Protocol of the Session on October 17, 2018

Ich frage mich, was bei Ihnen los ist im Senat.

(Beifall bei der CDU, der FDP und bei Dr. Alexander Wolf AfD)

Deshalb verstehe ich Ihr Rumgedruckse nicht, Herr Tschentscher. Ehrlicher wäre es gewesen, sich hier heute hinzustellen und zu sagen: Wir haben 2014 einen Fehler gemacht, und nun konnten wir nicht mehr anders. Es ist am Ende keine gute Lösung für Hamburg. Das kann man zwar in Ihren Gesichtern lesen, ich finde, es wird sehr deutlich, gesagt haben Sie heute allerdings etwas anderes. Und dazu passt auch die noch einmal aufgeploppte Diskussion um unerlaubte EU-Beihilfen im europarechtlichen Sinne, die Sie öffentlich aufgeführt haben. Und auch da muss man sich fragen, wie es dazu kommen konnte.

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Das war Vatten- fall!)

Stimmt es, was die GRÜNEN behaupten, dass Sie es selbst waren, Herr Dressel, der bei Vattenfall darum gebeten hat, dieses Beihilfeverfahren der EU anzustreben? Ihr letzter Versuch, den Deal durch die Hintertür zu stoppen. Ich frage mich wirklich, wird bei Ihnen eigentlich nur noch über Bande gespielt? Das ist doch kein ordentliches Regieren mehr.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Wo wir gerade dabei sind: Herr Dressel, ich weiß, wir haben zusammen studiert, Sie sind kein schlechter Jurist. Ich weiß auch, Sie sind Familienvater, wahrscheinlich sind Sie leidenschaftlicher

Monopoly-Spieler. Und da gibt es bei den Ereignisoder bei den Gemeinschaftskarten diese berühmte Karte "Du kommst aus dem Gefängnis frei". Das muss Ihnen eingefallen sein zu einem relativ späten Zeitpunkt.

Sie haben neben dem Fachgutachten

(Arno Münster SPD: Alles nur bla bla!)

auch noch ein strafrechtliches Gutachten in Auftrag gegeben, und zwar, um die Frage zu klären, ob Sie sich durch den Rückkauf der Untreue schuldig machen. Der Untreue. Und das haben Sie deshalb gemacht – die Juristen wissen das –, um damit einen Vorsatz auszuschließen, strafrechtlichen Konsequenzen in jedem Fall zu entgehen. Sie müssen großes Vertrauen in Ihre eigene Politik haben, wenn Sie das auch noch auf diese Art und Weise bewerten lassen.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Wolf- gang Rose SPD: Peinlich!)

Dass es peinlich ist, müssen Sie beurteilen, aber ich sage, es ist schon ein wirklich ungewöhnlicher Vorgang. Wo sind wir eigentlich mittlerweile angekommen?

(Wolfgang Rose SPD: Was Sie hier reden, ist peinlich!)

Dem Senat ist es nicht gelungen, eine tragfähige Lösung im Sinne aller Hamburger Steuerzahler und Mieter zu verhandeln. Sie sind vor Herrn Kerstan in die Knie gegangen, und so ein K.o. ist natürlich auch kein schöner Anblick. Die richtige Alternative wäre eine partnerschaftliche Weiterentwicklung der Fernwärme in Hamburg gewesen mit dem klaren Ziel, die Fernwärme umweltschonend, versorgungssicher und preiswert zur Verfügung zu stellen, um den Volksentscheid am Ende umzusetzen und damit sogar die Klimaziele aus Ihrem eigenen Koalitionsvertrag früher zu erreichen. Eine schrittweise und sozial verträgliche Reduktion der CO2-Emission bei der Fernwärme wäre möglich gewesen. Ein überzeugendes Konzept dazu lag vor, inklusive Anschluss der hocheffizienten KWKAnlage in Moorburg, der Umstellung des Kohlekraftwerks Tiefstack auf Gas, der perspektivischen Umstellung von Moorburg auf Power-to-Heat, dem Ausbau der Leitungen sowie dem schnellen Aus für Wedel. Und dabei hätte die Expertise erfahrener Unternehmen genutzt werden können, anstatt das Risiko jetzt nur auf die Schultern der Stadt und auf die Schultern der Hamburger Steuerzahler zu verlagern.

Wenn Sie ehrlich sind, wäre das doch genau die Lösung gewesen, die Sie als SPD heute gern verkündet hätten. Eine pragmatische Lösung, die allerdings eine klare Linie und eine klare Führung des Ersten Bürgermeisters erfordert hätte.

Ich kenne schon Ihre Argumentation, es ist schon angedeutet worden: In Zeiten von Politikverdros

senheit und Rechtspopulismus ist es einfach alternativlos, diesen Volksentscheid so umzusetzen. Aber glauben Sie denn ernsthaft, mit dem Schauspiel, mit dem Eiertanz, den Sie in den letzten Wochen aufgeführt haben, haben Sie die Politikverdrossenheit in unserer Stadt bekämpft? Im Gegenteil, Sie haben ihr einen Bärendienst erwiesen mit dieser Art und Weise.

(Beifall bei der CDU, der FDP und bei Dr. Alexander Wolf AfD)

Der Fernwärmedeal ist am Ende ein Hunderte Millionen Euro schweres Rettungspaket für die rotgrüne Koalition, nichts anderes. Wir werden Sie dafür nicht aus der politischen Verantwortung entlassen. Als Opposition ist es unsere Aufgabe, diesen schlechten Deal sehr genau zu prüfen. Wir werden deshalb weiterhin konsequent nach dem Studium der Akten, die Sie heute vorgelegt haben, der Drucksachen, die Sie gestern Nacht vorgelegt haben, der Gutachten, die jetzt vorliegen, auch in den Ausschussberatungen sicherlich gemeinsam mit den Kollegen der FDP prüfen und entscheiden. Klar ist, so einfach werden Sie mit diesem Missmanagement nicht davonkommen. Das hat Hamburg nicht verdient. – Herzlichen Dank.

