Protocol of the Session on December 14, 2016

(Beifall bei der FDP)

Ihnen fehlt Struktur bei vielen Zukunftsfragen. Schauen wir uns doch einmal die Anträge an, die von den Regierungsfraktionen kommen, als Erstes den, der aus der GRÜNEN Fraktion kam. Sie haben gestern der AfD vorgeworfen – das war richtig unterhaltsam –, wie wenig diese zu ihren eigenen vermeintlichen Kernkompetenzen vorzutragen hat. Herr Tjarks, Sie haben einen einzigen Antrag im Bereich Wirtschaftspolitik eingebracht, und der fordert einen Stand auf der CeBIT,

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Stimmt überhaupt nicht!)

ich glaube, wenn fünf Unternehmen teilnehmen. Einen Infostand auf der CeBIT, allerhand.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Sie haben keine Kernkompetenz im Bereich Wirtschaft.

Was machen Sie? Sie machen etwas im Bereich Virtual Reality. Netzwerk aufbauen, früh rangehen. Das ist, da stimmen wir zu, alles richtig, es ist aber auch weit entfernt von einem strukturierten Ansatz,

Herr Kollege Schmidt, darin sind wir uns sicherlich einig.

Die großen Themen in diesem Bereich haben Sie gar nicht angesprochen. 3-D-Druck – wann kommt dann da Ihr Konzept? Innovationswachstumsfonds – wann kommt er denn nun? Wir haben nichts dazu gehört. Offensichtlich stockt das alles.

Wenn Sie sich dann noch damit brüsten, mehr Mittel in die HPA zu geben, kann ich nur sagen: Als ich im Ausschuss nachfragte, sagten Sie, das seien zwar investive Mittel, Sie wollten sie aber auch für Konsum. Schauen Sie einmal genau hinein, dann stellen Sie fest, dass Sie die Mittel brauchen werden, um weiter im Kreis zu baggern. Das ist doch keine Errungenschaft. Sie baggern weiter im Kreis, und weil Sie weiter im Kreis baggern, verbrauchen Sie mehr Geld, aber das nützt dem Hafenstandort Hamburg überhaupt nicht. Sie müssen endlich mit Strukturreformen vorankommen. Sie müssen endlich mit Investitionen in die Zukunft planen, statt mehr konsumtive Ausgaben zu machen. Sie müssen langfristige Konzepte für den Hafen präsentieren. Sie müssen die Gründerszene praktisch stärken und nicht nur in Sonntagsreden darüber reden. Das sind die Aufgaben, die Sie sich vornehmen sollten.

Weil bald Weihnachten ist und Sie sich in der letzten Sitzung gewünscht haben, dass wir auch einmal etwas Positives sagen: Positiv ist, dass Sie das Cluster Life Science stärken wollen. Das ist etwas, das in die richtige Richtung geht. Hamburg hat da leider viele Jahre nicht genug gemacht. Vielleicht machen Sie das auch nur, weil der Cluster-Manager der Bruder, glaube ich, Ihres grünen Umweltministers in Schleswig-Holstein ist, aber der Fokus auf der Branche bleibt richtig.

Ich möchte gern schließen mit guten Wünschen für Herrn Senator Horch. Sie persönlich und Ihre Mitarbeiter haben nächste Woche eine für diese Stadt wichtige Verhandlung in Leipzig vor sich, auch wenn mich wundert, dass nicht alle Ausschreibungen so vorbereitet sind, wie man das vermuten würde. In Ihren Händen liegt nächste Woche eine wichtige Aufgabe und wir wünschen Ihnen im Sinne des Standorts Hamburg viel Glück und Erfolg für diese Aufgabe. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Das Wort bekommt Herr Dr. Baumann von der FDP-Fraktion.

(Zuruf: Nein!)

Verzeihung, von der AfD-Fraktion.

