Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zunächst einmal müssen Sie den Antrag vernünftig lesen. Da steht, dass Informatik in den Lernbereich Naturwissenschaften und Technik gleichberechtigt integriert werden soll. Das impliziert selbstverständlich, dass Biologie, Chemie und Physik etwas abgeben müssen. Ich habe mich natürlich sorgfältig vorbereitet und in die Stundentafeln von Stadtteilschule und Gymnasium geschaut. Informatik ist im Wahlpflichtbereich, und es wäre überhaupt kein Problem, dort etwas herauszunehmen und dem Lernbereich Naturwissenschaften und Technik noch etwas zuzuschlagen. Dann wäre Informatik auskömmlich mit Stunden ausgestattet, und es würde selbstverständlich nichts obendrauf kommen, denn natürlich will auch ich nicht, dass die Stundentafel insgesamt erhöht wird.
Nun muss ich aber noch einmal deutlich werden, was die Brisanz und die Aktualität dieses Antrags anbelangt. Wenn Sie Informatik als Pflichtfach ablehnen, dann entziehen Sie Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit zur mündigen und selbstbestimmten Teilhabe an unserer Gesellschaft. Unsere Gesellschaft ist digitalisiert, und das können Sie nicht einfach mit einer Handbewegung wegwischen.
Wir brauchen nicht erst 2020 irgendeine Initiative, wie im CDU-Antrag gefordert. Gerade Sie als CDU, das hat mich total gewundert, sind doch so wirtschaftsnah. Sprechen Sie einmal mit der Wirtschaft, was die über den Fachkräftemangel sagen. Mittlerweile brauchen 80 Prozent der Menschen eine fundierte digitale Kompetenz. Was glauben Sie, warum sich ein ehrenamtliches Unternehmen wie die Hacker School gegründet hat? Die bekommen niemanden mehr, es gibt niemanden mehr, der Markt ist total leergefegt. Es wird allerhöchste Zeit zu handeln. Es muss jetzt sein und nicht erst 2020, und deswegen kann ich nur an Sie appellieren, unserem Antrag zuzustimmen. Wenigstens im Schulausschuss wird er noch behandelt, wobei er der Diskontinuität anheimfallen wird, aber die Marke ist erst einmal gesetzt. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Liebe Steffi von Berg, ich bin immer sehr für Oppositionsarbeit und auch für eindrucksvolle Auftritte zu haben, aber jetzt so zu tun, als ob an Hamburger Schulen keine Medienerziehung und keine Informatik stattfinden würden, ist doch lächerlich. Es tut mir leid, das ist einfach nicht richtig. Die Kinder lernen in der Grundschule bereits, mit Computern umzugehen, sie lernen Word und Excel, sie lernen oft auch eine Programmiersprache, und sie erhalten Medienerziehung. Das ist am Thema vorbei, Frau von Berg.
Wir müssen das Thema ernster nehmen, da sind wir einer Meinung, aber dieser Vorschlag, jetzt wieder das umzudrehen, was 2013 geändert worden ist, und einfach wieder Informatikunterricht zu machen, obwohl wir keine Lehrer und keine vernünftigen Lehrpläne haben, wird uns nicht weiterbringen, und das wird auch die Hamburger Wirtschaft nicht weiterbringen. Verwenden Sie ein bisschen mehr Gehirnschmalz auf die Angelegenheit, dann kommen wir auch zusammen.
Wer stimmt einer Überweisung der Drucksache 20/13366 an den Schulausschuss zu? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das war einstimmig.
Wer möchte auch die Drucksache 20/13525 an den Schulausschuss überweisen? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist dieses Überweisungsbegehren abgelehnt.
Wer möchte diesen annehmen? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist dieser Antrag mit großer Mehrheit abgelehnt.
Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 50, Drucksache 20/13414 in der Neufassung, Antrag der FDP-Fraktion: Wege aus der Wohnungs- und Obdachlosigkeit sicherstellen.
