Protocol of the Session on May 21, 2014

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Dr. Oldenburg, Sie bewahren uns vor dem "Digital Dark Age" oder vor der Entdigitalisierung, sodass wir das digitale Erbe weiter behalten. Ich bin noch relativ jung und werde es zu schätzen wissen, dass Sie das alles speichern werden. Aber abseits Ihrer Versuche, sich dafür zu feiern, sollten wir heute vor allem einmal die Gelegenheit nutzen, Frau Dr. Oldenburg, einen Widerspruch zu klären. Herr Bill hat es gerade kurz angesprochen, ich möchte ein bisschen tiefer darauf eingehen.

In Ihrem Antrag ist davon die Rede, dass die Staatsarchive sämtlicher Nordländer den Aufbau und Betrieb eines gemeinsamen Digitalen Archivs Nord planen. Das finden wir grundsätzlich gut; ich zitiere aus Ihrem Antrag:

"Mit Aufnahme des Regelbetriebs zum 1. Januar 2016 werden die fünf Kooperationspartner des DAN über eine leistungsfähige Infrastruktur […] verfügen."

Das Antragspetitum der SPD-Fraktion lautet:

"Der Senat wird ersucht, die Möglichkeit des Aufbaus und Betriebs eines gemeinsamen Digitalen Archivs Nord (DAN) zu prüfen."

Was gilt denn nun? Prüfen Sie noch oder planen Sie schon längst? Zugegeben, Letzteres würde erklären, warum der Abbau von 250 Vollzeitäquivalenten nicht so recht hinkommt. Entweder agiert der Senat bei wichtigen Projekten wirklich derart dilettantisch oder der Antrag der SPD-Fraktion entlarvt sich selbst als eigentlich überflüssig.

(Beifall bei der FDP)

Dazu passt, dass weite Teile dieses Antrags Selbstverständlichkeiten sind, die wir beschließen wollen. Natürlich hat sich der Senat an Gesetzesbeschlüsse der Bürgerschaft zu halten. Die Sicherstellung des Betriebs eines Informationsregisters nach dem Hamburgischen Transparenzgesetz ist für uns eine reine Selbstverständlichkeit. Der Antrag enthält noch einige weitere bemerkenswerte Punkte. Im fünften Absatz steht:

"Die Kooperationspartner werden […] im Sinne der "Shared-Services"-Gedanken einen gemeinsamen IT-Dienstleister mit dem

Betrieb des elektronischen Magazins beauftragen."

Laut Protokoll der Sitzung des Unterausschusses IuK vom 20. August 2013 wird das bereits für 2013 vorgesehen. Gab oder gibt es eine Ausschreibung oder steht Dataport – wer auch sonst – schon fest? Es wäre schön, wenn wir hierzu vom Senat eine aktuelle Info erhielten.

Sechster Absatz: Ziel eines gemeinsamen Digitalen Archivs sei eine Kostenreduzierung um 20 Prozent gemäß von Landesarchiven beauftragten Studien. Auch hier wäre es wünschenswert, diese Studien der Bürgerschaft einmal zuzuleiten, denn das würde doch zumindest die Eilbedürftigkeit dieses Antrags begründen.

Meine Damen und Herren! Als FDP-Fraktion möchten wir betonen, dass das Projekt keine weitere länderübergreifende digitale Elbphilharmonie à la KoPers werden darf.

(Dirk Kienscherf SPD: Sehr gut!)

Herr Kienscherf, haben Sie gerade "sehr gut" gesagt?

(Dirk Kienscherf SPD: Ja!)

Dann bedanke ich mich dafür.

Ein Gedanke zum Schluss. Ein länderübergreifendes digitales Archiv bedeutet Big Data im großen Stil. Unterlagen, für die Datenschutz und Geheimschutz gelten, werden auch archiviert. Das könnte ein interessantes Angriffsziel sein. Wie wird die Datensicherheit gewährleistet oder wer ist konkret dafür verantwortlich? Ist der hamburgische Datenschutzbeauftragte eingebunden? Das sind wichtige Fragen, auf die wir Liberale zeitnah eine Antwort hören möchten.

