Der zweite Punkt des Petitums: Der Senat – das steht wörtlich so darin – solle Case-ManagementSysteme etablieren. Donnerwetter. Ich halte viel
von der Senatorin, aber dass sie sich für alle möglichen Krankheiten Case-Management-Systeme ausdenkt, halte ich für sehr fragwürdig. Das funktioniert doch auch nicht, meine Damen und Herren. Lassen Sie uns die Fachleute fragen.
Oder der vierte Punkt des Petitums: Auf der Bundesebene soll das Zulassungsrecht zugunsten der geriatrischen Institutsambulanzen geändert werden. Auch das ist Sache der Fachleute. Man kann nicht irgendwie einen kleinen Baustein des großen, komplizierten Systems der gesetzlichen Krankenversicherung kurz einmal herausgreifen und sagen: Die wollen wir jetzt fördern. Wir sind bisher gut damit gefahren, dass wir den Fachleuten, sprich den Ärzten, Krankenhäusern und Krankenkassen im Gemeinsamen Bundesausschuss der dazugehörigen Gremien, die Frage überlassen, wie man wem welches Budget und welche Zulassung gibt. Dabei sollten wir bleiben und nicht kurzerhand schnell einmal den Beschluss fassen, dass der Senat einseitig an einer kleinen Stelle am Bundesgesetz herumfummelt.
Außerdem, es wurde schon darauf hingewiesen, fehlt das entscheidende Petitum. Hier werden große Versprechungen gemacht, es wird aber nicht gesagt, wer das bezahlen soll. Irgendeiner muss es bezahlen. Die Krankenhäuser? Die Ärzte? Wollen wir höhere Beiträge haben? Oder – das deutet sich ein wenig an – wollen wir wieder Steuergeld dafür ausgeben? Versprechungen zu machen, ohne zu sagen, was es kostet, ist Politik von vorgestern und passt in Zeiten der Schuldenbremse überhaupt nicht. Auch das allein ist schon ein Grund, diesen Antrag abzulehnen.
Nun noch zum CDU-Zusatzantrag. Sie beklagen zu Recht, dass wieder einmal Krankenkassen oder auch Krankenhäuser mit zusätzlichen Kosten belastet werden. Der Vorwurf ist richtig. Aber ich erinnere mich: Da gibt es doch einen Bundesgesundheitsminister in Berlin, der heißt Gröhe, ist in Ihrer Partei und macht seit Jahren genau das. Er verlagert ständig Belastungen auf Krankenhäuser und auf Krankenkassen und wundert sich jetzt, dass das Geld nicht reicht. Mein Vorschlag wäre: Schicken Sie Ihren CDU-Zusatzantrag einmal kurz in Kopie an Herrn Gröhe mit der Bitte, das künftig bei seiner Politik zu beachten. Da wäre das gut aufgehoben.
Wie ginge es denn nun besser als mit diesem Antrag? Zunächst einmal, ich hatte es schon zweimal angedeutet: Achten Sie wieder auf das Subsidiaritätsprinzip. Beschließen Sie nicht als allwissende Politiker oder Behördenmitarbeiter etwas, was die Fachleute, sprich der Gemeinsame Bundesausschuss und ähnliche Gremien, viel besser wissen.
Beenden Sie die Gängelung des GKV-Systems. Solange es ein Budget gibt, wird es immer schwierig sein, für komplizierte Behandlungen unter ande
Oder beenden Sie die Verordnungsregresse. Ein niedergelassener Arzt muss fürchten: Das Medikament, das ich einem alten Menschen verschreibe, muss ich am Ende selbst bezahlen, weil ich wieder irgendeine Leitgröße überschritten habe. Das ist etwas, was alten Menschen schwer schadet. Beenden Sie das.
Oder wie wäre es mit dem Mehrmengenabschlag bei Krankenhäusern? Das können sich Menschen außerhalb des GKV-Systems gar nicht vorstellen. Hier werden Unternehmen dafür bestraft, wenn sie mehr leisten.
Wenn die Krankenhäuser die vorgegebenen Leistungsmengen überschreiten, bekommen Sie bei den weiteren Leistungen ganz erhebliche Abschläge. Auch hier könnten Sie gern etwas tun.
