Protocol of the Session on February 13, 2019

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Demokratiebildung ist nicht ein Thema an und für sich, sondern Demokratiebildung findet in der Schule immanent in fast allen Fächern und allen Themenbereichen statt.

(Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP: Was? Meine Kinder waren doch in der Schule, das stimmt doch gar nicht!)

Wenn ich beispielsweise über das Thema Familie oder Ehe für alle spreche, dann kommen automatisch Werte, die wir in unserem Grundgesetz haben, mit auf, und sie werden immanent mit diskutiert und auch bewertet. Dasselbe passiert, wenn ich über Globalisierung unterrichte beispielsweise. Wir haben das Glück, sage ich einmal, dass wir in vielen unserer Schulen eben auch Menschen mit Migrationshintergrund haben, wo man das sozusagen miteinander leben kann. Das gilt genauso für Menschen mit Handicap,

(Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP: Das ist nicht das Thema hier, Herr Du- ge!)

die wir zunehmend in unsere Schulen mit eingliedern. All das, die sozialen Werte, sind Teil unseres Grundgesetzes und fließen in den Unterricht immanent mit ein.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Aber ich freue mich natürlich, dass die FDP nun auch die Kompetenzen hier aufgegriffen hat, und nichts anderes fordert sie, denn Werte und Prinzipien des Grundgesetzes lernt man nicht auswendig, man muss sie durchdringen, man muss sie verstehen, man muss sie anwenden können. Die reine Kenntnis nützt in diesem Falle nichts, und man muss die Werte leben und in konkreten Situationen auch anwenden können.

Ihr Anliegen ist doch durchaus richtig. Wer sich gegen die Vermittlung von Grundrechten ausspricht, der ist hier an der falschen Stelle. Richtig ist auch, dass die Werte des Grundgesetzes nicht richtig oft und früh vermittelt werden.

(Zuruf von Anna-Elisabeth von Treuenfels- Frowein FDP)

Und manchmal hat es leider den Anschein – das ist hier auch angeklungen –, als wüssten einige

Menschen nicht, auf welchem Fundament unsere Gesellschaft steht.

Leider enthält aber der Antrag der FDP keine neuen Ideen, weder zur Vermittlung noch zur Verankerung. Alles, was Sie vorschlagen, ist ein Mehr an Bestehendem, aber nichts Neues eigentlich.

(Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP: Als ob, Herr Duge!)

Schon im Petitum 1, das Sie in Ihrem Antrag haben, weiß die FDP offenbar nicht, dass die Werte des Grundgesetzes, gerade weil sie eben universell sind, natürlich längst schulformübergreifend in nahezu allen Fächern präsent sind. Sie brauchen doch nur ins Hamburger Schulgesetz zu schauen, in den Paragrafen 2, Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule, nicht einer bestimmten Schulform. Da heißt es:

"Unterricht und Erziehung richten sich an den Werten des Grundgesetzes und der Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg aus."

(Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP: Dann können wir ja zufrieden sein, dann ist ja alles gut!)

"Es ist Aufgabe der Schule, die Schülerinnen und Schüler zu befähigen und ihre Bereitschaft zu stärken …"

Das wird im Weiteren dann entsprechend ausgeführt. Ich will Ihnen nicht zumuten, dass ich das alles vorlese.

Das ist die Grundlage für die Hamburger Schulen. Was genau möchten Sie jetzt eigentlich ausweiten? Das ist mir nicht ganz klar.

(Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP: Haben Sie nicht zugehört, Herr Duge?)

Auch die folgenden Petita fordern nichts, was es nicht schon gäbe. Sowohl juristische Grundlagen als auch Kooperationen mit außerschulischen Lernorten, Museen, mit der Justiz, mit Trägern der politischen Bildung sind Alltag in Hamburger Schulen.

(Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP: Sie haben leider nicht zugehört, Herr Duge!)

Es gibt Wettbewerbe, Frau von Treuenfels, Jugend debattiert – wissen Sie doch –, Jugend im Parlament. Mit dem Modell United Nations oder Europaschulen haben wir Verbindung mit anderen Ländern, Erasmus-Modell und was es da alles gibt.

(Zuruf von Anna-Elisabeth von Treuenfels- Frowein FDP)

Demokratische Strukturen sind nicht nur im Unterricht, sondern auch im gesamten Schulleben strukturell verankert. Hier wären die Schulkonferenzen,

(Birgit Stöver)

Schülerinnenkonferenzen auch anzuführen. Es gibt Schulsprecherinnen und -sprecher, Stufensprecherinnen und -sprecher und so weiter.

