Ganz kurz noch zu unserem Zusatzantrag. Im Gegensatz zu dem Bundesgesetz mit seinen in ihm eingeräumten Ausnahmen und Übergangsregelungen sieht das Hamburgische Mindestlohngesetz leider weder Ausnahmen noch Übergangsregelungen vor. Allerdings regelt es, dass Zuwendungen nur dann gewährt werden, wenn die Empfänger ihren Arbeitnehmern den gesetzlich vorgesehenen Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro zahlen. Was passiert nun aber, wenn ein Arbeitgeber mit der Gewerkschaft einen Mindestlohn unter 8,50 Euro vereinbart hat und dieser Tarifvertrag durch das Bundesministerium für allgemeinverbindlich erklärt wurde? Das Mindestlohngesetz des Bundes lässt dann nämlich bis zum Ende des nächsten Jahres, also bis Ende 2016, Entgelte unter 8,50 Euro zu. Wenn das Hamburgische Mindestlohngesetz, das keine Ausnahmen und keine Übergangsregelungen vorsieht, aber erst zum übernächsten Jahr, also zum 1.1.2017, aufgehoben wird, wird in Hamburg das Bundesgesetz mit seinen Ausnahmen und Übergangsregelungen ausgehebelt. Darin sehen wir einen Widerspruch. Diese Ungleichbehandlung können wir nicht hinnehmen und fordern daher in unserem Zusatzantrag, dass das Inkrafttreten des Gesetzes aus der vorliegenden Drucksache um ein Jahr, also auf den 1.1.2016, vorgezogen wird. Das steht natürlich im Widerspruch zu dem Antrag der LINKEN, aber darüber können wir dann im Ausschuss diskutieren.
Wir als CDU bleiben jedenfalls dabei, dass die Tarifautonomie für uns nach wie vor ein wichtiges Instrument ist, und freuen uns auf die Diskussion im Ausschuss. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ja, das ist sie. Die Tarifautonomie ist aber auch gar nicht in Gefahr. Das als Erstes. An Ihrem Beitrag kann man natürlich sehen, dass es sich immer wieder lohnt, noch einmal ausführlich über den Mindestlohn zu reden. Nicht hier und heute, da stimme ich Herrn Rose zu, darum nur kurz, sozusagen als Skizze: Die Horrorszenarien, die es bezogen auf den Arbeitsplatzabbau gab, haben sich nicht bewahrheitet. Das wissen Sie alle.
Ich bin froh, dass die CDU nun auch gesagt hat, sie stehe zum Mindestlohn. Trotzdem grätschen Sie mit Ihrem Antrag wieder quer. Es gibt lediglich einen einzigen Grund, warum Sie diesen Antrag stellen: Es ist billiger für die Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen. Und genau das wollen wir nicht. Wir wollen nicht hinter die in Hamburg erreichten Standards für die Beschäftigten zurückfallen. Denn machen wir uns nichts vor, die Umgehungsstrategien, die uns nicht nur von den Gewerkschaften, sondern auch von den Beschäftigten selbst berichtet werden, sind weiterhin sehr lebendig, und dem muss man etwas entgegensetzen. Leiharbeit, Werkverträge, neue Verträge mit reduzierter Arbeitszeit, in denen die gleiche Leistung gefordert wird, Überstunden und Nachtarbeitszuschläge, die in den Grundlohn eingerechnet werden, damit man auf den Mindestlohn kommt, Wartungs- und Bereitschaftszeiten, die nicht gezahlt werden, Reduzieren des Urlaubsanspruchs, der bereitgestellten Kleidung und Arbeitsmittel – Sie kennen das alles, der Fantasie sind im Grunde keine Grenzen gesetzt. All das wollen wir weiterhin deutlich und klar diskutieren und natürlich auch bekämpfen.
