Ich rufe dann auf den Tagesordnungspunkt 41, Drucksache 20/11913, Antrag der Fraktion DIE LINKE: Ausbildungsgarantie jetzt!
[Antrag der SPD-Fraktion: Ausbildung ist Zukunft – Kein Jugendlicher soll verloren gehen – Drs 20/12013 –]
Zu Beginn des Nachmittags haben wir über die allgemeine Situation gesprochen. Jetzt möchte ich darüber sprechen, dass der Bürgermeister 2011 in seiner Regierungserklärung eine Ausbildungsgarantie versprochen hat. Die Legislaturperiode ist nun bald zu Ende und wir fragen uns, wann der SPD-Senat sein Versprechen wahr machen will, denn die bisherige Berufsbildungspolitik ist, um es mit den Worten von Herrn Schwieger zu sagen, negativ dynamisch, und damit können wir uns nicht abfinden; das geht so nicht.
Deswegen haben wir einen Antrag "Ausbildungsgarantie jetzt!" eingebracht. Wir möchten die SPD daran erinnern, was sie versprochen hat, und sie ermuntern, ihr Versprechen umzusetzen, und darum haben wir diesen Antrag mit seinen vier Punkten vorgelegt.
Erstens: Ich habe heute schon einmal darüber gesprochen, dass jeder, der einen Hauptschulabschluss erreicht hat, auch das Recht auf einen Ausbildungsplatz haben sollte. Es ist zwar behauptet worden, dass die SPD nie davon sprechen würde, dass Jugendliche nicht ausbildungsfähig oder ausbildungswillig seien, aber in Ihrer Presseerklärung haben Sie durchaus gesagt – ich zitiere –:
"Das Konzept zur Berufs- und Studienorientierung, das ab dem Schuljahr 2014/2015 an den Stadtteilschulen starte, wird dafür sorgen, dass Schülerinnen und Schüler mit einer 'begründeten Berufswahlentscheidung' aus den Schulen entlassen werden".
Das ist schon wieder eine Einschränkung, denn nur die Jugendlichen, die eine begründete Berufswahlentscheidung getroffen haben, sollen einen Ausbildungsplatz bekommen und die anderen nicht. Damit müssen Sie endlich aufhören. Ein Hauptschulabschluss ist ein Wert an sich. Wir möchten, dass Schülerinnen und Schüler sich wieder anstrengen, einen Hauptschulabschluss oder einen Realschulabschluss zu bekommen, weil sie wissen, dass sie dann auch einen Ausbildungsplatz bekommen.
Zweitens: Alle Schülerinnen und Schüler haben nach Abschluss der allgemein bildenden Schulzeit ein Recht auf eine berufliche Ausbildung. Das hat der Senat gefordert. Das Angebot an außerbetrieblichen Ausbildungsplätzen soll entsprechend ausgebaut werden. Ich habe es heute Vormittag schon gesagt: Im Hamburger Ausbildungsmodell stehen 470 Plätze zur Verfügung, die SPD hatte mal 1100 angekündigt, gebraucht werden 2500. Wir plädie
ren dafür, das zügig auszubauen, es lohnt sich einfach. Die Zugangshürden – so und so viele Bewerbungen müssen geschrieben sein und, und, und – müssen endlich verschwinden. Man kann eigentlich gar nichts anderes sagen, als dass dort investiert werden muss.
Drittens: Wir wollen, das Absolventinnen und Absolventen, die eine Ausbildungsvorbereitung absolviert haben, im Zuge der Nahtlosregelung, von der immer gesprochen wird, eine Ausbildungsgarantie bekommen. Das heißt: Wenn sie keinen betrieblichen oder schulischen Ausbildungsplatz gefunden haben, erhalten sie einen Platz in der Berufsqualifizierung, dem ersten Ausbildungsjahr des Hamburger Ausbildungsmodells. Ausbildungsvorbereitung hat auf die Ausbildung vorzubereiten. Zurzeit gelangen die wenigsten Jugendlichen nach der Ausbildungsvorbereitung in eine Ausbildung. Das muss schleunigst geändert werden.
Viertens: die Forderung nach einer Ausbildungsumlage. Es gibt Gerichtsurteile, nach denen Jugendliche ein Recht auf eine Ausbildung haben. Ich kann mir vorstellen, dass die SPD sagt, sie wolle diese Ausbildungsumlage nicht, obwohl sie, das weiß ich ganz genau, das jahrzehntelang immer gefordert hat; die Gewerkschaften sind immer noch auf dieser Linie. Wenn Sie das also nicht wollen, dann können Sie eine Abstimmung nach Ziffern beantragen, den anderen Punkten zustimmen und hier mit Nein stimmen. Aber dass Sie nichts tun, einfach nur zuschauen, die Zahlen auch noch beschönigen und die Jugendlichen allein lassen, das geht nicht.
