Protocol of the Session on March 27, 2019

Sehen Sie, da tun wir uns gegenseitig einen Gefallen.

Meine Damen und Herren, Frau Präsidentin! 500 000 Tonnen Stickoxide werden in Deutschland jährlich durch den Verkehr ausgestoßen, das ist fast doppelt so viel wie vom gesamten Energiesektor. In einer Großstadt wie Hamburg ist es natürlich eine besonders hohe Belastung, und das führt zu Gesundheitsschäden. Die Weltgesundheitsorganisation hat den Grenzwert von 40 Mikrogramm im Jahresmittel doch nicht aus Jux und Dollerei verkündet, sondern anhand von verschiedenen Studien ermittelt. Dem ist auch das Bundesverwaltungsgericht gefolgt und hat ausdrücklich festgestellt, dass, wenn nichts anderes geht, auch Fahrverbote erlassen werden dürfen. Herr Gamm, Sie haben ein merkwürdiges Verständnis vom Rechtsstaat, wenn Sie das immer so wegwischen.

(Stephan Gamm CDU: Tu ich doch gar nicht!)

Nun kommt die Bundesregierung mit ihrem Gesetzesplacebo, denn mehr ist diese Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes nicht.

(Stephan Gamm CDU: Sie sagen nicht mehr!)

Das Gesetz ist ohne den Kontext der unsäglichen Diskussion, die von den 107 rechenschwachen Lungenärzten losgetreten wurde, kaum zu verstehen. Als dann klar wurde, welch ein Unsinn da verzapft worden war, wäre es klug gewesen, das Gesetz sehr tief in eine Schublade zu stecken,

(Vizepräsidentin Antje Möller übernimmt den Vorsitz.)

zumal auch die EU, anders als es der Antrag der FDP jetzt suggeriert, gegenüber der Bundesregierung ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass die 40 Mikrogramm eben nicht überschritten werden dürfen. Nun ja, die Beratungsresistenz im Verkehrsministerium ist einfach atemberaubend, und die Umweltministerin hat leider keine Durchsetzungsmacht; das kennen wir schon aus der letzten Legislatur.

Die Änderungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes enthalten tatsächlich keine veränderten Grenzwerte, darauf hat Frau Schaal schon hingewiesen, und das haben offenbar einige kluge Menschen in den Ministerien noch verhindern können. Es heißt lediglich, dass Fahrverbote im Bereich zwischen 40 und 50 Mikrogramm nur dann ver

(Stephan Gamm)

hängt werden dürfen, wenn es kein milderes Mittel gibt.

(Michael Kruse FDP: Ganz genau!)

Das bedarf einer sorgfältigen Abwägung. Aber genau die hat die Umweltbehörde schon im Rahmen des Luftreinhalteplans geleistet. Es wurden bereits alle Alternativen abgewogen. Das können Sie alles nachlesen.

(Michael Kruse FDP: Das ist nicht richtig!)

Deshalb ist es auch schlicht Unsinn, jetzt wie Rumpelstilzchen daherzukommen und eine Überarbeitung des Luftreinhalteplans zu fordern. Keiner der maßgeblichen Parameter hat sich verändert. Unser Auftrag ist nun einmal nicht, nachträglich die Tricks aus den Reihen der Fahrzeugindustrie zu legitimieren, unser Auftrag ist es, die Gesundheit der Menschen an den betroffenen Straßen zu schützen, und zwar auch derer, die vielleicht schon vorerkrankt sind, oder von Kindern und anderen Schwachen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Die Durchfahrtsverbote werden wir genau dann aufheben, wenn klar ist, dass wir die 40 Mikrogramm auch ohne erreichen, und keinen Tag vorher.

Sie fordern nun den Senat mit großer Geste auf, immissionsfreie Busse und innovative neue Ansätze zu verfolgen. Haben Sie denn die Diskussionen in den letzten Monaten im Verkehrsausschuss und im Umweltausschuss völlig verschlafen? Wir sind mit Hochdruck dabei, emissionsfreie Busse anzuschaffen.

(Jörg Hamann CDU: Das erzählen Sie doch seit Jahren!)

Nur: Das Angebot ist nicht so doll; haben wir alles schon behandelt.

(Jörg Hamann CDU: Ach! Dann klappt's doch nicht?)

Wir haben mittlerweile MOIA als elektrisch betriebene Ergänzung zum ÖPNV am Start.

(Zuruf von der CDU: Wow, großartig!)

Also, wenn Sie jetzt Skepsis gegenüber VW äußern, kann ich Ihnen durchaus folgen, aber wir warten das mal ab.

(Beifall bei den GRÜNEN – Zuruf: Und auf einmal verlassen Sie sich wieder auf die freie Wirtschaft!)

Was wir aber vor allem brauchen, sind Dieselfahrzeuge, die auch in ihren tatsächlichen Abgaswerten den Katalogwerten entsprechen. Das tun übrigens die neuen Dieselbusse, die wir jetzt anschaffen.

