Viele Hamburger:innen erleben alltägliche und strukturelle Diskriminierung, sie erleben Rassismus und Sexismus. Dieser Tatsache müssen wir in Hamburg auf allen Ebenen weiterhin entgegenwirken. Deswegen stärken wir mit diesem Haushalt die Arbeit der Antidiskriminierungsberatungsstellen, und außerdem starten wir die Weiterentwicklung der Antidiskriminierungsstrategie und wollen Schutzlücken im Recht auch landesrechtlich schließen.
Auch die Belange von Senior:innen haben in der Gleichstellungsbehörde ihren festen Platz gefunden und werden mit viel Engagement vorangetrieben. Hamburg ist auf dem Weg zur Age-friendly City, und wir machen uns besonders für die digitale Teilhabe der Älteren stark. Die CDU fordert die Senior:innentreffs mit hauptamtlichen Kräften und pauschal zehn Stunden pro Treff zur Unterstützung. Dies geht im Grundsatz in die richtige Richtung. Wir brauchen hier eine Professionalisierung. Wir sollten allerdings vom Quartier ausgehen, gemeinsam mit den Menschen vor Ort planen und die Arbeit der Treffs zielgerichteter fördern. Auch das werden wir in dieser Legislatur angehen.
Dies bringen wir im Haushalt mit den Mitteln für die Förderung des jüdischen Lebens ebenso zum Ausdruck wie mit der Verankerung des neuen Amtes des Beauftragten für jüdisches Leben und die Bekämpfung und Prävention von Antisemitismus. Gerade die Ereignisse der letzten Tage und der zum Teil offen auf den Straßen zur Schau gestellte Hass gegen jüdisches Leben machen deutlich, wie wichtig auch unser Vorhaben ist, eine Landesstrategie zur Prävention von Antisemitismus zu entwickeln.
In dieser Legislaturperiode ist auch die Zuständigkeit für das Inklusionsbüro und die Senatskoordination für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderung in die Gleichstellungsbehörde gewechselt. Denn Inklusion ist nicht gleich Behindertenpolitik. Die Belange von Menschen mit Behinderung erschöpfen sich nicht in klassischer sozialpolitischer Fürsorge. Sie haben das gleiche Recht auf Diskriminierungsfreiheit und auf gleichberechtigte Teilhabe an unserer Gesellschaft. Daher ist der Zuständigkeitswechsel folgerichtig und stärkt behördenübergreifend unsere Politik für eine inklusive Gesellschaft in Hamburg.
Alles zusammengenommen haben wir mit diesem Haushalt unter schwierigen Bedingungen die Gleichstellungspolitik weiter gestärkt, und dafür geht mein Dank auch an die Senatorin, die so stark und entschieden dafür einsteht. Denn feministische Politik und der Einsatz für den gesellschaftlichen Zusammenhalt sind nach wie vor aktuell, mit Blick auf die Folgen der Pandemie womöglich aktueller denn je. – Herzlichen Dank.
Verehrtes Präsidium, verehrtes Geburtstagskind, meine Damen und Herren! Im Einzelplan 3.2 hat sich der Senat wortgewaltig zur Gleichstellung der Geschlechter verpflichtet. Hierzu, erklärt er, seien Gleichstellung und Geschlechtergerechtigkeit eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung und ein wichtiger Teil der Aufgabenerfüllung aller Fachbehörden und der Bezirke. Noch immer erleben Menschen wegen ihres Geschlechts, ihrer sexuellen Orientierung, ihres Alters oder ihrer Herkunft Ausgrenzung und Intoleranz bis hin zu feindlichen Übergriffen. Mühsam erkämpfte Gleichheitsrechte müssen mehr denn je gegen freiheitsfeindliche Tendenzen verteidigt werden. Sich für die Benachteiligten in der Gesellschaft einzusetzen ist auf den ersten Blick ein durchaus ehrenwertes Ansinnen, das im vorliegenden Fall scheinbar auf die Herstellung von Chancengleichheit abzielt. Chancengleichheit wiederum liegt sämtlichen Varianten des liberalen Gerechtigkeitsbegriffs zugrunde, den wir uneingeschränkt teilen.
