Ich will, dass wir das nutzen, und ich will auch noch einmal unsere Bereitschaft untermauern, mit vereinten Kräften zu streiten.
Wir fordern den Senat aber, wie wir es auch schon vor zwei Wochen und vor vier Wochen und vor sechs Wochen getan haben, noch einmal auf, offenzulegen, welche Flächen für die Unterbringung geprüft wurden. Es geht Ihnen sicher nicht anders als uns. Bei uns gibt es täglich Anrufe, E-Mails und Nachfragen, ob nicht noch Vorschläge eingereicht werden könnten, wo sie eingereicht werden könnten und wie nachvollzogen werden könne, aus welchen Gründen welche Fläche, welches leerstehendes Bürogebäude, welche nicht mehr genutzte Schule nicht infrage komme. Wenn man hier für eine Transparenz sorgen würde, dann wäre in puncto Akzeptanz der eine oder andere Schritt getan.
Der zweite Punkt mag vielleicht selbstverständlich klingen: Bei all diesen Anstrengungen ist es immer wieder wichtig, sich vielleicht noch einmal ein Stück weit von den ausgetretenen Pfaden zu lösen und alle Beteiligten an einen Tisch zu holen – nicht nur den Senat, die Bezirkspolitiker vor Ort und diejenigen, die für die Errichtung der Container zuständig sind, sondern auch die Kammern, mögliche Investoren, Flüchtlingsorganisationen, soziale Einrichtungen und die Menschen vor Ort –, um gangbare Lösungen zu finden. Das ist unser zweiter Impuls, den wir schon mehrfach in die Debatte eingebracht haben, um hamburgweit Akzeptanz zu schaffen, um auf die Platzzahlen zu kommen, die wir brauchen und die bis Ende des Jahres noch weiter steigen werden.
Ich will noch einmal unseren ewig wiederholten Punkt der schnellen, unbürokratischen, vor allem aber kreativen Lösungen in die Runde werfen. Wir haben uns angeschaut, was andere Städte machen. In Bremen werden, unterstützt durch Migrantenorganisationen, Container zu wohnlichen Dörfern gestaltet, sodass das, was Herr Wersich vorhin ansprach – Konflikte, Ghettobildung, unzureichende Situation in Sammel- und Massenunterkünften –, allein durch die Anordnung und die baulichen Verhältnisse ausgehebelt werden kann. In Augsburg, das ist heute groß in der Presse, leben Flüchtlinge gemeinsam mit Kunstschaffenden und Reisenden in einem zu einem Hotel umgebauten Pflegeheim. Das sind alles Ideen, die auf der Straße liegen und die wir zusammenführen sollten, um daraus ein richtiges Aktionsbündnis zu machen und die Flüchtlinge in unserer Stadt willkommen zu heißen.
Ich will noch einen Satz zum Zeitdruck sagen. Wir verstehen den Zeitdruck. Der Senat hat gehandelt, aber er hat spät gehandelt. Das darf jetzt natürlich nicht zur Folge haben, dass alle Bemühungen und gemeinsamen Anstrengungen dazu führen, dass die Akzeptanz sinkt. Eilverfahren dürfen nicht dazu führen, dass aufgehört wird, nach besseren Unterbringungen zu suchen. Wir müssen aufpassen, dass Transparenz, Beteiligung und Information nicht auf der Strecke bleiben. Anwohnerinnen und Anwohner müssen auch weiterhin immer Bescheid wissen, was in ihrer Nachbarschaft passiert, denn ohne Akzeptanz wird es nicht funktionieren.
Ein letzter Satz: Ich hoffe, dass wir uns in diesem Hause einig sind, dass in den nächsten Wochen und Monaten nicht Wahlkampf auf dem Rücken der Flüchtlinge gemacht wird.
Wenn ich mir einige Äußerungen der Kollegen der außerparlamentarischen Opposition anhöre, bin ich mir da nicht so sicher. Dafür ist das Thema zu wichtig; da müssen wir als Stadt solidarisch zusammenstehen. Keine Stimme den Rechtspopulisten in der Frage der Flüchtlingspolitik. – Danke.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Seit mindestens zwei Jahren steigt die Zahl derjenigen, die bei uns Zuflucht vor Krieg, Terror und Vertreibung suchen. Seit mindestens zwei Jahren reden wir in der Bürgerschaft und in den Ausschüssen darüber, wie wir die immer größer werdende Zahl der Flüchtlinge unterbringen, versorgen und integrieren wollen. Nun spricht die SPD-Fraktion in ihrer heutigen Themenanmeldung davon, dass wir das gemeinsam schaffen. Das ist eine späte Erkenntnis.