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Das Schaffen von betrieblichen Ausbildungsplätzen ist Aufgabe der Wirtschaft. Wir werden die Unternehmen und Betriebe immer wieder an ihre Verantwortung erinnern, gerade im Hinblick auf die zu erwartende demografische Entwicklung; ich habe heute Nachmittag schon darauf hingewiesen. Seit 2012 sinken die Zahlen für neu abgeschlossene Ausbildungsverträge übrigens in allen Bundesländern. Dieser Entwicklung müssen wir nichtsdestotrotz entgegentreten. Wir können die Bedingungen für den Zugang von Jugendlichen in Ausbildung und Beschäftigung durch rechtliche und institutionelle Änderungen verbessern. Hier hat der Senat gehandelt und ein breites Spektrum an Maßnahmen ein
Liebe Kolleginnen und Kollegen der Fraktion DIE LINKE, Sie behaupten in Ihrem Antrag, Hamburg sei in der Ausbildungsleistung Schlusslicht unter den westlichen Bundesländern. Auch wenn man das immer wiederholt, wird es dadurch nicht wahrer, es entspricht nämlich nicht der Wahrheit. In den jährlich erhobenen Kammerstatistiken des BIBB – ich glaube, Sie haben es heute Nachmittag selber zitiert – …
In den Kammerstatistiken des BIBB spiegelt sich eine hohe Attraktivität des Hamburger Ausbildungsmarkts wider. Hamburg wies im Ländervergleich 2012 einen moderaten Rückgang der neu abgeschlossenen Verträge um 1,8 Prozent und damit auch den zweitniedrigsten Rückgang aller Bundesländer auf. Auch 2013 waren alle Bundesländer vom Rückgang des Ausbildungsangebots betroffen. Die relativen Veränderungsraten bewegten sich zwischen minus 0,9 Prozent in Hamburg – geringster Anteil – und minus 11,4 Prozent im Saarland – höchster Anteil. Das Weitere zur Statistik überspringe ich, weil wir das heute Nachmittag alles schon diskutiert haben.
Mit der Einrichtung der Jugendberufsagentur haben wir demnach erste erforderliche Schritte zum Gegensteuern eingeleitet. Sehr geehrte Kollegin Heyenn, wir haben nicht die Möglichkeit, das Recht eines jeden Jugendlichen auf einen dualen betrieblichen Ausbildungsplatz festzuschreiben.
Sie fordern in Ihrem Antrag eine allgemeine Ausbildungsumlage zur Finanzierung einer Ausbildungsgarantie. Aus meiner beruflichen Erfahrung – der Kollege Fock hat heute Nachmittag auch darauf hingewiesen, da treffen wir uns als Berufsschullehrer – und aus vielen Gesprächen, die man mit Betrieben führt, weiß ich, dass eine allgemeine Ausbildungsumlage der Situation nicht gerecht wird. Sie beziehen sich auf die Verordnung zur Ausbildungsumlage in der Altenpflege. Was in einer Branche richtig erscheint, kann nicht so einfach für alle Branchen gelten.
Daher gibt es aus Sicht der SPD-Fraktion keine Veranlassung, eine symbolische Ausbildungsumlage zu unterstützen.
Der Senat und die SPD-Fraktion setzen sich für passgenaue Lösungen ein. Mit der Einführung des Konzepts der Berufs- und Studienorientierung, ab dem Schuljahr 2014/2015 für alle Stadtteilschulen verpflichtend, setzt der Senat in der Berufsvorbereitung auf eine begründete Berufswahlentscheidung. Diese beinhaltet, dass Jugendliche eine Entscheidung zum angestrebten Beruf getroffen haben und eine realistische Umsetzbarkeit des Berufswunschs hinsichtlich eigener Fähigkeiten und Voraussetzungen vorliegt. Alle Schülerinnen und Schüler mit begründeter Berufswahlentscheidung erhalten in Hamburg ein Ausbildungsangebot, das garantieren wir. Natürlich hat der erste Ausbildungsmarkt dabei Priorität. Sollten Jugendliche dort nicht unterkommen, wird ihnen ein Angebot auf dem zweiten Ausbildungsmarkt gemacht. Das Planungsteam der Jugendberufsagentur wird hierfür ausreichend Plätze zur Verfügung stellen, insbesondere über die Berufsqualifizierung mit rund 30 Ausbildungsberufen, dem Hamburger Ausbildungsmodell. Die Berufsqualifizierung beinhaltet ein Ausbildungsjahr im berufsschulischen Bereich mit betrieblichen Praktika. Ziel ist es, nach diesem Jahr die betroffenen Jugendlichen in den ersten Ausbildungsmarkt zu integrieren. Und auch im Anschluss lassen wir niemanden verlorengehen. Die BASFI wird zukünftig alle Jugendlichen, die nach dem ersten Jahr keinen Ausbildungsbetrieb gefunden haben, in außerbetrieblicher Ausbildung bis zum Ausbildungsabschluss fördern; dafür gab es übrigens 2013 1447 Plätze.
Eine Übernahme für alle unversorgten Jugendlichen aus der schulischen Ausbildungsvorbereitung, Stichwort AV-Dual, wird es nicht geben. Ein Teil der Absolventen, das kann ich aus eigener beruflicher Erfahrung sagen, ist auch nach der Durchführung dieser Vorbereitung leider immer noch ratsuchend. Aber auch diese Jugendlichen geben wir nicht verloren. Diese Jugendlichen werden wir auch weiterhin unterstützen und ihnen individuelle und weiterführende Angebote machen. Die Finanzierung der betreffenden Programme aus Bundesund Landesmitteln ist jedenfalls in Zukunft gesichert.
Wie Sie sehen, hat der SPD-Senat die Punkte 1 bis 3 des Antrags der Fraktion DIE LINKE schon umgesetzt, und eine allgemeine Ausbildungsumlage halten wir nicht für zielführend. Daher wird meine Fraktion den von der Fraktion DIE LINKE eingebrachten Antrag ablehnen.