(Lang anhaltender Beifall bei der CDU und der FDP)

Herr Kienscherf bekommt nun das Wort für die SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Hamburgerinnen und Hamburger! Lieber Herr Trepoll, ich glaube das, was die Hamburgerinnen und Hamburger nicht verdient haben, ist, dass man in so einer polemischen Art und Weise mit diesem so wichtigen Thema umgeht.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Jörg Hamann CDU: Was für eine Plattheit!)

Das können wir, glaube ich, am Anfang feststellen. Das, was Sie hier herbeireden – und das hatte in der Tat mit Fachlichkeit praktisch gar nichts zu tun, es waren doch nur zwei, drei Nebensätze –, finde ich absurd.

Dass Rot-Grün hier, auch an dieser Stelle, sehr gut zusammenarbeitet, dass es unser gemeinsames Ziel ist,

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

das unterscheidet uns – und da ist wahrscheinlich DIE LINKE dann auch eher bei uns – in der Tat sehr deutlich von Ihnen, von Ihren Senaten, aber auch von Ihrem damaligen Bürgermeister. Wir nehmen Volksentscheide ernst. Und wir setzen Volksentscheide auch um.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

(André Trepoll)

Und das war das, was wieder sehr deutlich wurde in Ihrer Kasperlerede, 98 Prozent, wo Ihnen alle möglichen Fragen irgendwie aufgestellt worden sind, wo Sie alles Mögliche irgendwie versucht haben zu erfinden. Aber wie Sie nun genau zum Volksentscheid stehen, wie Sie den eigentlich umsetzen wollen oder ob Sie ihn wirklich umsetzen wollen, das blieb sehr vage.

(Dennis Thering CDU: Hat er auch gesagt! Sie müssen nur zuhören!)

Es ist richtig, wenn die Bürgerinnen und Bürger sich heute fragen, was will diese kleine Oppositionspartei, die damals, als sie noch an der Regierung war, die Krankenhäuser trotzdem verkauft hat, obwohl die Hamburgerinnen und Hamburger gesagt haben, tut das nicht. Diese Partei will mit den Hamburgerinnen und Hamburgern zusammen eben nichts entwickeln, sie hat sich nicht weiterentwickelt, und das wird deutlich.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Glocke)

Herr Kienscherf, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Seelmaecker?

Aber immer doch.

Wunderbar. Wenn Sie sich hier rühmen, Herr Kienscherf, dass Sie Volkes Wille überall respektieren würden, warum kassieren Sie dann auf Bezirksebene sämtliche Bürgerentscheide? Wie passt das zusammen?

(Beifall bei der CDU und bei Jennyfer Dutschke FDP)

Wir haben nicht sämtliche Bürgerentscheide kassiert. Zuletzt gibt es gerade einen, glaube ich, in Winterhude 23. Da sind wir auch dabei, da haben wir nichts kassiert. Also, das ist schon ein bisschen lächerlich. Wir setzen die Volksentscheide um.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Ich muss dem Ersten Bürgermeister danken, dass er in einer vollkommen überzeugenden Rede

(Zuruf von Michael Kruse FDP)

sehr deutlich gemacht hat, welche Ansprüche wir haben und wie wir verantwortungsvoll mit der Situation in dieser Stadt umgehen wollen. Das, was wir erleben – und es ist schon verräterisch, wenn in so einer Debatte von Ihnen Herr Trump zitiert, von Deals gesprochen wird –, ist nicht unsere Art von Politik. Sondern uns geht es in der Tat darum, was auch der Bürgermeister sagt, dass wir zusammen mit den anderen Bürgermeistern der großen

europäischen und internationalen Städte dafür sorgen, den Klimaschutz voranzutreiben. Das ist unsere Aufgabe.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Vi- zepräsidentin Barbara Duden übernimmt den Vorsitz.)

Das hat der Bürgermeister sehr deutlich gemacht.

Ich glaube, es ist auch wichtig festzustellen, dass in der Tat die Bürgerinnen und Bürger wissen, dass der Markt allein nicht alles richten kann. Dass es heutzutage immer mehr um das Thema Daseinsvorsorge geht. Das hat der Bürgermeister auch richtig angesprochen. Städtische Wohnungsgesellschaften, städtische Verkehrsgesellschaften, städtische Energiegesellschaften. Es ist richtig, dass wir einiges wieder zurückholen, dass wir nicht alles dem Markt überlassen, sondern dass die Stadt, das Land Verantwortung übernimmt. Das wollen die Bürgerinnen und Bürger von uns.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Dieses tun wir mit einem durchdachten Konzept. Und, Herr Trepoll, es ist schon entlarvend, wenn Sie nach wie vor auf Moorburg setzen. Es ist schon angesprochen worden, dass das Heimatland von Vattenfall den Kohleausstieg vereinbart hat und dass Vattenfall selbst mit uns gemeinsam ein Konzept vorgelegt hat,

(Michael Kruse FDP: Sie hat Sie dazu be- kommen!)

in dem Moorburg eben keine Rolle mehr spielt und Vattenfall sehr deutlich sagt, auch Vattenfall steige aus der Kohle aus. Hat lange gedauert, aber es ist richtig, dass wir aussteigen.