Protocol of the Session on August 27, 2014

Dieser gesamte Vorgang ist leider mustergültig für das, was wir oft unter Ihrer Führung erleben müssen: unzureichende Planung, mangelnde Transparenz und vor allem fehlende Kommunikation.

(Beifall bei der FDP und bei Karin Prien CDU)

Dabei ist das nicht nur eine Frage des guten Stils – den könnte man eigentlich auch erwarten –, sondern es verletzt auch das gute Recht der Schulöffentlichkeit, informiert und einbezogen zu werden. Stattdessen erleben wir wieder einmal das Altbekannte – es langweilt so langsam –, nämlich die Wagenburgmentalität des Senats und seiner Behörde. Erst wenn der Protest vor Ort zu groß wird, wird gelegentlich ein Rückzieher gemacht. Herr Senator Rabe, Sie hören es von allen Seiten und wir würden uns freuen, wenn Sie es etwas ernster nehmen könnten: Eine seriöse Planung, eine ernstzunehmende Einbindung der Betroffenen, eine Informationspolitik und vor allen Dingen Kommunikation sehen anders aus. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei Robert Heine- mann und Karin Prien, beide CDU)

Das Wort bekommt Frau Heyenn von der Fraktion DIE LINKE.

Meine Damen und Herren! Die Flächen für den Wohnungsbau und die Flächen der Schulstandorte gegeneinander auszuspielen, ist ein großer politischer Fehler; das ist ein Desaster.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn man eine Große Anfrage stellt, dann erwartet man Antworten. Sie haben völlig recht, Frau Prien, diese Drucksache kann man vorwärts und rückwärts lesen, es gibt so gut wie keine Antworten, es gibt nur Hinhaltetaktik. Sie haben darauf hingewiesen, dass dieser Senat die Eltern nicht ernst nimmt. Wenn ich diese Große Anfrage lese,

(Dr. Stefanie von Berg)

dann muss ich feststellen, dass dieser Senat offenkundig auch die Abgeordneten nicht ernst nimmt. Die Informationspolitik dieses Senats ist auch ein Desaster, und da müssen Sie sich nicht wundern, wenn immer mehr Anfragen kommen, weil wir ums Verrecken keine Antworten bekommen und manchmal sogar falsche.

(Beifall bei der LINKEN und bei Robert Hei- nemann CDU, Dr. Stefanie von Berg GRÜ- NE und Anna-Elisabeth von Treuenfels FDP)

Das, was Sie mit den Schulflächen vorhaben, ist nicht nur intransparent – ständig steht da "Prüfung noch nicht abgeschlossen" –, sondern Ihr Umgang mit dieser Thematik ist auch kurzfristig und kurzatmig. Es gibt aus unserer Sicht vier Gründe, warum man sich überhaupt nicht damit beschäftigen sollte, die Flächen an den Schulstandorten zu reduzieren. Da geht es nicht um Optimierung, sondern das ist eine Verschlechterung der Situation.

Erstens: Wir reden die ganze Zeit von Inklusion. Wenn wir uns in die Schulen begeben und uns das anschauen, dann wissen wir, dass Inklusion auch bedeutet, dass die Schülerinnen und Schüler – Frau von Berg hat darauf hingewiesen – natürlich auch mehr Bedarf haben an Bewegung in den Pausen, und dann kann man die Höfe nicht kleiner machen.

Zweitens: Viele Schülerinnen und Schüler sind im Ganztag von morgens um 8 bis 16 Uhr in der Schule. Wenn wir von Klassenfrequenzen von 19 oder 23 sprechen, dann reden wir von der Grundschule; in den Stadtteilschulen und in den Gymnasien liegen die Klassenfrequenzen immer noch bei 26, 27, 28 und 29. Wenn man den ganzen Tag in der Schule ist, dann braucht man auch Platz, einfach um sich zu bewegen und damit die Aggressionen nicht steigen. Die Entwicklung des Ganztags, die wir vom Ansatz her begrüßen – zwar nicht von der Qualität, aber vom Ansatz her –, erfordert auch mehr Platz für die Schülerinnen und Schüler und nicht weniger.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Drittens: Wenn ich mich recht entsinne, war es Bürgermeister Olaf Scholz, der vor mehr als einem Jahr vor dem Übersee-Club eine Vision für Hamburg entwickelt hat: Hamburg solle auf mehr als 2 Millionen Einwohner wachsen. Ich bin sicher, dass, wenn denn dieser Senat das schafft, nicht nur Rentnerinnen und Rentner kommen werden. Es werden auch viele Familien und Kinder kommen. Wir werden dann also auch wieder mehr Schulen und mehr Platz brauchen. Das jetzt zurückzubauen, um es hinterher wieder neu zu bauen, ist einfach ein Irrsinn. Das ist eine ganz kurzfristige Politik.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Viertens: Ich habe mit Interesse gelesen, dass Sie bei drei Schulen Flächen verkaufen wollen und es Verkaufserlöse gibt. Die CDU hat nachgefragt, wofür die Verkaufserlöse denn genutzt würden. Dann steht da doch tatsächlich, dass Schulbau Hamburg die Verkaufserlöse bekomme und Ziel sei es, dass Schulbau Hamburg schneller baue. Das wäre doch einmal etwas, wenn die schneller bauen würden. Das wäre eine echte Errungenschaft. Was man jetzt feststellen kann, ist, dass Schulbau Hamburg die Vorgaben nicht erfüllt.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Ja, vorher doch auch nicht!)