[Antrag der FDP-Fraktion: Wege aus der Wohnungs- und Obdachlosigkeit sicherstellen – Drs 20/13414 (Neufassung) –]
Die SPD-Fraktion möchte diese Drucksache an den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Integration überweisen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Sozialausschuss hatte sich im Jahr 2012 intensiv mit der Problematik Wohnungslosenhilfe befasst. Im Februar 2012 führte er eine Expertenanhörung zum Thema durch. Im März hat die Bürgerschaft ein Ersuchen an den Senat beschlossen, das dem Senat bereits einige Maßnahmen mit an die Hand gegeben hat. Der Senat legte dann im November 2012 sein Konzept zur Wohnungslosenhilfe vor. Geschehen ist seitdem fast nichts. Bis auf die Einrichtung eines Jungerwachsenen-Projekts wurde kaum etwas auf den Weg gebracht.
Der Senat erklärte Ende August auf eine Schriftliche Kleine Anfrage der Kollegin Katharina Fegebank – ich zitiere –:
"Warum werden die beiden Aufgabenkomplexe 'Schaffung von Lebensplätzen' und 'Initiierung eines Clearinghauses' nicht mehr weiter verfolgt?"
"Der Beginn der Arbeit an den genannten Arbeitspaketen erfolgt zu einem späteren Zeitpunkt. Die 'Schaffung von Lebensplätzen' für Bewohner öffentlicher Unterkünfte und die 'Initiierung eines Clearinghauses' sind angesichts der aktuellen Situation in der öffentlichen Unterbringung zurzeit nicht umsetzbar."
Immerhin hat der Senat – ich bedaure auch an dieser Stelle, dass Sozialsenator Scheele heute nicht anwesend ist, er ist durch einen Termin verhindert – an dieser Stelle tatsächlich einmal Transparenz gezeigt. Diese Transparenz ist aber gleichzusetzen mit einem Offenbarungseid.
Die angeführte Begründung ist zum Teil nachvollziehbar. Die Sozialbehörde hatte und hat alle Hände voll zu tun mit der Suche nach und Schaffung von Plätzen für die Flüchtlinge. Aber dieser Zustand, das seit Jahren andauernde Verschieben auf den Sankt-Nimmerleins-Tag, ist nicht mehr hinnehmbar. Es ist doch gerade so, dass das Schleifenlassen eines ganzen Hilfekomplexes die Situation der Wohnungslosen und damit die gesamtstädtische Situation enorm belastet. Der Sozialarbeiter von "Hinz&Kunzt", Stephan Karrenbauer, wird in
"Wir können Leuten helfen, einen Antrag auf Hartz IV zu stellen, in die Krankenkasse einzutreten, aber das Grundlegende, das ein Mensch braucht, ein Dach über dem Kopf, das können wir nicht vermitteln."
Weiter heißt es in dem Artikel, der das Leben von zwei jungen Obdachlosen behandelt – ich zitiere das Magazin –:
Das genau ist das Problem. Die Gefahr bei der Vernachlässigung der einen Gruppe ist das Heranwachsen von Ressentiments der Gruppen gegeneinander beziehungsweise das Gefühl der einen Gruppe, vollkommen vergessen zu werden. Und genau das gilt es zu verhindern. Es müssen jetzt endlich alle Vorhaben aus dem Gesamtkonzept Wohnungslosenhilfe zeitnah umgesetzt werden,
insbesondere die von der Bürgerschaft vor mehr als einem Jahr beschlossene und damit finanzierte Schaffung von 739 Plätzen in der öffentlichen Unterbringung und die Einrichtung von Clearinghäusern und Lebensplätzen. Die Clearinghäuser haben zum Ziel, die individuellen Schwierigkeiten der Betroffenen von Wohnungsverlust innerhalb einer befristeten Zeitspanne aufzuarbeiten und parallel Wohnraum zu suchen. Auf diese Weise wird für eine effektive, passgenaue und vor allem nachhaltige Hilfe gesorgt. Die sogenannten Lebensplätze in der öffentlichen Unterbringung gelten den Menschen, bei denen aufgrund ihres Alters oder ihrer psychischen Konstitution eine Reintegration im eigenen Wohnraum nicht mehr gelingen wird. Stattdessen werden seit Monaten, ich meine sogar seit Jahren, Wohnungslose in wenig geeigneten Hotels untergebracht, die auch noch erhöhte Kosten mit sich bringen.