Oder, noch einfacher: Erhöhen Sie einfach die Honorierung der Hausbesuche. Ich habe mich noch einmal erkundigt. Die aktuellen Zahlen sind wie folgt: Wenn ein Hamburger Arzt einen Patienten zu Hause besucht, bekommt er dafür 22,23 Euro plus eine kleine Wegepauschale. Herr Petersen nickt; er weiß, davon kann man das nicht bezahlen, nicht einmal andeutungsweise. Es gibt noch einen Sonderzuschlag bei direkten Besuchen, aber, kurz gesagt: An Hausbesuchen setzen Ärzte zu – nicht gerechnet, dass es auch noch ins Budget fließt, das lassen wir einmal außen vor. Solange das so ist, hat es auch keinen Sinn, groß herumzuschwadronieren, wir gründen jetzt irgendwelche tollen Zentren, und das noch auf Kosten der begrenzten Mittel des Systems. Das ist der Grund, warum wir den CDU-Antrag und auch den Hauptantrag ablehnen. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die adäquate medizinische Versorgung und die Unterstützung älterer Menschen sind von großer Bedeutung. Diese werden durch das zunehmende Alter der Bevölkerung immer mehr zu einer Herausforderung. Von hoher Priorität ist dabei die wohnortnahe Versorgung, weil die Senioren in ihrer Mobilität eingeschränkt sind und die Angebote meist häufiger in Anspruch nehmen müssen.
Charakteristisch für die Altersmedizin ist, dass einerseits im Alter jedes Organsystem erkranken kann und sämtliche medizinischen Fachkompetenzen erforderlich sind und zur Verfügung stehen
müssen, es andererseits aber so ist, dass häufig mehrfache Erkrankungen auftreten und deswegen eine sorgfältige Abstimmung der verschiedenen medizinischen Einrichtungen erforderlich ist. Deshalb ist ein gutes Zusammenwirken von niedergelassenen Ärzten sowie der verschiedenen Fachabteilungen der Krankenhäuser erforderlich. Dabei sind auch die unterstützenden und pflegerischen Maßnahmen ausreichend und koordinierend in die Versorgung einzubeziehen.
Es ist richtig, es ist ein wichtiges Ziel, die Selbstständigkeit der Menschen zu erhalten und die Pflegebedürftigkeit möglichst zu vermeiden. Insofern behandelt der Antrag ein förderungswürdiges Anliegen. Allerdings ist die Art der Realisierung noch nicht geklärt. Die Kosten werden nicht gering sein und müssen quantifiziert werden. Weiter muss die Finanzierung gesichert sein. Deshalb werden wir uns bei diesem Antrag enthalten. Dem Antrag der CDU hingegen werden wir zustimmen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich begrüße den Antrag der Regierungsfraktionen sehr, weil er die Arbeit meiner Behörde in diesem Bereich unterstützt, und ich freue mich über die überwiegende Zustimmung der Bürgerschaft zu den Ideen, die hier diskutiert werden. Ich freue mich übrigens auch, dass wir zu einer relativ frühen Stunde über ein Gesundheitsthema diskutieren, weil das ein wenig Aufmerksamkeit für diesen Bereich bringt.
Ich glaube, wir sind uns alle einig, dass die gesundheitliche Versorgung alter Menschen im Grunde das Thema zukunftsfähige Politik für eine wachsende Bevölkerungsgruppe ist. Ich will gern daran erinnern, dass Hamburg hier in einer ganz besonderen Tradition steht. Hamburg war 1980 bundesweit Vorreiter mit der Gründung der ersten geriatrischen Abteilung im Albertinen-Haus.
Zu einer Zeit, in der die Geriatrie bundesweit als exotisches Fachgebiet galt, wurde hier die erste Spezialklinik für Altersmedizin gegründet. Ich glaube, wenn damals alle gesagt hätten, dass der Senat damit entweder nichts zu tun habe oder aber ab jetzt die Behandlung bezahlen müsse, sonst werde das nichts, dann hätten wir heute noch keine geriatrischen Abteilungen in Deutschland.