Das dann doch nicht, bei aller Wertschätzung, liebe Kollegen. – Wenn es eine Klammer gibt, meine Damen und Herren, die

nahezu alle Beiträge von Rot-Grün verbunden hat, dann ist das das Selbstlob, die Haushalte saniert und für gute Beschäftigung gesorgt zu haben. Das scheint doch ziemlich schönfärberisch, wenn man in die Daten schaut. Deswegen an dieser Stelle noch einmal ganz deutlich: Die derzeit günstig aussehende Haushalts- und Beschäftigungslage in Hamburg ist letztlich der, man muss es so sagen, Billionen-Gelddruckerei der EZB geschuldet, die dazu führt, dass Wirtschaft und damit Steuereinnahmen vorübergehend boomen, weil Export und Import durch den für Deutschland viel zu niedrigen Wechselkurs künstlich verzerrt sind, was die Beschäftigungslage auf den Arbeitsmärkten überhitzt. In Nordeuropa ist das so; in Südeuropa führt das zu Arbeitslosigkeit, für die ist der Wechselkurs zu hoch. Das ist die Ursache.

Hinzu kommen noch, um auch das noch einmal kurz zu erwähnen, damit es nicht untergeht, die durch die Nullzinspolitik der EZB ermöglichten Einsparungen im Haushalt. Zinsen, die den Rentnern und Sparern fehlen, gewinnen die Schuldner, vor allen Dingen der Staat, als Vorteil, weil er viel zu wenig Zinsen zahlen muss. Wir haben dadurch aber ein gewaltiges Zinsänderungsrisiko im Haushalt und davon hängt letztendlich auch die Beschäftigungslage mit ab. Hätten wir hierzulande in den Länderhaushalten statt der 2,3 Prozent Durchschnittszinsen ein normales Zinsniveau von 5 Prozent, wie wir es zu Beginn des Euro hatten, und nicht diese wahnsinnige Billionen-Gelddruckerei, würde Hamburg bei sonst gleicher Haushaltsplanung statt der 772 Millionen Euro 1,66 Milliarden Euro Zinsen zahlen müssen, bei normalen Verhältnissen also fast 900 Millionen Euro mehr. Von 2016 bis 2020 wären das 4,5 Milliarden Euro, die mehr gezahlt werden müssten. Die berücksichtigten Zinsänderungsrisiken im Haushalt sind nur marginal.

Haushalt und gute Beschäftigungslage sind also in Hamburg höchst riskant. Beide sind von der Fortführung der eigentlich desaströsen Geldpolitik abhängig. Das wird bei Ihren Ausführungen überhaupt nicht deutlich, und das geht nicht. Das müssen wir deutlich vor Augen haben, wenn wir die Zukunft von Hamburg gestalten wollen.

Der Hamburger Haushalt ist auch investitionsschwach, wenn man genau hinschaut, und er wird es künftig wohl noch mehr. Die öffentlichen Investitionsquoten, 2008 noch bei 12 Prozent, sacken bis 2020 auf geplant nur noch 5 Prozent ab, auch wenn die Vergleichszahlen auf Basis der Kameralistik-Rechnung gegeben sind, aber auf der Basis kann man es vergleichen. Investitionen sind Grundlage jeder gesunden wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit, jeder Produktivität, jeden Wohlstands, und da ist Hamburg einfach schwach und das kann nicht so bleiben.

(Beifall bei der AfD)

(Michael Kruse)

