Dem Anliegen der SPD kann insoweit gefolgt werden. Fraglich ist allerdings, welcher Weg zur Gleichstellung der Lebenspartnerschaft mit der Ehe genutzt werden sollte. Fraglich ist auch, warum die SPD, als sie im Bund noch an der Re
gierung war, nicht bereits die Möglichkeit mit dem Lebenspartnerschaftsergänzungsgesetz von 2005 genutzt hat, für die Öffnung der Ehe für Personen gleichen Geschlechts zu sorgen. Stattdessen hat sich die SPD lediglich für die Stiefkindadoption stark gemacht.
Auch hat die SPD-Bundestagsfraktion – meine Vorredner erwähnten das bereits – die Initiative der LINKEN auf Öffnung der Ehe für die Lebenspartnerschaften am 9. Juni im Bundestag abgelehnt. Könnte das eventuell daran gelegen haben, dass für eine Öffnung der Ehe für Menschen gleichen Geschlechts eine Verfassungsänderung notwendig ist, die unrealistisch ist? Die rechtliche Angleichung von eingetragener Lebenspartnerschaft und Ehe wird auch ohne Verfassungsänderung in immer weiteren Bereichen herbeigeführt. Diesen Weg halten wir für besser und praxisnäher. Das Ziel der rechtlichen Gleichstellung kann auf einfacher gesetzlicher Ebene erreicht werden und wird auch weiter von uns intensiv verfolgt.
(unterbre- chend) : Frau Kaesbach, lassen Sie eine Zwischenfrage oder eine Zwischenbemerkung des Abgeordneten Müller zu?
Für uns zählen Ergebnisse, jedoch keine Symbolpolitik. Wir Liberalen lehnen daher den Antrag der SPD ab.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Herren und Damen! Frau Kaesbach, ich habe mich gerade gefragt, ob Sie eine Rede gehalten haben und als Partei Mitglied der Bundesregierung sind. Sie haben wirklich ein Glaubwürdigkeitsproblem. Ich frage mich, warum dann die Öffnung der Ehe nicht schon lange erreicht wurde.
Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich, heißt es in Artikel 3 des Grundgesetzes, und deswegen ist die Links-Fraktion dafür, dass auch Schwule und Lesben im Zivilrecht die Ehe schließen können. Mit der Einführung der eingetragenen Lebenspartnerschaft vor zehn Jahren wurde zwar viel für die Gleichbehandlung von Lesben und Schwulen erreicht, zugleich wurden gleichgeschlechtliche Paare aber weiterhin von der Ehe ausgeschlossen. Einzig die sexuelle Identität unterscheidet noch die Ehe von der Lebenspartnerschaft, und dies wirkt diskriminierend.
Das gesonderte Rechtsinstitut der eingetragenen Lebenspartnerschaft neben der Ehe hemmt auf Dauer den Vollzug der Gleichstellung. Es geht bei der Institution Ehe um Geld und auch um Schutz. Es kann daher nicht sein, dass Menschen, die sich finanziell gegenseitig absichern möchten und Schutz zusagen, nach dem Gesetz diese Möglichkeit nicht erhalten, nur, weil sie das gleiche Geschlecht haben. In Ländern wie Spanien, den Niederlanden, Belgien, Kanada, Südafrika, Norwegen und auch Portugal ist es bereits Normalität, dass Homosexuelle die Ehe nach dem Zivilrecht eingehen können. Es wird also höchste Zeit, dass sich auch die Bundesrepublik diese Normalität zu Eigen macht.
Wie aktuell homophobe Denkweisen auch noch in der Politik sind, zeigt uns das Beispiel eines CDU-Mannes aus Karlsruhe, der erst im letzten Jahr schwulen und lesbischen Elternpaaren die Fähigkeit absprach, dass sich Kinder in ihrer Obhut gesund entwickeln können, und sie mit Meerschweinchen verglich. In einem CDU-Forum fand sich vor wenigen Monaten ein Beitrag darüber, dass Homosexualität heilbar und eine Welt ohne Homosexualität keine Utopie mehr sei. Und in Frankreich stimmte die Nationalversammlung in der letzten Woche gegen ein Gesetz, das die Ehe gleichgeschlechtlicher Partner und Partnerinnen ermöglicht. Die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung aber, nicht nur in Frankreich, sondern auch in der Bundesrepublik Deutschland, ist für eine rechtliche Gleichstellung homosexueller Partnerschaften mit der Ehe. Die rot-rot regierten Bundesländer Brandenburg und Berlin haben bereits eine Bundesratsinitiative zur Öffnung der Ehe vorgelegt, wie meine Vorredner schon erwähnten. Es ist gut, dass endlich auch Hamburg ein Zeichen setzt.
