Man hätte einfach schon viel früher anfangen müssen mit einem Konzept. Dazu komme ich noch später.
Außerdem müssen Verhältnisse, wie sie in den Achtziger- und Neunzigerjahren in der Berzeliusstraße vorherrschten, unbedingt vermieden werden. Im Billstieg, also in unmittelbarer Nähe zur Berzeliusstraße, leben schon jetzt 800 Flüchtlinge. Eine Ghettoisierung der Flüchtlinge ist auf jeden Fall zu vermeiden.
Frau Bekeris, die haben Sie vor Augen, sie stehen in unserem Antrag. Ich komme auch in meinem Redebeitrag noch darauf zu sprechen.
Oder will der Senat, dass DeutschtĂĽmelei vermengt mit Law-and-Order-Parolen in das Rathaus einzieht?
Ein zweites Beispiel wäre die Sophienterrasse in Harvestehude. Ganze 14 Millionen Euro plus eine 1 Million Euro Umbaukosten verschlingt diese Einrichtung, und dann wird mit der Fertigstellung bis Juli 2015 gewartet.
Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Erst hieß es Anfang 2015, jetzt heißt es Juli. Ich bin mir sicher, es wird noch weiter verzögert.
Und nun zum Thema fehlende Einbindung der Bezirksabgeordneten; wir haben schon von Frau Stöver etwas darüber gehört.
Die Innenbehörde hat in der Nacht vom 27. auf den 28. August offensichtlich in einer Nacht- und Nebelaktion auf dem Neuländer Platz in Harburg drei Zelte für 96 Asylbewerber aufgebaut.
Dabei wurde den Harburger Bezirksabgeordneten im August noch gesagt, die Zelte solle es nicht geben. Und nun, einen Monat später, werden Bürger und Abgeordnete mit dieser Aktion quasi überrollt. Laut Harburger Ausgabe des "Hamburger Abendblatts" vom 2. September liegt noch nicht einmal eine Genehmigung zur Aufstellung vor; ein Bauantrag zur Aufstellung der geplanten Container für knapp 200 Flüchtlinge neben der Erstaufnahme in Harburg soll ebenfalls nicht vorliegen, ganz zu schweigen von der Einbindung der Bezirksabgeordneten nach Paragraf 28 Bezirksverwaltungsgesetz. Frau Bekeris, Sie sprachen von gemeinsamem Ärmelhochkrempeln. Davon sehe ich hier nichts.
(Beifall bei der FDP und bei Dr. Walter Scheuerl fraktionslos – Sylvia Wowretzko SPD: Wo leben Sie denn?)
Der Senat kĂĽndigt zwar immer wieder an, die Anwohner und die Bezirksabgeordneten im Vorfeld seiner Vorhaben informativ mitzunehmen, sein Handeln widerspricht dem aber.
Meine Damen und Herren! Es ist doch offensichtlich, dass der Senat die Notwendigkeit, auf den stark anwachsenden FlĂĽchtlingsstrom entsprechend zu reagieren, verschlafen hat.
(Karin Timmermann SPD: Das kann doch nicht Ihr Ernst sein! – Ksenija Bekeris SPD: Das ist völlig absurd, was Sie da sagen!)
Die Zahlen lagen im Sommer 2012 bereits auf dem Tisch und wurden durch mehrere Schriftliche Kleine Anfragen abgefragt. Seit August 2012 haben wir einen erheblichen Zustrom. Statt frĂĽhzeitig, und
zwar schon im Sommer 2012, die Quartierssuche zu intensivieren und mit Bezirken, Anwohnern und Hilfsorganisationen eine Allianz für Flüchtlinge zu suchen, wurde das Thema vom Senat so zögerlich angegangen, dass Sozialsenator Scheele jetzt sagt, er stehe mit dem Rücken zur Wand.
Jetzt sollen Pontonschiffe, Zelte und Hilferufe Richtung Große Koalition in Berlin die Situation irgendwie retten und die Opposition mit einem fraktionsübergreifenden Antrag, der wenig Geld, aber viel gute Worte enthält, in die Mitverantwortung für das SPD-Versäumnis geholt werden. Das ist billig und das lehnen wir ab.