Diese öffentliche Investitionsschwäche, im Einzelplan 7.0 ersichtlich, verschärft der Senat, indem er private Investitionen behindert und teilweise sogar abschreckt oder unmöglich macht. Zwei Beispiele dazu. Das erste ist das Flächenmanagement. Hamburg ist als Wirtschaftsmetropole seit über einem Jahrzehnt unglaublich schwach, auch das müssen Sie wissen, Herr Dressel, das müsste Sie eigentlich interessieren. Die Wirtschaftsmetropole ist unglaublich schwach, was das Angebot an Gewerbeflächen für Produktion, Logistik und Handwerk angeht. Auch aktuell gibt es für eine Wirtschaftsmetropole nur marginale Verkäufe von städtischen Industrie- und Gewerbeflächen. Die verfügbaren neuen Gewerbeflächen in 2018 von 4 Hektar entsprechen eher einer Kreisstadt als einer Wirtschaftsmetropole und das Neuerschließungsangebot von 26 Hektar in 2019 liegt ausschließlich in Neuland im Süden. Die Handwerksbetriebe nördlich der Elbe zum Beispiel haben davon gar nichts. Und wenn der rot-grüne Senat einmal ein 45-Hektar-Gebiet wie das AltenwerderWest-Gebiet als Fläche für die Hafennutzung freigibt, wird das von der links-grünen Umweltverbandsszene und den Milieus sofort mit Klagen torpediert und dauerhaft verhindert.

Das zweite Beispiel ist die Infrastruktur. Zwischen 2014 und 2020 will Hamburg praktisch keinen Kilometer Straße neu erstellen, trotz großer neuer Bebauungsgebiete wie Mitte Altona und andere. Vielfach geben Prüfer schlechte Zustandsnoten für unsere Straßen. Geplante Auszahlungen für Baumaßnahmen im Verkehr gehen deutlich zurück. Auch hier zeigen sich Mängel der Infrastruktur. Zugleich haben wir mehr als eine Verdoppelung des Radwegenetzes. Wir haben hier zwar Nachholbedarf, aber zentraler Verkehrsträger einer Wirtschaftsmetropole bleibt das Straßennetz und das spiegelt der Haushalt einfach nicht wieder.

Insgesamt sind Investitionsschwäche und Infrastrukturmängel schlecht für alles, was der Senat in seinen Hochglanzbroschüren doch so sehr fördern will: die Gründerszene, die Virtual-Reality-Produktion – durch Anträge jetzt wieder neu bekräftigt, nur kommt dann halt nichts –, Industrie 4.0. Deshalb unser Antrag. Im Kern ist vonnöten, einmal eine umfassende, systematische Potenzialstudie in Hamburg zu machen, von renommierten Experten, auch von außerhalb, an welchen Stellen besondere Hemmnisse bestehen und wo die Stadt systematisch durch geeignete Investitionen und Maßnahmen Branchen und Technologiefelder, auch solche außerhalb der gängigen Cluster, vorantreiben und auch privaten Investitionen den Weg bahnen kann.

Ein Beispiel ist Industrie 4.0, das zukünftige Thema schlechthin. Hier liegt Hamburg im Ländervergleich ausweislich der aktuellen Übersicht vom Forschungs- und Wirtschaftsministerium abgeschlagen hinten. Wo eine Stadt wie München 27 Spit

zenprojekte in Sachen Industrie 4.0 aufweisen kann und Berlin immer noch mit elf Spitzenprojekten aufwartet, hat Hamburg nur ein einziges, bei Airbus. Keine einzige der öffentlichen Hamburger Hochschulen ist dabei, keine der Forschungseinrichtungen. Das ist ein Armutszeugnis. Das muss sich ändern.

(Beifall bei der AfD)