Insofern wünschen wir uns einen selbstbewussten Staat, der sicherstellt, dass alle Menschen in unserer Stadt in rechtlicher Hinsicht möglichst gleiche Startvoraussetzungen vorfinden, und zwar ungeachtet ihrer sozialen oder ethnischen Herkunft. Leider müssen wir feststellen, dass SPD und GRÜNE diese Idee weitgehend entstellen und auf eine perfide ideologische Spitze getrieben haben. Denn nicht gleiche Startvoraussetzungen oder eine rechtliche Gleichbehandlung streben Sie an, sondern einen Zustand, in dem alle Menschen das Gleiche bekommen. Das gilt für die Verteilung von Gütern und Ressourcen ebenso wie für den Zugang zu gesellschaftlichen Institutionen. Alle Menschen, das sind für Sie natürlich zwangsläufig auch Personen, denen Sie nicht als Individuen gegenübertreten, sondern die Sie anhand ihrer sexuellen Orientierung oder ihrer sexuellen Selbstdefinition kategorisieren. Die politische Agenda, welche die nun auch nach genderspezifischen Merkmalen angestrebte Atomisierung unserer Gesell
schaft operationalisiert, kommt heutzutage im Gewand der Parität daher. Dabei handelt es sich um ein Prinzip, den das Verfassungsschutzgericht des Landes Brandenburg zu Recht als verfassungskonform zurückgewiesen hat. Während wir als Verfechter des liberalen Gerechtigkeitsbegriffs lediglich die rechtliche Gleichstellung der Bürger anstreben, verfolgen Sie das Ziel, Quoten und Diversität durchzusetzen. Das ist aber nichts anderes als die ungleiche Behandlung unterschiedlicher Gruppen. Ich finde, Sie haben da ein faszinierendes Verständnis von Gerechtigkeit.
Besonders deutlich wird die Entrücktheit dieser Ideologie im Haushaltsplan-Entwurf, den die LINKE zum Einzelplan 3.2 vorgelegt hat. Darin fordern sie, die Arbeitsgruppen gleichstellungswirksamer Haushaltssteuerung gemäß der Empfehlung der Machbarkeitsstudie Gender Budgeting aufzustellen. Hinter diesem Begriff verbirgt sich etwas ganz Besonderes. Gender Budgeting ist die Anwendung von Gender Mainstreaming im Haushaltsprozess. Es beinhaltet eine gleichbasierte Bestandsaufnahme der Haushalte, die eine Genderperspektive auf allen Ebenen des Haushaltsprozesses einschließt und die Einnahmen und Ausgaben umverteilt, um die Geschlechtsgerechtigkeitsverteilung zu fördern.
Nachdem die sogenannten Genderwissenschaften bereits ihren beispiellosen Siegeszug durch deutsche Hochschulen angetreten haben, haben diese offenbar nun auch den Haushaltsplan erreicht. Sogenannte geschlechtsblinde Haushalte, die sich durch bestehende Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern auszeichnen, sollen zunächst in geschlechtsneutrale Haushalte umgewandelt werden. In ihnen wäre die Gleichbehandlung von Frauen und Männern gegeben, das heißt, die Effekte der Mittelverteilung treffen Frauen und Männer zu gleichen Teilen. Da dieses Modell aber ebenfalls keine sogenannte positive Diskriminierung zulässt, ist es Ihnen nicht genug. Was Sie wollen, sind geschlechtsbewusste Haushalte. Geschlechtsbewusst ist Haushalt, wenn Maßnahmen und Mittel bewusst eingesetzt werden, um bestehende Ungleichheiten zu beseitigen. Um dies mithilfe des Gender Budgeting zu erreichen, werden sogenannte geschlechtsdifferenzierende Daten erhoben, die den Haushalt in Bezug auf seine Auswirkungen auf Frauen und Männer überprüfen. Damit spielen nicht nur ökonomischer Sachverstand, sondern erstmals auch genderspezifische Fragen eine entscheidende Rolle.
In der Praxis sieht das dann so aus: Welche Auswirkungen haben ressourcenwirksame Entscheidungen auf die vielfältige Situation von Frauen und Männern? Wer profitiert von welchen Ausgaben direkt oder indirekt? Welche ressourcenwirksamen Entscheidungen verfestigen oder verändern die bestehenden Geschlechterrollen? Auf Grundlage einer solchen Gender-Budgeting-Analyse können
dann entsprechende haushaltspolitische Maßnahmen ergriffen und anhand spezieller Kennzahlen ausgewiesen werden. Bei der Interpretation der Daten ist eine fundierte gendertheoretische Betrachtung notwendig, denn nicht immer lassen sich zweifelsfrei Bewertungskriterien aus der Analyse der erhobenen Daten herauslesen.
Fassen wir noch einmal zusammen: Linke Haushaltspolitik hat nicht mehr nur das Ziel, einen unter ökonomischen Gesichtspunkten soliden Haushalt auf die Beine zu stellen, sondern soll als Instrument eingesetzt werden, um eine ideologisch motivierte Umerziehung der Gesellschaft voranzutreiben. Ich muss schon sagen, das ist ein starkes Stück. Wenn es nach der LINKEN geht, soll am besten gleich der gesamte Haushalt dem Gender Budgeting unterworfen werden. Das beträfe zahlreiche Einzelpläne. Mit großer Sorge stellt DIE LINKE fest:
"Während die Anhebung des Frauenanteils in verschiedenen Bereichen oft nur um einen Prozentpunkt oder noch darunter veranschlagt wird, scheint es in wenigen Fällen, in denen Frauen überproportional vertreten sind, unproblematisch, ihren Anteil rapide herabzusetzen. Extremstes Beispiel hierfür ist die Kennzahl G_235_03_023, Anteil weiblicher Nachwuchskräfte am Amtsgericht, der von aktuell 71 Prozent im fortgeschriebenen Plan direkt auf 50 Prozent herabgesetzt wird. In diese Richtung ist Parität skurrilerweise schnell hergestellt, während es anders herum oft unvorstellbar scheint."
