Dabei ist uns allen, vor allen Dingen denjenigen unter uns, die sich schon öfter mit Themen wie sexuellen Übergriffen und Gewalt gegen Frauen be
schäftigt haben, bewusst: Das große öffentliche Interesse und das internationale Medienecho gegenüber den Ereignissen der Silvesternacht ebenso wie die Anmeldungen zur Aktuellen Stunde gestern und heute verdanken wir vor allen Dingen dem Zusammenhang mit der aktuellen Flüchtlingspolitik und der mutmaßlichen, mittlerweile leider auch bestätigten, Herkunft der Täter. Davon dürfen wir uns aber nicht irritieren lassen. Die Taten sind nicht zu dulden. Die Täter gehören verfolgt, und der erste Fahndungserfolg ist, wie mir vor Kurzem gesagt wurde, auch schon eingetreten.
Aber, lassen Sie mich das klar und deutlich sagen, Gewalt gegen Frauen ist kein neues, kein importiertes Phänomen. Lediglich die Muster, die sich jetzt herauskristallisieren, unterscheiden sich und haben eine andere, neuartige Prägung. Mit Maßnahmen wie einer erhöhten Polizeipräsenz im öffentlichen Raum oder einer geänderten Abschiebepraxis allein – auch dieses ist sehr wohl notwendig – wird sich nicht alles aus der Welt räumen lassen. Und über den Stellenwert von Themen wie Gleichstellung und sexuelle Selbstbestimmung im Kontext von Integrationsmaßnahmen wird noch an anderer Stelle zu reden sein müssen.
Gut ist jedenfalls, dass wieder ins gesellschaftliche Bewusstsein gerückt wird, wie übergriffig Taten wie Begrapschen tatsächlich sind, und zwar ganz gleich, von welchen Händen oder wie die Farbe der Hände gestaltet ist – das in Richtung der Kollegen vom "FOCUS", die sich wirklich überboten haben in Unsäglichkeiten –, und wie wenig auch bisher schon Frauen und Mädchen davor geschützt sind.
Das ungewöhnlich hohe Anzeigenaufkommen im Nachklapp der Ereignisse, auch aufgrund der wirklich dankenswerten Bemühungen der Innenbehörde und des Ex-Innensenators Neumann, hat noch einmal ausdrücklich und eindrücklich vor Augen geführt, was die Ergebnisse einer Bundesstudie bestätigen, nämlich dass üblicherweise nur eine verschwindend kleine Anzahl der sexuellen Übergriffe überhaupt zur Anzeige kommt. Und das aus sehr gutem Grund. Wer hat denn schon Lust, hochnotpeinliche Befragungen auf sich zu nehmen, wenn sich daraus keinerlei Folgen für die Täter ergeben? Sie können bisher bundesweit und trotz Sonderdezernat auch in Hamburg Pi mal Daumen davon ausgehen, dass nur 5 bis 15 Prozent der Taten zur Anzeige gelangen, davon kaum welche zur Anklage kommen, die meisten Verfahren wieder eingestellt werden und der Prozentsatz der Verurteilten insgesamt verschwindend gering ist. Hier gibt es also Handlungsbedarf.
Frau Abgeordnete, wenn das rote Lämpchen leuchtet, und das tut es schon seit einer Weile, dann ist Ihre Redezeit abgelaufen. Ein ganz kurzer Schlusssatz, bitte.
Nein heißt Nein, das hat meine Vorrednerin schon erwähnt. Das ist das, was wir künftig in das neue Strafgesetzbuch Eingang finden lassen wollen. Wir würden uns sehr freuen, wenn sich alle diesem Anliegen anschließen würden. Nein heißt Nein,
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Zeit ist viel zu kurz für dieses komplexe Thema. Vielleicht ganz kurz: Heute haben Sie, Herr Senator Grote, die Gelegenheit, sich zu dem Thema zu erklären – es freut mich sehr, dass die Aufregung von gestern etwas verflogen ist –; wir sind praktisch beim gleichen Thema, wenn man das so sehen will.
Ein Zweites zu der Debatte von gestern, um das abzurunden: Herr Tjarks, Sie hatten behauptet, es habe zwei innenpolitische Anträge aus der CDUFraktion gegeben. Ich habe noch einmal nachgeschaut.
Jetzt konkret zur Anmeldung: "Frauen schützen, Probleme benennen". Das will ich gern tun. Kurz nach den Übergriffen in der Silvesternacht hatten wir einen Übergriff in Hamburg-Ohlstedt, und darüber hat die Presse berichtet. Das ist ein ganz konkreter Fall genau dieser sexualisierten Gewalt. In der Berichterstattung hieß es, dass der Täter ein 23-Jähriger sei, der aus Somalia stamme und Asylbewerber sei. Das wurde gegeißelt von einem kleinen Teil der Presse. Das sei rassistisch. Es werde eine große rassistische Empörung in Hamburg aufgebracht durch die Zeitungen, und das sei der Diskussion nicht förderlich. Meine Damen und Herren! Das sind objektive Umstände, die für diesen Fall
äußerst bedeutend sind. Insofern war es auch richtig, dass die Presse darüber berichtet hat, und insofern müssen wir auch unaufgeregt über diese objektiven Umstände sprechen.
Weswegen sind diese objektiven Umstände wichtig? Wir müssen das richtig ableiten. Herr Dressel, Sie werden unmittelbar danach in der Presse zitiert, Sie hätten eine Abschiebung dieses Täters verlangt.
Wer sich in der Zeitung nämlich unwidersprochen damit zitieren lässt, er habe die Abschiebung dieses Täters verlangt, und in Wirklichkeit gesagt hat
was ich auch unterschreiben würde –, der handelt nicht korrekt. Denn Sie wissen, dass ein Täter, der hier verurteilt wird, nur dann abgeschoben werden kann, wenn er zu mindestens drei Jahren Haft verurteilt wird.
Das wird geändert, höre ich gerade. Damit sind wir genau bei dem Punkt. Ich höre gern, dass das geändert werden soll. Das ist ehrlich und ich freue mich darüber.
Frau Blandow-Schlegel, Sie können sich gern zu einer Zwischenbemerkung oder Zwischenfrage melden, aber jetzt hat Herr Seelmaecker das Wort. – Bitte.
Dann nehme ich einmal an, dass Sie die Genfer Flüchtlingskonvention entweder ändern oder es so anpassen wollen, dass es mit der Genfer Flüchtlingskonvention in Einklang zu bringen ist, denn anders werden Sie das nicht erreichen. Ansonsten suggerieren Sie so etwas bitte nicht. Das gehört zur ehrlichen Debatte darüber, wie Sie damit umgehen wollen, dazu.
Sie müssen konkret sagen, was Sie in Ihr Gesetz schreiben wollen. Wir haben einen Gesetzesvorschlag, der vom Bundesjustizminister vorgelegt wurde. Darüber können wir gern sprechen. Darin stehen richtige Dinge, und da sind wir dann auch wieder beieinander, sachlich und unaufgeregt an der richtigen Stelle, dass wir nämlich beispielsweise Strafrechtslücken schließen müssen, die Grapschen und Ähnliches angehen.
Aber Sie sollten nicht suggerieren, Sie wollten Leute abschieben, die nicht abzuschieben sind. Das suggeriert, Sie seien Law and Order, was Sie an dieser Stelle jedenfalls nicht sind.