Wir beantragen, endlich ein umfassendes Gesamtkonzept für die öffentliche Unterbringung zu erstellen, zu dem unter anderem folgende Punkte gehören: Erstellung eines Verteilerschlüssels für die öffentliche Unterbringung, der sich an den Erkenntnissen des vom Senat vorgelegten Sozialmonitorings orientiert,
verstärkte Schaffung dezentraler und kleinteiliger Einrichtungen, intensive Einbindung der Bezirksversammlungen und der Anwohner vor Ort bei der Planung, verstärkte Berücksichtigung der Zielgruppen und Bedarfe der hilfesuchenden Menschen bei der Verteilung auf die Wohnunterkünfte.
Hamburg sei eine kosmopolitische, also weltbürgerlich orientierte Stadt, so Olaf Scholz im Thalia Theater – sicher, wenn es um das Anwerben von Fachkräften oder die Beratung von ausgebildeten Zuwanderern geht. Hinsichtlich der Bewältigung der Unterbringung der Flüchtlinge agiert der Senat dilettantisch.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch wir werden der Nachbewilligung zustimmen, aber wir glauben nicht, dass das ausreichen wird. Schauen wir uns die Konflikte in verschiedenen Ländern, in verschiedenen Regionen der Welt an. Es ist abzu
sehen, dass wir weitere FlĂĽchtlinge aufnehmen werden. Ich bin der Auffassung, dass wir sie aufnehmen mĂĽssen, und ich glaube auch, dass das unsere Pflicht ist.
Aber wenn wir sie aufnehmen, spielt für uns auch eine Rolle, wie wir sie aufnehmen – Stichwort Qualität. Und wenn wir uns die Flüchtlingsunterkünfte in der jetzigen Situation einmal anschauen, dann können wir von einer schlechten Qualität sprechen.
Dem Zusatzantrag der SPD-Fraktion werden wir nicht zustimmen. Hier stimmt schon der Titel nicht. Nach vier Jahren Regierung sollte es endlich heißen: Wir brauchen eine nachhaltige Strategie für menschenwürdige Unterbringung aller Wohnungslosen, und das als höchste Priorität in dieser Stadt.
Die FDP sagt, sie fordere seit Längerem eine Strategie. Wir fordern seit vier Jahren eine Strategie, haben unterschiedliche Anträge eingebracht mit kurzfristigen, mittelfristigen und langfristigen Forderungen, wie die Wohnungslosigkeit in der Stadt bekämpft, sprich, wie dafür gesorgt werden kann, dass Flüchtlinge menschenwürdig untergebracht werden. Aber man kann, wenn Sie schon von Zusammenarbeit, von Kooperation sprechen, ganz deutlich sagen, dass die SPD-Fraktion diejenige Fraktion war, die sich geweigert hat, mit den Oppositionsfraktionen zu kooperieren.
Wo wir gerade bei den Standards sind: Herr Dressel äußerte in der Zeitung, auch er fände Zelte untragbar. Das freut mich. Dann ist jetzt für uns der Zeitpunkt da, über Mindeststandards zu sprechen. Es kann nicht sein, dass es in einer Stadt wie Hamburg immer noch keine Mindeststandards bei der Unterbringung von Flüchtlingen gibt. Ich nenne als Stichwort nur die Schnackenburgallee. Schauen Sie sich die Unterkunft einmal an. Mir hat es, ehrlich gesagt, die Sprache verschlagen. Ich finde, so eine Qualität geht gar nicht.
Und wenn Herr Scheele sich hinstellt und der Presse sagt, es tue ihm alles sehr, sehr leid, aber leider gebe es kein Geld, dann kann ich nur sagen, dass die Not dieser Menschen die höchste Priorität in dieser Stadt sein sollte. Es sollte unsere höchste Priorität sein, diese Menschen, zum Teil Minderjährige, menschenwürdig unterzubringen,
aber nicht in Zelten mit 32 Personen und verschiedenen Geschlechtern. Herr Abaci, Sie und Ihre Fraktion tun so, als seien wir alle dafĂĽr verantwortlich, dass die Menschen jetzt in Zelten unterge
bracht werden. Wären Sie kooperationsbereit gewesen und hätten unsere konkreten Forderungen angenommen …
Ich kann Ihnen unzählige Anträge zeigen, in denen wir Sie aufgefordert haben, leer stehende Gebäude, Wohn- und Büroräume zu überprüfen. Es freut mich, dass die GRÜNEN diese Forderung aufgenommen haben, obwohl sie sich damals enthalten haben.