Fazit: Wie so oft ist gut gemeint noch längst nicht gut gemacht. Dafür braucht es nun einmal die FDP. Es bleiben viele Fragen. In jedem Fall möchten wir, dass der Senat die Bürgerschaft über den Fortgang der Pläne eines derart weitgreifenden Projekts laufend und rechtzeitig informiert. Das fordert auch der Antrag in Petitum 2. Da das Petitum 1 nur banale Selbstverständlichkeiten enthält, können wir dem Antrag natürlich zustimmen. Wir Liberale setzen nämlich grundsätzlich auf mehr Kooperation und Nutzung von Synergieeffekten der Nordländer.

(Beifall bei der FDP)

Jetzt hat Herr Hackbusch von der Fraktion DIE LINKE das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Ritter, ich wollte Sie gerade so schön loben. Ich finde wirklich, dass Sie das sehr fleißig durchgearbeitet und die richtigen Punkte herausgefunden haben. Nur die eige

(Martin Bill)

ne Lobhudelei zum Schluss war ein bisschen überflüssig.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich finde, Sie haben das wunderbar gemacht, besser als ich es gemacht habe.

(Beifall bei Finn-Ole Ritter FDP)

Ich habe das zum Teil gar nicht herausgefunden. Diese Widersprüche finde ich aber sehr einleuchtend, und ich denke, dass Frau Dr. Oldenburg uns gleich noch einmal erklären wird, wie es zu diesen Fragen kommen kann; vielleicht wird es sogar die Frau Senatorin machen. Ist das nun in Gang gesetzt worden oder beantragen wir das? Läuft das Ganze schon seit dem 1. Januar und werden wir jetzt einfach nur noch informiert? Das sind doch schon wichtige Fragen. Ansonsten ist dieser Antrag, wie Herr Ritter schon richtig gesagt hat,

(Jan Quast SPD: Das ist ja eine neue Freundschaft hier!)

eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Natürlich wollen wir kein "Digital Dark Age" haben. Wir müssen das Ganze digitalisieren. Es ist eine Selbstverständlichkeit, dafür vernünftige Software zu entwickeln. Es ist auch eine Selbstverständlichkeit, das regional gemeinsam zu machen, aber dazu sollten wir noch einmal informiert werden. Von daher stimmen wir dem Antrag natürlich zu; Selbstverständlichkeiten stimmen wir immer zu. Dementsprechend freue ich mich über diese Debatte, die so wendig und schön und kontrovers war. – Danke.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn keine weiteren Wortmeldungen mehr vorliegen, kommen wir zur Abstimmung.

Wer möchte dem SPD-Antrag aus Drucksache 20/11763 seine Zustimmung geben? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Somit ist der Antrag einstimmig beschlossen worden.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 44, Drucksache 20/11739, Antrag der CDU-Fraktion: Unterfinanzierung der Bezirke durch Schuldentilgung beenden.

[Antrag der CDU-Fraktion: Unterfinanzierung der Bezirke durch Schuldentilgung beenden – Drs 20/11739 –]

Herr Dr. Heintze von der CDU-Fraktion hat das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist noch gar nicht lange her, dass wir an gleicher Stelle darüber diskutiert haben, wie wir denn die Lage in den Bezirken verbessern können. Die CDU hatte Vorschläge gemacht und angeregt, diesen Antrag an den Ausschuss zu überweisen. Die SPD hat keine Vorschläge gemacht,

(Dr. Andreas Dressel SPD: Stimmt doch nicht!)

finde aber auch, dass man das im Ausschuss nicht diskutieren sollte, und hat sich auf den Punkt zurückgezogen, das sei alles nicht finanziert und deswegen könne man auch nicht darüber sprechen. Und für die Bezirke noch etwas ändern wolle man auch nicht. So weit, so gut, das mag man noch unter Regierung und Opposition verbuchen. Allerdings hat das nichts daran geändert, dass die Bezirke nach wie vor – wir erleben das im Bezirkswahlkampf hoch und runter – unter erheblichem Spardruck stehen. Zum einen machen die Vorgaben des Senats die Schwierigkeiten, eine ganz besonders, nämlich dass die Tarifsteigerungen um mehr als 5 Prozent nicht eingeplant sind, sondern durch Sparen erbracht werden müssen. Das ist natürlich prompt schief gegangen, weil die Tarifsteigerungen bei 2,65 und 2,95 Prozent lagen und hier das erste Defizit in den Bezirken aufgetreten ist. Das ist besonders bitter, weil 80 Prozent des Haushalts Personalkosten sind. Die Folge sind Einsparungen in Höhe von 8,5 Millionen Euro.