Das Wort bekommt Senator Horch.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem Ihnen vorliegenden Entwurf des Doppelhaushalts 2017/2018 verfolgen wir das Ziel, die Wirtschaftsmetropole Hamburg als bedeutenden Industrie- und Dienstleistungsstandort in Deutschland, aber auch in Europa für die Zukunft zu entwickeln.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Der Blick in die Zukunft stellt uns in Hamburg wie an vielen anderen Orten vor eine Vielzahl globaler wirtschaftlicher Veränderungen in der Welt. Aber auch Entwicklungen wie Industrie 4.0 und Digitalisierung haben eine hohe politische, gesellschaftliche, wirtschaftliche und sogar kulturpolitische Relevanz. Mit der zunehmenden Digitalisierung der Produktionssysteme, mit Industrie 4.0 steht die Hamburger Industrie vor neuen Chancen und besonderen Herausforderungen. Doch unser Standort, das darf ich kurz sagen, verfügt über gute strukturelle Voraussetzungen für ein Gelingen dieses entscheidenden Transformationsprozesses.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Wir wollen die mit dem Thema Industrie 4.0 verbundenen Chancen für Hamburg nutzen. Was macht diese industrielle Revolution mit einem Standort und was macht sie mit den Bürgerinnen und Bürgern? Eng verbunden damit ist, das betone ich besonders, das Thema Arbeit 4.0. Schon jetzt prägen wachsende Vernetzung und zunehmende Kooperation von Mensch und Maschine den Arbeitsablauf. Arbeit über Unternehmens- und Organisationsprozesse hinweg wird zunehmend an Bedeutung gewinnen. Datenschutz, es darf nicht unerwähnt bleiben, ist eine sehr wichtige Hintergrundfrage und die Ablaufprozesse müssen in vielen Punkten neu aufgestellt werden. Auch wenn wir bei diesen Entwicklungen erst am Anfang stehen, haben wir in Hamburg allerbeste Voraussetzungen, um im Wettbewerb um die klugen und talentiertesten Köpfe von morgen zu bestehen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Wir müssen Impulse schaffen und Anstöße geben. Ich glaube, das haben wir in den letzten sechs Jahren mit den Umsetzungen der Forschungs- und

(Dr. Bernd Baumann)

Innovationsparks in Harburg, Bergedorf, Finkenwerder und Bahrenfeld eindrucksvoll getan. Sie sind, das ist unwiderruflich, ein Beleg dafür.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Wir wollen gestalten, in jedem Bereich: im Hafen, in der Industrie, im Handwerk, im Mittelstand, und auch, was Dienstleistungen angeht. Jede Branche muss sich, das möchte ich deutlich aussprechen, verändern. Wir müssen auch unser Denken verändern und noch stärker als bisher auf den Austausch von Wirtschaft und Wissenschaft setzen.

Mit den in unserem Haushalt vorgelegten Investitionen und Vorhaben haben wir viele Projekte weiter auf den Weg gebracht und werden sie umsetzen, die die langfristige Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit Hamburgs absichern, um einen für die Zukunft richtigen Schritt zu entwickeln.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Mit innovativen Ideen und Start-ups werden wir der Forschung und Entwicklung eine stärkere Gewichtung in der Gesamtheit geben. Unsere breit angelegte Cluster-Politik, über die ich viel sagen könnte, unterstützt das und setzt in allen Belangen die richtigen Schwerpunkte.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Bereits erwähnt worden in vielen Reden ist die Tatsache, dass wir uns in zunehmendem Maße, was Fraunhofer, was das Deutsche Zentrum für Luftund Raumfahrt, was das Deutsche Maritime Forschungszentrum angeht, über die Forschungstiefe und auch die Internationalität dieser Einrichtungen weiter bedienen wollen.

Der Hafen, das will ich abschließend sagen, ist für die Finanzkraft der Stadt von großer Bedeutung. Über 150 000 Arbeitsplätze sind mit dem Hafen und der Schifffahrt verbunden. Mit dem vorliegenden Haushalt 2017/2018 ist garantiert, dass die immer wieder angesprochene HPA den Aufgaben gerecht werden kann.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Wir werden den Hafen nachhaltig entwickeln, wir werden die Wertschöpfung steigern und somit die Beschäftigung insgesamt sichern. Dafür stellen wir in unserem Haushaltsplan an vielen Stellschrauben die entsprechenden Voraussetzungen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Unsere Wirtschaftsförderung, die HWF, bietet Unternehmen Dienstleistung aus einer Hand wie noch nie, denn wir wollen neue Firmen für Hamburg begeistern, was uns auch sehr gut gelingt. Wir wollen aber auch den bestehenden Unternehmen beste Bedingungen bereitstellen. Der vorgelegte Haushaltsplan belegt, dass die erfolgreiche Wirtschaftspolitik auch künftig ambitioniert fortgesetzt wird. – Vielen Dank.