Ich rede nicht von besser. Sie erfüllen die Vorgaben nicht.

Die Anzahl der Container, der sogenannten mobilen Klassenräume, nimmt ständig zu, und die Unzufriedenheit von Schulen, Lehrern, Schülerinnen, Schülern und Eltern mit Schulbau Hamburg nimmt auch immer weiter zu. Es wäre gut, wenn Schulbau Hamburg seine Aufgaben ernst nehmen und nicht darauf warten würde, dass es noch ein paar Euro mehr bekommt, um dann vielleicht schneller zu bauen, denn das halte ich für ein Gerücht.

Diese Geheimniskrämerei muss aufhören. Wir fordern, die Überlegungen zu beenden, an welchen Schulen man Flächen für den Wohnungsbau abknapsen kann. Das ist der falsche Weg.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren! Bevor ich Herrn Senator Rabe das Wort erteile, hätte ich die Bitte, dass sich die Gesprächsrunden vielleicht auflösen oder sonst nach draußen verlagern. – Danke schön.

Das Wort bekommt nun Herr Senator Rabe.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist richtig, der Schulbau ist von großer Bedeutung und das gleich aus mehreren Gründen. Zunächst einmal, weil wir in Hamburg steigende Schülerzahlen haben und schon allein deswegen etwas tun müssen. Zum Zweiten, weil wir durch eine ganze Reihe von Schulreformen die Schülerinnen und Schüler heute an Schulen haben, an denen sie früher nicht waren. Als Beispiel gilt die Stadtteilschule. Viele ehemalige Haupt- und Realschulen stehen leer, und die Schülerinnen und Schüler ballen sich an anderen Schulen, wo es kaum Platz gibt. Zum Dritten ist der Schulbau jahrelang von allen Senaten sträflich vernachlässigt worden. Daraus ist ein großer Sanierungsbedarf erwachsen. Insofern ist in der Tat viel zu tun. Tun, Frau von Berg, heißt aber auch, dass man Geld in die Hand nimmt und auch wirk

(Dora Heyenn)

lich baut. Und wenn Sie glauben, dass die Gründung einer Einrichtung ein Problem beseitigt, dann muss ich Ihnen leider sagen, das ist noch nicht alles, das Problem ist beseitigt, wenn Schulen gebaut werden. An der Stelle hat dieser Senat die Aufgabe angenommen und die Mittel für den Schulbau dramatisch erhöht. Er baut in einer Art und Weise, wie es sie bisher in Hamburg nicht gegeben hat. Wir handeln und reden nicht.

(Beifall bei der SPD)

Gerne kann man das auch anhand von Zahlen überprüfen, ganz transparent. An der Stelle wundere ich mich, dass die Opposition diese Zahlen nicht wissen will und sie in ihren Schriftlichen Kleinen Anfragen nicht abfragt. 320 Millionen Euro haben wir im letzten Jahr in den Schulbau gegeben und auch ausgegeben, ein Rekordwert, den es noch nie in Hamburg gegeben hat. Die 300-Millionen-Grenze überhaupt zu überschreiten, war offensichtlich in der Vergangenheit völlig utopisch – ein Rekord für Hamburg, der erst recht deutlich wird, wenn man sich anschaut, was diejenigen, die jetzt scheinbar für den Schulbau kämpfen, selber in ihrer Zeit gebaut haben. Die Zahlen für 2002 bis 2010 – und da waren viele Parteien beteiligt – sind eindeutig. Im Jahresschnitt sind für den Schulbau unter der CDU-Regierung mithilfe von FDP und GRÜNEN damals 150 Millionen Euro ausgegeben worden. Das ist weniger als die Hälfte von dem, was wir heute ausgeben. Da liegt eben der Unterschied. Es geht nicht ums Reden oder darum, Institutionen zu gründen, sondern es geht ums Bauen. Das tun wir, Sie haben es zehn Jahre lang leider nicht gemacht.

