Protocol of the Session on July 2, 2014

Die FDP-Fraktion ist jedenfalls bereit, sich dieser Verantwortung zu stellen. Eine sehr robuste Konjunktur verschafft uns seit mehreren Jahren Steuermehreinnahmen in Millionenhöhe, und die Zinsen sind so niedrig wie noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik. Für den Haushalt der Freien und Hansestadt Hamburg resultieren aus den historisch niedrigen Zinsen Einsparungen in Millionenhöhe. Im Vergleich zu den vom SPD-Senat selbst vorgelegten Planungen hat der Senat seit 2011 circa 484,8 Millionen Euro an Zinsen weniger ausgegeben, als in den Haushaltsplanungen veranschlagt worden ist. Statt aber die weniger ausgegebenen Zinsen vollständig zur Reduktion der Nettokreditaufnahme zu nutzen, haben Sie sie dazu verwendet, jährlich Mehrausgaben an anderer Stelle in Höhe von knapp 100 Millionen Euro zu finanzieren. Diesen Verschiebebahnhof in den konsumtiven Bereich verkaufen Sie dann tatsächlich als Sanierung des öffentlichen Haushalts. Das ist Augenwischerei, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP)

Hätte es die Einsparungen bei den Zinsen nicht gegeben, dann hätte der Senat seine eigene Ausgabenlinie stets überschritten. Das lässt sich aus Ihrer Haushaltsrechnung ziemlich genau ablesen. Bereinigt um die Zinsen beträgt das Ausgabenwachstum 1,3 Prozent statt der versprochenen 0,88 Prozent. Das zeigt erstens, dass Sie die Haushaltssanierung auf die lange Bank schieben, zweitens setzen Sie auf ein Anhalten der guten Konjunktur und drittens hoffen Sie darauf, dass die EZB die Zinsen auf absehbare Zeit schon nicht erhöhen wird. Ihre Haushaltspolitik steht somit auf tönernen Füßen.

(Beifall bei der FDP)

Dabei spielten Ihnen gleichzeitig noch weitere positive Effekte in die Hände. Der Bund hat Hamburg seit 2012 allein bei der Grundsicherung im Alter um 333 Millionen Euro entlastet. Zusammen mit der Zinsersparnis sind das 817 Millionen Euro an Entlastungseffekten auf der Ausgabenseite. Und das ist noch nicht einmal alles an positiven Sondereffekten. Allein seit 2011, also zu dem Zeitpunkt, als Sie die Regierungsgeschäfte übernommen haben, sind die Steuereinnahmen um mehr als 1,7 Milliarden Euro gestiegen. Das ist eine jährliche Steigerungsrate von mehr als 5 Prozent. Sie ist damit doppelt so hoch, wie es in einer konjunk

(Dora Heyenn)

turellen Normallage der Fall wäre. Eigene echte Anstrengungen des SPD-Senats zur Haushaltskonsolidierung sind dabei jeweils nicht zu erkennen. Sie haben das Geld einfach mit vollen Händen ausgegeben, zum Beispiel für eine unsinnige Busbeschleunigung. Diese Art von Politik erinnert mich ein wenig an eine Sentenz von Modezar Karl Lagerfeld, der einmal sinngemäß gesagt hat: Man muss das Geld zum Fenster hinauswerfen, damit es zur Tür wieder hereinkommt. Den ersten Teil dieser Aussage haben Sie wirklich schon sehr gut verinnerlicht. Beim zweiten Teil bezweifele ich allerdings, ob sich das realisieren lässt.

(Beifall bei der FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! So leicht wie die jetzige Regierungsmehrheit hatte es bislang noch kein Senat, den Haushalt zu konsolidieren und die Neuverschuldung zu beenden. Das fällt Ihnen praktisch ohne eigenes Zutun in den Schoß. Ich möchte Ihnen für dieses Jahr gern noch einmal vorrechnen, wie auf eine Neuverschuldung verzichtet werden kann. Sie haben 300 Millionen Euro an neuen Schulden eingeplant. Da Sie bei den Zinsen etwa 170 Millionen Euro sparen und die Steuereinnahmen 134 Millionen Euro oberhalb der Finanzplanung liegen, reicht das unterm Strich schon, um auf neue Schulden zu verzichten. Dann ist da noch der Vorsichtsabschlag für konjunkturelle Risiken in Höhe von 150 Millionen Euro, insgesamt also ein großer Spielraum, um solche Schwankungen auszugleichen. Kann nicht wohnt in dem Fall in der sogenannten Will-nicht-Straße, wenn man sich hier einer Haushaltskonsolidierung verweigert.