Meine Damen und Herren! Die Situation der Wohnungslosen hat sich bekanntlich nicht verbessert, sondern noch verschlechtert. Die bezirklichen Fachstellen für Wohnungslosennotfälle haben 2013 im Vergleich zu 2011 jährlich 645 Wohnungen weniger sichern können; das sind knapp 9 Prozent. Das ist den aktuell vorliegenden Zahlen aus der Großen Anfrage der GRÜNEN zum Thema wohnungssuchende Obdachlose vom letzten Monat zu entnehmen. Die Vermittlung von Wohnungslosen aus der öffentlichen Unterbringung in Wohn
raum wird bekanntlich zunehmend schwieriger, was der nach wie vor angespannten Wohnungssituation geschuldet ist. Das Wohnraumförderprogramm des Senats reicht hier nicht aus, auch wenn es im laufenden Jahr etwas mehr gegriffen hat. Ein Zusammenschluss der Wohlfahrtsverbände wies den Senat vor wenigen Tagen noch einmal auf die Notlage hin; 800 Wohnungslose stehen auf der Warteliste für Schlafplätze.
Meine Damen und Herren! Am 1. November startete das Winternotprogramm mit 600 Plätzen, im letzten Jahr gab es noch 784 Plätze. Durch den Wegfall des Standorts in der Spaldingstraße fehlen 230 Plätze. Die Amsinckstraße soll zwar die Spaldingstraße ersetzen, dieser Containerstandort kann jedoch voraussichtlich erst ab Mitte Dezember in Betrieb genommen werden. Verzögerungen sind nicht ausgeschlossen, sodass gerade zum Winteranfang 250 Plätze fehlen werden. Wie diese Versorgungslücke bei Kälteeinbruch geschlossen werden soll, hat der Senat nicht bekanntgegeben. Angesichts der derzeitigen Zustände gehe ich davon aus, dass er hierzu auch keine Pläne hat.
Gerade in der kalten Jahreszeit wird jeder Platz im Winternotprogramm dringend gebraucht. Aber auch bei den Tagesaufenthaltsstätten bedarf es einer Überprüfung der Auslastung. Das "Herz As" platzte im letzten Winter aus allen Nähten. Weiterer Bedarf besteht für die Einrichtung eines Trinkerraums in der Nähe des Hauptbahnhofs. Die FDP-Fraktion fordert den Trinkerraum seit der Übernahme der Aufsicht des überdachten Bahnhofsvorplatzes durch die Deutsche Bahn, also seit 2012.
Das Hans-Fitze-Haus in Harburg macht es aktuell erfolgreich vor. Im Erdgeschoss ist der Trinkertreff, im ersten Stock das Beratungscenter mit Sozialarbeitern, und es trägt gleichzeitig zur Entlastung der Trinkerszene auf dem Rathausplatz in Harburg bei. Ein solches Angebot nördlich der Elbe besteht derzeit nicht, wird jedoch nach wie vor benötigt. Wie Sie sehen, bedarf es dringend der Umsetzung der vor Langem beschlossenen Maßnahmen und damit einer verbesserten Versorgung in der Wohnungs- und Obdachlosenhilfe in Hamburg.
Und das Winternotprogramm muss sehr bald vollständig aufgestellt sein. Es muss verhindert werden, dass es einen Kältetod eines Obdachlosen gibt.