänden und der Wohnungswirtschaft zu gucken, wie wir bezahlbaren Wohnraum schaffen können, gleichzeitig aber die lebenswerte Stadt Hamburg auch weiterhin erhalten können. Mit dieser sozialdemokratischen Arroganz von oben herab kommen Sie hier nicht weiter. Ich bin sicher, dass Ihnen das über kurz oder lang im Halse stecken bleibt. Man merkt, dass Sie in Hamburg, gerade was Corona und darüber hinaus angeht, immer unsouveräner werden. Es ist zumindest meine Wahrnehmung – und ich bin viel in der Stadt unterwegs –, dass viele Menschen, die in der Vergangenheit noch SPD gewählt haben, gesagt haben: nie wieder. Das liegt zum großen Teil auch daran, weil Sie die Grünflächen bei uns in Hamburg immer weiter vernichten.

(Zuruf)