(Beifall bei der FDP)

Bevor Herr Quast gleich erzählt, wir sollten doch einmal konkrete Vorschläge machen, will ich nur einmal auf unsere Leitanträge zu den letzten beiden Doppelhaushalten verweisen. Damit haben wir sehr genau nachlesbar und nachprüfbar gesagt, an welchen Ecken und Enden gespart werden kann. Deshalb fordere ich Sie auf, jetzt die haushaltspolitische Wende zu machen. Jetzt sind die guten Jahre da, und daher muss nun tatsächlich einmal etwas passieren.

(Beifall bei der FDP)

Herr Quast von der SPDFraktion bekommt das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Dass Sie, Herr Bläsing, "Schuldenstopp jetzt!" fordern können und dafür nicht ausgelacht werden, hat viel mit der erfolgreichen Haushaltspolitik der SPD in den letzten Jahren zu tun.

(Beifall bei der SPD – Erster Vizepräsident Frank Schira übernimmt den Vorsitz.)

Erst die Ausgabenbremse der letzten drei Jahre macht die Schuldenbremse zum realistischen Ziel für die nächsten Jahre. Zuletzt, im Jahr 2013, sind die tatsächlichen Ausgaben im Vergleich zum Vorjahr sogar etwas abgesunken, denn wir lassen uns nicht dazu verleiten, lediglich auf Basis von Steuerprognosen hohe zusätzliche und dauerhafte Ausgaben zu beschließen. Und weil Prognose und reale Entwicklung in der Vergangenheit schon so oft auseinandergefallen sind, werden wir auch weiterhin Vorsichtsabschläge einstellen.

(Beifall bei der SPD)

Das unterscheidet uns dann eben auch von früheren Senaten, auch von solchen mit FDP-Beteiligung. Wir machen keine Wette auf die Konjunktur. Wir machen eine solide und seriöse Haushaltspolitik. Wir machen jedes Jahr weniger Schulden und nutzen die guten Jahre, wie Sie es eingefordert haben, Herr Bläsing, um genau das zu tun: weniger Schulden zu machen.

(Beifall bei der SPD – Finn-Ole Ritter FDP: Sie haben sie in 40 Jahren aufgebaut!)

Wenn wir die Schuldenbremse schon 2014 oder in anderen Jahren vor 2019 erreichen können, dann wird uns das freuen. Das wird uns aber nicht davon abhalten, einen konsequenten Kurs fortzusetzen. Denn was Sie nicht verstehen, meine lieben Kollegen von der FDP – die CDU wird sicherlich Ähnliches behaupten –: Schuldenstopp ist eben kein symbolischer Akt, kein PR-Gag. Schuldenstopp muss jedes Jahr wieder neu erarbeitet und erreicht werden.

(Beifall bei der SPD)

Und genau das wollen wir, eine nachhaltig erfolgreiche Anti-Schuldenpolitik und keine kurzfristigen Effekte. Das machen wir, und wir machen es mit dieser Stadt und nicht gegen die soziale Infrastruktur in ihr.

(Wolfgang Rose SPD: Genau!)

Wir wollen die Stadt mitnehmen ohne großspurige Kürzungsprogramme, die in der Regel nie funktioniert haben.

(Beifall bei der SPD)

Herr Bläsing, wenn Sie eine seriöse Sparpolitik skandieren, dann müssen Sie sehr wohl sagen, wo Sie den Rotstift ansetzen wollen. Sparen ist immer konkret, kürzen findet immer konkret statt. Sagen Sie uns, wo Sie kürzen wollen.

(Robert Bläsing FDP: Haben wir doch!)

So kommen Sie hier jedenfalls nicht davon, Herr Bläsing.

(Beifall bei der SPD)

Das sollten Sie sich wirklich überlegen – das gilt auch für einige andere Fraktionen in diesem

(Robert Bläsing)

Haus –, wenn Sie ernsthaft anstreben, in dieser Stadt wieder einmal Verantwortung zu tragen. Also drücken Sie sich nicht weiter davor.

(Beifall bei der SPD)

Wir kennen von den Oppositionsfraktionen vor allem Anträge und Forderungen, die immer mehr Geld kosten, auch von der FDP. Morgen stimmen wir über einen FDP-Antrag zu einem Kulturverstärkungsfonds ab, der 1 Million Euro pro Jahr zusätzlich kosten soll. Heute auf die Schuldenbremse treten und morgen Gas geben beim Geldausgeben, das ist Ihre Devise. Das ist scheinheilig, liebe FDP-Fraktion, und das reicht nicht.