(Sören Schumacher SPD: Na, Sie machen ja bald nicht mehr mit! – Wolfgang Rose SPD: Ist doch Quatsch!)
Meine Fraktion und auch die anderen Oppositionsfraktionen, wie der Beitrag von Katharina Fegebank gerade gezeigt hat, haben immer wieder viele Vorschläge gemacht, wie die Herausforderungen zu meistern sind. Darunter waren viele gute und praktikable Vorschläge, einige waren vielleicht auch weniger zielführend, aber alle wurden vom Senat und von der SPD-Fraktion schlicht und einfach abgelehnt. Und nun stehen Sie mit dem Rücken zur Wand, wie Sie selbst gesagt haben, Herr Senator Scheele. Doch anstatt daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen, fällt Ihnen nichts Besseres ein, als bei der Unterbringung von Flüchtlingen in großem Umfang das Polizeirecht nach SOG anzuwenden. Damit schaffen Sie aber erst recht Probleme, die am Ende möglicherweise nicht mehr zu kontrollieren sind.
Hamburg ist eine weltoffene Stadt. Es ist hier eine gute, liberale und jahrhundertealte Tradition, Menschen aus aller Welt willkommen zu heißen. Dieser Tradition müssen wir uns gemeinsam mehr denn je bewusst werden, denn ohne die vielen Ehrenamtlichen und die Willkommenskultur der Hamburger könnte die Unterbringung und Betreuung der Flüchtlinge in Hamburg nicht so gut funktionieren, wie es bislang der Fall ist. Ich denke, wir alle wollen, dass das auch weiterhin so bleibt, aber dafür müssen wir die Ehrenamtlichen und die Bürger vor Ort auch mitnehmen. Sie müssen eingebunden
werden. Das ist ganz wichtig für den Erfolg einer Unterbringung. Aber Regelungen zur Gefahrenabwehr und zur Sicherung der öffentlichen Ordnung, also die Anwendung von Polizeirecht, sind nicht geeignet, um die notwendige öffentliche Akzeptanz und eine breite Beteiligung bei der Unterbringung und der Integration von Flüchtlingen zu erhalten. Das Gegenteil ist der Fall, und ich nenne Ihnen drei Punkte, warum.
Erstens: Die Anwendung von Polizeirecht und die eilige Errichtung von Notunterkünften ohne Beteiligung und Dialog mit Bürgern und Bezirkspolitikern wird Widerstand gegen ungeeignete Standorte hervorrufen.
Zweitens: Die Anwendung von Polizeirecht lässt das Unterlaufen wichtiger Standards im Baurecht, etwa beim Brandschutz, zu. Gerade da, wo viele Menschen auf engstem Raum zusammenleben, ist das extrem gefährlich.
Und drittens: Die Anwendung von Polizeirecht wird den Gegnern einer offenen und humanitären Flüchtlingspolitik in die Hände spielen und Integration erschweren.
Ich habe große Zweifel, ob die Errichtung von Flüchtlingsunterkünften nach SOG vom Senat wirklich durchdacht ist. Kein Wort haben wir vom Senat bislang zu grundlegenden Fragen gehört. Für welchen Zeitraum sollen die nach Polizeirecht eingerichteten Unterkünfte denn unter Polizeirecht stehen? In welchem Zeitraum ist eine Überführung der Unterkünfte in reguläre Einrichtungen geplant, die den Standards des Bauplanungs- und des Bauordnungsrechts genügen? Wie wollen Sie mittel- und langfristig mit Einrichtungen umgehen, die nach geltendem Bauplanrecht unzulässig sind? Das sind viele Fragen, aber keine Antworten. Vielleicht hören wir gleich noch etwas dazu.
Was aber stattdessen tun? Vorschläge liegen auf dem Tisch. Warum war es beispielsweise nicht möglich, die von uns geforderte private Wohnraumvermittlung endlich einzuführen? Der Senator selbst sprach kürzlich im "Hamburger Abendblatt" von 400 privaten Hilfsangeboten. Eine zentrale Stelle aber, die diese Angebote koordiniert, suchen wir bisher vergeblich. Ich bin deshalb froh, dass Herr Dressel gestern, auch auf Druck der Pastorin Dietlind Jochims, zugesagt hat, diese Möglichkeit nun endlich einmal zu prüfen. Und warum ist es nicht möglich, mit dem Bund und/oder der Bundeswehr über die Nutzung von Flächen zu verhandeln?
