Protocol of the Session on September 10, 2014

Ich kann Ihnen unzählige Anträge zeigen, in denen wir Sie aufgefordert haben, leer stehende Gebäude, Wohn- und Büroräume zu überprüfen. Es freut mich, dass die GRÜNEN diese Forderung aufgenommen haben, obwohl sie sich damals enthalten haben.

Ich kann Ihnen sagen, warum wir in dieser Situation sind. Sie können nicht so tun, als hätten Sie damit nichts zu tun.

(Kazim Abaci SPD: Das haben wir nicht ge- sagt!)

Es gibt zwei wesentliche Gründe, warum wir jetzt in dieser Klemme stecken, erstens Ihre Konzeptlosigkeit. Seit vier Jahren haben Sie kein Konzept vorgelegt.

(Kazim Abaci SPD: Stimmt nicht!)

Herr Abaci, Sie haben immer kleinere Maßnahmen vorgelegt, aber kein umfassendes Konzept,

(Beifall bei der LINKEN)

weder im Bereich der Wohnungslosigkeit in Bezug auf die deutschen Wohnungslosen, noch in Bezug auf die Flüchtlinge.

(Ksenija Bekeris SPD: Erinnern Sie sich an das Gesamtkonzept zur Bekämpfung von Wohnungslosigkeit?)

Das ist doch kein Gesamtkonzept, das ist eine Auflistung von kleinen Maßnahmen, die nichts ändern werden.

(Beifall bei der LINKEN und bei Martina Kaesbach FDP – Ksenija Bekeris SPD: Was ist das denn für ein Unsinn, Frau Özdemir!)

Kommen wir zum zweiten Punkt. Es gibt einen weiteren Grund, und das ist Ihre verfehlte Wohnungspolitik in dieser Stadt.

(Zurufe von der SPD)

Hören Sie doch auf, sich nach vier Jahren immer noch an der schwarz-grünen Koalition abzuarbeiten.

Sie haben 6000 Wohnungen bauen lassen, davon waren nur 600 Sozialwohnungen. Wie soll denn da eine Reintegration stattfinden?

(Beifall bei der LINKEN)

Ihr Antrag ist wirklich peinlich. Sie fordern uns auf, Ihre Flüchtlingspolitik mitzutragen, ohne dabei mit uns zu kooperieren. Dann werden zwei Zusatzanträge der Oppositionsfraktionen eingereicht, und Sie schauen sich das noch nicht einmal an, son

dern sagen gleich, das verwirre Sie alles, Sie kämen damit nicht zurecht, und dann lehnen Sie diese Anträge ab.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Ich möchte noch einmal auf die Punkte in Ihrem Antrag eingehen. Punkt 1 und 2 haben für uns Appellcharakter ohne jede Wirkung. Sie appellieren an Ihre eigene Bundesregierung, dass sie Ihnen helfen solle, und wir sollen zustimmen. Im dritten Punkt geht es um das freiwillige Engagement. Wir sind auch dafür, dass Menschen sich in den Flüchtlingsunterkünften engagieren, wir schätzen diese Arbeit und finden sie wichtig. Aber die Freiwilligen, die sich dort engagieren, können doch nicht für Ihre verfehlte Politik einspringen. Es gibt auch andere Bereiche, wo man noch investieren müsste, zum Beispiel in Sozialarbeiter und Sozialarbeiterinnen, die fehlen, oder in Trauma-Sprechstunden. Das, was angeboten wird, ist für die tausend Flüchtlinge nicht ausreichend.

Zu den Anträgen der anderen Fraktionen. Dem GRÜNEN Antrag werden wir zustimmen. Ich habe es eben schon gesagt, das war eine unserer Forderungen, und das ist es immer noch. Schade nur, dass Sie sich damals enthalten haben, als wir das so in unserem Antrag formuliert haben.

Dem Antrag der FDP-Fraktion wollten wir eigentlich, mit Ausnahme der Ziffer 8, ebenfalls zustimmen. Es ist aber so, dass ich manchmal ein gewisses Problem mit dem Ton von Frau Kaesbach habe. Ich habe Ihren Ton nicht angemessen gefunden, und das, was Sie gesagt haben, in Teilen auch nicht. Das war auch schon bei der letzten Debatte so, als wir über die jesidischen Flüchtlinge gesprochen haben. Deshalb werden wir diesen Antrag ablehnen.

(Beifall bei der LINKEN – Robert Bläsing FDP: Das ist ja mal eine originelle Begrün- dung!)

Herr Bläsing, ich wollte es nicht so sagen, aber die meisten Forderungen, die Sie dort stellen, haben wir schon vor Ihnen in unseren Anträgen gehabt, und da haben Sie nicht zugestimmt.