Und die Frage, was wichtiger ist, das hamburgische Gesetz ein Jahr länger in Kraft zu lassen, so wie es DIE LINKE gern möchte, oder sich dafür einzusetzen, dass bundesweit eine Einheitlichkeit kommt, um auch bundesweit faire Arbeitsbedingungen und "Gute Arbeit" für alle zu erreichen und diese gut bezahlt zu sehen, können wir im Ausschuss noch einmal diskutieren. Wir halten allerdings das Letztere für wichtiger und für den richtigen Weg an dieser Stelle.
Sehr geehrte Präsidentin, liebe Damen und Herren! Ich versuche auch, mich kurzzufassen. Wir hatten uns erhofft, dass der Senat eine kräftige Erhöhung des Mindest
lohns beschließt, und wurden leider enttäuscht. Nicht einmal die Forderung des DGB von 9,28 Euro hat sich der Senat als Ziel setzen können. Er bleibt mit 8,67 Euro weit unter dem Mindestlohn anderer Bundesländer wie etwa Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und SchleswigHolstein. Das ist ein Armutszeugnis.
Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass die Zahl der von Altersarmut betroffenen Menschen in unserer Stadt traurige Spitzenwerte erreicht. Der Paritätische Wohlfahrtsverband hat ausgerechnet, dass der Stundenlohn mindestens 13 Euro betragen muss, damit Erwerbstätige nach ihrem Erwerbsleben nicht in Altersarmut landen. Deshalb fordern wir auch diese 13 Euro Mindestlohn. Das ist nicht unverschämt, sondern dringend notwendig. Im Gegenteil: Wir finden, wenn der Senat es unterlässt, die Altersarmut in unserer Stadt anzugehen, dann ist das beschämend für unsere Stadt.
Ansonsten sind wir für die Beibehaltung des Landesmindestlohns über das Jahr 2017 hinaus, weil wir der Meinung sind, dass der Senat durch die Abschaffung des Landesmindestlohns die Chance vergibt, höhere Standards als beim bundesweit geltenden flächendeckenden Mindestlohn zu setzen. Und wenn Herr Rose in seiner Pressemitteilung sagt, wir würden uns quasi von der Forderung der Gewerkschaften nach einem flächendeckenden Mindestlohn verabschieden, dann ist das absurd,
Sie haben in der Drucksache von den Maßnahmen und Initiativen zur Verwirklichung des Ziels "Gute Arbeit" berichtet. Wir finden, dass das für Sie kein Grund ist, sich gegenseitig auf die Schultern zu klopfen, weil es in öffentlichen Unternehmen und bei städtischen Trägern immer noch Missstände wie die sachgrundlose Befristung oder die Verletzung des Grundsatzes gleicher Lohn für gleiche Arbeit gibt. Wir fordern den Senat auf, dagegen vorzugehen. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Dass wir Freien Demokraten den Mindestlohn ablehnen, das wissen Sie alle, das muss ich an dieser Stelle nicht ausführen, und begründet haben wir das Ganze auch oft genug.
Allerdings: Die Debatte, wie viele Leute aufgrund des Mindestlohns langfristig aus dem Arbeitsmarkt gedrängt werden, die werden wir führen, das sage ich Ihnen, nämlich dann, wenn sich Deutschland nicht mehr im Boom befindet und die Bremswirkung des Mindestlohns deutlich spürbar wird.
Die Mindestlohnbürokratie geht an den Problemen der Menschheit vorbei. Bewaffnete Hilfssheriffs zu Lohnkontrollen in Bäckerfilialen zu schicken, ist eine Unverhältnismäßigkeit sondergleichen. Lächerlich wäre wohl der passendere Begriff, hätte man nicht kürzlich bewiesen, dass die 100 Millionen Euro Steuergeld hierfür völlig sinnlos verbraten werden.
Die geringe Anzahl von Mindestlohnverstößen steht in keinem Verhältnis zu den Kosten, die für überflüssige, schikanöse Kontrollen entstehen. In Hamburg sind übrigens von 369 Fällen fünf zur Anzeige gekommen. Das Verhältnis ist nicht angebracht. Das wurde offensichtlich noch nicht oft genug gesagt, deshalb muss ich es an dieser Stelle sagen, auch wenn ich weiß, dass Sie unbedingt nach Hause wollen.
