Herr Präsident, meine Damen und Herren! Dieses umfangreiche Papier zeigt sehr deutlich, Herr Hamann, dass sich die rot-grüne Koalition ihrer sozialen Verantwortung sehr bewusst ist und auch nicht darin nachlässt, Daseinsvorsorge und Zukunftssicherung in dieser Stadt weiter voranzubringen. Das haben Sie offenbar nicht richtig bemerkt.
Wir müssen uns da gar nicht verstecken, Herr Hamann. Wir haben in vielen Punkten, wenn man das mit anderen Großstädten vergleicht, doch ein Okay, was Wohnungsbau, aber auch was Sicherungen im Wohnraumschutzbereich betrifft. Da schauen andere Städte, auch Großstädte, durchaus neidisch auf Hamburg, wie wir das hier vorangebracht haben.
Die Wohnungs- und Bodenpolitik darf schon aufgrund der einfachen Erkenntnis nicht irgendeinem unregulierten Marktmechanismus, Herr Meyer, überlassen werden
schön, dass Sie aufwachen –, nämlich der Erkenntnis, dass Boden nicht vermehrbar ist und dass Wohnen zu den existenziellen Bedürfnissen der Menschen gehört. Deswegen hat der Staat die soziale Verpflichtung, allen Bevölkerungsteilen, auch und besonders gerade solchen, die es schwer haben, am Wohnungsmarkt Zugang zu finden, den Zugang zu erleichtern und vor Verdrängung zu schützen. Hieraus ergibt sich, dass wir besonders denjenigen Wohnungsunternehmen Zugang zu Grund und Boden, zum Wohnungsbau ermöglichen wollen, die sich dieser am Gemeinwohl ausgerichteten Aufgabe verpflichtet fühlen.
Die rot-grüne Koalition hat – das ist schon wichtig, dass man das anguckt, danke schön – seit Jahren hierzu eine Vielzahl von Maßnahmen ergriffen, um die Wohnungspolitik entsprechend zu steuern, zum Beispiel Zweckentfremdungsverordnung, die Sozialen Erhaltungsverordnungen, die Wahrnehmung der Vorkaufsrechte in diesen sozialen Erhaltungsgebieten, die Konzeptvergabe bei städtischen Grundstücken, über die wir wesentlich auch die Verpflichtung zum geförderten Wohnungsbau zulasten von Höchstpreisgeboten umgesetzt haben. Ich begrüße übrigens sehr, wenn der Aspekt des Preises bei der Vergabe noch etwas zurückgedrängt wird – dazu ist einiges drin, worüber wir diskutieren können –, um spekulative Hochpreisangebote zu unterbinden.
Es kann nicht so weitergehen, wie wir das in Mitte Altona erlebt haben, wo vor fast zehn Jahren die Grundstücke gekauft wurden und jetzt für 17 bis 25 Euro pro Quadratmeter Kaltmiete angeboten werden. Es ist deshalb zu begrüßen, wenn der Senat dieser Entwicklung dadurch entgegenwirkt, dass städtische Grundstücke im Erbbaurecht und auch mit Konzeptausschreibungen vergeben werden. Diese auch von der Baulandkommission empfohlene Maßnahme grenzt den spekulativen Weiterverkauf von privat an privat ein und schafft zugleich Möglichkeiten, die Mietpreisentwicklung zu beeinflussen. Zugleich erleichtern wir auch denjenigen, die sich einen Kauf nicht leisten können, sich aber einer Gemeinwohlorientierung verpflichtet fühlen, städtisches Bauland zu nutzen. Dazu werden wir beim geförderten Wohnraum den Preis auf 600 Euro je Quadratmeter auch bei der Zinsberechnung im Rahmen des Erbbaurechts begrenzen.
Auge behalten –, stadtentwicklungspolitische Handlungsspielräume zu erhalten, die weit über die Nutzungsdauer eines einzelnen Gebäudes hinausgehen. Dabei kommen wir den Problemen der Erbbaurechtsnehmer durchaus entgegen, was die Kreditfinanzierung betrifft, also die Beleihbarkeit der Erbbaurechtsgrundstücke und die Bewertung im Heimfall. Warum sollten wir das auch nicht tun? Denn die Stadt hat doch ein Interesse daran, dass bezahlbarer Wohnraum erhalten bleibt, dass er instand gehalten wird, auch wenn die Laufzeit langsam zu Ende geht. Deswegen haben wir – anders als im Bund übrigens, wo wir vergeblich auf entsprechende Entscheidungen gewartet haben – Maßnahmen eingebaut, die zum Beispiel dem Mieterschutz und der löchrigen Mietpreisbremse, die nachgebessert werden musste, dienen. Wir warten schon viel zu lange auf die Wahrnehmung der sozialen Verpflichtung der Bundesimmobilienanstalt, bei sozialen Zwecken den Verkauf an die Länder endlich voranzutreiben.