(Robert Bläsing FDP: Noch eine originelle Begründung, die wird nicht besser!)

Ihre Begründung war auch nicht viel besser, ich glaube, sie war billiger.

(Dirk Kienscherf SPD: Beide schlecht!)

Zur übernächsten Bürgerschaftssitzung werden wir wieder einen umfassenden Antrag einreichen, eine Strategie mit kurz-, mittel- und langfristigen Forderungen,

(Karin Timmermann SPD: Damit kriegt man keine Flüchtlinge untergebracht!)

die Sie sich zu Herzen nehmen sollten. Denn ich glaube, es ist wirklich an der Zeit, langfristige, mittelfristige und kurzfristige Maßnahmen zu ergreifen und in diese zu investieren, um eine menschenwürdige Flüchtlingspolitik in dieser Stadt zu haben. Ihre jetzige Politik werden wir nicht mittragen.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Özdemir. – Das Wort hat Herr Senator Scheele.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben in den vergangenen Monaten in diesem Haus und in den Ausschüssen, im Haushaltsausschuss und im Sozialausschuss, oft über die Unterbringung von Flüchtlingen und Wohnungslosen diskutiert und immer einvernehmlich abgestimmt. Das ist gut so; es zeichnet sich auch heute Abend ab, dass wir diesen Antrag gemeinsam beschließen. Denn in Wahrheit darf man die Grundlagen der Flüchtlingsunterbringung nicht politisch streitig stellen. Das ist eine Pflichtaufgabe der Stadt. Viele Bürgerinnen und Bürger engagieren sich, und wir sollten keinen Streit abliefern.

(Beifall bei der SPD)

Mein Eindruck ist aber, dass nicht überall der nötige Realismus eingekehrt ist. Ich habe am Wochenende Zeitung gelesen und war dann doch etwas verblüfft: Der Harburger Binnenhafen sei zu schick.

(Christiane Schneider DIE LINKE: Ja, das war unmöglich!)

Hamburg solle von uns noch einmal mit einem feinen Kamm durchgekämmt werden – das ist natürlich ganz super. Angeblich, Frau Kaesbach, fehle ein Plan – wir haben ihn oft besprochen. Schiffe seien ohnehin nicht zumutbar, und im Übrigen hätte alles viel früher beginnen können. Ich habe nur Aussagen gelesen, wie es bitte nicht sein soll. Ich habe gar nichts gesehen und gehört, was wir denn tun sollen.

(Christiane Schneider DIE LINKE: Dann müssen Sie mal ab und zu zuhören!)

Jetzt hören Sie einmal zu.

(Unruhe im Plenum)

Keiner braucht sich aufzuregen. Sie können nach vorne kommen und eine Fläche nennen. Sie können mit Ihren Wahlkreisabgeordneten reden und mit Ihren Kolleginnen und Kollegen in den Bezirksversammlungen und dafür sorgen, dass die durchgeht. Reden Sie nicht so viel von Konzept, reden Sie von Flächen.

(Beifall bei der SPD)

(Cansu Özdemir)

An einigen scheint die dramatische Entwicklung weltweit etwas vorbeigegangen zu sein.

(Beifall bei Tim Golke DIE LINKE – Glocke)

Herr Senator, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Özdemir?

– Ja, bitte.

Herr Scheele, Sie sagen, wir sollen Vorschläge für Flächen machen. Dann schlage ich Ihnen die Fläche am igs-Parkplatz vor. Was sagen Sie denn dazu?

(Beifall bei der LINKEN)

Dazu sage ich, dass diese Fläche geeignet ist und dass wir sie zurzeit auflisten und klären, ob wir sie noch brauchen. Etwas anderes haben wir nie gesagt.

Ich empfehle allen, einmal "Tagesthemen" und "ZDF heute-journal" nacheinander zu schauen und alles auf sich wirken zu lassen. Wenn man das gemacht und die überregionalen Tageszeitungen gelesen hat, dann sieht man sehr, sehr anschaulich, was weltweit los ist. Und man sieht, wie sich die Kommunen in Deutschland landauf, landab damit quälen, eine ordentliche Unterbringung bereitzustellen, und zwar völlig egal, wer regiert: die CSU, die CDU, die FDP, die GRÜNEN oder DIE LINKE. Nun tun Sie nicht so, als sei das in Hamburg ganz anders als anderswo. Wir sind ehrlicherweise sogar ein bisschen erfolgreicher, denn bisher ist hier nichts passiert. Darauf können wir stolz sein.