Protocol of the Session on July 2, 2014

Ich muss ehrlich sagen, dass ich gar nicht verstehe, warum eine Partei, die das Wort sozial in ihrem Namen trägt, sich derart beharrlich weigert, in dieser Stadt eine Politik für die Menschen an den Hauptverkehrsstraßen zu machen, die gesundheitsbelastendem Lärm ausgesetzt sind und unter Luftschadstoffen leiden. Dort tun Sie nichts. Das ist doch eine soziale Frage, und wer in dem Bereich nichts tut, der bringt nicht nur die Umwelt nicht voran, sondern der befördert auch die soziale Spaltung in dieser Stadt. Auch das ist eine Bankrotterklärung für Sozialdemokraten. Deshalb, Frau Blankau, hätte ich mir heute etwas mehr Einsicht und das Gelöbnis zur Besserung gewünscht. Davon haben wir aber leider nichts gehört. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Frau Dr. Schaal von der SPD-Fraktion bekommt das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kerstan, Sie haben gesagt, die Hamburgerinnen und Hamburger leben gerne in der grünen Stadt am Wasser.

(Finn-Ole Ritter FDP: Im Norden!)

Wenn man Ihnen aber zuhört, dann hat man den Eindruck, es müssten längst alle ausgewandert sein. So wie Sie hier auf die Tonne hauen und sich als Heilsbringer der Umweltpolitik darstellen, gewinne ich den Eindruck, dass es irgendetwas mit Ihrem innerparteilichen Wahlkampf zu tun hat,

(Jens Kerstan)

(Beifall bei der SPD und bei Dr. Andreas Dressel SPD: Ja!)

denn im Bereich der Verkehrspolitik erleben wir in anderer Personenbesetzung Ähnliches.

(Beifall bei der SPD – Jens Kerstan GRÜNE: Ist das das Einzige, was Ihnen dazu ein- fällt?)

Was denn letztlich für die Bürgerinnen und Bürger glaubhaft ist, werden die dann sicher anderweitig und später entscheiden.

Meine Damen und Herren! Ich möchte gern noch zum Thema Klimawoche ein Wort verlieren. Das ist sowohl von Frau Stöver als auch von Herrn Kerstan und Herrn Bill angesprochen worden. Vielleicht sollte man dann auch wissen, worum es dabei eigentlich geht. Wir haben einen Anbieter, der eine Woche lang ein Klimaevent organisieren und damit 600 000 Euro verdienen wollte – 600 000 Euro, bloß um Leute auf der Straße anzusprechen und ihnen etwas vom Klimaschutz zu erzählen, wobei wir die Qualität noch nicht einmal kontrollieren können. Das ist uns zu teuer.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben mit dem Gut Karlshöhe eine Einrichtung, die sich für eine halbe Million Euro pro Jahr an Bürgerinnen und Bürger, Schülerinnen und Schüler und Kinder wendet, Veranstaltungen macht und zielgruppengerecht über Klimaschutz und Nachhaltigkeit informiert sowie über einzelne Themen des Naturschutzes. Diese Arbeit ist uns wertvoller, und sie ist ihr Geld wert.

(Beifall bei der SPD)

Weiterhin wurde beklagt, dass immer nur vom Wohnungsbau geredet wird und nicht vom Klimaschutz; man müsse mehr vom Klimaschutz reden

(Dora Heyenn DIE LINKE: Von beidem re- den!)

und den nicht immer im Wohnungsbau verstecken. Ich frage Sie, ob Sie nicht der Auffassung sind, dass gute energetische Gebäude und gute Sanierung von alten Gebäuden im Bestand notwendig sind, um den Klimaschutz voranzutreiben. Man kann das nicht auseinanderdividieren. Wohnungsbau und Wohnungssanierung im Bestand gehören zusammen, und das lassen wir uns nicht auseinandernehmen, denn das ist wichtig.

(Beifall bei der SPD)

Wir sind stolz darauf, dass gerade auch im sozialen Wohnungsbau hohe Standards realisiert werden. Wir wollen eben nicht die Spaltung in der Stadt, sondern wir wollen, dass auch Bürgerinnen und Bürger mit wenig Geld in guten Wohnungen leben können und nicht sehr viel Geld für die Heizung ausgeben müssen.

(Beifall bei der SPD – Olaf Ohlsen CDU: Hamburg, meine Perle!)

Wir haben einen sehr hohen Anteil an Gemeinsamkeiten. Ich möchte daran erinnern, dass wir trotz allem Gezänk gemeinsame Sachen gemacht haben. Wir haben zum Fluglärm gemeinsam Anträge verabschiedet, ein Zehn-Punkte-Programm, das übrigens jetzt in Norderstedt nachgemacht wird, wie ich gehört habe. Wir haben uns gemeinsam gegen das Fracking ausgesprochen. Trotz allem Streit sollte das in der Öffentlichkeit vielleicht nicht vergessen werden. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Frau Heyenn von der Fraktion DIE LINKE hat nun das Wort.