Wir wollen endlich eine wirksame Unterbindung der Share Deals unter Umgehung der Grunderwerbssteuer, und wir fordern die Schaffung einer neuen Wohnungsgemeinnützigkeit, um bezahlbaren Wohnraum dauerhaft zu erhalten. Dazu kommen dringend notwendige Änderungen im Baugesetzbuch; das ist schon angesprochen worden. Die Länder fühlen sich in vielen Punkten vom Bund im Regen stehen gelassen. Darüber werden wir im Ausschuss beraten.
Hier liegt noch irgendein Zettel, aber nicht von mir. Kann man nicht lesen, umfangreich, Papier siegt. Ich fange jetzt mit meiner Rede an.
Ich möchte mit einem Lob, besser gesagt mit einem Dank anfangen. Mit einem Dank, denn der Senat hat umfangreiches Material zu sehr vielen Themenfeldern in der Stadtentwicklung, in der Wohnungspolitik vorgelegt. Es ist auch eine sehr gute Zustandsbeschreibung. Das ist sehr schön, vielen Dank für die Arbeit, die die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verschiedener Behörden geleistet haben.
Wenn man sich dieses Papier anguckt, wird man feststellen, dass es aber in vielen Punkten, bei denen man/frau konkrete Maßnahmen erwartet, doch etwas zweigeteilt ist. Zum einen heißt es sehr oft, man wolle das auf Bundesebene ändern, man wol
le das Baugesetzbuch ändern, man wolle mit der BImA, der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, verhandeln, damit sie ein bisschen sozialer wird und vielleicht auch einmal Grundstücke herausrückt. Aber da, wo es konkret wird, wo in Hamburg etwas getan werden kann, da passiert nicht so viel. Wir werden das in den Ausschüssen noch einmal gut beraten; deswegen habe ich mir für heute nur zwei Punkte herausgesucht, zum einen das Thema Grund, Miete und Wohnen und zum anderen das Thema Erbbaurecht.
Beim Thema Miete, muss ich sagen, war ich sehr erstaunt darüber, dass der Erste Bürgermeister in der "Tagesschau" gesagt hat, in Hamburg habe man es, anders als in Berlin, geschafft, den Mietanstieg ohne Mietendeckel zu bremsen. Das hat mich deswegen erstaunt, weil Herr Tschentscher als Finanzsenator bekannt war als Aktenfresser, bekannt war als jemand, der verliebt in Zahlen, Statistiken und Grafiken ist. Ich halte Ihnen einmal eine Grafik hoch; ich glaube, Sie alle können sie von Weitem sehen und erkennen, dass es sehr ansteigende Entwicklungen sind. Diese Grafik ist nicht von mir, sondern aus der Drucksache, Seite 37. Ich gehe davon aus, dass Herr Tschentscher sie gesehen hat. Ich sage Ihnen einmal kurz, was seit 2011 passiert ist. Die Wiedervermietungsmieten sind mit Regierungsbeginn der SPD im Zeitraum von 2011 bis 2017 um 27 Prozent angestiegen. Die Erstvermietungen, also die Mieten im Neubau, sind sogar um 32 Prozent angestiegen, nur der Verbraucherpreisindex hat es auf knapp 10 Prozent gebracht. Das muss Sie doch zum Nachdenken bringen, und da müssen doch auch Sie und vor allem Herr Tschentscher, Herr Dressel und andere endlich kapieren, dass es nicht reicht, nur zu sagen, bauen, bauen, bauen und alles werde gut.
Ich komme jetzt einmal zu dem anderen Punkt, der wahrscheinlich gerade Sie, Herr Aukes, interessieren wird. Man findet dann auch eine schöne grafische Darstellung zum Immobilienumsatz, also zu dem, was schon gebaut ist, was schon da ist. Allein im letzten Jahr sind 11 Milliarden Euro nur mit dem Kauf bestehender Immobilien umgesetzt worden. Wir können uns sicher sein, dass davon bestimmt 90, wenn nicht 95 Prozent Wohnungen sind.