(Zuruf von Anna-Elisabeth von Treuenfels- Frowein FDP)

Das allein macht natürlich noch keine lebendige Demokratie aus. Sicherlich gäbe es noch zahlreiche Möglichkeiten mehr, die Demokratie an Schulen weiterzuentwickeln. Dort, wo auch Schülerinnen und Schüler weiterreichende Mitbestimmungsmöglichkeiten haben, fühlen sie sich wohler und lernen auch besser, wie wir wissen. Partizipation der Schüler wird mittlerweile auch als Kriterium in der Ganztagsschule ernst genommen und begutachtet. Eine stärkere Feedback-Kultur, sehr wichtig, vonseiten der Schülerschaft ist gewünscht und wird an vielen Schulen bereits praktiziert.

Aber lassen Sie uns doch über diese Thematik dann im Ausschuss diskutieren, vielleicht kommen uns einige neue Ideen, die wir weiter noch verstärken können.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP: Immerhin!)

Für die Fraktion DIE LINKE bekommt nun Frau Boeddinghaus das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Grunde bin ich total bei Herrn Duge und verstehe eigentlich überhaupt nicht, dass der Antrag überwiesen wird von Rot-Grün, denn ich finde auch, dass in dem Antrag nichts Neues steht, dass er im Grunde ein Schaufensterantrag ist. Und ich finde es schon ziemlich bitter, dass die einzige Analysequelle eine Bertelsmann-Studie ist, von einem Konzern, der RTL II betreibt und wirklich eher nicht zur Demokratiebildung, sondern zur Volksverdummung beiträgt.

(Beifall bei der LINKEN und bei Dr. Ludwig Flocken fraktionslos)

Und daraus jetzt den Schluss zu ziehen und Ihren Antrag zu begründen, dass die Schulen Dienst nach Vorschrift machen, ist wirklich heftig. Also da fehlt mir dann wirklich Ihre Analyse, wie die Hamburger Schulen mit Demokratiebildung umgehen.

(Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP: Sie verstehen sie nicht! Wir wollen das etwas lockerer machen!)

Nein, das hat nichts mit Lockerlassen zu tun, sondern es hat etwas damit zu tun, dass sich Lehrerinnen und Lehrer tagtäglich in ihrer Arbeit mit Demokratiebildung, mit Debatten und mit Diskussionen über Werte auseinandersetzen müssen.

(Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP: Haben Sie Kinder an der Schule?)

Und ich bin genau da auch bei denen, die sagen, das sei jetzt nicht noch ein zusätzliches Unterrichtsmodul, was noch in irgendein Fach reingequetscht werden muss, wo wir doch sowieso ständig noch neue Aufgaben haben, sondern das ist etwas, das gelebt werden muss.

(Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP: Die typische Blockadehaltung der LIN- KEN! Das kennen wir schon!)

Dafür brauchen die Schulen Zeit. Allemal, sie brauchen Zeit und Ressource, denn keiner will hier wegreden,

(Beifall bei der LINKEN – Zuruf von Anna- Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP)

dass es nicht auch Probleme gibt an Schulen. Das ist doch gar keine Frage. Da brauchen wir Qualifizierung, da brauchen wir Weiterbildung der Kolleginnen und Kollegen, damit das wirklich gut gelingen kann. Aber jetzt zu suggerieren, wir brauchen ein bisschen mehr Demokratiebildung und politische Bildung, was sich erst einmal gut anhört, ist zu kurz gesprungen. Das ist wirklich zu kurz gesprungen. Und wir müssen nicht nach Ungarn schauen, um zu sagen, dass auch hier bei uns durchaus der Angriff auf die Demokratie stattfindet.

Wenn wir zum Beispiel das Thema Armut nehmen, da ist die Teilhabe an unserem gesellschaftlichen Leben nicht für alle gewährleistet, da sind viele ausgegrenzt. Das hat auch etwas mit Demokratiegefährdung zu tun. Das kommt zum Beispiel bei Ihnen gar nicht vor. Das würde ich gern noch einmal in die Debatte einbringen.

(Beifall bei der LINKEN und bei Nebahat Güçlü fraktionslos und Dr. Mathias Petersen SPD)

Es geht zum Beispiel auch darum, wenn wir das Grundgesetz diskutieren, was ist mit dem Paragraf 1, die Würde des Menschen ist unantastbar? Was ist damit, dass gerade eine Studie wieder gezeigt hat, dass Kinder aus Migrationsfamilien bei gleicher Leistung schlechter bewertet werden als Kinder, die hier geboren sind?

(Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP: Bertelsmann? Von Lehrern? Das kann ich mir gar nicht vorstellen!)

Das hat auch etwas damit zu tun, wie Demokratie gelebt wird und wie Chancengleichheit gelebt wird.

(Beifall bei der LINKEN und bei Nebahat Güçlü fraktionslos und Dr. Mathias Petersen SPD)

Was ist mit dem Paragraf 14 Absatz 2, Eigentum verpflichtet? Wird das auch diskutiert? Also das ist doch so ein weites Feld, und dafür brauchen die

(Olaf Duge)