Kommen wir zum Hamburgischen Mindestlohngesetz. Das, meine Damen und Herren, ist nun von Anfang an wirklich nichts weiter als Makulatur gewesen. Schon 2013, als das Gesetz von Ihnen beschlossen wurde, lag die niedrigste Entgeltgruppe im öffentlichen Dienst bei 8,78 Euro, also über den 8,67 Euro, für die Sie sich mit dieser Verordnung nun eigentlich feiern lassen wollten. Das ist sozialdemokratische Symbolpolitik par excellence.
Die Zahlung eines Lohns oberhalb von 8,67 Euro kann als Selbstverpflichtung der Stadt für ihre eigenen Beschäftigten und diejenigen der öffentlichen Unternehmen auch anders realisiert werden. Dazu brauchen wir keine Gesetze und Verordnungen, sondern lediglich den politischen Willen. Sie können in tariflichen Vereinbarungen und durch Tariftreueklauseln in Vergabe- und Zuwendungsbestimmungen einen höheren Lohn manifestieren. Sie können Vergütungen erhöhen oder entsprechende Verträge kündigen und zu anderen Bedingungen neu abschließen. Ein Gesetz brauchen Sie dafür nicht. Folglich ist es auch richtig, dass Sie das Hamburgische Mindestlohngesetz nun abschaffen wollen, denn erforderlich war es nie. Deshalb haben wir auch keine Lust, im Ausschuss großartig darüber zu diskutieren. An dieser Stelle ist von unserer Seite alles gesagt. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wenn man sich dem Thema Mindestlohn nähert, lohnt ein Blick auf die Entwicklung. Wir haben 70 Jahre dauerhaften Aufstieg erlebt hin zu einem der am meisten bewunderten Modelle weltweit: Exportweltmeister, Technologieführer, aus Trümmern erstanden – und alles ohne Mindestlohn. Warum Mindestlohn? Warum diese Diskussion in den vergangenen Jahren?
Weltweit bewundert wird auch die Beteiligung der Arbeitnehmer, gerade auch der Arbeitnehmer in den unteren Lohngruppen. Da haben Sie vielleicht in Skandinavien das eine oder andere Land, das Ähnliches vorweisen kann, aber ansonsten ist Deutschland auch hier Weltmeister. Und nicht nur die pekuniäre Seite, auch die Mitbestimmung in den Betrieben ist vorbildlich. Wir haben also eigentlich keinen zusätzlichen Korrekturbedarf, sodass der Staat in der Art und Weise, wie es hier diskutiert wird, in Marktpreise und Marktlöhne eingreifen müsste.
Sicher, die letzten 20 Jahre gab es einen Druck auf den Lohn, durch Indien, durch China, durch Brasilien, einen großen Lohndruck durch billige Arbeitskräfte in der Globalisierung, bei einfacher Arbeit, niedriger Produktivität. Aber auch hier ist Mindestlohn nicht der Ausweg, und Deutschland hat sich als Standort für diese Lohngruppen recht gut geschlagen, wenn Sie es mit anderen Industrieländern vergleichen.
Mindestlohn ist der falsche Weg. Was wir brauchen, ist mehr Qualifizierung. Das liegt auf der Hand. Die Menschen müssen von ihren Löhnen leben können, völlig richtig. Dem können sich wahrscheinlich alle in diesem Hause anschließen. Nur: Was ist der richtige Weg dorthin? Ist es der Mindestlohn, mit dem der Staat einfach dekretiert, was verdient wird, oder haben gerade wir als Politiker nicht die Aufgabe, die Leute zu qualifizieren, damit sie in der freiheitlichen Gesellschaft zu auskömmlichen Löhnen kommen? Deswegen ist die emotionale Empörung, dass es Menschen gibt, die nicht von ihrem Einkommen leben können, eigentlich eine Klage an die Politik und nicht an die Wirtschaft. Die Politik hat versagt, die Qualifizierung zu bieten, mit der die Leute auf freien Arbeitsmärkten auskömmliches Einkommen erzielen können. Der Skandal ist also, dass wir zu viele Geringqualifizierte haben, Schulabbrecher, Menschen ohne Bildungsund Berufsabschlüsse. Schon in Ostdeutschland haben wir die Probleme gesehen. Dass jetzt noch die Asylproblematik dazukommt, verschärft die ganze Sache noch einmal. Das sind Hunderttausende Menschen, die eine Qualifizierung bräuchten, wo wir schon unsere eigenen Leute nicht ausreichend qualifiziert haben.