(Glocke)

Deshalb ist es auch vertretbar, das noch zu machen bis zum nächsten …

(Glocke)

(unterbrechend) : Frau Sparr, lassen Sie eine Zwischenfrage von Herrn Gamm zu?

Ach, Herr Gamm, ja bitte.

Vielen Dank. – Sie haben gerade vorgetragen, es gebe keine Elektrobusse auf dem Markt. Ist Ihnen bekannt, wie viele Elektrobusse in der chinesischen Region Shenzhen zurzeit im Einsatz sind?

Mir ist auch bekannt, dass die Hochbahn sich diese Busse angesehen und gesagt hat, dass sie den Qualitätsansprüchen, die wir auf Hamburger Straßen haben, nicht genügen. Und das finde ich dann auch vernünftig, es so zu beurteilen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Und dann die Messstationen. Es ist schon merkwürdig: Mal fordert die FDP, mal die CDU, mal DIE LINKE, entweder die Standorte zu überprüfen oder, wie auch jetzt hier wieder, neue Stationen aufzustellen. Ich gehe davon aus, dass die Erwartungen daran jeweils völlig konträr sind. Für die Aufstellung der Messstationen, meine Damen und Herren, ist einzig und allein die 39. Bundes-Imissionsschutzverordnung maßgeblich, unabhängig davon, was auf europäischer Ebene jetzt an Grenzwerten beschlossen wird, und an dieser Verordnung hat sich die Umweltbehörde seit eh und je orientiert. Damit werden die Werte europaweit vergleichbar. Die Interpretation von Herrn Duwe, es ginge um eingeatmete Luft – von wem denn und wann und welche Person? –, ist einfach atemberaubend, im wahrsten Sinne des Wortes.

(Michael Kruse FDP: Nein, das ist die Reali- tät! Genau darüber reden wir!)

Um ganz sicher zu gehen, hat jetzt der TÜV Rheinland den Auftrag bekommen, das noch einmal zu überprüfen. Dem Ergebnis sehen wir eigentlich recht gelassen entgegen. Wir werden nach einem Jahr Bilanz ziehen und gucken, was passiert ist, und dann unsere Schlüsse daraus ziehen und schauen, was wir noch verändern müssen gegebenenfalls.

(Glocke)

Meine Damen und Herren! Die Anträge von FDP und CDU …

(Glocke)

(unterbrechend) : Frau Sparr, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Ich war beim letzten Satz und …

Ein letzter Satz.

(Karl-Heinz Warnholz CDU: Durfte ich auch nicht letztes Mal!)

Die Anträge von FDP und CDU versuchen, aus Stroh Katzengold zu spinnen. Das funktioniert nicht und das machen wir nicht mit.

(Glocke – Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Für die Fraktion DIE LINKE bekommt nun Herr Hackbusch das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Meine Damen und Herren! Wir hatten zu diesem Thema schon im November letzten Jahres eine sehr interessante und aufregende Debatte. Und da Herr Gamm so gern von Selbstkritik redet – die nicht weit verbreitet ist in den Regierungsfraktionen, das finde ich durchaus auch –, würde mich einmal interessieren, wie eigentlich Ihre Bilanz dieser Debatte gewesen ist. Das Gleiche gilt für Herrn Ehlebracht. Denn Sie sind hier aufgetreten mit der Behauptung, wie obskur und skurril dieser Grenzwert sei und dass er überhaupt nicht in irgendeiner Art und Weise zu rechtfertigen wäre. Wir haben danach eine lange wissenschaftliche Debatte dazu verfolgen können, was hoffentlich jeder getan hat, weil es sehr wichtig ist, populistische Thesen auch einmal wegzudrängen in dieser Gesellschaft. Und da ist Ihnen doch dargestellt worden, dass dieser Grenzwert sehr bedeutend ist und wissenschaftlich abgedeckt wurde und Sie lediglich hereingefallen sind auf einige merkwürdige Lungenprofessoren, die sich als Scharlatane herausgestellt haben. Ich möchte gern, dass Sie das hier noch einmal thematisieren.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Das ist deswegen so wichtig, weil wir diese ökologischen Debatten in den nächsten Jahren im Zusammenhang mit Klimaschutz und der CO2-Thematik immer wieder bekommen werden. Wir wissen, dass die Klimaleugner auch jetzt schon in dieser Gesellschaft vorhanden sind, und ich befürchte, dass solche Debatten dann auf genau diese Art und Weise weitergeführt werden. Das ist die Gefahr.

Es ist deutlich festgelegt worden von den wissenschaftlich wichtigen Organisationen, dass der Grenzwert nicht darum bei 40 liegt, weil alles darunter gesund ist; selbst in dem Augenblick, wo die Luftbelastung bei 30 oder 20 Mikrogramm liegt, ist es schon lungenschädigend.