DIE LINKE spricht sich allerdings grundsätzlich dafür aus, dass die Ehe entprivilegiert wird und zugleich auch das Ehegattensplitting abgeschafft wird.
Deswegen ist für uns die Öffnung der Ehe für Menschen gleichen Geschlechts auch nur ein erster Schritt. Es existiert eine Vielfalt von Lebens- und Familienformen, für die eine Ehe gar nicht infrage kommt, die aber genauso das Recht auf Schutz des Staates haben: Ein-Eltern-Familien, zusammenlebende Familien, Freunde, Verwandte und Patchwork-Familien. DIE LINKE spricht sich deswegen für eine Politik aus, in der die Gleichbehandlung aller Lebensweisen leitendes Prinzip ist.
Wir von der Links-Fraktion sagen zudem: Mit der Bundesratsinitiative ist es auch für Schwule und Lesben noch nicht getan. Jugendliche müssen bei der Herausbildung ihrer sexuellen Identität besser unterstützt werden. Es bedarf auch einer verbindlichen Jungen- und Mädchenarbeit in den Stadtteilen. Wir brauchen zusätzlich wirksame Maßnahmen gegen Hass-Kriminalität und es wird eine bessere Ausstattung der Schwulen- und Lesbentreffs in Hamburg benötigt.
Hamburg braucht deswegen endlich einen geschlechtergerechten Haushalt, sprich das Gender Budgeting. Ich bin sehr enttäuscht, dass die SPD dies mit dem jetzt vorgelegten Haushalt noch nicht einmal eingeleitet hat.
Sehr geehrte Herren und Damen! Die Gleichstellungspolitik hat bei uns Linken einen hohen Stellenwert. Wir werden eigene Initiativen, wie eben beispielhaft dargestellt, einbringen beziehungsweise unterstützen. Wir hoffen, dass das Parlament der weltoffenen Freien und Hansestadt Hamburg dann jeweils wegweisend entscheidet.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor mehr als einem Jahrzehnt hat die sogenannte "Hamburger Ehe" den Weg für eine fortschreitende gesellschaftliche und rechtliche Gleichstellung schwuler und lesbischer Paare bereitet. Mit dem Gesetz über die Eintragung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften vom 14. April 1999 hat die Hamburgische Bürgerschaft erstmals in Deutschland die Möglichkeit geschaffen, sich in ein Partnerschaftsbuch der Standesämter eintragen zu lassen. Heute kann man sogar in Bayern die eingetragene Lebenspartnerschaft vor dem Standesamt begründen.
Das macht besser als alles andere deutlich, dass unser Recht nicht nur offen ist für einen gesellschaftlichen Wandel, sondern das Recht kann auch gesellschaftliche Entwicklung befördern und zu einem Wandel von Wertvorstellungen beitragen.
Auf diesem Weg sind wir ein gutes Stück vorangekommen. Im hamburgischen Landesrecht haben wir die rechtliche Gleichstellung bereits vollzogen
und auch die Rechtssprechung hat sich in den letzten Jahren weiterentwickelt. Mit seinen Entscheidungen aus den vergangenen beiden Jahren zur verfassungswidrigen Benachteiligung gleichgeschlechtlicher Paare bei der Hinterbliebenenversorgung und im Erbschaftssteuerrecht hat das Bundesverfassungsgericht deutlich gemacht, dass eine Benachteiligung eingetragener Lebenspartnerschaften gegenüber der herkömmlichen Ehe von Mann und Frau gewichtiger Gründe bedarf. In Fällen, in denen der Gesetzgeber eine mit der sexuellen Orientierung von Personen zusammenhängende Differenzierung vornimmt, fordert das Gericht eine strenge Gleichheitsprüfung. Der Europäische Gerichtshof hat erst im Frühjahr dieses Jahres erkennen lassen, dass es aus europarechtlicher Sicht eigentlich gar keinen Bereich mehr gibt, in dem eine Ungleichbehandlung gleichgeschlechtlicher Paare zu rechtfertigen wäre. Das ist nicht nur richtig, sondern auch gut so.