Frau Dr. Schaal, niemand hat hier vorn gesagt, dass es weniger Wohnungsbau geben muss, um mehr Umweltschutzpolitik zu machen. Man muss sowohl das eine als auch das andere tun, und das muss möglich sein.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn Sie schon vom Fluglärm sprechen – klar hat es eine Erklärung von allen Fraktionen gegeben, nur nicht von unserer –,

(Finn-Ole Ritter FDP: Sie wollen auch keine Probleme lösen!)

dann ist eines richtig zu sehen. Bei allen Appellen, die hier gestartet wurden, sind die Probleme des Fluglärms nicht gelöst. Es gibt nach wie vor viele Flüge nach 23 oder 24 Uhr. Der Lärm für die betroffenen Menschen ist nicht weniger geworden, und das muss sich ändern.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich möchte einmal darauf zurückkommen, wie der BUND die Arbeit der BSU zusammengefasst hat. Er hat das in einer Pressemitteilung mit dem Titel "Drei Jahre Stillstand im Umweltschutz" getan. Die Bilanz nach drei Jahren SPD-Regierung laute – ich zitiere aus der Presseerklärung vom 20. Februar 2014 –:

(Dirk Kienscherf SPD: Die ist ja schon alt!)

"Der Senat hat grundlegende Themen wie etwa eine umweltgerechte Mobilität oder den Klimaschutz vernachlässigt und in Teilen sogar aktiv geschwächt. […]

Besonders schwerwiegend seien in diesem Zusammenhang die Mittelkürzungen bei der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU). Der Etat wurde innerhalb von zwei Jahren um fast 20 Prozent und damit am deutlichsten von allen Fachbehörden verringert. Damit einher ging bei der BSU laut ei

(Dr. Monika Schaal)

ner aktuellen Senatsanfrage mit 138 Stellen ein Personalabbau um rund 10 Prozent.

Im Bereich Klimaschutz seien die früheren Budgets sogar mehr als halbiert worden. Das ursprüngliche Ziel, im Vergleich zum Jahr 1990 bis 2020 insgesamt 40 % CO2 einzusparen, wird der Senat laut BUND nur etwa zur Hälfte erreichen."

Eine Erfolgsbilanz sieht wirklich anders aus. Die Belange von Natur und Umwelt werden in der Metropolregion Hamburg und in den hamburgischen Verwaltungen immer mehr an den Rand gedrängt. Eine erfolgreiche Schutzpolitik für Luft, Boden, Wasser und Natur in der Hansestadt sieht anders aus. Wenn Sie, Frau Senatorin Blankau, sagen, Sie hätten den Umweltschutz vom Kopf auf die Füße gestellt, dann sind das aber verdammt kleine Füße. Wenn man sich auf die stellt, dann kippt man um.

(Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN)

In den vergangenen drei Jahren wurden fast alle Chancen einer sozialökologischen Umweltpolitik vertan. Umwelt- und Naturschutz ist der Kürzungspolitik des Senats zum Opfer gefallen. Herr Kerstan hat recht. In den Schulen findet das Programm "Fifty-Fifty" kaum noch statt, und was ein Klimabär ist, wissen sie in den Schulen schon lange nicht mehr. Ich weiß auch, dass nicht allein Senatorin Blankau Schuld an dieser verheerenden Bilanz hat. Das Problem ist die Politik der Schuldenbremse dieses Senats. Sie setzen einfach völlig falsche Prioritäten.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn es zu diesem Thema keine weiteren Wortmeldungen gibt, dann kommen wir zum nächsten Thema, angemeldet von der FDP-Fraktion:

Schuldenstopp jetzt! SPD-Senat muss endlich seriöse Sparpolitik starten

Das Wort bekommt Herr Bläsing.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Dreh- und Angelpunkt erfolgreicher Politik ist eine nachhaltige Haushaltspolitik. Nur wenn es uns als Parlament gelingt, Hamburgs Haushalt auf ein solides Fundament zu stellen, werden künftige Generationen in dieser Stadt eine gute Zukunft haben.

(Beifall bei der FDP)

Der Finanzsenator hat es im Mai 2012 so formuliert – ich zitiere –:

"Haushalte werden nicht in schlechten, sondern in guten Zeiten ruiniert."

Der Finanzsenator, das muss ich an dieser Stelle konzedieren, hatte recht. Wir sollten uns bewusst machen, was das konkret bedeutet. Die Zeiten sind derzeit gut, und daraus folgt, dass wir als Parlament in der Verantwortung stehen, den Haushalt jetzt nachhaltig zu sanieren.

(Beifall bei der FDP und bei Olaf Ohlsen CDU)

Die FDP-Fraktion ist jedenfalls bereit, sich dieser Verantwortung zu stellen. Eine sehr robuste Konjunktur verschafft uns seit mehreren Jahren Steuermehreinnahmen in Millionenhöhe, und die Zinsen sind so niedrig wie noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik. Für den Haushalt der Freien und Hansestadt Hamburg resultieren aus den historisch niedrigen Zinsen Einsparungen in Millionenhöhe. Im Vergleich zu den vom SPD-Senat selbst vorgelegten Planungen hat der Senat seit 2011 circa 484,8 Millionen Euro an Zinsen weniger ausgegeben, als in den Haushaltsplanungen veranschlagt worden ist. Statt aber die weniger ausgegebenen Zinsen vollständig zur Reduktion der Nettokreditaufnahme zu nutzen, haben Sie sie dazu verwendet, jährlich Mehrausgaben an anderer Stelle in Höhe von knapp 100 Millionen Euro zu finanzieren. Diesen Verschiebebahnhof in den konsumtiven Bereich verkaufen Sie dann tatsächlich als Sanierung des öffentlichen Haushalts. Das ist Augenwischerei, meine sehr geehrten Damen und Herren.