Ich will auch kurz erwähnen, dass es eine SPDGesundheitssenatorin war, die das damals vorangetrieben hat. In dieser Tradition wollen wir gern bleiben und auch weiterhin Pionier in der geriatrischen Versorgung in Deutschland sein.
Eine Versorgung, die insofern auch Treiber in Deutschland sein kann, muss natürlich berücksichtigen, dass alte Patientinnen und Patienten häufig chronisch krank sind, dass sie multimorbid sind, dass sie in vielen Fällen bereits an Demenz leiden, dass sie entweder schon pflegebedürftig sind oder aber in hohem Maße gerade nach einem Krankenhausaufenthalt von Pflegebedürftigkeit bedroht. Darum geht es bei der Altersmedizin auch nicht darum, nur eine Krankheit zu therapieren, sondern die Altersmedizin nimmt den ganzen Menschen in den Blick. Es geht darum, Pflegebedürftigkeit zu vermeiden, Eigenständigkeit zu sichern. Es geht bei diesen Zentren auch darum, dass wir die Vernetzung zwischen den geriatrischen Abteilungen und den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten hinbekommen, aber auch eine Vernetzung mit dem Pflegebereich bis hin zu Betreuungsangeboten im Quartier. Das ist auch der Grund, warum wir wohnortnah arbeiten und für jeden Bezirk ein solches Zentrum haben wollen.
Wir werden jetzt ausschreiben. Wir haben unser Konzept entwickelt und diskutiert und werden ausschreiben. Und wir werden diese Zentren dann auch im Krankenhausplan ausweisen, und das ist originäre staatliche Aufgabe, Herr Schinnenburg. Insofern schaffen wir dann auch Zentren für Altersmedizin – nicht allein, aber auch wir.
Ich glaube übrigens genauso wie Frau Blömeke, dass wir mehr als sieben Bewerbungen bekommen werden, weil die geriatrischen Abteilungen sich schon sehr weit auf den Weg gemacht haben und sehr interessiert daran sind, diese ambitionierte Aufgabe zu übernehmen.
Wir wollen damit auch bundesweit eine Spitzenposition einnehmen, und wir wollen, dass diese Zentren in ihrem Verantwortungsbereich, der nicht mit dem Bezirk identisch sein muss, aber eine sinnvolle Versorgungsregion ist, auch die geriatrische Versorgung insgesamt weiter vorantreiben und verbessern. Sie sind Referenzeinrichtungen. Sie sollen Standards setzen, sie sollen innovative Versorgungsformen entwickeln, auch in der Diskussion mit niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten, und sie sollen besondere Verpflichtungen zur Qualitätssicherung und Transparenz erfüllen. Zielgruppe sind die Menschen über 70, die primär eine intensivere Diagnostik und Behandlung brauchen, als in der vertragsärztlichen Versorgung geleistet werden kann. Und da das Ziel ist, größtmögliche Selbstständigkeit zu erhalten, wollen wir natürlich
nach Möglichkeit auch vollstationäre Krankenhausaufenthalte vermeiden. Deshalb soll das gesamte Spektrum genutzt werden: die geriatrische Station, die Tagesklinik, aber auch die neue GIA (geriatri- sche Institutsambulanz), also die ambulante Versorgung.
Diese Zentren sollen ganz ausdrücklich niedergelassene Ärztinnen und Ärzte unterstützen und mit ihnen zusammenarbeiten. Was wir ausdrücklich nicht wollen, ist, dass sie Versorgung aus dem ambulanten Sektor in den stationären Sektor wegziehen. Ganz im Gegenteil: Wir möchten gern, dass Patientinnen und Patienten dort die Kapazitäten, auch die diagnostischen, eines Krankenhauses nutzen können, ohne immer zwingend stationär untergebracht zu werden.
Sie sollen das Haus mit einem abgestimmten medizinischen, pflegerischen, therapeutischen Therapieplan wieder verlassen, der dann auch in Zukunft weiter befolgt werden kann. Auch die Abhängigkeit von Pflege und von Hilfsmitteln soll reduziert oder vermieden werden.