Letztendlich geht es aber um mehr. Ziel des Senats ist die volle gesellschaftliche und rechtliche Akzeptanz unterschiedlicher Lebensentwürfe. Da bleibt noch viel zu tun. Das gilt nicht nur für eine Vielzahl bundesrechtlicher Vorschriften, die weiterhin zwischen eingetragener Lebenspartnerschaft und herkömmlicher Ehe differenzieren, sondern vor allem auch für den gesellschaftlichen Konsens darüber, was normal ist. Nach wie vor sind schwule und lesbische Paare im Alltag vielfach einer verdeckten Diskriminierung und immer wieder auch offenen Anfeindungen ausgesetzt. Deshalb ist es wichtig, deutlich zu machen, dass Maßstab die verbindliche und auf Dauer angelegte Übernahme von Verantwortung ist, nicht das Geschlecht und nicht die sexuelle Orientierung. Dies auch rechtlich anzuerkennen ist nur konsequent, denn eingetragene Lebenspartner stehen heute bereits in gleicher Weise füreinander ein wie Eheleute. Angesichts der vielschichtigen Formen des Zusammenlebens von klassischer Familie mit Vater und Mutter über Patchwork-Familien bis hin zu Regenbogenfamilien sind auch Kinder kein Alleinstellungsmerkmal mehr herkömmlicher Ehen von Mann und Frau, ganz zu schweigen von der zunehmenden Zahl an kinderlosen Paaren.
Die Öffnung der Ehe für Menschen gleichen Geschlechts würde sämtliche bestehenden rechtlichen Differenzierungen und Diskriminierungen auf einmal einfach und dauerhaft beseitigen. Sie wäre ein deutliches Signal für die gesellschaftliche Akzeptanz unterschiedlicher Lebensweisen. Und sie würde – auch das wurde hier schon deutlich gemacht von Frau Artus – auch der internationalen Entwicklung entsprechen, wonach gleichgeschlechtliche Zivilehen heute in vielen Ländern bereits zur Normalität gehören.
Hamburg war bereits im April – Herr Heintze, hier können Sie einmal aufpassen – Mit-Antragsteller zweier Bundesratsinitiativen zur rechtlichen Gleichstellung eingetragener Partnerschaften mit der Ehe im Kindschafts- und Einkommensteuerrecht. Der Senat, allen voran meine Behörde, wird sich auch weiterhin für die Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Paare einsetzen.
Hier wurde zu Recht angemerkt, dass die Bundesratsinitiative Berlins zur Öffnung der Ehe für Personen gleichen Geschlechts im letzten Jahr keine Mehrheit gefunden hat. Das soll und darf uns aber nicht davon abhalten, diese richtige Forderung aus Hamburg weiterzuverfolgen.
Sowohl an Herrn Müller als auch an Herrn Heintze gerichtet: Ich wundere mich doch ein wenig, wenn Sie als Landespolitiker und Bürgerschaftsabgeordnete den Bundesrat als den falschen Weg bezeichnen. Dies ist genau der Weg, denn über den Bundesrat wirken die Länder an der Bundesgesetzgebung mit. Insofern ist es durchaus der richtige Weg und das wollen wir hier auch tun.
Als weltoffene Stadt wollen wir auch in Zukunft Vorreiter und Motor für eine offene Gesellschaft sein, die verschiedene Lebensentwürfe und Formen des Zusammenlebens respektiert und fördert. – Vielen Dank.
Wer möchte dem Antrag der SPD–Fraktion aus der Drucksache 20/744 seine Zustimmung geben? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dann ist das mit Mehrheit angenommen.
Ich rufe Punkt 38 der Tagesordnung auf, Drucksache 20/739, Interfraktioneller Antrag, Ausbau der Schnellbahnlinie 4 nach Ahrensburg/Bad Oldesloe: Bund in die Verantwortung nehmen, Vorentwurfsplanung in Auftrag geben.
[Interfraktioneller Antrag: Ausbau der Schnellbahnlinie 4 (S 4) nach Ahrensburg/Bad Oldesloe: Bund in die Verantwortung nehmen, Vorentwurfsplanung in Auftrag geben – Drs 20/739 –]
Wird hierzu das Wort gewünscht? – Herr Buschhüter, Sie haben es. Und ich bitte auch hierfür um etwas Ruhe im Saal.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Bereits im letzten Herbst hatten wir eine Debatte über das Projekt S4, den Bau einer S-Bahn von Hamburg nach Ahrensburg, Bargteheide und Bad Oldesloe. Die Bürgerschaft hatte damals einstimmig beschlossen, dass mit dem Bund Gespräche über die Finanzierung des Projekts aufgenommen und von den Ländermitteln für die Vorentwurfsplanung bereitgestellt werden sollen. Über die Finanzierung der Vorentwurfsplanung haben die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein bereits Einigkeit erzielt und mit dem Bund hat auch bereits ein erstes Gespräch stattgefunden.