(Beifall bei der SPD – Olaf Ohlsen CDU: Toll gemacht!)

Erst recht wundere ich mich, wenn ich das noch nachschieben darf, über die Verve insbesondere der CDU. Die geringsten Schulbauwerte in den letzten 14 Jahren sind ausgerechnet unter der Alleinregierung der CDU entstanden mit Werten von teilweise unter 120 Millionen Euro. Aber das nur am Rande, Frau Prien. Stellen Sie gern auch dazu Anfragen, wir würden sie gerne beantworten.

Dann würde ich gerne noch einmal darauf hinweisen, wie es in Zukunft weitergeht.

(Olaf Ohlsen CDU: Ja, richtig!)

Dieser Senat hat auch im künftigen Haushalt vorgesehen, beim Schulbau nicht wieder lockerzulassen und in die alten Fehler zurückzufallen, sondern permanent bis 2019 jedes Jahr 300 Millionen Euro für den Schulbau der allgemeinbildenden Schulen und weitere 50 Millionen Euro für die Berufsschulen auszugeben. Das ist im Durchschnitt mehr als doppelt so viel wie in der letzten Dekade und zeigt, dass Bildung und schöne Schulen für diesen Senat ein Schwerpunkt sind. In der Vergangenheit

ist das leider nicht so gewesen, aber jetzt ist es ein Schwerpunkt geworden.

(Beifall bei der SPD)

Natürlich brauchen wir Maßstäbe dafür, wo denn nun gebaut werden soll und wer ein Recht auf Zuwachs hat und wer nicht. Deswegen ist in der Tat eine Art Programm entstanden, um Maßstäbe festzulegen. Frau von Berg, 5 Quadratmeter – oh Gott. Ich weiß, mit Zahlen ist es nicht so ganz einfach, aber durchschnittlich ist für einen Hamburger Schüler allein schon eine Gebäudefläche von 12 Quadratmetern vorgesehen,

(Dr. Stefanie von Berg GRÜNE: Das reicht nicht!)

was nicht immer so war. Ich erinnere mich daran, dass ich unter der Vorgängerregierung selber noch unterrichtet habe. Da hatte ich in Klasse 5a der Luisenschule 32 Schulkinder in einem Raum von 52 Quadratmetern. Ich will Ihnen gern sagen, wie jetzt die Maßstäbe sind: Für eine Grundschulklasse mit 19 oder 23 Kindern stehen 72 Quadratmeter plus 12 Quadratmeter Differenzierungsfläche zur Verfügung. Das sind 84 Quadratmeter – doppelt so viel wie das, was es bisher gab. Hier von Käfighaltung zu sprechen, ist wirklich abenteuerlich.

(Beifall bei der SPD)

(unterbrechend) : Herr Senator Rabe, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Frau Dr. von Berg?

Aber gern.

Herr Senator, ich redete von Freifläche. Sie kennen das Musterflächenprogramm mit Sicherheit genauso gut wie ich. Wie viel Freifläche, das heißt Schulhoffläche, steht jedem Kind zur Verfügung?

Das ist zurzeit noch nicht geregelt, das werden wir noch regeln, aber die Fünfquadratmetermarge ist dummes Zeug.

(Beifall bei der SPD – Dirk Kienscherf SPD: Richtig!)

Zunächst einmal gilt es festzuhalten, dass diese Maßstäbe überaus großzügig sind. Wir haben uns übrigens in anderen Bundesländern erkundet. Sie sind nicht nur im Vergleich zu den Maßstäben der Vorgängerregierung, sondern auch im Vergleich zu anderen Bundesländern in Deutschland offensichtlich einmalig hoch, einmalig spitze.

Ich möchte zum Schluss noch auf eines hinweisen. Es ist natürlich richtig, dass wir genau schauen, wo wir bauen wollen. Deswegen haben wir etwas getan, was die Vorgängerregierung angekündigt,

(Senator Ties Rabe)

aber leider nicht umgesetzt hat, nämlich alle Schulen einmal genau zu vermessen. Die Schulbehörde ist zwar der größte Immobilienbesitzer der Stadt mit vermutlich 2,6 Millionen Quadratmetern; ein präzises Aufmaß dafür hat es in der Vergangenheit aber leider nicht gegeben. In der entsprechenden Drucksache der Vorgängerregierung steht, das müsse man einmal machen. Solange man das nicht habe, würden die Zahlen geschätzt. Damit haben wir begonnen, und bei rund 2,6 Millionen Quadratmetern ist das nicht mal eben so erledigt.

(Glocke)