Die geriatrischen Abteilungen sind mit der Tagesklinik, mit der geriatrischen Institutsambulanz sozusagen die Keimzellen, aber Kompetenzzentren für Altersmedizin haben mehr: Sie haben Kompetenz in innerer Medizin, Neurologie, Gerontopsychiatrie, Chirurgie, Orthopädie. Sie beziehen Ergotherapeuten, Physiotherapeuten, Logopäden und Psychologen ein. Sie arbeiten mit besonders qualifizierten Pflegekräften. Wenn nötig, werden auch die Gynäkologie, die Urologie und die Augenheilkunde hinzugezogen. All das muss in diesen Zentren gewährleistet sein.
Auf das Entlassmanagement ist schon hingewiesen worden. Es ist sehr wichtig, dass die Patientinnen und Patienten nicht einfach entlassen werden und dann selbst sehen müssen, wie sie klarkommen, sondern dass ganz klar ist, wie es medizinisch, pflegerisch und nach Möglichkeit auch sozial weitergeht.
Diese Zentren müssen sich auch besonderen Anforderungen an Qualität und an Transparenz stellen. Sie sollen Qualitätsberichte veröffentlichen, in denen sie Informationen über ihr besonders qualifiziertes Personal geben. Sie sollen vergleichbare Aussagen machen zu der Frage, wie oft Patientinnen und Patienten nach dem Krankenhausaufenthalt in Pflegeeinrichtungen verlegt werden und wie oft sie in ihrer häuslichen Umgebung weiterleben können. Sie sollen über erfolgreiche Rehabilitation berichten. Das alles soll auch für Patientinnen und Patienten und ihre Angehörigen verständlich und nutzbar sein.
Ich möchte auch, dass diese Zentren in ihrem Versorgungsbereich mit den Fachkolleginnen und Fachkollegen, aber auch mit der Pflege bis hin zu den pflegenden Angehörigen und anderen Organisationen Qualitätszirkel etablieren. Sie sollen wirklich Zentren sein, die ganz breit in die Versorgung – und das ist mehr als Medizin – in Hamburg hineinwirken.
Zur Finanzierung: Selbstverständlich erfolgen die Finanzierung der Betriebskosten durch die gesetzlichen und privaten Krankenkassen und die Finanzierung der Investitionskosten durch die Stadt. Wir werden alle Möglichkeiten des Sozialgesetzbuchs V und des neuen Krankenhausstrukturgesetzes nutzen, um diese Zentren ausreichend zu finanzieren. Man kann sich auch neue Vergütungsmodelle vorstellen, die zum Beispiel einen Anreiz bieten, Patientinnen und Patienten nicht unbedingt immer stationär zu versorgen, weil das das meiste Geld bringt, sondern dort, wo sie es gerade brauchen. Ich habe mich persönlich bei der Krankenhausreform besonders dafür eingesetzt, dass der Grundsatz gilt, Besseres wird auch besser bezahlt, und das wollen wir für diese Kompetenzzentren nutzen.
Wir müssen die Kliniken nicht neu bauen; sie gibt es schon in Hamburg. Vielleicht muss das eine oder andere ergänzt oder umgebaut werden. Dafür werden wir, wenn erforderlich, die Mittel zur Verfügung stellen.
Ich möchte noch einmal etwas zu den Investitionsmitteln sagen, und zwar zu den Zahlen, die immer wieder in den Raum gestellt werden. Ich finde, es ist ein fairer Vergleich, wenn man einmal die Jahre 2011 bis 2015 mit den fünf Jahren davor unter CDU-Regierung vergleicht. Wir haben den Krankenhäusern in den letzten fünf Jahren 565 Millionen Euro für Investitionen zur Verfügung gestellt. In den fünf Jahren davor waren es 55 Millionen Euro weniger. Deshalb wäre ich sehr froh, wenn die Legendenbildung, wir würden die Krankenhausinvestitionen herunterfahren, aufhört. Sie können diese Zahlen in Haushaltplänen und in Antworten auf Schriftliche Kleine Anfragen nachlesen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.