(Beifall bei der SPD)

Unser Haushalt ist so aufgestellt, dass wir auch mit zusätzlichen Kosten zurechtkommen, die Sie ignorieren. Dank der schlechten Planungen der CDUSenate in den Vorjahren haben wir IT-Projekte mit Kostensteigerungen in Millionenhöhe, die uns jetzt auf die Füße fallen und die wir ohne zusätzliche Schulden bewältigen werden. Oder nehmen wir die Kosten für die Unterbringung der Menschen, die sich vor Verfolgung in unsere Stadt flüchten. Für diese haben wir im letzten Jahr fast 70 Millionen Euro zusätzlich bereitgestellt, und dieses Jahr werden weitere 150 Millionen Euro benötigt – Mittel, die wir angesichts der Krisen in der Welt, in Syrien, im Irak und in der Ukraine, wohl auch in den nächsten Jahren brauchen werden, um den Flüchtlingen zu helfen, wie es sich gehört, wie wir es tun und wie wir es auch weiterhin tun werden.

(Beifall bei der SPD)

2007/2008 hat der CDU-geführte Senat die Nettokreditaufnahme mit einigen Tricksereien auf null gedrückt. Davon zeugt noch immer eine vergoldete CD, die der Finanzsenator in seinem Amtszimmer von seinen Vorgängern vorgefunden hat. Solche Tricksereien wird es mit uns nicht geben. Wir sanieren den Haushalt strukturell, wir nehmen jedes Jahr weniger Schulden auf. Wir wollen so bald wie möglich und so nachhaltig wie möglich eine ehrliche schwarze Null erreichen, wie es aufgrund unserer Verfassung richtig und vernünftig ist, und wir wollen alte Schulden tilgen. Der neue Haushaltsplan-Entwurf des Senats weist den Weg dahin. Den werden wir intensiv weiter verfolgen, ohne uns von Ihnen beirren zu lassen, und am Ende mit Erfolg.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat nun Herr Dr. Heintze von der CDU-Fraktion.

(Arno Münster SPD: Ich denke, der ist in Brüssel!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Herr Quast, beirren las

sen Sie sich sicher nicht nur nicht im positiven Sinne, wie Sie es gemeint haben, sondern leider im negativen Sinne. Es kann doch nicht sein, dass Sie sich hinstellen und sagen, sparen sei immer konkret, obwohl kein Senat vor Ihnen es geschafft hat, die globalen Minderausgaben auf einen derartigen Höchststand zu treiben. Was ist denn das anderes als nicht konkret zu sparen, sondern den Leuten die Sparvorgabe vor die Füße zu werfen und zu sagen, macht mal, konkret werden wollen wir nicht? Wenn Sie das der Opposition vorwerfen, dann müssten Sie es sich selbst eigentlich noch viel mehr vorwerfen. Sie sind es, die nicht konkret werden, aber anderen vorwerfen, dass sie es nicht seien.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei den GRÜNEN und der FDP)

Schön ist auch, dass Sie sagen: keine Tricks. Es war doch Ihr Senat, der die Haushaltsaufstellung 2011 mit einem Trick begann. Aber Sie haben ein kurzes Gedächtnis, das weiß ich. Sie haben den Haushalt gleich zu Beginn Ihrer Amtszeit um 400 Millionen Euro ausgeweitet. Und dann behaupten Sie, wir würden tricksen und Sie würden das nicht wollen. Sie haben es bereits getan, und der neue Haushaltsplan-Entwurf zeigt, dass Sie es auch weiter tun.

(Beifall bei der CDU und bei Jens Kerstan und Dr. Anjes Tjarks, beide GRÜNE)

Richtig ist, und von daher ist das Anliegen der FDP verständlich, dass die Haushaltslage gut ist. Die letzte Monatsmeldung der Finanzbehörde Richtung Bundesfinanzministerium hat ein Plus von 339 Millionen Euro ausgewiesen. Nun sind wir erst im ersten Halbjahr und man muss ein bisschen vorsichtig sein; der Abschluss sieht immer noch einmal anders aus als zur Jahresmitte. Nichtsdestotrotz sagen Sie, schauen wir mal, ob wir 2017 rauskommen. Herr Finanzsenator, bei der Ausgangslage, die Sie haben, bei den Chancen, die sich Ihnen in der vor Ihnen liegenden Haushaltsaufstellung bieten, können Sie deutlich früher aus den Schulden rauskommen als 2017. Sie sollten die Chance jetzt ergreifen, 2017 ist bei der aktuellen Lage zu spät.

(Beifall bei der CDU)

Natürlich wäre es einfacher, wenn wir diverse Fehlentscheidungen nicht erlebt hätten: den unnötigen Hapag-Lloyd-Zukauf, die Einplanung von Zinsen, die nicht kommen, die Busbeschleunigung. Da wurden Fehler gemacht, die dazu beitragen, dass wir nicht ganz klar sagen können, jetzt raus. Sie haben bereits Geld verspielt, das wir zum Ausstieg aus dem Schuldenkreislauf gut hätten gebrauchen können. Das haben Sie nicht genutzt, und das müssen Sie sich vorwerfen lassen.

(Beifall bei der CDU)

(Jan Quast)