Das ist doch ein klares Zeichen dafür, dass hier weiterhin in Betongold investiert wird und es nicht darum geht, den Mieterinnen und Mietern etwas Gutes zu tun, sondern darum, die eigene Rendite zu steigern. Dann wird aber gesagt – und das, Herr
Aukes, war Ihr Stichwort –, der Mietendeckel schaffe keine Wohnungen. Ja, das stimmt, der Mietendeckel schützt die Mieterinnen und Mieter davor, dass sie ihre Wohnung verlieren, und deswegen ist er auch so wichtig.
Zum Stichwort Neubau. Wir haben keine Zahlen, wie viel in Hamburg wirklich investiert wurde. Ich habe einfach einmal großzügig hochgerechnet und komme auf 10 000 Wohnungen im Jahr 2017. Das Gutachten der BSW hat vor Kurzem ergeben, dass die Kosten für Bauen und Grundstücke nur knapp unter 4 000 Euro pro Quadratmeter lagen. Wenn ich dann weiß, dass alle Wohnungen 80 Quadratmeter groß sind, komme ich bei 10 000 Wohnungen auf ein Investitionsvolumen von 3 Milliarden Euro. 3 Milliarden Euro im Neubau und 11 Milliarden Euro für Immobilienkauf, da können Sie doch jetzt schon sehen, dass der Neubau hier gar nicht so stattfindet, wie er stattfinden könnte. Man müsste das Geld ganz anders und nicht als Betongold in bestehende Immobilien anlegen, aber das wollen Sie auch nicht.
Ich komme jetzt zu dem Punkt Erbbaurecht, wo ich zuerst dachte, wow, da hätte links wirklich einmal gewirkt, wie Herr Hamann immer behauptet. Da finden sich wunderbare Sätze. Da steht, das Erbbaurecht sei wichtig, um Spekulationen vorzubeugen, das Erbbaurecht sei wichtig für eine langfristige soziale und wohnungspolitische Steuerung – alles klasse. Dann kommt die Umsetzung, und die muss ich Ihnen wirklich vorlesen. Da heißt es nämlich:
"Je größer, je zentraler und je stärker die Fläche mit vorhandenem städtischem Besitz verknüpft ist, desto eher wird zukünftig ein Erbbaurecht bestellt werden."
Das heißt doch überhaupt nur: Wir gucken einmal, vielleicht, vielleicht auch nicht. Das ist doch der falsche Weg. Sie müssen sagen: Ja, wir machen Erbbaurecht und nur Erbbaurecht, wir sind gegen den Ausverkauf dieser Stadt gegen Grund und Boden. Daran müssen Sie sich messen lassen, und all das ist leider in dieser Drucksache nicht vorhanden. – Danke.
(Beifall bei der LINKEN – Ewald Aukes FDP: Sie werden sich nächstes Jahr in Berlin messen lassen müssen!)
Verehrtes Präsidium, meine sehr verehrten Damen und Herren! In der vorliegenden Mitteilung des Senats stellt die Stadtentwicklungsbehörde ihren bunten Strauß wohnungspolitischer Grausamkeiten zusammen, der eines offensichtlich nicht vermag, nämlich den Preisanstieg am Wohnungsmarkt, egal ob in Form von Miet- oder Eigentumswohnungen, nachhaltig zu dämpfen. Verwunderlich ist das nicht, denn schon im ersten Absatz unterliegen Sie, verehrte Senatorin Dr. Stapelfeldt, einem grundsätzlichen Irrtum, der Ursache und Wirkung in einen falschen Zusammenhang rückt.
"… das Gut Boden sich im Spannungsfeld internationaler Anlegerinnen und Anleger und Kapitalmarktstrukturen befindet"
"… vielerorts zu einer Handelsware, einem Anlageobjekt und einem Spekulationsgut geworden ist, was sich in steigenden Bodenpreisen widerspiegelt".
Tatsächlich aber sind die Preissteigerungen nicht Folge unbändiger Spekulationen, Frau Sudmann, sondern Folge eines zu geringen Angebots.
Mit marktwirtschaftlichem Sachverstand kann man das zwar auf der linken Seite des Hauses ergründen, nach links deutlich zunehmend ist dieser allerdings, so wie bezahlbare Wohnungen auch, Mangelware, sodass mich die Wirkungslosigkeit Ihrer Maßnahmen nicht wirklich erstaunt. Solange Sie mit Mietpreisbremsen, Sozialen Erhaltungsverordnungen, Vorkaufsrechten und anderen Regulierungen Investitionen in den Wohnungsbau erschweren, wird sich das Missverhältnis aus Angebot und Nachfrage nicht ändern. Auch Ihre Neuausrichtung der Bodenpolitik wird die Lage leider nicht verbessern, sondern eher weiter verschlechtern.