Jetzt kommt die Tarifrunde 2015/2016. Der Finanzsenator bleibt weiterhin bei seinem tollen Plan – er neigt zu theoretischen Plänen, die in der Praxis nicht funktionieren – und sagt, tut uns leid, es gibt wieder nur 1,5 Prozent mehr. Wir können uns ungefähr vorstellen, wie diese Tarifrunde ausgeht. Wenn sie auch nur annähernd so ausgeht wie die letzte, dann haben wir eine weitere Verschärfung des Spardrucks in den Bezirken. Man muss ganz klar sagen, das ist Ihre Schuld, weil Sie nicht in der Lage sind, flexibel mit solchen Situationen umzugehen. Das ist schwach und es ist verantwortungslos.

(Beifall bei der CDU)

Hinzu kommt Ihr neues Lieblingsinstrument, die globale Minderausgabe. Ich habe mit Erschrecken die Drucksache zur Haushaltsaufstellung gelesen, aber das wird sicherlich an anderer Stelle noch einmal Thema sein. Es gab für die Bezirke eine zusätzliche globale Minderausgabe von 7,8 Millionen Euro. Das sind 16 Millionen Euro, die den Bezirken fehlen, eine Finanzierungslücke, die Sie überall sehen und mit der Sie derzeit die Bezirke allein lassen. Wer dieser Tage versucht, einen Termin in Bezirksämtern zu bekommen, der weiß, was es bedeutet, wenn kein Geld da ist. Das ist wiederum schlechtes Regieren, und das heißt sich vergreifen an den Möglichleiten des Bürgers, sich vor Ort um

(Norbert Hackbusch)

seine Belange zu kümmern, weil er schlicht keinen Termin bekommt.

Was tun Sie? Wir haben aus der letzten Debatte gelernt, dass die SPD nichts diskutiert, wenn nicht Gegenfinanzierung darunter steht oder sie sich selbst eine ausgedacht hat. Wir machen einen Vorschlag, wie man gegenfinanziert. Die einzige Reaktion der SPD ist zu sagen, das gehe alles so nicht, es sei alles schwierig, und eigentlich gebe es das Geld auch gar nicht. Nun haben Sie wieder eine Chance, die Lage zu verbessern, Sie haben wieder eine Chance, das Thema mit uns zu diskutieren, und ich garantiere, Sie werden wieder ablehnen. Hier setzen Sie Ihre verantwortungslose Haltung gegenüber den Bezirken fort. Das müssen wir deutlich kritisieren. So geht es nicht.

(Beifall bei der CDU)

Sie sehen das nicht nur an den Wartezeiten in den Bezirksämtern. Die Sauberkeit und Sicherheit in den Bezirken verschlechtert sich. An Grünanlagen und Spielplätzen sieht man es am deutlichsten. Die Bürgernähe nimmt ab; Investitionen in Bau und Verkehr werden verzögert, einmal abgesehen von Ihrem dusseligen Busbeschleunigungsprogramm.

(Zurufe von der SPD: Oh!)

Das kann nicht sein. Wenn Sie Regieren als passives Verwalten verstehen und noch nicht einmal auf Vorschläge, die andere mühevoll erarbeiten, eingehen und dann noch mit der Arroganz der Macht die Diskussion darüber verweigern, dann ist das schwach. Sie sollten noch einmal darüber nachdenken.

(Beifall bei der CDU)

Wir schlagen zwei sehr konkrete Dinge vor – ich habe noch nichts von Ihnen dazu gehört außer "alles schwierig" –: erstens die Öffnung der Personalkostenreserve der Finanzbehörde. 2013 waren das 85 Millionen Euro. Das steht nicht mehr zur Verfügung, weil man entschieden hat, dass diese Reserve nicht offen ist. Nun schaue ich einmal, was man denn damit gemacht hat, Herr Senator. Davon sind nur 10 Millionen Euro ausgegeben worden. Der Rest liegt herum. Die Situation in den Bezirksämtern verlangt danach zu fragen, warum das Ding wohl Personalkostenreserve heißt. Sie soll doch unerwartete Steigerungen bei den Personalkosten auffangen. Das verweigern Sie den Bezirken. Suchen Sie keine anderen Schuldigen, daran sind Sie schuld, und an jeder verlängerten Wartezeit sind Sie auch schuld.