Warum ist es nicht möglich, mit den umliegenden Bundesländern, die allesamt SPD-regiert sind, über die großen Herausforderungen zu sprechen? In den Flächenländern bieten sich doch, anders als in den Stadtstaaten Hamburg und Bremen, größere Möglichkeiten. Es muss doch möglich sein, unter den Ministerpräsidenten darüber zu sprechen.
Meine Damen und Herren! Unserer Auffassung nach führt kein Weg an der Beteiligung der Bezirke vorbei, um die Akzeptanz in der Stadt zu erhalten und zu stärken. Ebenso dürfen die Mindeststandards und die menschenwürdige Unterbringung nicht ausgehöhlt werden. Bevor Polizeirecht angewandt wird, müssen alle Mittel ausgeschöpft werden. Bisher war das erkennbar nicht der Fall. Wir werden trotzdem weiterhin konstruktiven Lösungen nicht entgegenstehen und auch weiterhin mithelfen. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Überschrift lautet: Gemeinsam schaffen wir das. Jetzt, in einer Notsituation, sollen wir alle an einem Strang ziehen, aber davor hielt es die SPD nicht für notwendig, mit den Oppositionsfraktionen zusammenzuarbeiten.
Zu der Notsituation ist zu sagen: Die haben Sie selber geschaffen, indem Sie so lange gewartet und nicht gehandelt haben.
(Beifall bei der LINKEN und bei Birgit Stöver CDU, Dr. Eva Gümbel und Dr. Anjes Tjarks, beide GRÜNE)
Ich kann Ihnen sagen, von was für einer Kooperation Sie sprechen: Alle Fraktionen bringen Vorschläge ein, die Anträge schaffen es vielleicht sogar in den Ausschuss und werden dort diskutiert, und dann stimmt man sie weg oder übernimmt die Forderung einfach in den eigenen Antrag, schreibt SPD darüber und stimmt dann über sie ab. Wir haben Anträge gestellt, zum Beispiel zum Thema Sozialwohnungen. Wir haben ganz deutlich gesagt, dass wir mehr Sozialwohnungen brauchen, damit die Menschen aus der öffentlichen Unterbringung, bezogen auch auf die wohnungslosen Hamburgerinnen und Hamburger, in gesicherte Wohnverhältnisse reintegriert werden können. Wir haben immer
wieder deutlich gemacht, dass der Kooperationsvertrag mit SAGA GWG und den anderen Wohnungsunternehmen eingehalten werden muss, der die Vergabe von 1200 Wohnungen im Jahr an wohnungslose Menschen vorsieht. Wir haben auch deutlich gemacht, dass es eine Ausweitung der öffentlichen Unterkunft geben muss. Seit fast vier Jahren haben wir jedes Jahr einen Antrag mit einer solchen Forderung eingebracht, aber auch diese Forderung wurde immer abgelehnt. Und jetzt sollen wir schweigen über die verfehlte SPD-Politik, über die verfehlte Wohnungsbaupolitik
und die verfehlte Politik in Bezug auf die öffentliche Unterbringung von wohnungslosen Menschen. Das ist für mich eine Politik ohne Perspektive: Hier ein Loch stopfen, da ein Loch stopfen, und die Bezirke und die Bürgerschaftsfraktionen sollen dazu schweigen und einfach mit dem Kopf nicken. Das geht so nicht.
Wenn Sie schon dabei sind, Unterkünfte zu schaffen, sollten Sie die Mindeststandards nicht aus den Augen verlieren. Ich nenne nur einmal die Schnackenburgallee; ich weiß nicht, wer von Ihnen dort war. Ich finde es beschämend, dass in einer reichen Stadt wie Hamburg Menschen in einer solchen Unterkunft leben, wo sich 32 Menschen ein Zelt teilen müssen. Wir sagen, wir seien eine interkulturell geöffnete Stadt, aber Kultursensibilität bedeutet für mich nicht, dass eine Frau, die Kopftuch trägt, mit 31 anderen Menschen im Zelt lebt und drei Wochen lang ihr Kopftuch nicht abnehmen kann, weil sie dort mit Männern untergebracht ist.
Die Zelte wollen Sie also abschaffen. Ich wundere mich, dass in einer reichen Stadt wie Hamburg, wo über Olympia gesprochen wird, überhaupt Zelte aufgestellt werden, um dort Menschen unterzubringen.
Die Frage müssen Sie sich doch stellen. Im Ausschuss habe ich Herrn Neumann gefragt, warum denn nicht Container aufgestellt werden. Herr Neumann, Sie haben gesagt, Container seien teuer. Was soll das denn heißen? Aufgrund der Schuldenbremse können wir jetzt keine Container aufstellen, weil Zelte günstiger sind?