Ein flächendeckender Mindestlohn staatlicherseits spaltet die Arbeitsmärkte auf. Auf der einen Seite
sind die, die einen höheren Lohn genießen. Denen geht es gut. Sie können im Moment noch nicht entlassen werden, weil man nicht auf sie verzichten kann. Auf der anderen Seite werden Menschen entlassen, weil der Mindestlohn über der Produktivität liegt. Sie werden wegrationalisiert, weggespart oder leider gar nicht erst eingestellt. Ein großer Teil von ihnen wandert in Schwarzarbeit ab. Dazu gibt es Studien, die das belegen, auch in Deutschland.
Die mit dem Mindestlohn einhergehende Bürokratie ist noch schlimmer. Derzeit belastet nicht so sehr die Höhe des Mindestlohns, die 8,50 Euro, sondern der Mindestlohn muss garantiert werden, er muss kommuniziert, er muss überwacht und sanktioniert werden. Unternehmen sprechen von Bürokratiemonster, von Bürokratielawine. Der Zoll hat 1 600 neue Stellen geschaffen, nur zum Zwecke der Überwachung des Mindestlohns.
Ein Bauunternehmer zum Beispiel, der bisher für einen Mitarbeiter im unteren Lohnbereich pauschal 2 000 Euro gezahlt hat, muss jetzt jede einzelne Stunde nachweisen: Wann ist der Mann gekommen, wann ist er gegangen, wie viele Stunden hat er gearbeitet, wann fängt die Pause fängt, wann hört die Pause auf, wann hat er weitergearbeitet? Das muss er für jeden Tag, für jeden Mann nachweisen und jede Woche eine Meldung machen. Eine Bürokratielawine rollt über die Unternehmen hinweg.
Eine Umfrage der Handelskammer in Hamburg hat ergeben, dass viermal mehr Unternehmen darüber klagen, dass die Bürokratie sie in die Krallen nimmt, als es Unternehmen gibt, die selbst Mindestlohnfälle haben. Nur 8,5 Prozent der Unternehmen haben überhaupt Mindestlohnfälle, aber 70 Prozent klagen darüber. 70 Prozent klagen auch in der bayerischen Metall- und Elektroindustrie; Sie können das im gesamten Bundesgebiet sehen. Der Unternehmensverband Nord beklagt, dass durch den Mindestlohn insbesondere die Minijobs gekillt würden. Es gab Beschäftigungsverhältnisse, alle waren zufrieden. Dann kommt der Staat und will den Arbeitnehmern mit Minijobs helfen, und das Ergebnis ist, dass sie die Jobs verlieren – genau das Gegenteil von dem, was man wollte. Die Verluste, sagen Studien, sind bei den Minijobs bundesweit sechsstellig. So kann es nicht weitergehen, das ist die falsche Politik. Wir brauchen eine bessere Qualifizierung und keinen Mindestlohn.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das wächst sich zu einer Debatte über den Mindestlohn aus. Ich will nicht viel dazu sagen, aber eines möchte ich doch klarstellen. Ab dem 1. Januar 2017 gilt in Deutschland ein allgemeiner gesetzlicher Mindestlohn ohne tarifliche Ausnahmen.
Nach dem, was wir jetzt wissen, haben sich die Befürchtungen über Arbeitsplatzabbau und Ähnliches nicht bestätigt. Es gibt kein Institut, das etwas Gegenteiliges erforscht hat und uns das sagt.