Liebe LINKE, lassen Sie mich Ihnen helfen. Die von Ihnen beschriebene Entwicklung ist keine skurrile Entscheidung. Sie ist das Ergebnis dessen, dass es viele gut ausgebildete Juristen gibt, die in der Vergangenheit wegen ihres männlichen Geschlechts Probleme hatten, eine Stelle in der Justiz anzutreten. Das wiederum ist auch kein Zufall, denn wie Sie wissen, war bei gleicher Qualifikation stets die Frau zu bevorzugen. Damit muss endlich Schluss sein.
Wir brauchen keine zusätzlichen Genderzahlen, sondern einen soliden Haushalt, der Hamburg sicher für die Zukunft aufstellt und gewährleistet, dass es seine Rolle als internationaler Wirtschaftsstandort behalten wird. Hören Sie endlich auf, Ihre ideologische Umerziehung der Bürger voranzutreiben, sondern denken Sie daran: Politik sollte nur der Spielraum sein, den die Wirtschaft ihr lässt, und kein Versuchslabor sozialistischer Utopien. – Vielen Dank.
Nein, Sie können reden, so lange Sie wollen. Das war nur die sachliche Feststellung, dass Sie zu diesem wichtigen Thema am längsten gesprochen haben.
Herr Präsident, liebe Abgeordnete! Ich habe leider für dieses wichtige Thema nicht so viel Zeit und will sie meinen Kolleginnen und Kollegen für die weiteren Haushaltsberatungen jetzt auch nicht klauen. Frau Petersen, ja, das war eine lange Rede, aber ich will einmal sehr klar sagen: Wenn hier jemand Hardcore-Ideologie betreibt, dann sind Sie das und niemand anderes in diesem Haus.
Ich bin immer wieder erstaunt. Deshalb versuche ich es einmal auf den Punkt zurückzubringen, um den es, denke ich, geht. Es geht doch bei diesem Feld einzig und allein darum, wie es uns gelingt, in dieser Stadt unserem Gerechtigkeitsverständnis folgend jeder und jedem gleiche Chancen, Teilhabe und Zugänge
und vor allem ein freies, selbstbestimmtes und gleichberechtigtes Leben zu ermöglichen, Herr Nockemann. Darum geht es bei dem Themenfeld der Gleichstellung und des gesellschaftlichen Zusammenhalts.
Ich kann verstehen, Herr Grutzeck – mir geht es auch manchmal so –, dass man das Gefühl hat, dass man so viele Programme, Strategien, Initiativen vorliegen hat, die dann sehr technisch daherkommen. Es gilt doch jetzt in den kommenden Jahren, beim gleichstellungspolitischen Rahmenprogramm, beim Aktionsplan für die Akzeptanz geschlechtlicher sexueller Vielfalt, bei der Weiterentwicklung der Antidiskriminierungsstrategie, auch bei der Strategie für die Teilhabe von Seniorinnen und Senioren, im Bereich der Inklusion, jetzt aber vor allem auch im Bereich des Antisemitismus – die Abgeordnete Engels hat es gesagt – klare Punkte zu machen, die genau diesen Werten folgen, nämlich der Umsetzung unserer Grundrechte für jede und jeden Hamburger:in in dieser Stadt im Sinne eines starken Zusammenhaltes für ein gutes Zusammenleben, egal, woher man kommt, welches Geschlecht, welche sexuelle Identität man hat, welchen Alters man ist, ob man eine Behinderung hat oder welcher Religion man angehört. Darum wird es in den nächsten zwei Jahren gehen,
und ich denke, dass wir das mit der übergroßen Unterstützung dieses Hauses gemeinsam voranbringen. – Vielen Dank.
Meine Damen und Herren, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor, und das bleibt auch so. Dann können wir weiter fortfahren.
Ich stelle fest, dass die Bürgerschaft die unter A aufgeführten Drucksachen zur Kenntnis genommen hat.
Wer von Ihnen stimmt den Überweisungsbegehren unter B zu? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dann ist das einstimmig so geschehen.
[Bericht des Haushaltsausschusses über die Drucksachen 22/3514 und 22/3920: Ergänzung des Haushaltsplan-Entwurfs 2021/2022 nach § 34 Landeshaushaltsordnung (LHO) , Einzelplan 3.2 Behörde für Wissenschaft, Forschung, Gleichstellung und Bezirke (BWFGB) Umsetzung der Konzeption eines Forschungsmuseums Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels (LIB) − Finanzierung (Se- natsantrag) und Staatsvertrag und Entwurf eines Gesetzes zum Staatsvertrag über die Voraussetzungen zur Ausstattung und Finanzierung der öffentlichrechtlichen Stiftung "Zoologisches Forschungsmuseum Alexander Koenig − LeibnizInstitut für Biodiversität der Tiere" beziehungsweise "Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels" (LIB) mit den Standorten Bonn und Hamburg (Senatsantrag) – Drs 22/4293 –]